Gesundheit, Markt, Anzeige | Autor/in: Prof. Dr. Arne Morsch |

Sport- und Bewegungstherapie: Von „Hands-on“ über „Hands-off“ zum individualisierten Training

Um Patientinnen und Patienten nachhaltig und langfristig zu binden, benötigen physiotherapeutische Einrichtungen ein Betreuungskonzept, das über die Therapiephase hinausgeht. Qualifikationen im Bereich der Sport- und Bewegungstherapie bieten optimale Möglichkeiten, um das Leistungsportfolio in den Bereichen Gesundheitsförderung, Prävention und Rehabilitation zu erweitern.

Neuer DHfPG-Studiengang: Sport- und Bewegungstherapie

Die Physiotherapie spielt als Heilmittel bei der Behandlung muskuloskelettaler Erkrankungen eine zentrale Rolle und vereint aktive und passive Therapieformen zur Heilung und Vorbeugung entsprechender Krankheiten. Gerade in frühen bzw. akuten Krankheitsphasen kommen häufig zunächst passive manuelle Therapie-, Mobilisations- und Massagetechniken zum Einsatz.

Diese werden genutzt, um kurzfristig Schmerzen zu lindern und die Funktionsfähigkeit zu verbessern. Das ist auch der Grund, warum viele Patienten die „heilenden Hände“ von physiotherapeutischem Fachpersonal besonders schätzen und entsprechende Behandlungsformen erwarten. (Lesen Sie auch: 'Belastung und Erholung im Gleichgewicht: Strategien für erfolgreiches Regenerationsmanagement')

Von „Hands-on“ zu „Hands-off“

Die Evidenz für rein manualtherapeutische „Hands-on“-Behandlungsstrategien ist allerdings begrenzt. Insofern sollten die Anfangserfolge manueller Techniken im Sinne einer Schmerz- und Funktionsverbesserung möglichst früh im therapeutischen Prozess mit aktiven „Hands-off“-Behandlungsstrategien kombiniert werden.

Dabei stehen dann nicht mehr passive Manualtechniken oder die Fazilitation eines Bewegungsablaufs durch die Hände des therapeutischen Fachpersonals im Vordergrund, sondern das aktive repetitive Üben von Bewegungsaufgaben. Ein entsprechendes Vorgehen fördert die eigene Bewegungskompetenz und macht aus passiven Patienten aktive, was für die Krankheits- und Alltagsbewältigung von großer Bedeutung ist.

Als budgetiertes Heilmittel ist bei den meisten Diagnosen eine Dauerverordnung von Physiotherapie nicht vorgesehen bzw. nicht möglich. Die Erfolge einer physiotherapeutischen Behandlung sollten daher nach Abschluss bewusst genutzt werden, um die Patientinnen und Patienten in weiterführende bewegungs- bzw. trainingstherapeutische Maßnahmen zu überführen.

Ziel dabei ist es, mithilfe von geeigneten Mitteln des Sports und der Bewegung gestörte körperliche, psychische und soziale Funktionen zu kompensieren, Sekundärschäden vorzubeugen und gesundheitlich orientiertes Verhalten zu fördern. (Auch interessant: 'Immer mehr Deutsche inaktiv: Neuer WHO-Report warnt vor Bewegungsmangel und seinen Folgen')

Ergänzung durch weitere Angebote

Das Sozialgesetzbuch bietet in allen Präventionsbereichen weitere Abrechnungsmöglichkeiten, die das Therapiekonzept physiotherapeutischer Einrichtungen sinnvoll ergänzen können.

Hierzu zählen primärpräventive Angebote im Handlungsfeld Bewegungsgewohnheiten nach Paragraf 20 SGB V, bewegungsbezogene Zusatzprogramme und Patientenschulungen im Rahmen von Disease-Management-Programmen oder auch indikationsspezifischer Rehabilitationssport.

Damit diese Leistungen über die Kostenträger finanziert werden können, müssen Bewegungsfachkräfte die hierfür erforderlichen Anbietendenqualifikationen und Kompetenzen nachweisen.


Lesen Sie auch: 'Wie gelingt der Übergang von Therapie zu Training?'


Auch der Zweite Gesundheitsmarkt, also privat finanzierte Dienstleistungen und Behandlungen, denen keine ärztlichen Verordnungen oder sonstige Abrechnungsfähigkeiten zugrunde liegen, ist für physiotherapeutisches Fachpersonal eine zunehmend wichtiger werdende Einnahmequelle.

Ein ergänzender Trainingsbereich, in dem die Patienten nach Abschluss der Heilbehandlung ein individualisiertes, therapeutisch betreutes Gesundheitstraining auf Selbstzahlungsbasis absolvieren können, ist daher eine erfolgversprechende Möglichkeit, das Portfolio zu vervollständigen.


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Um präventive Bewegungsangebote bzw. individualisierte Trainingskonzepte evidenzbasiert entwickeln und professionell umsetzen zu können, stellt eine zusätzliche Aus- bzw. Weiterbildung im Bereich der Sport- und Bewegungstherapie für physiotherapeutisches Fachpersonal eine wichtige Voraussetzung dar. Hierdurch können der eigene Kompetenzbereich und das Leistungsportfolio qualitativ hochwertig erweitert werden. (Auch lesenswert: 'Professionalisierung der Bewegungsförderung')

Aus- und Weiterbildung im Bereich Sport- und Bewegungstherapie

Die Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) bietet für physiotherapeutisches Fachpersonal verschiedene Studien- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Bereich der Sport- und Bewegungstherapie an.

