Fitness, Gesundheit | Autor/in: Patrick Berndt |

Hybrides Fitnesstraining: Komplexe Trainingseinheiten sinnvoll strukturieren

Im Sport, Beruf oder Alltag wird selten nur ein Aspekt der Leistungsfähigkeit gefordert. Jeder Anforderungsdimension eine eigene Trainingseinheit zu widmen, ist jedoch impraktikabel. Hier wird erläutert, wie eine hybride Trainingseinheit zur multidimensionalen Leistungssteigerung strukturiert werden kann.

Hybrides Fitnesstraining: Komplexe Trainingseinheiten sinnvoll strukturieren

Die zunehmende Popularität von HYROX, CrossFit® und sportartbegleitendem Fitness- bzw. Athletiktraining stellt Trainerinnen und Trainer in Sport-, Fitness- und Gesundheitsanlagen zunehmend häufiger vor die Herausforderung, ein entsprechend erforderliches differenzierteres Training zu gestalten, als lediglich ein isoliertes Kraft- oder Ausdauertraining zu planen.

Aerobe Leistungsfähigkeit gezielt verbessern

Einige Personen möchten möglicherweise ihre Explosivkraft verbessern, schneller laufen können und außerdem neben der aeroben Leistungsfähigkeit auch ihre anaerobe Kapazität gezielt verbessern. Sicherlich könnte es in einem Szenario wie diesem sinnvoll sein, die erforderlichen Aspekte der Leistungsfähigkeit in getrennten Einheiten zu trainieren.


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In der Regel ist dies aufgrund der eingeschränkten zeitlichen Verfügbarkeit der Trainierenden jedoch nicht möglich, ohne dass andere Aspekte darunter leiden.

Sobald es aufgrund solcher individuellen Erwartungen an die Trainingsgestaltung erforderlich wird, mehrere Aspekte der körperlichen Leistungsfähigkeit in der gleichen Trainingseinheit zu adressieren, muss die zeitlich-inhaltliche Gliederung einzelner Trainingseinheiten weiter präzisiert werden.

Struktur und Ziele der Trainingsinhalte

Die Einleitung kann auch als funktionelle Bewegungsvorbereitung bezeichnet werden und verfolgt den Zweck, den Organismus auf die nachfolgenden Belastungen des Hauptteils optimal vorzubereiten, um die Leistungsfähigkeit zu maximieren und das Verletzungsrisiko zu minimieren.

Der Hauptteil besteht im Training zur mehrdimensionalen Leistungssteigerung aus Inhalten und Methoden zur gezielten Verbesserung unterschiedlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten.

Die Reihenfolge, in der diese verschiedenen Bestandteile des Hauptteils ausgeführt werden, sollte sowohl anhand der auftretenden metabolischen und neuromuskulären Ermüdungserscheinungen als auch unter Berücksichtigung der Trainingsschwerpunkte bzw. Prioritäten der Trainierenden festgelegt werden.


Lesetipp: 'Wie oft sollte man seine Muskeln trainieren?'


Der Schlussteil kann mit der funktionellen Bewegungsnachbereitung gleichgesetzt werden und dient der Einleitung und Optimierung der Regenerationsprozesse sowie der Trainingsdokumentation im Rahmen des Monitorings.

Kriterien zur Strukturierung der Trainingsinhalte

Die Kombination verschiedener Trainingsinhalte innerhalb des Hauptteils einer Trainingseinheit oder ohne ausreichend Pausen zwischen verschiedenen Einheiten kann unter gewissen Umständen sogenannte Interferenzeffekte hervorrufen, die negative Auswirkungen auf die Leistungssteigerung haben können (Coffey & Hawley, 2016; Murach & Bagley, 2016).

Daher sollte grundsätzlich darauf geachtet werden, dass nur Trainingsinhalte in der gleichen Einheit geplant werden, die sich gegenseitig nicht negativ beeinflussen. Ist die grundsätzliche Kombinierbarkeit der ausgewählten Trainingsinhalte dieser Einheit sichergestellt, kommen weitere Aspekte bei der inhaltlichen sowie zeitlichen Strukturierung zum Tragen.


