Christopher Pfeiffer im Interview: „Digitalisierung ist ein erheblicher Fortschritt und erleichtert die Struktur“
„Achtzig bis neunzig Prozent unserer Mitglieder waren früher unsere Patienten in der Therapie.“ Christopher Pfeiffer hat es im PhysioPlus Lichtenau geschafft, dass die Patienten fast automatisch in den Selbstzahlerbereich übergehen. Durch die Unterstützung digitaler Gerätehersteller und Dienstleistungsanbieter waren die Implementierung und die Kosten überschaubar.
Christopher Pfeiffer: Als Fußballspieler bei Wacker Burghausen und dem 1. FC Schweinfurt entdeckte Christopher Pfeiffer seine Leidenschaft für die Physiotherapie und ließ sich zum Therapeuten ausbilden. 2016 gründete er mit seiner Frau das PhysioPlus in Lichtenau.
2018 stockte er das Gebäude um ein Stockwerk auf und richtete auf etwa 160 Quadratmetern einen Trainingsbereich ein, der komplett digitalisiert ist.
mfhc: Von welchen digitalen Optionen profitiert Ihr Unternehmen am meisten? Welche weiteren Potenziale bietet die Digitalisierung für Ihr Praxismanagement, Ihre Zeitersparnis, Kundenbindung und die individuelle Betreuung von Patientinnen und Patienten?
Christopher Pfeiffer: In der Physiotherapie arbeiten wir seit Beginn mit THEORG, einer Software, die unsere Therapiepläne erstellt. Die Therapeuten geben ihre Befunde per Tablet ein. Das ist ein erheblicher Fortschritt und erleichtert die Struktur: Abläufe, Behandlungspläne, Dokumentation und Befunde sind digitalisiert.
Für den Anmeldeprozess von Patienten nutzen wir seit Anfang des Jahres FitCalc von KWS, registrieren hier das Einverständnis zur Datenverarbeitung, zusätzlicher Behandlungszeit, Gesundheitsberatung und Ausfallpauschale. Alles, was früher unübersichtlich über Papier lief, ist hier gebündelt. (Lesen Sie auch: 'Erfolgreiche Physiotherapie')
Trainer und Therapeuten haben Zugriff auf alle Informationen. Wir sehen sofort, was ein Patient möchte und sprechen eine einheitliche Sprache.
Kundenbindung bedeutet für uns auch der Übergang in den Selbstzahlerbereich. Jeder Patient erhält dank FitCalc automatisch nach sechs Behandlungsterminen einen siebten Termin zur Gesundheitsberatung. Dort geht es mit Beweglichkeitsmessung im EGYM Hub und Kraftmessungen über EGYM-Geräte um die Beschwerdeursachen. (Lesen Sie auch: 'Smarte Physiopraxen')
Wir zeigen, was wir durch Training verbessern können und binden die Patienten so langfristig. Über FitCalc kann man individuell auf Gesundheitsprobleme eingehen und z. B. ein Arthroseprogramm erstelle
Vor welche Herausforderungen – finanziell und im Bereich Know-how – hat Sie die Implementierung digitaler Systeme gestellt?
Da THEORG modular aufgebaut ist und einzelne Module hinzugebucht werden können, habe ich relativ geringe Kosten. 2018 baute ich zusätzlich einen Selbstzahlerbereich auf. Dort waren EGYM Hub und Flex natürlich größere Investitionen, aber EGYM hat uns bei der Implementierung sehr unterstützt, sodass wir sehr schnell den Break-even erreichten.
Die Herausforderung besteht eher darin, die Patienten als Kunden in den Selbstzahlerbereich zu überführen. Das funktioniert sehr gut: Wir haben kaum externe Mitglieder, aber achtzig bis neunzig Prozent waren früher unsere Patienten in der Therapie. (Lesen Sie mehr: 'Wie gelingt der Übergang von Therapie zu Training?')
Wie haben digitale Möglichkeiten die interne und externe Leistungskommunikation verändert?
Die interne Kommunikation mit den Patienten läuft über die Gesundheitsberatung, die im Wartebereich über TV-Bildschirme beworben wird. Die externe Kommunikation läuft über Facebook. Über KWS schalten wir alle drei Tage Facebookwerbung und zeigen in Kampagnen, dass wir Gesundheitsanbieter sind und Gesundheitstraining anbieten.
Auf der Internetseite bieten wir außerdem eine Bedarfsanalyse an. Je nach gesundheitlichen Beschwerden wie z. B. Rückenschmerzen findet man das passende Programm und wird auf Wunsch kontaktiert.
In welchem Maß können digitale Tools dazu beitragen, Patienten in den Zweiten Gesundheitsmarkt, also in den Selbstzahlerbereich, zu transferieren?
Therapeuten sind nicht die besten Verkäufer. Durch die integrierte Gesundheitsberatung nehmen wir ihnen den Zugzwang. Sie müssen nichts „weiterempfehlen“ oder „verkaufen“. Schon bei der Anmeldung wird ein neuer Patient über den Sinn der Gesundheitsberatung informiert. Im Anschluss an die Therapie kontaktiert ihn dann ein Trainer.
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Als einfache Schnittstelle hat uns die Digitalisierung sehr geholfen, niemand geht verloren und Fehlerquellen werden ausgeschaltet. Für den Mehrwert, dass wir durch die Gesundheitsberatung im Monat bis zu acht neue Mitglieder für den Trainingsbereich generieren, sind die Kosten überschaubar.
Konnten Sie bei der Umstellung auf digitale Tools vom Engagement Ihrer Mitarbeitenden profitieren?
Wir sind eine junge Praxis und recht medienaffin. Natürlich müssen sich alle einarbeiten, aber die individuelle Beratung hat gewonnen und die Trainer und Therapeuten nutzen die digitalen Angebote gern.
Inwieweit erwarten Patienten in Therapieeinrichtungen heute digitale Optionen, weil sie diese mittlerweile z. B. aus dem Fitnessstudio gewohnt sind?
Die Patienten begrüßen es sicher, wenn sie auch digitale Möglichkeiten nutzen können. Während der Corona-Zeit haben wir ein wenig Erfahrung mit Trainingstherapie per Videoschalte gesammelt. Bis die Patienten in relevantem Umfang hier so weit sind, wird sicher noch einige Zeit vergehen.
Bei der Trainingstherapie in der Einrichtung selbst wird es wahrscheinlich vonseiten der Patienten erwartet, zum Teil an digitalisierten Geräten zu trainieren.
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In weiteren Interviews sprechen Thomas Kämmerling, Benni Held und Andreas Lutter über die Bedeutung Digitalisierung in der Physiotherapie. Lesen Sie außerdem unseren Artikel 'Digitale Physiopraxen' als Einstieg zu den Interviews.
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Diesen und weitere Artikel finden Sie in der mfhc 02/2022 & für Abonnenten EXKLUSIV vorab.
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