Fitness, Gesundheit, Management | Autor/in: Gregor Preuschoff und Lukas Ney |

Erreichen Sie mehr organisationale Resilienz durch angepasstes Controlling

Unter Resilienz versteht man gemeinhin die Widerstandskraft, schwierige Situationen ohne anhaltende Beeinträchtigung zu meistern. Diese Fähigkeit lässt sich festigen und steigern. Doch wie gelingt es einem Fitness- oder Gesundheitsstudio, die eigene Resilienz zu verbessern und was braucht es, um Unternehmen zukunftssicher aufzustellen?

Wie können Sie die organisationale Resilienz Ihrer Fitness- oder Gesundheitsanlage steigern?

Zwischen der Weltfinanzkrise (2007/2008) und dem Beginn der Corona-Pandemie (2020) war die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland von stetigem Aufschwung geprägt. Auch die Fitnessbranche verzeichnete bis zum Jahr 2020 ein langanhaltendes Wachstum.


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Die Pandemie und der Krieg in der Ukraine samt allen Folgeerscheinungen (Umsatzeinbrüche, Energiekrise, steigende Inflation usw.) zeigen jedoch, dass auch vermeintlich stabile Phasen der Prosperität durch Krisen ein jähes Ende finden können.

Die aktuelle geopolitische und weltwirtschaftliche Lage demonstriert eindrucksvoll, dass Krisen jederzeit eintreten können und Unternehmen damit permanent vor wachsende Herausforderungen gestellt werden (DSSV, 2022).


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Umso wichtiger ist, dass Fitness- und Gesundheitsstudios ihre strategische Steuerung sowie das Geschäftsmodell auf einem belastbaren und krisensicheren Fundament aufbauen. Diese Robustheit gegen Krisen umschreibt die Literatur mit dem Begriff der „organisationalen Resilienz“ (Hoffmann 2017, S. 97). Wie diese Widerstandsfähigkeit erreicht werden kann, wird nachfolgend genauer erläutert.

Stellschrauben der Resilienz

Zunächst stellt sich die Frage, welche Fähigkeiten resiliente Organisationen auszeichnen. Hier sind zum einen Widerstandsfähigkeit und zum anderen Anpassungsfähigkeit zu nennen (Weber & Schmidt, 2021).

Widerstandsfähige Unternehmen sind in der Lage, betriebliche Prozesse auch in krisenhaften Zeiten aufrechtzuerhalten. Anpassungsfähigkeit meint in diesem Zusammenhang die Fertigkeit, Prozesse und Strukturen schnell an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen.


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Dabei ist gerade auch das Erkennen von neuen Chancen ein zentraler Erfolgsfaktor (Kunz, 2022). 

Die wichtigsten Stellschrauben, welche diese Fähigkeiten und damit die Resilienz beeinflussen, liegen in den Bereichen materielle Ressourcen, soziale Ressourcen und innerbetriebliche Prozesse (Kunz, 2022; Wietheger, 2021).

Unter materielle Ressourcen fallen sowohl finanzielle Mittel als auch ausreichende Lagerbestände, die krisenbedingte Lieferengpässe o. Ä. abfangen können. In der Dienstleistungsbranche und den Studios sind Repetierfaktoren – anders als bspw. in der Fitnessgeräteindustrie – von untergeordneter Bedeutung, weshalb sich materielle Resilienz hier stärker auf den Finanzbereich bezieht.

Die für Widerstands- und Anpassungsfähigkeit wichtigste Einflussgröße ist dabei die Liquidität.

Ein ausreichendes Polster an jederzeit verfügbaren Geldmitteln schützt bei krisenbedingten Umsatzausfällen am effektivsten vor der Insolvenz und erlaubt es dem Betrieb, notwendige Anpassungen und Weiterentwicklungen schnell umzusetzen.


