Management, Markt | Autor/in: fM Redaktion |

Sarah Sharon im Interview: „Die Menschen wollen trainieren, wo und wann ihnen danach ist“

Wie können Group Fitness und hybride Konzepte einen Mehrwert für die Betreiber schaffen? Sarah Sharon ist LES MILLS Vice President Global Instructor Experience und hat jahrelang mit dem LES MILLS Team in den USA zusammengearbeitet. Seit kurz vor der Corona-Pandemie stellt sie ihre Branchenexpertise dem globalen Team zur Verfügung. Im exklusiven Interview mit fitness MANAGEMENT international während des Aufstiegskongresses in Mannheim gab sie Einblick in die Entwicklung und Bedeutung von Group Fitness für Clubbetreiberinnen und -betreiber.

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fM: 2022 ist das erste Jahr seit Beginn der Pandemie, in dem wieder eine große Anzahl von Liveveranstaltungen stattfindet. Wie sehr freuen Sie sich darüber?

Sarah Sharon: Wir freuen uns so sehr, wieder live zu sein, denn es geht nichts über das Liveerlebnis. Im August hatten wir einige große Veranstaltungen mit LES MILLS LIVE in New Orleans, USA und unten in Melbourne, Australien. Es kamen 3.000 Besucher und beide Veranstaltungen waren innerhalb weniger Tage ausverkauft. Das zeigt, wie sehr die Leute wieder zusammen sein wollen.

Und in ein paar Wochen steht LES MILLS LIVE in London an, wo 5.000 Instruktorinnen und Instruktoren erwartet werden (Anm. d. R.: Die Veranstaltung fand am 22. Oktober 2022 statt – unseren Nachbericht lesen Sie hier).


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Was wir jetzt sehen, ist, dass unsere LES MILLS+ Nutzerinnen und Nutzer sowie Fitnessstudiomitglieder auch zu diesen Veranstaltungen kommen. Das zeigt wirklich, dass die Menschen sich nach Gemeinschaft sehnen.

Aufgrund der Corona-Krise waren die Menschen gezwungen, auf direkte soziale Kontakte zu verzichten – auch auf die im Sport. Hat dies die Rolle von Gruppenfitnessprogrammen verändert?

Die Isolation und das Fehlen von sozialen Kontakten hat uns stark beeinflusst, wie wir heute wissen. Zu Hochzeiten der Pandemie nutzten die Menschen ihre eigenen Geräte. Was sie zurück in die Studios bringt, ist die persönliche Verbindung.


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Sie wollen mit ihren Freunden trainieren. Wir haben festgestellt, dass die Clubs, in denen die Kapazitätsbeschränkungen aufgehoben wurden, in ihren Gruppenfitnesskursen bereits 120 Prozent der Kapazität von vor der COVID-Pandemie erreicht haben. Das ist wirklich der Hauptgrund, warum die Leute wiederkommen.

Eine weitere große Veränderung, die sich durch die Pandemie ergeben hat, ist die Tatsache, dass die Menschen ihre Gesundheit mehr zu schätzen wissen. Sie spüren eine Veränderung ihres geistigen und körperlichen Wohlbefindens. Das ist es, was Gruppenfitness bieten kann. (Lesen Sie auch: 'Studie zeigt wirksame Trainings-Kombination gegen Angstzustände nach der Geburt')

Ich glaube, etwa 85 Prozent der Menschen sagen, dass sie jetzt aktiv trainieren oder aktiv trainieren wollen. Wenn man das mit der Zeit vor der Pandemie vergleicht, wird nun der Gesundheit einfach viel mehr Bedeutung beigemessen.

Seit Sie bei LES MILLS sind: Was waren die wichtigsten Veränderungen auf dem Fitnessmarkt, die Sie aktiv miterlebt haben?

Eine der wichtigsten Veränderungen, die sich aus der Pandemie ergab, war der Aufstieg der Digitalisierung. Wir haben uns um zwei oder drei Jahre weiterentwickelt, und die Liveübertragung wird immer der Höhepunkt sein. Die Mitglieder erwarten heute ein umfassendes Omnichannel-Erlebnis.

Sie wollen trainieren, wo und wann ihnen danach ist. Die Clubs, die einen Livestream auf Abruf für ihre Mitglieder anbieten, die nicht kommen können, sind hier im Vorteil. Das wird in Zukunft der Maßstab dafür sein, was die Leute von ihrem Club erwarten. (Auch interessant: 'Mit sechs Maßnahmen erhobenen Hauptes den Tech-Giganten trotzen')

Die andere Veränderung, die wir gesehen haben, ist der Aufschwung des Krafttrainings. Vor allem bei Frauen, die wieder in den Club kommen und an die Gewichte gehen.

Welche Trends, die sich derzeit abzeichnen, werden sich Ihrer Meinung nach dauerhaft durchsetzen? Worauf sollten sich Fitnessstudios einstellen?

