Fitness, Management | Autor/in: Jürgen Wolff |

Edith Gribs und Thomas Mathes: „Mehrwert und Leistung glaubwürdig kommunizieren“

Egal ob jung oder älter, wichtig ist, dass die soziale Wahrnehmung und die individuelle fachliche Lösung des Einzelnen im Mittelpunkt der Mitgliederkommunikation steht. Halle 22-Inhaberin Edith Gribs und Geschäftsleiter Thomas Mathes erklären im Interview, wie sie ihre Mitglieder mit Klassikern und innovativen Angeboten im Trainings- und Kursbereich unabhängig vom Alter begeistern. Dabei wollen sie in ihrem Studio einen Wohlfühlort zu schaffen, in dem jedes Mitglied seine Halle 22-Momente erleben kann.

Interview Edith Gribs und Thomas Mathes 'Halle 22-Momente'

fM: Der tätowierte Best Ager beim Crosstraining, junge Frauen mit Langhanteln bei Deadlifts und Kniebeugen, Seniorinnen im Zumba-Kurs – beobachten Sie einen Wandel im Lifestyle und im Selbstverständnis Ihrer Mitglieder? Können wir die Studiomitglieder von heute noch genauso adressieren wie vor 20 Jahren?

Edith Gribs: Der Wandel ist in jedem Fall da und auch bei uns in der Halle 22 spürbar. Ein früheres „Kohortendenken“ nach Altersklassen ist schon längst passé. Sicherlich ergeben sich durch die Umstände des allgemeinen unbeweglichen Lebenswandels und auch durch die überalternde Gesellschaft bekannte Probleme bei unseren Mitgliedern. (Lesen Sie auch: 'Mangel an Bewegung akut')

Tatsächlich spielt das Alter dabei weniger eine Rolle, vielmehr ist es wichtig, die soziale Wahrnehmung und die individuell-fachliche Lösung des Einzelnen in den Mittelpunkt der Mitgliederkommunikation zu stellen.

Lassen sich die Studiomitglieder heute noch in spezifische Alters- bzw. Zielgruppen unterteilen? Inwiefern muss man Stereotypen in der Denkweise aufbrechen, um für möglichst viele Mitglieder ein passendes Trainingsumfeld und -angebot zu schaffen?

Selbstverständlich fühlen sich viele Menschen nach wie vor einer Altersgruppe zugehörig. Aber eine Zielgruppe muss ja nicht zwangsläufig nach Alter unterteilt sein, sondern eher nach Interessen und diese sind heutzutage vielseitig und eben nicht mehr klar nach Alter differenzierbar. Da findet sich die 70-jährige Seniorin schon einmal an den Battle Ropes wieder und der 19-jährige Studierende möchte sich beim Yoga entspannen und seinen Stress abbauen.

Frühere Stereotypen existieren weniger und somit muss das Nutzungsverhalten des Mitgliedes individueller und flexibler möglich sein. Die Möglichkeiten sollten hierbei State of the Art sein genau wie der Ort, an dem das Training stattfindet. Wir stellen insgesamt eine große Offenheit für neue Angebote fest. (Auch lesenswert: 'Mitglieder generationenübergreifend motivieren und überzeugen')

Die Bandbreite der Studiobesucher reicht heute von der Generation Z bis zu den Babyboomern. Nutzen Sie für die verschiedenen Mitgliedergruppen unterschiedliche Ansprachen und entsprechende Marketingtools?

Thomas Mathes: Mittfünfziger fühlen sich wie 40-Jährige, 65-Jährige wie Anfang 50. Immer weiter klaffen das biologische und das gefühlte Alter auseinander. Die richtige Nutzenkommunikation ist demnach schon bei der Mitgliedergewinnung ein Thema und darf sich später beim gewonnenen Mitglied nicht verlieren. Egal bei welcher Altersgruppe, der Mehrwert und die Leistung sollten glaubwürdig kommuniziert werden.


Über die Interviewpartner

Edith Gribs studierte an der Deutschen Sporthochschule Köln und eröffnete nach einer kurzen Lehrtätigkeit 1982 ihr erstes Fitnessstudio. Im Mai 2000 folgte in der denkmalgeschützten Halle eines ehemaligen Stahlwerks die Eröffnung des Studios „Halle 22 Sport und Fitness“.