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Soziale Ressourcen betreffen sowohl alle relevanten Netzwerke als auch die Belegschaft des eigenen Studios (Humankapital). Die Unterstützung von Kooperationspartnern und Zulieferern sowie die Loyalität und Kompetenz der Mitarbeitenden wirken sich maßgeblich auf die Resilienz aus.

Belastbarkeit in Krisenzeiten setzt somit den Aufbau und Erhalt eines stabilen betrieblichen Ökosystems, funktionierende Kundenbeziehungen sowie eine jederzeit erkennbare Mitarbeiterorientierung voraus (Rolli, 2021).


 

Über den Autor

Gregor Preuschoff, Master of Business Administration (MBA) in International Management, ist Abteilungsleiter für Finanzen und Controlling an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG), der BSA-Akademie und der PIPG GmbH. Der Fitnessfachwirt (IHK) ist darüber hinaus seit zehn Jahren Dozent im Fachbereich Management.


Optimale innerbetriebliche Prozesse fördern die Anpassungsfähigkeit in einem unsicheren bzw. bedrohlichen makroökonomischen Umfeld und sichern die Nutzbarkeit der materiellen und sozialen Ressourcen. Dabei sind betriebliche Abläufe auf Agilität und Flexibilität auszurichten.

So sollten bspw. Abhängigkeiten von einem bestimmten Stakeholder – wenn möglich – reduziert und gleichzeitig die Verfügbarkeit des Humankapitals sichergestellt werden. Wer Kompetenz, Know-how und Wissen bündelt und langfristig sicherstellt, kann auf potenzielle Veränderungen besser und zielgerichteter reagieren.

Die Rolle des Controllings

Weshalb ist das Controlling bei der Entwicklung zu einem widerstandsfähigen Unternehmen in der Pflicht und wie kann es dazu beitragen, dass die Resilienz durch die erläuterten Ressourcen und Prozesse eine Steigerung erfährt?

Die Fokussierung der Resilienzförderung sowie die Festlegung aller dafür notwendigen Maßnahmen obliegen in erster Linie dem Studiomanagement. Es ist jedoch die inhärente Aufgabe des Controllings, die Unternehmensführung mit relevanten Informationen und Kennzahlen zu versorgen.

Die Verantwortung des Controllings wird aufgrund der zunehmenden Vielschichtigkeit, Komplexität und der Bedeutung des Themas „unternehmerische Resilienz“ immer wichtiger. Dass das interne Rechnungswesen die Liquidität überwacht und somit bereits einen ersten wichtigen Beitrag zur Krisenresistenz leistet, leuchtet ein.


Über den Autor

Der Betriebswirt (M. Sc.) Lukas Ney ist als Dozent, Autor und Tutor an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) und als Referent an der BSA-Akademie tätig. Er durchlief bereits mehrere berufliche Stationen u. a. in der Gesundheitsbranche und gründete darüber hinaus selbst bereits zwei Start-ups.


In der Controllingpraxis wird jedoch häufig zu wenig auf die Aspekte der sozialen Ressourcen und innerbetrieblichen Prozesse eingegangen. Auch diese Bereiche liefern wichtige Kennzahlen (Personal- und Recruitingzahlen wie Fluktuation, Bewerberquoten, Kosten für die Personalsuche, Mitarbeiterzufriedenheit usw.), die für die Studioleitung und das Management von zentraler Bedeutung sind.

Voraussetzung hierfür ist, dass das Selbstverständnis der Controller auf eine ganzheitliche, nachhaltige und über das bloße Finanzcontrolling hinausgehende Steuerungsfunktion ausgerichtet ist (Kunz, 2022).

Hilfreiche Tools zur Implementierung und Operationalisierung

Wie eine systematische Resilienzorientierung in das Controlling implementiert werden kann, hängt von den genutzten Instrumenten ab. So ist es beispielsweise denkbar, die Balanced Scorecard um eine „Resilienzperspektive“ zu erweitern. Auch ein Kennzahlensystem kann so weiterentwickelt werden, dass Aspekte der Widerstands- und Anpassungsfähigkeit in besonderem Maße Beachtung finden.

