Fitness, Management | Autor/in: Alisha Dittmer & Carolin Schmidt |

Patrick Esume im Interview: „Football ist Family“

Patrick Esume ist Hauptinitiator und erster Commissioner der European League of Football (ELF). Im fM Interview spricht er über die Synergien zwischen Fitnessstudios und der wachsenden Beliebtheit von American Football und wie Studioinhaber von der Kooperation mit Vereinen profitieren.

'Train like an Athlete' – Patrick 'Coach' Esume im Interview

fM: In den frühen Neunzigerjahren erlebte American Football in Deutschland seine erste 'Hochzeit'. War das der Auslöser für dich, vom Fußball zum Football zu wechseln?

Patrick Esume: Bis zur A-Jugend habe ich Fußball gespielt. Ich hatte zwar die Athletik, aber nicht das Gefühl, weiterzukommen, und irgendwas fehlte mir. In Hamburg gab es ein Footballteam, die Hamburg Dolphins, die später zu den Hamburg Silver Eagles wurden. In meiner Nachbarschaft gab es jemanden, der für beide Teams gespielt hat, dadurch kam ich zum Football.

Beim Football hatte ich direkt Kontakt zum Bundesliganiveau und habe nach dem ersten Training gewusst, dass das etwas ganz anderes ist. Football war für mich so viel interessanter, also bin ich dort hängen geblieben.


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Die Ansprache und die Trainingsart waren eine andere. Dadurch, dass Football natürlich ein Strategiespiel ist, brauchst du einen ganz anderen Zusammenhalt und ein ganz anderes Verständnis vom großen Ganzen. In Kombination mit dem Team und der Kommunikation war das alles neu für mich.

Ich musste dann auch erstmal herausfinden, welches Skillset zu mir und welcher Position passt. Bei einer Größe von 1,88 Meter und damals ca. 75 Kilo musste ich schauen, ob es Offense oder Defense wird.

Der Zusammenhalt der Community ist ein wichtiger Punkt, weshalb American Football auch hierzulande einen Hype erlebt. Was waren die entscheidenden Faktoren hierfür?

Das Wichtigste ist immer der Sport als solches. Wenn der Sport uninteressant ist, dann kannst du ihn noch so großartig aufbereiten, du wirst nicht die Massen begeistern können, die Football mittlerweile begeistert. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt war die Möglichkeit, die reguläre Saison im Free-TV sehen zu können. 2015 wurde die Regular Season bei ran auf ProSieben MAXX gezeigt. Auf einmal konnte man auch hier in Deutschland am Sonntag ab 19 Uhr zwei reguläre Spiele der NFL sehen, die zu annehmbaren Zeiten liefen, ganz ohne Zusatzkosten.

Der dritte Punkt war eigentlich erst die Machart im Fernsehen. Das war ein Glücksfall, gleichzeitig aber auch ein großes Risiko für ran mit Frank Buschmann und Jan Stecker, zwei Fernsehmenschen, und mir, einem Footballer ohne Fernseherfahrung, der auch manchmal das F-Wort sagt.


Über unseren Interviewpartner

Patrick Esume: Der gebürtige Hamburger begann seine sportliche Laufbahn 1992 bei den Hamburg Silver Eagles und wechselte 1995 zu den Hamburg Blue Devils. Dort feierte er seine ersten großen Erfolge, darunter den Gewinn des German Bowl (1996) und den Sieg des Eurobowls (1996–1998).

Nach seiner aktiven Zeit wandte sich Esume dem Coaching zu. Von 2002 bis 2006 war er in der NFL Europe tätig, wo er bei den Frankfurt Galaxy und den Hamburg Sea Devils verschiedene Trainerpositionen bekleidete.

Diese internationale Erfahrung erweiterte der „Coach“ von 2006 bis 2007 als Assistenztrainer bei NFL-Teams wie den Oakland Raiders und den Cleveland Browns. 2018 erreichte er mit der französischen American-Football-Nationalmannschaft den Sieg des Europameistertitels.

