Fitness, Gesundheit | Autor/in: Prof. Dr. Sarah Kobel |

'Fitmach-Aktion': Wer in Bewegung kommt, bleibt in Bewegung

Menschen, die akut von Bewegungsmangel betroffen sind, zu einem regelmäßigen Fitnesstraining bewegen? Dieses ambitionierte Ziel verfolgte die 'Fitmach-Aktion: fit & gesund im Saarland' – mit Erfolg! Jüngste Ergebnisse zeigen: Schließen bislang körperlich inaktive Menschen eine Mitgliedschaft in einer Fitnessanlage ab, erfüllen sie die Bewegungsempfehlungen der WHO häufiger als Personen ohne Mitgliedschaft.

'Fitmach-Aktion' im Saarland: Prof. Dr. Sarah Kobel stellt neue Erkenntnisse vor

Akut von Bewegungsmangel betroffene Menschen sollen zu einem regelmäßigen körperlichen Training bewegt werden – das war das Ziel der bislang einzigartigen 'Fitmach-Aktion'.

Und dieses Ziel wurde durch das gemeinsame Projekt des saarländischen Gesundheitsministeriums, der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG), des Vereins für Prävention und Gesundheit im Saarland (PuGiS) e. V. und den gesetzlichen Krankenversicherern erreicht. (Lesen Sie auch: 'Erfolg der 'Fitmach-Aktion'')

Doch wie ging es nach der Aktion weiter?

'Fitmach-Aktion': ein Rückblick

Am 5. April 2022 fiel der Startschuss im Saarland, um 1.000 Menschen, die akut von Bewegungsmangel betroffen sind, für acht Wochen in saarländischen Fitness- und Gesundheitsanlagen nach den Bewegungsempfehlungen der WHO trainieren zu lassen.


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Diese sehen wöchentlich mindestens 150 Minuten moderates Ausdauertraining sowie mindestens zwei Krafttrainingseinheiten vor.

Ein ambitioniertes Ziel, wenn man die Stichprobe betrachtet: Bei 22,6 Prozent der Teilnehmenden, die zwischen 16 und 90 Jahre alt sind, liegt ein regelmäßiges Fitnesstraining bereits länger als ein Jahr zurück, bei 48,0 Prozent bereits mehr als drei Jahre. Knapp jeder Vierte der Stichprobe (24,2 %) gab an, noch nie ein regelmäßiges Training betrieben zu haben.


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Vom Bewegungsmangel zum regelmäßigen Training in Fitnessanlagen: Die 'Fitmach-Aktion' verfolgte ein ambitioniertes Ziel – und zeigt Chancen für die Branche auf, auch die Zielgruppe der 'Bewegungsmuffel' zu gewinnen!

Ergebnisse sprechen für sich

Waren es zu Beginn der Aktion nur 23,3 Prozent der Teilnehmenden, die mindestens 150 Minuten moderates Ausdauertraining pro Woche betrieben, stieg dieser Wert am Ende der Projektlaufzeit (nach acht Wochen) um 35,9 Prozentpunkte auf 59,2 Prozent. Auch beim Krafttraining stellte sich ein Erfolg ein.

Die von der WHO geforderten zwei Einheiten pro Woche wurden zu Projektbeginn von 12,9 Prozent umgesetzt, am Ende der Projektlaufzeit von 70,3 Prozent (+ 57,4 Prozentpunkte). Insgesamt erfüllte am Ende jeder zweite Teilnehmende die Bewegungsempfehlungen der WHO. Zum Vergleich: Vor der Aktion waren es 6,1 Prozent.

Gemeinsam gegen Bewegungsmangel

Die meisten Menschen wissen, dass ein regelmäßiges Training gut für die eigene Gesundheit ist. Gleichzeitig aber setzen viele dieses Wissen nicht in die Tat um. Einer der Gründe hierfür ist häufig eine noch immer vorherrschende falsche (stereotype) Vorstellung von Dienstleistern aus der Fitness- und Gesundheitsbranche.

Dass dieses Denken aber längst überholt ist, zeigt die 'Fitmach-Aktion'. Erstmalig arbeiten Gesundheitsministerium und Krankenkassen mit der DHfPG sowie Fitness- und Gesundheitsstudios zusammen und zeigen so ihr starkes Vertrauen in die wichtige Rolle der Branche im Kampf gegen den Bewegungsmangel und gegen die daraus resultierenden Krankheiten.


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89,5 Prozent der teilnehmenden Betriebe sind der Ansicht, dass diese Zusammenarbeit das Vertrauen der Menschen in die Gesundheitsdienstleistung Fitnesstraining steigert. Diese Ansicht gründet sich unter anderem darauf, dass mit der 'Fitmach-Aktion' Personen erreicht wurden (76,5 %), die zuvor keinen Kontakt zu den Fitnessanlagen hatten.

Die Aktion hat eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass auch Menschen, die in ihrem Leben nie mit Fitnesstraining in Bewegung gekommen sind, als Kunden gewonnen werden können – und zeigt damit Erfolgspotenziale auf, die der Branche eine aussichtsreiche Zukunft bescheinigen.