Bei diesen beiden und zahlreichen weiteren Tools stellt sich allerdings die Frage, wie Resilienz messbar gemacht werden kann. Eine simple und branchenunabhängig anwendbare Möglichkeit der Operationalisierung ist das Arbeiten mit Liquiditätskennzahlen.

Ein ausreichendes Polster an kurzfristig verfügbaren Mitteln ist – wie bereits erwähnt – die finanzwirtschaftliche Grundlage der Resilienz und kann beispielsweise über die Liquidität 1. Grades gemessen, gesteuert und überwacht werden. Die Liquidität 1. Grades beschreibt das Verhältnis des Zahlungsmittelbestandes und der kurzfristigen Verbindlichkeiten.

Mit der entsprechenden Relevanz ausgestattet kann dieser Indikator die Resilienzorientierung der Controllingsysteme in die richtige Richtung lenken.

Darüber hinaus ist die Identifikation weiterer resilienzkritischer Faktoren, die die eigene Widerstandsfähigkeit negativ beeinflussen, so fundamental wie individuell. Eine regelmäßige und professionell durchgeführte SWOT-Analyse offenbart unternehmensspezifische Schwächen und Bedrohungen, denen durch geeignete Maßnahmen begegnet werden sollte.


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Allerdings gibt es Resilienz nicht zum Nulltarif: Wer sie erreichen will, wird mit einem Trade-off zwischen Widerstandsfähigkeit und Effizienz konfrontiert, was sich am Beispiel der Liquidität offenbart: Ein großes Polster an verfügbaren Mitteln reduziert die Investitionsfähigkeit und geht damit zulasten der langfristigen Rentabilität.

Welcher Zielgröße mehr Priorität eingeräumt wird, liegt in den Händen des Managements und ist auch von der jeweiligen Unternehmenskultur abhängig.


Fazit

Die aufgezeigten Ansatzpunkte und Praxisimpulse geben Fitness- und Gesundheitsstudios wertvolle Orientierung, wie man das eigene Unternehmen zukunftssicher aufstellen und interne Prozesse optimieren kann.

Resilienz ist eine Fähigkeit, deren Steigerung nur durch die Mitwirkung aller Ebenen der Organisationsstruktur gelingen kann. Über die Stellschrauben in den Bereichen materielle Ressourcen, soziale Ressourcen und innerbetriebliche Prozesse können Widerstands- und Anpassungsfähigkeit nachhaltig verbessert werden.

Die auf Resilienz ausgerichteten und entsprechend modifizierten Informations- und Steuerungsfunktionen des Controllings können hierbei einen entscheidenden Beitrag leisten.


