Gesundheit, Management | Autor/in: Oliver Walle |

Wie dem Fachkräftemangel aus BGM-Sicht begegnet werden sollte

Während der Corona-Pandemie wurde einmal mehr klar, wie wertvoll die Ressource Mensch für den Unternehmenserfolg ist. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels sollten Arbeitgeber ihre Attraktivität steigern. Der Aufbau eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) wäre eine Möglichkeit, um dieses Ziel zu erreichen. BGM-Experte Oliver Walle erklärt in seinem Beitrag, wie Unternehmen dies ganz einfach umsetzen können und welche Rolle Fitnessanlagen dabei spielen.

Die Fitness- und Gesundheitsbranche als idealer Kooperationspartner für Unternehmen

Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) gewinnt seit Jahren an Bedeutung. Die Corona-Pandemie in den Jahren 2020 bis 2022 hat einmal mehr gezeigt, wie wertvoll die Ressource Mensch für den Unternehmenserfolg ist. Die zahlreichen Ausfälle, sei es durch Quarantäne oder Krankheit, haben die Unternehmen um die Aufrechterhaltung ihrer Leistungserbringung bangen lassen.


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Gleichzeitig zeigte die Verlagerung von Mitarbeitern ins Homeoffice aufgrund des Infektionsgeschehens, dass diese dort in der Regel sehr produktiv arbeiteten. Die Vermutung, dass im Homeoffice weniger Leistung erbracht werden kann, hat sich nicht bestätigt.

Für viele Führungskräfte war dies eine neue Erfahrung, weshalb das Vertrauen in die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gestiegen ist. Über diese Erfahrungen hinaus wurde immer wieder der Wertewandel in der Gesellschaft deutlich, der insbesondere durch die Generation Z (ab 1995 Geborene) vorangetrieben wird.


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Dieser zeichnet sich durch eine stärkere Bedeutung der Work-Life-Balance und auch der Forderung nach deren Einhaltung aus (Walle & Staut, 2022). Darüber hinaus favorisiert diese Generation auch eine als New Work bezeichnete Arbeitswelt, die sich unter anderem durch agile Arbeitsmethoden, die Abkehr von starren Hierarchien hin zu mehr Teamarbeit sowie flexible Arbeitsformen wie die Viertagewoche oder hybrides Arbeiten auszeichnet. (Lesen Sie mehr: 'BGM neu gedacht')

Forciert wird diese Entwicklung durch den bereits bestehenden Fachkräftemangel, weshalb die Forderungen nach einem neuen Verständnis von Arbeit immer lauter werden.

Fachkräftemangel – eine Problemlage mit Ansage

Laut einer Pressemeldung des Statistischen Bundesamts zur 14. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung ist bis zum Jahr 2024 ein Bevölkerungswachstum zu erwarten, spätestens ab 2040 wird es jedoch einen Rückgang geben (Destatis, 2019a). 

Die älteren Bevölkerungsgruppen werden bis 2039 anwachsen und anschließend bis 2060 relativ stabil bleiben. Eine andere Entwicklung zeigt sich bei der Erwerbsbevölkerung zwischen 20 und 66 Jahren.

Bis 2035 wird diese Gruppe um rund vier bis sechs Millionen schrumpfen, sich danach stabilisieren und dann bis 2060, je nach Nettozuwanderung, erneut verringern (Destatis, 2019b). Diese Entwicklung macht deutlich, dass Unternehmen mit einer älter werdenden Belegschaft rechnen müssen, zugleich wird diese Entwicklung je nach Branche und Tätigkeit eine unterschiedlich starke Rolle spielen. (Auch interessant: 'Individualität für alle?!')

Der Rückgang der Erwerbsbevölkerung führt letztlich zur Herausforderung für das Recruiting von Unternehmen, die Bereichen angehören, in denen bereits heute ein Fachkräftemangel herrscht. Auch wenn die Erkenntnisse zur Bevölkerungsentwicklung und dem daraus resultierenden Fachkräftemangel bereits seit Jahren vorliegen, reagierten die Unternehmen sehr spät auf die neue Situation und bemühen sich nun um attraktive Jobangebote.