Stellschraube Gesundheitsbewusstsein

Neben dieser aus stereotypen Vorstellungen resultierenden Unwissenheit bezüglich des Angebotes und der Ausrichtung moderner Fitness- und Gesundheitsanlagen ist es häufig auch die fehlende intrinsische Motivation, die die Menschen ihr Wissen um die gesundheitspositiven Effekte eines Trainings nicht in ein tatsächliches Handeln transferieren lässt.

Die 'Fitmach-Aktion' war hierfür ein Anstoß, wie eine Teilnehmerin berichtet. (Lesen Sie mehr: 'Wir sind Teil der Lösung')


Über die Autorin

Prof. Dr. Sarah Kobel ist Leitung Wissenschaft und Forschung an der  Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG sowie Tutorin und Dozentin an der BSA-Akademie. Sie promovierte am Institut für Konsum- und Verhaltensforschung an der Universität des Saarlandes.

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Andere sprechen von „Druck von außen, um den 'inneren Schweinehund' zu überwinden“. Dass dies nicht nur Floskeln sind, sondern diese Initialzündung von außen den Menschen den Weg in ein regelmäßiges Trainingsverhalten ebnen kann, zeigen die Ergebnisse der jüngsten Befragung der DHfPG.

Mehr als ein Drittel werden aktive Mitglieder

Neben dem Erfolg während der Aktion interessiert es die Akteure natürlich umso mehr, ob das neu gewonnene gesunde Bewegungsverhalten auch über die Projektdauer der 'Fitmach-Aktion' hinaus beibehalten wird.


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Die teilnehmenden Fitnessanlagen berichten, dass 35,8 Prozent der Probanden nach Projektende eine Mitgliedschaft abgeschlossen haben.

Eine Konsumentenbefragung der DHfPG zwölf Wochen nach Projektende zeigt, wie das Trainingsverhalten der ehemaligen Probanden aktuell aussieht. Befragt wurde eine Stichprobe von 123 Personen, von denen 74 aktuell eine Mitgliedschaft besitzen. (Lesen Sie weiter: 'Nicht-Mitglieder gewinnen')

Fitnessanlagen als Motivationstreiber

Zwischen den Personen mit und jenen ohne eine aktive Mitgliedschaft zeigen sich Unterschiede im Trainingsverhalten. Während 60,8 Prozent der Mitglieder die Empfehlungen der WHO zum Ausdauertraining weiterhin umsetzen, sind es bei den Personen ohne Mitgliedschaft nur 46,9 Prozent (vgl. Abb. 1).

Abb. 1: Umsetzung der Bewegungsempfehlungen zum Ausdauertraining nach Projektabschluss (Personen mit vs. Personen ohne Mitgliedschaft)


Erfreulicherweise ist es durch die 'Fitmach-Aktion' gelungen, auch bei einem Teil der Personen, die keine Mitgliedschaft in einer Fitnessanlage abgeschlossen haben, ein regelmäßiges Trainingsverhalten zu etablieren.

Die Zahlen zeigen aber deutlich, dass es Personen mit einer Mitgliedschaft häufiger gelingt, gemäß den Richtlinien der WHO zu trainieren.


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Interessant ist, dass sowohl die Trainierenden, die eine Mitgliedschaft abgeschlossen haben, als auch diejenigen, die keine Mitgliedschaft abgeschlossen haben, sich der positiven Effekte eines regelmäßigen Trainings bewusst sind: 98,7 Prozent der Trainierenden in Studios und 95,9 Prozent derjenigen, die nach der Aktion keine Mitgliedschaft abgeschlossen haben, stimmen der Aussage zu, dass regelmäßiges Fitnesstraining positive Effekte auf ihre Gesundheit hat.

Die Empfehlungen zum Krafttraining setzen 74,3 Prozent der Personen mit einer Mitgliedschaft vs. 46,9 Prozent der Personen ohne Mitgliedschaft um (vgl. Abb. 2).

Abb. 2: Umsetzung der Bewegungsempfehlungen zum Krafttraining nach Projektabschluss (Personen mit vs. Personen ohne Mitgliedschaft)


Beide Empfehlungen der WHO (Ausdauer- und Krafttraining) setzen 54,5 Prozent der Personen mit einer Mitgliedschaft um, bei den Personen ohne Mitgliedschaft gelingt es 28,6 Prozent.

Dass im Anschluss an die Aktion jeder dritte akut von Bewegungsmangel betroffene Proband letztlich eine aktive Mitgliedschaft in einer Fitnessanlage abgeschlossen hat, ist ein hervorragendes Ergebnis.

Gesundheitsbewusstsein der Menschen nutzen

Dieses unterstreicht noch einmal mehr, dass durch ein gemeinsames Handeln von Politik, Krankenkassen und Branche das Gesundheitsbewusstsein der Menschen genutzt werden kann, um sie letztlich auch zu einem gesundheitsbewussten Verhalten zu bewegen.


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Damit ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass künftig weitaus mehr Menschen von den gesundheitspositiven Effekten eines regelmäßigen Fitnesstrainings profitieren möchten und sich für eine aktive Mitgliedschaft entscheiden.