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Die Abfolge der Inhalte des Hauptteils kann anhand verschiedener Aspekte festgelegt werden, deren Berücksichtigung im Rahmen der Trainingsplanung einer gewissen Hierarchie folgen sollte. Die Entscheidungskriterien sollten dazu grob in folgende Kategorien eingeteilt und bei der Planung wie folgt berücksichtigt werden:

  1. Ausmaß der technisch-koordinativen Beanspruchung
  2. Ausmaß der neuromuskulären Beanspruchung
  3. Ausmaß der metabolischen Beanspruchung

Technisch-koordinative Anforderungen

Die Chronologie der Trainingsinhalte sollte derart gestaltet sein, dass Trainingsinhalte mit hohen technisch-koordinativen Anforderungen als Erstes nach der funktionellen Bewegungsvorbereitung ausgeführt werden. (Auch interessant: 'Kraft- und Ausdauertraining richtig kombinieren')

Besonders wenn Bewegungen neu erlernt oder optimiert werden müssen, sollte das zugehörige Techniktraining zu Beginn des Hauptteils erfolgen, da im Zustand der akuten Ermüdung eine verminderte motorische Lernfähigkeit sowie eine gesteigerte Verletzungsanfälligkeit bestehen (De Marées, 2007, S. 659).


Über den Autor

Patrick Berndt, M. Sc. Sportwissenschaft, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter, Dozent und Autor an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) sowie an der BSA-Akademie. Als Athletik- und Personal Trainer im leistungsorientierten Sport sowie als trainingswissenschaftlicher Berater verfügt er über umfassende Praxiserfahrung und Fachkompetenz.

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Da das zentrale und das periphere Nervensystem zu diesem Zeitpunkt innerhalb der Trainingseinheit noch nicht vorermüdet sind, kann das motorische Bewegungslernen unter optimalen Bedingungen stattfinden (Branscheidt et al., 2019; Carron & Ferchuk, 1971).

Neuromuskuläre Beanspruchung

Auf der zweiten Entscheidungsebene sollte die Chronologie der geplanten Trainingsinhalte anhand des Ausmaßes der neuromuskulären Beanspruchung festgelegt werden.

Da der neuromuskuläre Anspruch einer Übung nicht nur von der Komplexität bzw. dem technischen Anspruch einer Übung und der Anzahl beteiligter Muskeln, sondern auch von der Höhe der Belastungsintensität abhängig ist (Gentil, Fisher & Steele, 2017), sollten Trainingsinhalte mit hoher neuromuskulärer Beanspruchung auch in möglichst unermüdetem Zustand erfolgen.

Metabolische Beanspruchung

In dritter Instanz sollte die Abfolge der vorgesehenen Trainingsinhalte anhand der metabolischen Beanspruchung geplant werden. Einhergehend mit den energetischen Anforderungen von Trainingsinhalten mit hoher technisch-koordinativer sowie neuromuskulärer Beanspruchung sollten jene Belastungen zuerst ausgeführt werden, welche die höchste Energieflussrate voraussetzen.

Dementsprechend wären nach diesem Entscheidungskriterium zuerst alle anaerob-alaktaziden, dann die anaerob-laktaziden und zum Schluss, sofern nicht als eigenständige Trainingseinheit umsetzbar, die aeroben Belastungen zu absolvieren (Jones, Howatson, Russell & French, 2013, 2017).

Hierarchie der Trainingsinhalte

Um die vorangehend beschriebene Systematik bei der Trainingsplanung zu verdeutlichen, soll nachfolgend eine exemplarische Abfolge von Trainingsinhalten dargestellt werden. Diese beispielhafte Auflistung beinhaltet wesentlich mehr verschiedene Trainingsinhalte und -methoden, als in der realen Trainingspraxis innerhalb einer Einheit als sinnvoll zu erachten wären.

