Fitness, Management | Autor/in: fM Redaktion |

Luke Kretzmann im Interview: „Entscheidend ist, motiviert zu sein und aktiver als andere“

Als selbstständige Person im betrieblichen Gesundheitsmanagement braucht man ein starkes Repertoire an Fähigkeiten und Wissen, um sich in der Branche zu behaupten. Wir haben Luke Kretzmann, Gesundheitsmanager, Personal Trainer, Yogalehrer und Inhaber Luke.OutOfComfort, im Interview gefragt, wie dieses aussieht und welche Chancen man damit im Markt hat.

Über den Interviewpartner

Schon als Jugendlicher war Luke Kretzmann (Jahrgang 1992) in der Fitnessbranche aktiv. Die „Fitnesstrainer/in-B-Lizenz“ absolvierte er im Alter von 18 Jahren und bereits während der Schulzeit jobbte er als Trainer im Studio. Nach dem Abitur intensivierte sich diese Tätigkeit über zwei Jahre mit weiteren Ausbildungen und Lizenzen, u. a. Yoga, Pilates, BGM und Personal Training.

Mit 21 machte er sich parallel zur Tätigkeit im Studio als Personal Trainer selbstständig und begann an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) den dualen Studiengang Bachelor of Arts Gesundheitsmanagement.

Im Anschluss an das Studium absolvierte er mehrere Fortbildungen im Ausland – u. a. Ashtanga-Yoga in Rishikesh (Indien) und ein Thai-Box-Camp in Thailand. Nach seiner Rückkehr spezialisierte er sich weiter als BGM-Berater und Personal Trainer. Luke Kretzmann betreibt einen Webshop für nachhaltiges Yogazubehör.

fM: Sie haben im Fitness- und Gesundheitsbereich eine große Anzahl an Ausbildungen abgeschlossen und zahlreiche Zusatzqualifikationen erworben. Welchen Stellenwert haben Ihre Qualifikationen für frühere Beschäftigungsverhältnisse in Studios sowie Ihre jetzige Tätigkeit?

Luke Kretzmann: Die Qualifikation ist die Grundvoraussetzung dafür, dass man Menschen betreut. Sie ist die fundamentale Basis, die man parallel zur praktischen Erfahrung schaffen muss. Das Wissen und die Fähigkeiten aus meinen Aus- und Weiterbildungen geben mir die Sicherheit, dass ich in dem, was ich tue, gut bin.

Ich muss ja performen, fachlich überzeugen, authentisch sein und mich selbst vorzeigen können. (Lesen Sie mehr: 'Know-how fördern und Mitarbeitende im Unternehmen halten')

Auf heute bezogen könnte ich ohne meinen Studienabschluss in Gesundheitsmanagement gar nicht mit Krankenkassen zusammenarbeiten, weil mir eine Paragraf-20-Zertifizierung für die Präventionsbereiche fehlen würde. Die seriöse Zusammenarbeit mit den Kassen ist eine Grundvoraussetzung im BGM.

Um diesen Schritt zu machen, musste ich bis nach dem Studium warten. Ich habe mit 18 die Weiterbildung zur „Fachkraft für Betriebliches Gesundheitsmanagement (IHK)“ über die BSA-Akademie absolviert, weil ich wusste, dass ich in diesen Bereich möchte. Das war lange bevor ich mein Bachelor-Studium begonnen habe.

Welche Fähigkeiten, welches Wissen und welche Soft Skills haben sich für Ihren Weg in die Selbstständigkeit als besonders wertvoll herausgestellt?

Man muss sehr empathisch sein, also die Menschen gut verstehen können – insbesondere als Personal Trainer. In der Selbstständigkeit muss man viel und vor allem effektiv kommunizieren; entweder hat man ein Talent dafür oder man muss es sich beibringen.

Häufig wird unterschätzt, dass Selbstständige verkaufen können müssen. Ich hatte das Glück, im Fitnessstudio von Tag eins an das Verkaufen gelernt zu haben. Wir haben Provisionen bekommen für Mitgliedsverträge, die wir mit Interessierten abgeschlossen haben.

