Fitness, Markt, DSSV | Autor/in: Florian Kündgen, Sabrina Fütterer und Janosch Marx |

Fitness- und Gesundheitsbranche: Mitgliederzahl wächst, Herausforderungen auch

Mehrere Lockdowns in den Jahren 2020 und 2021 und massive Zugangsbeschränkungen im Winter 2021/2022 haben sich negativ auf die Mitgliederentwicklung in der deutschen Fitness- und Gesundheitsbranche ausgewirkt. Der DSSV e. V. hat eine Umfrage durchgeführt, um die Entwicklung der Fitnessbranche im ersten Halbjahr 2022 zu beleuchten. Die Auswertung erfolgte in Zusammenarbeit mit der DHfPG und dem Fachmagazin fitness MANAGEMENT international (fMi).

Ergebnisse der DSSV-Studie zur Entwicklung der deutschen Fitness-Wirtschaft im ersten Halbjahr 2022.

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Die wichtigsten Fakten in Kürze:

  • Um die Entwicklung der Fitnessbranche im ersten Halbjahr 2022 zu beleuchten, hat der DSSV e. V. eine Umfrage durchgeführt.
  • Die Auswertung erfolgte in Zusammenarbeit mit der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) und der fMi.
  • Trotz erheblicher Widrigkeiten – wie etwa dem Ukraine-Krieg und steigenden Energiekosten – ist für die ersten sechs Monate des Jahres ein leichter Aufschwung zu erkennen.
  • Die europäische Bewegungskampagne #BEACTIVE von EuropeActive im Rahmen der Europäischen Woche des Sports macht Hoffnung.
  • Die Fitnessbranche fordert die Politik zum Handeln auf und stellt konkrete Forderungen – der DSSV e. V. unterstützt die Studiobetreiber:innen weiterhin in allen Bereichen.

Los geht's! Die Hintergründe und Detailinformationen:

Ende 2019 konnten die deutschen Fitness- und Gesundheitsstudios noch einen Mitgliederrekord von 11,66 Mio. Menschen verzeichnen. (Lesen Sie jetzt weiter: 'Eckdaten 2020')

Die langen behördlichen Schließungen sowie die 3G-, 2G- und 2G-plus-Regelungen hatten zur Folge, dass sich die Zahl zum Dezember 2021 um 2,4 Mio. auf 9,26 Mio. Mitglieder reduzierte. Zuletzt wurde solch ein niedriger Wert im Jahr 2014 erfasst, was einen harten Rückschlag für die Branche darstellt (Vgl. Abb. 1).

Bis zum 30. Juni 2022 konnten über alle Anlagen hinweg ca. 280.000 Mitglieder neu hinzugewonnen werden, was einem Nettowachstum von drei Prozent auf 9,54 Mio. Mitglieder entspricht.

Hierbei haben Fitnessketten – definiert als Betrieb mit mindestens fünf Standorten – die meisten Mitglieder für sich gewinnen können (180.000). Doch auch die meist inhabergeführten Einzelstudios haben 90.000 Mitglieder wieder dazugewonnen.


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Trotz des Aufschwungs im ersten Halbjahr bleibt die Stimmung verhalten. „Normalerweise hat die Fitnessbranche insbesondere in den Monaten Januar bis März einen deutlichen Mitgliederboom“, erklärt Florian Kündgen, stv. Geschäftsführer des DSSV.


„Wie im Jahr 2021 hat uns Corona bzw. die Corona-Maßnahmen der Regierung wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht.“
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Florian Kündgen – stv. Geschäftsführer DSSV e. V.


Florian Kündgen weiter: „Die Betreiber:innen sind sehr froh gewesen, dass die meisten Bundesländer im März und April 2022 die Zugangsbeschränkungen gelockert oder abgeschafft haben. Aber das kam für unsere saisonal aufgestellte Branche leider zwei bis drei Monate zu spät.“

Bewegungsinitiative #BEACTIVE macht Hoffnung

Umso wichtiger werden Aktionen wie die europaweite #BEACTIVE-Kampagne im Rahmen der Europäischen Woche des Sports vom 23. bis 30. September 2022. Alle Trainingsinteressierten sind eingeladen, sich bei ihrem Fitnessstudio vor Ort zu erkundigen und Teil der größten Bewegungsinitiative Europas zu werden.

„Unsere Branche ist stolzer Partner und ein starker Unterstützer der #BEACTIVE-Botschaft. Daher möchte ich alle einladen, sich uns und dem #BEACTIVE DAY anzuschließen und den 23. September 2022 zum aktivsten Tag des Jahres zu machen. Wir wollen mehr Menschen dazu bringen, sich öfter zu bewegen“, so Kündgen.

Massive Eingriffe der Bundesregierung

Mit der Professionalisierung der Fitnessstudios in den 80er-Jahren war die Branche seit jeher ein Wachstumsmarkt und konnte Jahr für Jahr mehr Trainierende begeistern. „Die massiven Eingriffe der Bundesregierung haben dazu beigetragen, dass aktuell über zwei Millionen Menschen weniger in einer Fitnessanlage angemeldet sind“, sagt DSSV-Präsidentin Birgit Schwarze.


„Diese Menschen können von den Betrieben unserer Branche derzeit nicht aktiv in ihrer Gesunderhaltung unterstützt werden.“
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Birgit Schwarze – Präsidentin DSSV e. V.


Schwarze fügt hinzu: „Das Resultat macht sich bereits jetzt in der Verschlechterung von gesundheitlichen Indikatoren wie dem Körpergewicht bemerkbar“. Entsprechend liegt die Mitgliederzahl im Sommer immer noch knapp ein Fünftel (18,2 %) unter dem Wert von Dezember 2019 (Vgl. Abb. 2).