Die heutige „Halle 22 Fitness & Gesundheit e. K.“ verfügt über 4.450 Quadratmeter Fläche inklusive einer Praxis für Physiotherapie. Seit 2010 betreibt Edith Gribs auch erfolgreich einen zweiten Fitnessclub in Willich.

Thomas Mathes kommt ursprünglich aus dem Bereich Marketing in der Werbebranche. Er entdeckte vor 32 Jahren seine Liebe zum Fitnesssport und arbeitete nebenberuflich in einem kleinen Fitnessstudio als Trainer. Im Jahr 2000, mit Öffnung der Halle 22, entschied er sich, ganz in die Branche zu wechseln und hauptberuflich dort zu wirken.

2002 schloss er ein Studium zum Diplom-Fitnessökonom ab und ist heute Mitglied der Geschäftsleitung der Halle 22.


Wir nutzen nach wie vor sämtliche Online- und Offline-Kommunikationsmedien, um unsere Markenbotschaft gezielt zu senden – von der Postwurfsendung über die regionale Pressemeldung und den monatlichen E-Mail-Newsletter bis zur eigenen Studio-App und den bekannten Social-Media-Kanälen wie Facebook und Instagram. Diese werden wir im Jahr 2023 noch um einen TikTok-Kanal erweitern und sind gespannt auf die Resonanz.

In welchen spezifischen Bereichen haben Sie Ihr Angebot erweitert bzw. in Ihr Portfolio investiert, um „auf der Höhe der Zeit“ zu agieren? Inwieweit grenzen Sie sich dadurch von Ihren Mitbewerbern ab?

Edith Gribs: Wir haben immer schon regelmäßig in unsere Anlage investiert. In 2020/2021 ist eine 650 Quadratmeter große Outdoortrainingsfläche entstanden, die wir mit der Firma Perform Better realisiert haben. Diese umfasst einen „Body & Mind-Bereich“ speziell für die gemäßigteren Kurse, wie z. B. Yoga, Pilates, Rückentraining und Qigong, sowie eine Fläche für Containertrainings, aber auch für das Training an Geräten. (Lesen Sie auch: 'Body & Mind')

Die Indoor Cycler können ihre Bikes direkt auf die Outdoorfläche schieben. Auch hier sollen sich möglichst alle Interessengruppen und Altersklassen wiederfinden.


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Des Weiteren haben wir erst kürzlich einen multifunktionalen Raum mit der Firma Cube eingerichtet, in dem wir frühkindliche Bewegung bei Kindern ab einem Jahr fördern möchten – im Sinne der Mitglieder von morgen. Vor Corona war dies ein klassischer Kinderhort, in dem „nur“ gespielt wurde.

Vor wenigen Monaten haben wir ein neues Gerät für die Bio-Impedanz-Analyse angeschafft und den Bereich Diagnostik modernisiert. Hierüber möchten wir das Wissen unserer Mitglieder über die eigenen Gesundheitsdaten unterstützen – unabhängig von einer Trainerressource – und so die Entwicklung unserer Mitglieder zum „Educated Customer“ erreichen.


Lesen Sie mehr: 'Zukunftssicher mit einer gelebten Innovationskultur'


Aktuell planen wir unseren gesamten Eingangs- und Bistrobereich neu, zu einem Wohlfühlort, an dem man erst einmal ankommen kann, besondere Wertschätzung erhält und zum Verweilen eingeladen wird. Wir wollen damit den besonderen „Halle 22-Moment“ erlebbar machen und Halle 22 im Sinne der Kundenbindung auch emotional fest im Leben und im Alltag unserer Kundinnen und Kunden integrieren.

Werden die Trainings- und Kursangebote wirklich nur von der ursprünglich anvisierten Zielgruppe genutzt oder mischen sich die Interessen und Ansprüche der Mitglieder inzwischen unabhängig vom Alter?

