Fitness, Management | Autor/in: Anke Sörensen |

'Up to age': Zielgruppe versus Lifestyle

Statt von Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen, Rentnerinnen und Rentnern sprechen wir heute von spezielleren Zielgruppen wie der Generation X, Y und Z, den Millennials und den Babyboomern. Das Selbstverständnis der Menschen hat sich verändert. Die Individualisierung nimmt zu und der Lifestyle prägt heute stärker das Verhalten als das reale Alter. Verändert diese Entwicklung auch den Studioalltag? Wie weit müssen Studiobetreibende ihr Angebot und ihre Marketingaktivitäten anpassen, damit sich wirklich alle Mitglieder von Jung bis Alt angesprochen fühlen und Lust haben, ins Studio zu kommen? Dazu haben wir Tim Josko, Bernhard Beidl sowie Edith Gribs und Thomas Mathes befragt.

'Up to age' – Zielgruppe versus Lifestyle

Noch vor einigen Jahrzehnten gab es eine strikte Trennung zwischen Jung und Alt. Ab 50 Jahren galt man als alt, verhielt sich entsprechend und regte sich eher über die Exzesse der Jugend auf, als ihr nachzuahmen.

Heute laufen 50-Jährige in Jeans, Sneakern und Hoodie herum, freuen sich, wenn ihre Kids sich nicht heimlich ihre Klamotten ausleihen, gehen auf Punkrockkonzerte und Raves und nutzen permanent Social Media. '50 ist das neue 30' ist nicht nur ein Spruch, sondern ein Lebensgefühl. (Lesen Sie auch: 'Fitness im Alter')

Für den 'Golden Ager Report 2019' wurden 1.525 Personen zwischen 50 und 79 Jahren befragt (Schwabl, 2019). Im Schnitt fühlten sich die Befragten um zehn Jahre jünger als sie waren.

'Alt' ist man laut dieser Studie frühestens ab 70, für Befragte über 60 Jahre sogar erst ab 75. Interessant für unsere Branche ist die Aussage, dass ab 50 Jahren Gesundheit und körperliche sowie geistige Fitness als besonders wichtig eingeschätzt werden und auch im fortgeschrittenen Alter viel dafür getan wird. (Auch lesenswert: 'Mit der Erfolgsformel von Sven Voelpel topfit bis ins hohe Alter')

Demografischer Wandel

Dank der besseren medizinischen Versorgung steigt die Lebenserwartung. Das zu erreichende Lebensalter sowie einzelne Lebensphasen verschieben sich real um Jahre nach hinten. Jede zweite Person in Deutschland ist heute älter als 45 und jede fünfte älter als 66 Jahre (Statistisches Bundesamt, 2022).


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Der 'Golden Ager Report' zeigt, dass der demografische Wandel zunehmend zu einer Verschiebung der Kaufkraft in Zielgruppensegmente jenseits der bisher werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen führt (ARD-Werbung SALES & SERVICES, 2021/2022). Die Zahl der kaufkräftigen Konsumenten 50 plus wächst kontinuierlich.

Positiv für die Fitnessbranche auch hier: In den Bereichen Gesundheit und Freizeit steigen die Konsumausgaben mit zunehmendem Alter kontinuierlich an.

Wer besucht die Fitnessstudios?

In deutschen Studios dominieren allerdings die Jüngeren. Die 'Eckdaten der deutschen Fitness-Wirtschaft 2022' ergeben, dass zwei Drittel der Mitglieder in Deutschland über alle Fitness- und Gesundheitsanlagen hinweg gesehen zwischen 20 und 50 Jahre alt sind (DSSV, 2022).

Das Durchschnittsalter aller Mitglieder liegt derzeit bei 40,5 Jahren und ist durch die Corona-Pandemie leicht rückläufig. Ebenfalls über alle Anlagen hinweg liegt der Anteil der 50- bis 60-Jährigen bei 15,7 Prozent, der ab 60-Jährigen nur bei 9,9 Prozent. (Lesen Sie auch: 'Generation gesund')

Gemessen daran, wie wichtig der Generation 50 plus das Thema Lebensqualität ist, die entscheidend von den Faktoren Fitness, Gesundheit und Mobilität (= Unabhängigkeit) bis ins Alter beeinflusst wird, ist hier noch viel 'Luft nach oben', um Neumitglieder zu gewinnen.

Doch wie spricht man eine Zielgruppe an, die sich jünger fühlt, als sie ist? Gesundheitsorientiertes Fitnesstraining kann nicht die einzige Lösung sein, weil große Teile der eigentlichen Zielgruppe sich als zu fit und zu 'cool' dafür ansehen.

Gleichzeitig darf die große Gruppe der jüngeren Mitglieder bei der Konzeption und Weiterentwicklung der Angebote nicht vernachlässigt werden. (Lesen Sie mehr: 'Wie geht Generationenmix?')