Diese Auflistung soll lediglich zur Veranschaulichung der oben genannten Entscheidungsebenen zur Verteilung von Trainingsinhalten innerhalb einer Trainingseinheit dienen.

Priorisierung bestimmter Trainingsinhalte

Unter gewissen Umständen kann bei der Planung von Trainingsinhalten von der dargestellten Systematik abgewichen werden. Dies kann zum Beispiel erfolgen, wenn der Fokus im Training auf bestimmte Schwachstellen der Trainierenden (muskuläre Dysbalancen, Stabilitätsdefizite etc.) gerichtet oder eine besondere Bedeutung gewisser Fähigkeiten und Fertigkeiten für die sportartspezifische Leistungsfähigkeit berücksichtigt werden muss.


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In diesem Fall kann eine zeitliche Priorisierung derjenigen Trainingsinhalte und -methoden erfolgen, durch die die identifizierten Schwachstellen oder besonders bedeutsame Einflussgrößen der sportartspezifischen Leistungsfähigkeit verbessert werden können.

Strategische Positionierung bestimmter Trainingsinhalte

Darüber hinaus kann eine strategische Platzierung bestimmter Trainingsinhalte und Trainingsmethoden durch den Trainer erfolgen, um besonderen Nutzen aus spezifischen Vorermüdungseffekten zu erzielen. (Auch interessant: 'Fünfmal Krafttraining mit der Langhantel')

Vor diesem Hintergrund könnte beispielsweise ein Techniktraining absichtlich am Ende der Trainingseinheit eingesetzt werden, um ein Technikstabilisationstraining im ermüdeten Zustand durchzuführen.

Damit kann der Trainer die Zielstellung verfolgen, die Fähigkeit zur Aufrechterhaltung der technischen Bewegungsqualität im ermüdeten Zustand zu verbessern, um in Wettkampfsituationen eine bessere sportliche Leistung zu erzielen oder vor Verletzungen zu schützen.


Fazit

Die hier vorgestellten Entscheidungskriterien zur zeitlich-inhaltlichen Strukturierung von Trainingseinheiten sowie die exemplarisch abgeleitete Hierarchie der Trainingsinhalte soll Trainerinnen und Trainern als exemplarischer Leitfaden zur Gestaltung von komplexen Einheiten zur mehrdimensionalen Leistungssteigerung dienen.

Als Ausnahme von der beschriebenen Systematik zur Planung mehrdimensionaler Trainingsinhalte innerhalb einer Einheit können die Priorisierung sowie die strategische Platzierung bestimmter Trainingsinhalte festgehalten werden.

Aufgrund der beschriebenen Komplexität sollte die Planung und Anleitung solcher hybriden Trainingseinheiten jedoch nur von qualifizierten Personen in Angriff genommen werden, die über das erforderliche Hintergrundwissen sowie eine sichere praktische Handlungskompetenz zur Umsetzung der beinhalteten Trainingsmethoden verfügen.


Auszug aus der Literaturliste

Branscheidt, M., Kassavetis, P., Anaya, M., Rogers, D., Huang, H. D., Lindquist, M. A. et. al. (2019). Fatigue induces long-lasting detrimental changes in motor-skill learning. eLife, 8, 1–25.
Coffey, V. G. & Hawley, J. A. (2016). Concurrent exercise training: do opposites distract? The Journal of Physiology, 595 (9), 2883–2896.
Gentil, P., Fisher, J. & Steele, J. (2017). A Review of the Acute Effects and Long-Term Adaptations of Single- and Multi-Joint Exercises during Resistance Training. Sports Medicine, 47 (5), 843–855.

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.

Diesen Artikel können Sie folgendermaßen zitieren:

Berndt, P. (2023). Hybrides Fitnesstraining. fitness MANAGEMENT international, 6 (170), 96–98.

 

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