Seit 2015 ist Esume auch als Footballexperte und Kommentator für Fernsehsender wie SAT.1, ProSieben, ProSieben MAXX und RTL bekannt. Sein Engagement für den Sport mündete 2020 in die Gründung der European League of Football, bei der er als Hauptinitiator und erster Commissioner fungiert.


Dazu der ehemalige Praktikant Christoph „Icke“ Dommisch als Verbindungsmann zur Community; das hätte auch alles massiv nach hinten losgehen können.

Aber ich glaube, diese Mixtur aus Personen, die diesen Sport lieben, verstehen und mit Leidenschaft rüberbringen, ohne in erster Linie fernsehkompatibel zu sein, in Kombi mit unseren Moderatoren, die das Ganze in ein professionelles TV-Framework reindrücken, macht es aus.

Und ohne, dass es irgendwie gecastet wirkt. Wir haben davon gelebt, dass es sehr spontan war und das Mantra 'Football ist Family' wirklich zum Leben erwacht ist.

Der Wechsel zu RTL war dann eine Riesenchance, das Ganze auf die nächste Stufe zu heben. Einige Fans aus den ersten Jahren trauern dieser Zeit hinterher, wo es noch sehr klein und exklusiv war. Irgendwann kam der Punkt, da ließ sich das aufgrund der Größe nicht mehr beibehalten. 

Auch war es nötig, dass sich die Machart mit RTL verändert hat, um sich abzusetzen von dem, was damals war und auch die Chance zu haben, sich weiterzuentwickeln. Genauso ist es mit dem Sport im Allgemeinen. Wachstum ist nötig, um tatsächlich nachhaltig diese Sportart in Europa zu etablieren.

Mit der European League of Football (ELF) hast du eine Liga mitgegründet, die noch weitestgehend semiprofessionell ist. Gibt es einen Plan, um die Liga nach dem Vorbild der NFL vollständig zu professionalisieren?

Wir werden niemals mit der NFL ebenbürtig sein, da wir eine völlig andere Ausgangsposition hier in Europa haben. Bei uns ist der Sport gar nicht so groß wie in Amerika. Da hat das eine andere Geschichte.

Deshalb werden wir auch nicht auf das Level kommen, auf dem die NFL ist, aber das ist völlig in Ordnung. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass wir es hier in Deutschland oder in Europa mittel- oder langfristig schaffen können, eine professionelle American-Football-Liga zu haben, die der NFL Europe ähnlich wird (Anm. d. Red.: europäischer „Ableger“ der National Football League von 1995 bis 1997).

Die ELF muss gar nicht unbedingt in der Größe wachsen, da bereits 17 Teams dabei sind. Wachstum ist primär für den Bereich Revenues wichtig. Aber nicht nur die Liga, sondern vor allen Dingen das Franchise sollte wachsen, damit eine Professionalisierung bezahlbar wird.

Das geht Hand in Hand damit, wie du medial vertreten bist. Wir haben einen Fernsehvertrag als Liga, was natürlich cool ist.

Sie bringt den Sport in den Mainstream. Das hilft uns, die mediale Aufmerksamkeit zu steigern. Damit wird die ELF interessanter für Partner. Aber das ist ein Prozess, der gerade erst begonnen hat und aktuell ziemlich gut läuft. Gleichzeitig ist aber noch viel Luft nach oben.

Du bist im Football nicht nur als Spieler, sondern auch als Trainer aktiv gewesen. Wie wichtig sind bzw. waren professionelle Partner wie Fitnessanlagen für dich und deine Teams?

Das ist für uns sehr wichtig, da 80 Prozent unserer Vorbereitungen im Gym oder Performance Center stattfinden. Die Fitnessbranche hat sich massiv verändert. Was wir in den Neunzigerjahren trainiert haben, ist heute etwas Ähnliches wie Crosstraining. Man hat funktionelles Training, Tartanbahnen und Schlitten, das gab es vor 15 Jahren in einem normalen Gym nicht.