Finanziell ist das ein Desaster“, sagt Florian Kündgen, „viele Fitness- und Gesundheitsanlagen haben nicht die Margen und auch nicht die Rücklagen, um auf Dauer mit diesem Mitglieder- bzw. Umsatzniveau wirtschaftlich zu überleben.“

Kündgen ergänzt: „Bis heute warten einige Betreiber immer noch auf die als 'unbürokratisch' angekündigten Überbrückungshilfen. Dazu kommen steigende Energie- und Heizkosten, die Inflation und eine fehlende Planungssicherheit für den Herbst hinsichtlich weiterer Corona-Maßnahmen.“


Lesen Sie auch: 'Gesundheit hat ihren Preis'


Dies spiegelt sich auch in der Erwartungshaltung der Fitnessstudiobetreiber wider. Über die Hälfte (51,2 %) schätzen die wirtschaftliche Situation als schlecht oder eher schlecht ein. Bei den Einzelstudios macht dieser Anteil 62 Prozent aus (Vgl. Abb. 3).

Optimismus bei Fitnessketten & Mikrostudios

Bei den Kettenbetrieben ist die Stimmung optimistischer und über ein Drittel (39,0 %) schätzen ihre wirtschaftliche Situation als gut oder eher gut ein. Besonders die Mikrostudios mit einer Fläche von weniger als 200 Quadratmetern stufen ihre Situation überwiegend als gut ein. (Lesen Sie auch: 'Zuversicht der Branche')

Zu diesem Segment zählen unter anderem Studios mit Angeboten wie z. B. EMS, Personal Training, Yoga, Cycling oder Functional Training. (Lesen Sie auch: 'Trends der Branche')

Der DSSV stellt vier Forderungen für die Fitness- und Gesundheitsanlagen an die Politik:

  1. Keine weiteren Schließungen,
  2. keine weiteren Zugangsbeschränkungen,
  3. wirtschaftliche Unterstützung und
  4. eine priorisierte Berücksichtigung bei einer möglichen Gas-Triage.

Am 3. August 2022 hatte die Bundesregierung bereits die Eckpunkte der Corona-Regeln für den Herbst 2022 vorgestellt, welche ein positives Signal für die Forderungen 1 und 2 darstellen.

Zu Punkt 4 erläutert Florian Kündgen: „Energiekosten sind zukünftig ein großes Thema. Hier haben sich die Betreiber:innen unserer Branche schon frühzeitig Gedanken gemacht und bereits sparsamere und nachhaltigere Modelle umgesetzt.“


Lesen Sie jetzt weiter: 'DSSV Energiekampagne für die Fitnessbranche'


Wir helfen Deutschland beim Energiesparen und haben ganz aktuell eine Energiekampagne in der Fitnessbranche auf den Weg gebracht. Wenn unsere Bundestagsabgeordneten aus der politischen Sommerpause zurückkehren, haben wir bereits Folgegespräche vereinbart, um unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen“, so Kündgen.

Unnötige Belastung des Gesundheitssystems verhindern

Florian Kündgen fügt hinzu: „Nicht zuletzt wird der gesundheitliche Schaden in der Bevölkerung das Gesundheitssystem auf mittel- und langfristige Sicht zusätzlich belasten. Dieser Entwicklung muss entgegengewirkt werden. Fitness- und Gesundheitstraining müssen der Bevölkerung niederschwellig – insbesondere ohne finanzielle Hürden – und jederzeit zugänglich gemacht werden.“


Fazit

Die behördlich angeordneten Schließungen in 2021 sowie die Zugangsbeschränkungen im Winter 2021/2022 haben sich negativ auf den Gesundheitszustand der Bevölkerung ausgewirkt. Zusätzlich wurde die Fitness- und Gesundheitsbranche ökonomisch massiv geschädigt, was in der Summe zu Mitgliederverlusten von 2,4 Mio. geführt hat.

Rückkehr in die Studios nach Lockdown

Positiv festzuhalten ist, dass im ersten Halbjahr 2022 ein leichter Aufschwung zu verzeichnen war und 280.000 Mitglieder wieder zurückgewonnen werden konnten. Dies zeigt, dass die Fitness- und Gesundheitsbranche in der breiten Bevölkerung positiven Zuspruch findet und Trainierende, die im Lockdown gekündigt haben, zurück in die Studios kommen.


Lesen Sie mehr: 'DSSV-Update 2022'


Zum 30. Juni 2022 haben mehr als 9,5 Mio. Menschen den gesundheitsprotektiven Nutzen eines Trainings erkannt und sich bewusst für eine Mitgliedschaft in Fitness- und Gesundheitsanlagen entschieden. Der DSSV setzt sich weiter für die Branche ein, um ihre Entwicklung so positiv wie möglich zu gestalten.

Mehr zum Thema: 'Positive Perspektiven für Fitness- und Gesundheitsdienstleister' und 'Chancen der Branche'.

Methodik

Der Stichtag der vorliegenden Untersuchung ist der 30. Juni 2022. Alle Fitness- und Gesundheitsbetriebe in Deutschland wurden via Onlinefragebogen befragt. Die Datenerhebung erfolgte vom 4. Juli 2022 bis einschließlich 25. Juli 2022. An der Befragung haben sich insgesamt 199 Betreiber beteiligt, was einer Stichprobe von 785 Fitness- und Gesundheitsanlagen entspricht. Die Anzahl der Anlagen, die der Hochrechnung der Mitgliederzahlen dienen, stammen aus der Studie „Eckdaten der deutschen Fitness-Wirtschaft 2022“ von DSSV, Deloitte und DHfPG, die am 17. März 2022 publiziert wurde.