Thomas Mathes: Das Durchschnittsalter unserer Kunden liegt aktuell bei 49,5 Jahren. Somit ist es nicht verwunderlich, dass bei uns nahezu alle Altersklassen vertreten sind und viele mittlerweile querbeet alle Lösungsangebote nutzen. Unser Bestreben war es schon immer, dass wir variantenreiche Trainingsangebote für alle anbieten, die sie auch nutzen wollen, abhängig vom individuellen Fitnesslevel.

Zu berücksichtigen ist dabei – besonders bei der Gestaltung des Kursprogramms –, eine gute Durchdringung zu erreichen, sodass Neu- oder Wiedereinsteiger die Möglichkeit haben, den Spaß am Training zu finden. Die treuen Mitglieder, die mit uns gewachsen sind, kommen meistens regelmäßig und haben ihren „Platz“ im Angebotsportfolio schon gefunden.

Dabei setzen wir weiterhin auf die Klassiker im Trainings- und Kursbereich, da sie eine hohe Akzeptanz haben, ergänzen diese jedoch immer wieder durch innovative Angebote und testen diese regelmäßig durch Special Days, Intro-Workshops und Events.

Welche Herausforderungen und Chancen gehen mit der steigenden Nachfrage nach individualisierten Konzepten in Sachen Mitarbeiterqualifikation und Weiterbildung einher? Welche Lizenzen sind wichtig, um Kunden optimal abzuholen?

Sicherlich besteht die Herausforderung in der heutigen Zeit darin, generell die richtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen und diese sollten entsprechend qualifiziert sein. Eine „Fitnesstrainer/in-B-Lizenz“ bildet dabei die Basis für weitere Qualifikationen.

Lange Jahre schon fördern wir den eigenen Nachwuchs als Ausbildungsbetrieb der DHfPG. Außerdem beschäftigen wir derzeit auch Physio- und Sporttherapeuten, Diplom-Sportlehrer und tragen Sorge dafür, dass bei uns regelmäßig Inhouse-Ausbildungen mit diversen Branchenpartnern wie five, milon, BALLance oder Position stattfinden. (Auch interessant: 'Qualität durch Qualifikation')


Weitere Interviews und Hintergründe

In weiteren Interviews sprechen Bernhard Beidl und Tim Josko über die generationsübergreifende Ansprache von Mitgliedern. Lesen Sie außerdem unseren Artikel 'Up to age' als Einstieg zu den Interviews.

Indem Sie auf das entsprechende Bild oberhalb dieses Textes klicken, gelangen Sie direkt zum jeweiligen Artikel.


Gleichzeitig fördern wir auch das Know-how unserer Mitarbeiter durch externe Lizenzausbildungen und Schulungen in allen Bereichen, bis hin zur Personal-Trainer-Ausbildung, um den Weiterbildungsstandard und eine hohe Fähigkeit im Bereich Leistungs- und Nutzenkommunikation zu gewährleisten.

Wo sehen Sie im Markt Potenzial für weiteres Wachstum? Was müssen Studiobetreiber tun, um von der steigenden Nachfrage nach individualisierten Angeboten auch langfristig zu profitieren?

Edith Gribs: Wir glauben, dass der Gesundheitsmarkt als einer der Megatrends ungebrochen ist und dass der demografische Wandel genau auf dieses Thema einzahlen wird. Doch nicht nur die älteren Mitglieder, auch die jungen wachsen heute mit einem anderen Qualitätsbewusstsein auf als früher. Wir sehen uns genau dort, im Qualitätssegment und möchten unseren Mitgliedern ein wirkliches Trainingserlebnis bescheren, so als würde man in sein zweites Zuhause kommen.

Wachstum sehen wir auf jeden Fall im Bereich der Zielgruppen Kinder und Jugendliche, bei flexiblen Angeboten für Firmenfitness und niedrigen Einstiegsmöglichkeiten über Rehasport. Des Weiteren sind Paragraf-20-Kurse zu verschiedenen Bewegungsfeldern wie Rücken, Beweglichkeit, Abnehmen und gesunde Ernährung sowie Entspannung und Stressabbau gute Mittel für eine nachhaltige Kundengewinnung und die Möglichkeit, Zusatzumsatz zu generieren.

Diesen und weitere Artikel finden Sie in der fMi 01/2023 & für Abonnenten EXKLUSIV vorab.

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fMi 01/2023