Stereotype sind out – Individualisierung ist in

Die Anforderungen und Ansprüche der einzelnen Mitglieder sind heute so vielfältig wie die Bandbreite ihres Alters, sozialen Status, Lifestyles und Selbstbildes. Kundinnen und Kunden lassen sich in unserer hoch individualisierten Gesellschaft nicht 'über einen Kamm scheren' und sich den Kategorien Jung oder Alt nicht mehr einheitlich zuordnen.

Themen wie Achtsamkeit sind generationsübergreifend wichtig. In Yoga- oder Mobility-Kursen trainieren heute beispielsweise immer mehr verschiedene Altersgruppen miteinander. Was zählt, ist das gemeinsame Ziel.

Google, Facebook und Amazon verdienen mit ebendieser individualisierten Ansprache ihr Geld. Diese Tech-Giganten tracken das Nutzungsverhalten ihrer Kundinnen und Kunden und erstellen daraus Profile, die an deren Wünschen und Bedürfnissen ausgerichtet sind – das Alter spielt dabei eine untergeordnete Rolle.

Auch für Studios ist entscheidend, wie gut sie ihre Mitglieder oder potenziellen Kundinnen und Kunden kennen. Die Werbung potenzieller Neukundinnen und -kunden kann deshalb besser über die Vermittlung eines Lebensgefühls und positiver Werte laufen als über vermeintlich altersgerechte Motive, in denen sich eine Zielgruppe eventuell nicht wiedererkennt oder wiedererkennen will.

Denn: „Ältere denken und handeln zudem mitunter 'jugendlicher' als die Jüngeren selbst. In der Ära der Post-Demografie wird die komfortable Idee der soziografisch definierten Zielgruppe abgelöst von Lebensstilen, die durch Werte, Einstellungen und Konsummuster definiert sind.“ (Zukunftsinstitut, 2022).

Verschiedene Fitnesstypen

Die 'Germany in Motion'-Studie teilt Kunden auf Grundlage ihrer Motive für regelmäßiges Fitnesstraining in unterschiedliche Typologien ein und definiert fünf bedürfnisbasierte Typen, die sich primär in Bezug auf die Dimensionen Gesundheit/Ausgleich, Leistungsmotivation und Außenwirkung unterscheiden (vgl. Abb. 1). (Lesen Sie mehr: 'Fitnesspersonas')

Für eine kundenzentrierte Verkaufsstrategie mit nachhaltigem Erfolg sollte der USP genau zu diesen unterschiedlichen Bedürfnissen der einzelnen Mitglieder passen – von Jung bis Alt.

Was wollen die Kundinnen und Kunden?

Wer die Ziele, Wünsche, Bedürfnisse, Einstellungen, No-Gos und Stolpersteine seiner Zielgruppen kennt, kann darauf reagieren – von der Marketingstrategie und Ausrichtung des Studios, dessen Design, Geräteausstattung und Kursangebote bis hin zur Betreuung durch ein qualifiziertes Team.

„[Für] die Betreuung vor Ort bedeutet dies gleichermaßen, dass es bei mehreren Zielgruppen, die sich bezüglich Alter, Geschlecht, Wünschen und Voraussetzungen unterscheiden, einer gesonderten Ansprache bedarf, um niemanden abzuschrecken oder auszugrenzen“ (Gärttner, 2022). (Lesen Sie weiter: 'Positives Image leben')

Denn egal, in welchem Alter ein Mitglied startet: Nur, wenn es den Nutzen und Mehrwert seines Trainings erkennt und sich wohlfühlt, kann es zum Botschafter des Studios werden.


Unsere Experten

Ein Spagat zwischen unterschiedlichen Zielgruppen: Wie es gelingen kann, alle Kundinnen und Kunden zeitgemäß anzusprechen, abzuholen und ihnen optimale Trainingsbedingungen zu liefern, erläutern Tim Josko (Josko fitness), Bernhard Beidl ('Athlet des Lebens', GYM&BOX) sowie Edith Gribs und Thomas Mathes (Halle 22) in Interviews.

Indem Sie auf das jeweilige Bild oberhalb dieses Textes klicken, gelangen Sie direkt zu den Interviews.


Auszug aus der Literaturliste

Schwabl, T. (2019). Golden Ager Report. Zugriff am 07.12.2022.
DSSV e. V. – Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen (Hrsg.). (2022). Eckdaten der deutschen Fitness-Wirtschaft 2022. Hamburg: Hrsg.
Kreis, F. (2021). Jeder Kunde ist anders – So überzeugen Sie beim Verkauf. Zielgruppenspezifische Verkaufsstrategien. fitness MANAGEMENT international, 1 (153), 94–96.

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte info@fitnessmanagement.de.

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