Wir haben fünf Monate Saison, die restlichen sieben Monate ist man im Gym. Dort machen wir Kraftdreikampf, Explosivitätstraining und dann Kondition. Damit gehen wir in die Saison. Es war also extrem wichtig, dass sich diese Branchen irgendwann zusammenlegen.


Weitere Interviews und Hintergründe

In weiteren Interviews sprechen Arne Greskowiak, Kasim Edebali und Felix Streng über leistungsorientiertes Training im Fitnessstudio. Lesen Sie außerdem unseren Artikel 'Train like an athlete' als Einstieg zu den Interviews.

Indem Sie auf das entsprechende Bild oberhalb dieses Textes klicken, gelangen Sie direkt zum jeweiligen Artikel.


Auch, dass die NFL nach Deutschland kommt, hilft. Die European League of Football war daher groß bei der FIBO vertreten. Ich wünsche mir natürlich, dass die NFL irgendwann mit ihren Strength- und Conditioning-Coaches hier in den Austausch kommt und dass auf der FIBO die Top-Coaches in Vorlesungen oder Tagungen erklären, wie sie ihre Athleten auf höchster Ebene vorbereiten.

Das ist für mich der nächste Step, denn das eine ist Marketing und Visibility und das andere der Wissenstransfer aus der NFL auf der Sportebene und nicht mehr auf der Businessebene. Auch hierfür ist die FIBO der Anfang.

Insbesondere im Amateurbereich findet neben dem Teamtraining oft kein gemeinschaftliches Krafttraining statt. Welche Relevanz haben hier Fitnessstudios zur Sicherstellung der Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit der Spieler?

Wissen ist entscheidend. Es müssen nicht alle Trainer Sportwissenschaftler sein, aber fundamentales Wissen z. B. für die Basics von Weight Lifting ist erforderlich.

Für die Kooperationen mit Mannschaften spielt die Ausstattung des Fitnessstudios eine Rolle. Ich muss die Anforderungen erfüllen, ohne den Raum für die anderen Mitglieder zu nehmen.

Eine Überlegung könnte sein, für Mannschaften beratend tätig zu werden. Wenn man es sich beispielsweise platztechnisch nicht leisten kann, aber sich in anderer Form im Sport involvieren möchte, wäre eine Zusammenarbeit direkt mit dem Verein denkbar.

Dort, wo wir in Deutschland immer noch so ein bisschen eine Spaltung zwischen Verein und Fitnessstudios haben, kann auch eine Fusion von Know-how entstehen, sodass man sagt, man arbeitet kooperativ, um beide Seiten zu festigen.

Du hast deine aktive Zeit Anfang der Zweitausender beendet. Wie sieht dein Trainingsalltag heute aus?

Ich muss im Fernsehen nur noch halbwegs präsentabel aussehen (lacht). Ich bin dieses Jahr 50 geworden und will auch für meine Kinder noch beweglich bleiben. Deshalb hat für mich Mobilität eine ganz andere Wichtigkeit als damals.

Wenn man als junger Athlet unaufgewärmt 180 Kilo Kniebeugen gemacht hat, war alles gut. Wenn ich mich jetzt unaufgewärmt bücke, habe ich eine Zerrung. So ist das nun mal (lacht).

Ich versuche daher, fünfmal in der Woche jede Muskelgruppe zweimal zu trainieren, dazu Cardio und eben Mobility. Das liegt auch daran, dass ich es immer als sehr schwierig empfunden habe, meinen Spielern zu sagen:

„Du musst in deinen Körper investieren, das ist auch langfristig nach deiner Karriere wichtig!“, wenn man selbst aussieht wie ein Sack Schrauben. Es sind also auch die Vorbildfunktion und der Wille, geistig fit zu bleiben.

Training hilft mir, die Gedanken zu sortieren und ist daher 'Me Time'. Daher trainiere ich auch am liebsten allein, denn ich bin jemand, der sich selbst motiviert. Auch wenn es gar nicht so viel Motivation, sondern eher Disziplin ist.

Manchmal funktioniert das sehr gut und dann funktioniert es drei, vier Monate nur sehr rudimentär, besonders wenn die ELF- und die NFL-Saison parallel laufen.

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