Unterstützt wird dieses Angebot unter anderem durch eine Bildungspartnerschaft mit dem Deutschen Verband für Gesundheitssport und Sporttherapie e. V. (DVGS) und eine gemeinsame Qualifikationsstruktur im Bereich der Sport- und Bewegungstherapie.

Über die Ausbildung an der DHfPG ist es möglich, die Weiterbildungszertifikate und Fortbildungslizenzen des DVGS zu erwerben und das eigene Tätigkeitsfeld um weitere abrechnungsfähige Leistungen in Prävention und Therapie zu erweitern.

Hochschulweiterbildung „Sportpraxis“

Um die Zulassungskriterien für die Zusatzqualifikation „Sport- und Bewegungstherapeut/-in DVGS“ zu erfüllen, ist gemäß dem Stufenkonzept des DVGS zunächst ein sport- bzw. bewegungswissenschaftliches Studium oder auch ein staatlich anerkannter bewegungsbezogener Ausbildungsabschluss mit mindestens zehn ECTS-Punkten Sportpraxis nachzuweisen.

In der Regel können Physiotherapeuten aufgrund der Inhalte ihrer Ausbildung keinen ausreichenden Umfang an eigener Sportpraxis nachweisen. Die fehlenden ECTS-Punkte können allerdings über die zu diesem Zweck entwickelte und mit dem DVGS abgestimmte DHfPG-Hochschulweiterbildung „Sportpraxis für das Tätigkeitsfeld Sport- und Bewegungstherapie“ erworben werden, um so die Zulassungsvoraussetzungen zu erfüllen.


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Auch Absolventinnen und Absolventen anderer bewegungsbezogener Studiengänge und Ausbildungen, die keinen ausreichenden Umfang an Sportpraxis nachweisen können, steht die Hochschulweiterbildung für eine Nachqualifikation zur Verfügung.

Studienschwerpunkte der Sport- und Bewegungstherapie als Hochschulweiterbildungen

Sind die Zulassungsvoraussetzungen gemäß DVGS erfüllt, können Physiotherapeuten aufgrund ihrer Qualifikation zu den folgenden Hochschulweiterbildungen der DHfPG im Bereich der Sport- und Bewegungstherapie zugelassen werden:

  • Innere Erkrankungen
  • Orthopädie/Rheumatologie/Traumatologie
  • Onkologie

Nach erfolgreichem Abschluss der gewählten Studienschwerpunkte können die Absolventen die indikationsspezifischen Weiterbildungszertifikate „Sport- und Bewegungstherapeut/-in DVGS“ sowie die entsprechenden Fortbildungslizenzen erwerben (vgl. Abb. 1).

Mit dem Studienschwerpunkt „Sport- und Bewegungstherapie Onkologie“, der in Kooperation mit dem Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) entwickelt wurde, verfügt die DHfPG über das derzeit einzige Studienangebot, das zum Weiterbildungszertifikat „Sport- und Bewegungstherapeut/-in DVGS – Onkologie“ führt.

Neuer dualer Bachelor-Studiengang Sport-  und Bewegungstherapie

Aktuell befindet sich der neue duale Studiengang der DHfPG – Bachelor of Arts Sport- und Bewegungstherapie – im Akkreditierungsverfahren. Er bietet physiotherapeutischem Fachpersonal die Möglichkeit, sich akademisch zu qualifizieren und integriert die Qualifikation in den Indikationsbereichen Internistische Erkrankungen, Orthopädie/Rheumatologie/Traumatologie und Neurologie. (Auch interessant: 'Flexibel. Vielseitig. Praxisorientiert – Physiotherapiepraxis von DHfPG-Studium überzeugt')

Nach erfolgreichem Bachelor-Abschluss an der DHfPG können die Absolventinnen und Absolventen ebenfalls die vom DVGS vergebenen Weiterbildungszertifikate und Fortbildungslizenzen in den entsprechenden Indikationsbereichen erwerben.


Fazit

Die Studien- und Weiterbildungsangebote der DHfPG im Bereich der Sport- und Bewegungstherapie bieten physiotherapeutischen Einrichtungen eine optimale Möglichkeit, ihr Angebotsportfolio neben der Heilmittelabrechnung um weitergehende, abrechnungsfähige Leistungen in allen Präventionsstufen wie auch im Selbstzahlendenbereich zu erweitern.

Dadurch besteht die Chance, Patientinnen und Patienten im Anschluss an eine Heilbehandlung langfristig und nachhaltig an die eigene Einrichtung zu binden. Hiervon können sowohl die Einrichtungen selbst als auch Patienten im Sinne einer gesteigerten bewegungsbezogenen Gesundheitskompetenz maßgeblich profitieren.


Über den Autor

Prof. Dr. Arne Morsch ist Fachbereichsleiter Gesundheitswissenschaften und Dozent an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG). Darüber hinaus leitet er den Fachbereich Gesundheitsförderung der BSA-Akademie.

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