Unterstützung durch Fachpersonal

Dass Personen, die eine aktive Mitgliedschaft in einer Fitness- und Gesundheitsanlage abgeschlossen haben, auch nach Beendigung der 'Fitmach-Aktion' die Bewegungsempfehlungen deutlich häufiger umsetzen als Personen ohne Mitgliedschaft zeigt, wie wichtig hierbei die Unterstützung von gut ausgebildetem Fachpersonal ist.

Auch frühere Studien der DHfPG zeigen, dass den Menschen der gesundheitspositive Effekt eines Fitnesstrainings bekannt ist; dieses Wissen können sie ohne Unterstützung aber nur schwer in die Tat umsetzen.

Ältere Personen besonders ambitioniert

72,2 Prozent der Mitglieder, die 65 Jahre oder älter sind, erfüllen die Bewegungsempfehlungen der WHO. Am schlechtesten schneiden hier Mitglieder bis 29 Jahre ab; von ihnen sind es nur 40,0 Prozent.

Ähnlich sieht es bei den Personen ohne Mitgliedschaft aus: 60,0 Prozent der Menschen ab 65 Jahre erfüllen die Empfehlungen, bei den Personen bis 29 Jahre ist es keine einzige!

Gesundheit bleibt relevantestes Motiv

Gesundheit (für 84,9 % zutreffend) ist das wichtigste Trainingsmotiv für Personen mit einer Mitgliedschaft, gefolgt von Prävention (für 70,3 % zutreffend). Wichtig sind auch die Themen Gewichtsmanagement (zutreffend für 35,6 %) und Stressmanagement (26,0 %). Freude spielt für 19,2 Prozent eine Rolle.

Auch für Personen ohne Mitgliedschaft ist Gesundheit das zentrale Trainingsmotiv (90,5 %), gefolgt von Prävention (66,2 %). Gewichtsmanagement spielt weniger eine Rolle als bei Mitgliedern (14,3 %), die Freude am Training ist für mehr als jedes vierte Nichtmitglied ein wichtiges Trainingsmotiv (28,6 %). Stressmanagement ist für 23,8 Prozent relevant.

Für beide Gruppen spielen soziale Motive, also beispielsweise das Schließen von Freundschaften beim Training, nur eine untergeordnete Rolle. Es zeigt sich deutlich, dass der gesundheitliche Aspekt eines regelmäßigen körperlichen Trainings im Fokus steht.


Fazit

Es ist durch die 'Fitmach-Aktion' gelungen, das Gesundheitsbewusstsein akut von Bewegungsmangel betroffener Menschen zu wecken und dieses Wissen um die gesundheitliche Relevanz eines regelmäßigen Trainings nachhaltig in den Köpfen dieser Menschen zu verankern.

Dazu hat auch der einmalige Charakter der Aktion beigetragen, denn erstmals arbeiten Politik, die DHfPG, die Krankenkassen und die Fitnessanlagen Hand in Hand, um dem Bewegungsmangel zu begegnen und Folgeerkrankungen aktiv vorzubeugen.

Dass die zentrale Rolle der Branche von diesen Akteuren anerkannt und unterstützt wird, weist auf eine aussichtsreiche Zukunft der Fitnessbranche hin, die in ihrer Rolle als Gesundheitsdienstleister bestärkt und zunehmend wahrgenommen wird.

Gleichzeitig zeigte das Projekt, dass Menschen, die auf den ersten Blick niemals als potenziell langfristige Mitglieder infrage zu kommen scheinen, als solche gewonnen werden können.

Ursprüngliche 'Bewegungsmuffel' wollen die gesundheitspositiven Wirkungen des Trainings beibehalten, wenn sie diese einmal selbst wahrgenommen haben. Es hat sich gezeigt, dass es hierbei jedoch eines äußeren Anreizes bedarf, um das Wissen um die positiven gesundheitlichen Effekte auch in die Tat umzusetzen.

Die 'Fitmach-Aktion' legte hierfür den Grundstein. Die Kenntnis dieser gesundheitspositiven Effekte kann die Branche nutzen, um diese Personen aktiv auf ihrem Weg in ein gesünderes Leben zu unterstützen.

Eine aktive Mitgliedschaft kann Menschen dazu motivieren, regelmäßig zu trainieren. Häufig ist der erste Schritt der schwierigste. Und auch die 'Fitmach-Aktion' zeigt, dass die Menschen zu Beginn Unterstützung benötigen, um ihre Gesundheit selbst in die Hand zu nehmen – ein Appell an die Politik, die Menschen gemeinsam mit der Fitnessbranche in dieser Hinsicht zu unterstützen und zu einem gesünderen Verhalten zu bewegen. Dass diese Zusammenarbeit von Erfolg gekrönt ist, hat die 'Fitmach-Aktion' eindringlich bewiesen.


Alle Infos zur 'Fitmach-Aktion'

Den vollständigen Ergebnisbericht zur 'Fitmach-Aktion' sowie alle benötigten Materialien, um die Aktion in Eigenregie auch in Ihrer Fitnessanlage umzusetzen, finden Sie auf dieser Website.


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