Maßnahmen der Unternehmen zur Attraktivitätssteigerung

Arbeitgeberattraktivität bezieht sich auf die Fähigkeit eines Unternehmens oder einer Organisation, qualifizierte und talentierte Mitarbeiternde anzuziehen und zu halten. Ein attraktiver Arbeitgeber wird oft als bevorzugter Arbeitgeber bezeichnet. Als attraktivitätssteigernd gelten die folgenden Arbeitsmerkmale und Rahmenbedingungen:

  • flexible Arbeitszeiten und hybride Arbeitsorte (z. B. Wechsel Firma/Homeoffice)
  • agiles Arbeiten, flache Hierarchien, mehr Teamarbeit
  •  faire Vergütung und betriebliche Sozialleistungen
  • Leadership – inspirierende und motivierende Führungskräfte; Vorbildfunktion
  •  gute Unternehmenskultur
  • Möglichkeiten zur Weiterbildung und Talententwicklung
  •  Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung
  • Betriebliches Gesundheitsmanagement und Betriebliche Gesundheitsförderung
  • Work-Life-Balance und Familienfreundlichkeit

Über den Autor

Oliver Walle ist Dozent an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) und der BSA-Akademie, Dozent an der Technischen Universität Kaiserslautern, Geschäftsführer der Health 4 Business GmbH, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Betriebliches Gesundheitsmanagement e. V. sowie Fachautor und Speaker zu BGM-Themen.

Als Experte für den strategischen Aufbau und die Steuerung eines BGM durch Kennzahlensysteme berät er seit nunmehr 20 Jahren bundesweit namhafte Unternehmen auch in Demografieprojekten, bei der Gestaltung gesundheitsförderlicher Arbeitsbedingungen (u. a. auch im Homeoffice), zur Umsetzung hybrider Gesundheitsförderung und Prävention sowie zu New-Work-Methoden.


Die Aufzählung macht deutlich, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärker eingebunden und wertgeschätzt werden wollen. Dazu gehören auch Maßnahmen zur gesundheitsgerechten Arbeitsgestaltung und Angebote zur Gesundheitsförderung.

Gleichzeitig können Beschäftigte durch nebenberufliche Weiterbildungen, ein duales Bachelor- oder anschließendes Master-Studium mit BGM-Schwerpunkt selbst zu Fachkräften und Experten im (Betrieblichen) Gesundheitsmanagement qualifiziert werden. Das unterstreicht auf mehreren Ebenen die Wertschätzung des Arbeitgebers seinen Mitarbeitenden gegenüber und macht ihn gleichzeitig attraktiver für Bewerber.


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Der Aufbau eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) sollte unternehmensspezifisch z. B. mit Studierenden in einem Master-Studiengang mit BGM-Schwerpunkt erfolgen, wobei die Bedarfsermittlung und die Ableitung von BGM-Zielen als Grundlage für die Maßnahmenplanung dienen.

Zunehmend spielen dabei nicht nur klassische Herausforderungen wie hohe Krankenstände oder die Sorge um den Erhalt der Arbeitsfähigkeit bis zur Rente eine Rolle, sondern auch Maßnahmen zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität.

Zu diesen zählen individualisierte Maßnahmen der Gesundheitsförderung, die auf die individuellen Bedürfnisse und Voraussetzungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zugeschnitten sind. Ziel ist es, neben einer höheren Wirksamkeit und Akzeptanz der Maßnahmen auch eine Wertschätzung des Arbeitgebers gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Ausdruck zu bringen.

Firmenfitness als Attraktivitätsfaktor

Eine Möglichkeit für individualisierte Programme mit gleichzeitig hohem Attraktivitätsfaktor ist das Angebot von Firmenfitness, wobei auch Kursprogramme und Physiotraining integriert werden können. Die Möglichkeit, wohnortnahe und auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnittene sowie zeitlich flexible Trainings- und Gesundheitsmaßnahmen durchführen zu können, wird von den Beschäftigten sehr geschätzt.