Und jetzt als Selbstständiger lebe ich davon, meine Leistung oder mein Produkt zu verkaufen. Wenn man 500 Mal mit Leuten darüber geredet hat, welcher Betrag viel Geld bedeutet, dann verliert man die Nervosität. (Auch lesenswert: 'Praxistipps für den erfolgreichen Schritt in die Selbstständigkeit')


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Die Grundlagen des Trainings waren wichtig, weil sie mir das Selbstbewusstsein gegeben haben, dass ich als Personal Trainer ein tolles Konzept anbieten und mich damit selbstständig machen kann. Die Studieninhalte zu Trainingslehre und Anatomie haben mir für das Personal Training viel gebracht.

Von den Modulen Kommunikation und Servicemanagement habe ich auch profitiert ebenso wie im späteren Verlauf von Prävention „Psychologie des Gesundheitsverhaltens“, weil diese Inhalte schon stark in Richtung BGM gingen und mir eins zu eins geholfen haben. Zeitweise waren die Inhalte des DHfPG-Studiums fast deckungsgleich mit den Inhalten meiner Arbeit im Studio.

Nach welchen Kriterien haben Sie die Aus- und Weiterbildungen in Ihrer Karriere ausgewählt? Gab es bestimmte Menschen, Ereignisse oder besondere Gegebenheiten, die Ihnen Impulse gegeben haben?

Ich hatte meine Ziele und habe mir Gedanken gemacht, wie ich mich in der Branche positionieren könnte. Ich habe immer geschaut, welche Berufsfelder es gibt und wo ich Lust hätte zu arbeiten. Daran habe ich mich bei den Entscheidungen für meine Ausbildungen orientiert.

Für meine Selbstständigkeit als Personal Trainer habe ich viel investiert. Die Fitnessttrainer B-Lizenz ist für mich nach wie vor die Basis, aus der ich viel mitgenommen habe. Die A-Lizenz war für meine Ziele als Ansprechpartner für Gesundheitsbelange dann das „Sahnehäubchen“.

Es gab dabei für mich nicht die eine Person, die mich entscheidend beeinflusst oder gecoacht hätte. Ich habe immer Impulse und Inspiration gesucht, um mich zu entwickeln. Dafür habe ich gut zugehört, den Markt beobachtet und viele Events besucht – und nicht zuletzt trifft man auch auf Fort- und Weiterbildungen viele Leute, die ihre Erfahrungen gemacht haben. (Lesen Sie mehr: 'Über die Bedeutung von Fachkongressen')

Inwieweit können qualifizierte Nachwuchskräfte Ihrer Einschätzung nach die Entwicklung von Unternehmen in der Fitness- und Gesundheitsbranche beeinflussen?

Für die Unternehmen zahlt sich die Qualifikation von Nachwuchskräften mittelbar und unmittelbar aus. Sie profitieren natürlich davon, dass die Qualität der Studierenden bereits im Laufe des Studiums immer besser wird. Die zunehmende Erfahrung und das Know-how aus dem Studium gibt man ja auch immer direkt an die Kund:innen weiter und die merken das.

Wenn die Qualifikation der Trainer:innen ein Kriterium ist, um Mitglieder zu gewinnen und zu halten, dann sind diese Qualifikationen, die man im Laufe des Studiums – in meinem Fall an der DHfPG – erhält, maßgeblich.

Theorie und Praxis in Kommunikation, Verkauf, Präsentation und nicht zuletzt Trainingslehre – die Themenfelder passen einfach unfassbar gut auf das Berufsfeld und auch auf die Berufsfelder, die darauf aufbauen: z. B. wenn man von der Trainingsfläche in die Bereichsleitung geht.

Mit einem abgeschlossenen Studium ist man sehr gut gerüstet, ein Studio oder einzelne Bereiche dort zu leiten, und ist für das Unternehmen äußerst wertvoll.

Die Lerninhalte, die ich aus meinem Studium mitgenommen habe, waren anders als eine Nacherzählung im Schulbuch oder die Dinge oder Verfahrensweisen, die niemals mehr angewendet werden.

An der DHfPG war es genau das Gegenteil: Man kann die Inhalte sofort in allen Bereichen des Studios anwenden, weil das live ist, passgenau und dicht am Markt. Die Studierenden und indirekt natürlich auch die Unternehmen profitieren, weil es immer Feedback zu den aktuellen Aktivitäten des Marktes gibt.