Ein großer Trend, der sich abzeichnet, ist die Art und Weise, wie man über Fitness spricht. Früher haben wir Fitness gesagt, heute heißt es Bewegung. Die Menschen entwickeln sich dahin, dass sie sich einfach nur bewegen und gesund sein wollen. Sie gehen ins Fitnessstudio, um körperlich gesund zu sein und sich wohlzufühlen.

Für uns als Fitnessexperten geht es darum, unsere Sprache zu ändern, um all diejenigen einzubeziehen, die aus den unterschiedlichsten Gründen in unsere Fitnessstudios und Kurse kommen. Zudem konnten wir einen weiteren Trend beobachten: Während der Pandemie haben wir ein Virtual-Reality-Produkt auf den Markt gebracht, mit dem wir ganz andere Menschen zum Sport bringen konnten, nämlich die, die noch nie zuvor Sport getrieben hatten.

Wir verzeichneten in den ersten Wochen 30.000 Downloads der BODYCOMBAT Virtual Reality App. Ich denke, dass Fitnessstudios wirklich außerhalb ihrer derzeitigen Kanäle schauen sollten, wie sie neue Mitglieder ansprechen können.

Und es sind immer noch 80 Prozent der Menschen, die keinem Fitnessstudio angehören. Die Frage ist, wie wir dies umkehren können, sodass nur noch 20 Prozent der Leute nicht in ein Fitnessstudio gehen.


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Die qualifizierte Betreuung durch ihren Trainer, das Personal an der Rezeption, die Mitarbeitenden im Club sind das Einzige, was durch digitale Tools nicht kopiert werden kann. Dazu kommt die Art, wie die Studios heute eingerichtet sind, wie sie eine Atmosphäre schaffen, die die Mitglieder anzieht, sei es bspw. durch das Ambiente oder die Beleuchtung.

Viele der jungen Berufstätigen in Deutschland – vor allem Studierende der DHfPG – lassen sich auch zu Instruktoren für LES MILLS ausbilden. Was macht gute Instruktorinnen und Instruktoren heute aus und welche Tipps geben Sie ihnen mit auf den Weg?

Wir bieten 80 Prozent Rabatt auf unsere Erstausbildung für Studierende der DHfPG an. Wir tun dies aus Überzeugung und wollen als führender Group-Fitness-Anbieter junge Menschen auf ihrem Karriereweg unterstützen. Als Instruktor kann man sich so zeigen, wie man wirklich ist.

Mein Rat an alle Kursleiterinnen und -leiter ist folgender: Sei einfach du selbst, wenn du den Kurs gibst. Genau das ist der Grund, warum die Leute kommen. Sie wollen diese Verbindung zu dir und es gibt etwas, das die Teilnehmenden zu dir zieht. Und das ist es, was unser Training unterstützt.

Wir unterrichten fünf Schlüsselelemente: Choreografie und Technik sind wichtig, aber auch unser Coaching, unsere „Connection“ und unsere „Performance“. Im Rahmen unserer Ausbildungen lehren wir jedes dieser fünf Schlüsselelemente und bewerten diese im Laufe der Zeit, um individuelle Entwicklungsmöglichkeiten zu erkennen.

Unsere Ausbildung ist kein einmaliges Unterfangen, sondern ein lebenslanges Lernen, ähnlich wie beim Unterricht zum Spielen eines Musikinstruments. Die Entwicklung geht immer weiter. Wir analysieren, wo ein Instruktor oder eine Instruktorin steht, woran man arbeiten muss und gehen es dann an. Und wir begleiten sie auf dieser personalisierten „Reise“ bis zum Erfolg.

Werfen wir nun einen Blick in die Zukunft: Wohin wird sich die Branche in den nächsten fünf bis zehn Jahren entwickeln – insbesondere im Bereich der Gruppenfitness? Worauf kann sich vor allem die Kundschaft von LES MILLS freuen?

In den nächsten fünf bis zehn Jahren wird sich die Branche so massiv verändern. Was wir wissen ist, dass die Verbindung der Menschen enorm wichtig ist, das ist immer noch unser Kern. Ein Studio mit Livekursen und der besten Musikqualität wird Vorteile haben, wenn es darum geht, Mitglieder zu gewinnen – ob in diesem Jahr oder in fünf Jahren.

Wir werden erleben, dass die Digitalisierung weiter zunimmt und dass die Verbraucher entweder die digitale Technik in den Club mitbringen oder sie zu Hause nutzen können, d. h. das komplette Omnichannel-Erlebnis des Trainings.


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Dann wird die virtuelle Realität weiter wachsen, sodass wir in unser Fitnesserlebnis eintauchen können. Das wird die nächste Generation ansprechen und wir werden auch in den Clubs einige Veränderungen sehen. Die ersten Anzeichen dafür gibt es bereits.

Die preisgünstigen Clubs fangen an, höhere Preiskategorien einzuführen und als Upgrade Gruppenkurse anbieten. Gleichzeitig beginnen die Boutiquen damit, mehr klassische Fitnessangebote zu einzubeziehen, um ein größeres Angebot für alle zu bieten. Premiumstudios integrieren zunehmend Boutique-Konzepte. Und wir werden mehr und mehr Ambiente und Persönlichkeit in den Clubs sehen.

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