Unternehmen, die ihren Beschäftigten solche Angebote machen, erfahren eine hohe Nachfrage. Bei der Teilnahme sind zwei Gruppen zu unterscheiden. Zum einen können durch gezieltes Training konkrete Beschwerden der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter reduziert oder behoben werden, weshalb auch eine Trainingsbetreuung sowie regelmäßige Re-Checks durchgeführt werden müssen.


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Zum anderen kann Firmenfitness unabhängig von angestrebten Trainingseffekten durchgeführt werden, da bereits das bloße Angebot des Arbeitgebers einen Effekt – in diesem Fall die Wertschätzung durch das Unternehmen – darstellt.

Qualität der Anbieter wichtig für den Erfolg

Training ist nicht gleich Training! Die Ausstattung einer Fitnesseinrichtung sowie die Qualifikation und Kundenorientierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Einrichtung haben einen hohen Anteil am Erfolg der betrieblichen Maßnahmen.

Unternehmen möchten, dass sich ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gut aufgehoben fühlen und Begeisterung für die Lösung von Gesundheitsproblemen, insbesondere in Bereichen wie dem des Physiotrainings, sowie für das Erlebnis in der Fitnesseinrichtung wecken. Aus diesem Grund wird von Seiten der Unternehmen eine hohe Messlatte bei der Auswahl von geeigneten Fitnesseinrichtungen angelegt.


Weitere Interviews und Hintergründe

In weiteren Beiträgen und Interviews sprechen Prof. Dr. Axel PlünneckeHenrik Gockel (PRIME TIME fitness) und Mathias Schilling (Sport-Park) über Lösungsstrategien zum Fachkräftemangel. Lesen Sie außerdem unseren Artikel 'Fachkräftemangel' als Einstieg zu den Artikeln.

Indem Sie auf das entsprechende Bild oberhalb dieses Textes klicken, gelangen Sie direkt zum jeweiligen Artikel.


Fazit: BGM als Chance für die Fitness- und Gesundheitsbranche

Insgesamt ist festzustellen, dass das Betriebliche Gesundheitsmanagement weiterhin eine ausgezeichnete Chance für Fitness- und Gesundheitsanlagen ist, da sie den enormen Bedarf an qualitativen Trainingsangeboten abdecken.

Maßnahmen des BGM wie Betriebssport, „bewegte Pausen“ oder Trainingsangebote weisen für kooperierenden Fitnessstudios ein hohes Potenzial auf, um über die Arbeitgebenden neue Zielgruppen zu erschließen. Nach der Corona-Pandemie ist ein Anstieg des durchschnittlichen Körpergewichtes und die Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit festzustellen, was den Bedarf an Fitness- und Präventionsmaßnahmen zusätzlich unterstreicht.


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Umso bedeutsamer ist es für Unternehmen, zukünftig solche Maßnahmen anzubieten, die Gesundheitsressourcen fördern, Gesundheitskompetenz aufbauen und arbeitsbedingte Belastungen reduzieren. Hierbei ist die Fitness- und Gesundheitsbranche der ideale Kooperationspartner.

Zusätzlich bieten Weilterbildungen sowie Studiengänge den Unternehmen die Möglichkeit, eigenes Personal im Bereich BGM zu qualifizieren, das bereits vor Ort am Arbeitsplatz gemeinsam mit den Beschäftigten gesundheitsfördernde Maßnahmen etablieren und so direkt am „Kern des Problems“ ansetzen kann.

Auch der Besuch von Fachkongressen sowie eine Beratung durch externe Fachpersonen können aktuellen und zielorientierten Input liefern.


Auszug aus der Literaturliste

Walle, O. & Staut, S. (2022). Bedarfsbestimmung als Grundlage einer strategischen Planung eines BGM. In M. Lange, D. Matusiewicz & O. Walle (Hrsg.), Praxishandbuch Betriebliches Gesundheitsmanagement (S. 125–139). Freiburg: Haufe.

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie presse@finessmanagement.de.

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