Durch den zunehmenden Fachkräftemangel wird das Thema Employer Branding für Unternehmen immer wichtiger. Wie sollten sich Fitness- und Gesundheitsanbietende Ihrer Ansicht nach präsentieren, um Talente für sich zu gewinnen?

Talent und Qualifikationen müssen beim Honorar der Trainer:innen zu Buche schlagen. Das ist für mich ein ganz wichtiger Faktor, weil ich gerade in der Fitnessbranche viele wirklich talentierte Leute kenne, die in andere Branchen abwandern, weil immer noch eine sehr niedrige Gehaltslinie gefahren wird. Es muss ein Umdenken stattfinden.

Man sollte qualifizierte Trainer:innen, die ja auf der Fläche gebraucht werden, entsprechend ihrer Wertigkeit honorieren. Nichts ist frustrierender, als wenn du dein Studium beendet hast und die Aushilfe, die noch zur Schule geht, den gleichen Stundenlohn bekommt. (Lesen Sie mehr: 'Transparent und verlässlich')

Wie beurteilen Sie die perspektivischen Job-, Aufstiegs- und Karrierechancen innerhalb der Branche?

Für alle Selbstständigen sehe ich die Chancen sehr gut. Man kann extrem viele Projekte verwirklichen und sehr kreativ arbeiten. Es gibt so viele Probleme und Aufgaben, die man als qualifizierte Fachkraft lösen kann, wenn man gut positioniert ist und die „Mitspieler:innen“ kennt.

Aber auch für alle, die einen Job im Gesundheitsbereich anstreben, sehe ich gute Chancen. Der Bedarf an qualifizierten Mitarbeitenden ist einfach groß, insbesondere bei Firmen im Betrieblichen Gesundheitsmanagement. Das höre ich immer wieder.

Hier werden vielfach Personen als Kontakt für BGM-Anbietende gesucht oder auch Leitungskräfte im BGM-Bereich – sowohl aufseiten der Krankenkassen als auch auf Unternehmensseite. Da gibt es viele Stellen, die ich persönlich sehr spannend finde. (Lesen Sie auch: 'Chancen im BGM')

Entscheidend ist, dass man motiviert ist, sich reinhängt, aktiver ist als andere und auch bereit ist, ein Stück weit in Vorleistung zu gehen.

Welche Tipps geben Sie jungen Menschen, die in der Fitness- und Gesundheitsbranche eine Ausbildung oder ein Studium absolvieren und ihre Karriere – im Studiobetrieb, in der Industrie oder in der Selbstständigkeit – noch vor sich haben?

Ich kann nur empfehlen, an möglichst vielen Events teilzunehmen und mit vielen Leuten aus der Branche ins Gespräch zu kommen. Es lohnt sich immer, aktiv nach Tipps zu fragen, sich Input zu holen, Konzepte anzuschauen und so ein Gefühl für den Markt zu bekommen. Jedes Gespräch ist wie ein Sieb, in dem Unwichtiges hängen bleibt. Im untersten Sieb bleiben dann die wertvollen Infos und Ideen übrig, die einen weiterbringen.

Das Schöne an unserem Job ist ja, dass die Leute zu dir ins Studio kommen und man Infos, Ideen und auch Kontakte bekommt, während man den Menschen hilft – insbesondere als Personal Trainer:in. Wenn man als Trainer:in empathisch ist und mit ehrlichem Interesse auf die Menschen zugeht, eröffnen sich allein dadurch viele Möglichkeiten.

Als Selbstständige:r braucht man Sichtbarkeit. Heute haben wir viele Möglichkeiten, uns sichtbar zu machen, z. B. YouTube und Social Media. Wer sichtbar ist, wird gefragt, z. B. als Experte für ein Interview mit einem coolen Fachmagazin. Dann muss man nur noch fachlich überzeugen.


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In weiteren Interviews sprechen Jens Schulze und Jannis Traxel über die Bedeutung von Qualifikationen. Lesen Sie außerdem unseren Artikel 'Qualität durch Qualifikation' als Einstieg zu den Interviews.

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