Praxistipps zur Steigerung der unternehmerischen Resilienz

  • Liquidität wahren und ausbauen: Ein ausreichend großes Polster an kurzfristig verfügbaren Mitteln schützt effektiv gegen Bedrohungen wie unerwartete Umsatzausfälle oder Kostensteigerungen. Ziel sollte es sein, durch ein kontinuierliches Controlling Liquiditätsprobleme schnell zu identifizieren und zu vermeiden (Haase, 2019a).
  • Eigenkapitalquote erhöhen: Eine größere Unabhängigkeit in der Kapitalstruktur reduziert unflexible Rückzahlungsverpflichtungen. Bei der langfristigen Planung sollten des Weiteren potenzielle finanzielle Fallstricke vermieden und Investitionen zukunftssicher finanziert werden (Haase, 2019b).
  • Netzwerke pflegen und Abhängigkeiten reduzieren: Es sind vor allem die Beziehungen zu Akteuren im wirtschaftlichen Ökosystem auszubauen, die für die eigene Geschäftsentwicklung eine hohe Relevanz haben. Bestenfalls weisen diese Partner selbst eine hohe Resilienz und Verlässlichkeit auf. Auf der anderen Seite sind Abhängigkeiten zu identifizieren und zu reduzieren. Ein robustes und breit aufgestelltes Partnernetzwerk sowie gute Kundenbeziehungen sorgen langfristig für Stabilität und Flexibilität.
  • Mitarbeiterorientierung intensivieren und Arbeitgeberattraktivität erhöhen: Zufriedene und loyale Mitarbeitende sind ein wichtiger „Hebel“ für die Resilienz und die Innovationskraft des Unternehmens. Wer sich nicht um wertschätzendes Führungsverhalten und ein motivierendes Arbeitsumfeld bemüht, untergräbt die eigenen „Abwehrkräfte“ und läuft Gefahr, wertvolles Human- bzw. Wissenskapital an Mitbewerber zu verlieren (Drack, 2020a).
  • Fachkräftemangel begegnen und Mitarbeitende langfristig binden: Durch gezielte Weiterbildungen und ein vertrauensvolles Zusammenarbeiten auf Augenhöhe lassen sich nicht nur die Kompetenz und Kreativität des Teams steigern, sondern auch Fachkräfte nachhaltig erfolgreich binden (Drack, 2020b). Das spart einerseits die Kosten für die ständige Personalsuche und stärkt andererseits den Zusammenhalt im Team – der besonders in Krisenzeiten unverzichtbar ist. Wer seine Mitarbeitenden stärkenorientiert einsetzt und aktiv in Veränderungsprozesse einbezieht, hat die besten Chancen, Herausforderungen erfolgreich zu meistern und gemeinsam zu wachsen.
  • Change- und Innovationsmanagement kultivieren: Ein professioneller und vom Management gesteuerter positiver Umgang mit Veränderungen (van Recum & Tetzlaff, 2022) lässt den ganzen Betrieb flexibler und effektiver auf neue makroökonomische Gegebenheiten reagieren. Neben Risiken birgt Wandel auch immer Chancen zur (Weiter-)Entwicklung, die es aufzudecken und zu nutzen gilt. Dafür braucht es „Chancendenker“, die in innovativen Lösungen und nicht nur in Problemen und festgefahrenen Mustern denken.
  • Spezialisierungsrisiken beachten: Ein ausschließlich auf einen bestimmten Nischenmarkt ausgerichtetes Leistungsangebot macht das eigene Geschäftsmodell verwundbar. Veränderte Marktbedingungen oder neue konkurrierende Wertangebote können bei einem hohen Spezialisierungsgrad deutlich schneller zu einer Gefahr werden (Clemann, 2020). Auch hier gilt: Unabhängigkeit, Anpassungsfähigkeit und Innovationsbereitschaft schaffen Resilienz und sichern die Wettbewerbsfähigkeit. Als hilfreiches Praxistool kann hierbei die Business Model Canvas in der Praxis wertvolle Dienste leisten (Clemann, 2017).

Auszug aus der Literaturliste

Clemann, T. (2020). Erfolgsstrategien zur Risikoreduktion. Der Umgang mit unternehmerischen Risiken. fitness MANAGEMENT international, 4 (150), 66–67.
DSSV e. V. – Arbeitgeberverband Deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen (Hrsg.). (2022). Leitfaden Kostenmanagement in Fitness- und Gesundheitsanlagen. Hamburg: Hrsg.
Hoffmann, G. P. (2017). Organisationale Resilienz. Kernressource modernder Organisationen. Berlin: Springer.
Kunz, J. (2022). Resilienz durch nachhaltiges Controlling stärken. Controlling & Management Review, 66, 36–39.
Wietheger, I. (2021). Roland Bergers Konzept für Robustheit: Ein mehrdimensionaler Ansatz für echte Resilienz. Zugriff am 08.03.2023.

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.

Diesen Artikel können Sie folgendermaßen zitieren:

Preuschoff, G. & Ney, L. (2023). Mehr organisationale Resilienz durch angepasstes Controlling. Fitnessstudios zukunftssicher aufstellen. fitness MANAGEMENT international, 3 (166), 90–93.

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