Fitness, Gesundheit | Autor/in: Andreas Barz |

Einfluss systematischen Fitnesstrainings auf Alterungseffekte

In Deutschland beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung ca. 80 Jahre und liegt damit deutlich höher als noch vor einigen Jahrzehnten (Statistisches Bundesamt, 2022). Der biologische Alterungsprozess selbst lässt sich zwar nicht aufhalten, aber insbesondere durch Training positiv beeinflussen.

Positive Effekte durch Training bis ins hohe Alter

Das Altern ist ein komplexer und dynamischer Prozess, der mit einem Verlust an körperlicher und geistiger Leistungsfähigkeit einhergeht und ca. ab dem 40. Lebensjahr einsetzt. Das Ausmaß an Abbauprozessen nimmt dabei mit steigendem Alter zu (Dziechciaż & Filip, 2014).

Auf Ebene der Skelettmuskulatur kommt es sowohl zu einem qualitativen als auch quantitativen Verlust an Muskelmasse (Wilkinson, Piasecki & Atherton, 2018). In Bezug auf die Ausdauerleistungsfähigkeit lässt sich eine Verminderung über die Lebensspanne beobachten (Betik & Hepple, 2008).


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Darüber hinaus kommt es zu weiteren motorischen und kognitiven Einbußen, die in multidimensionaler Form die Belastbarkeit reduzieren und die Krankheitsanfälligkeit erhöhen. Im Sinne der Primärprävention sollte idealerweise in jungen Jahren die körperliche Leistungsfähigkeit auf ein möglichst hohes Niveau gebracht werden, um auch im fortgeschrittenen Alter über eine adäquate Funktionskapazität zu verfügen.

Allerdings profitieren selbst ältere Neulinge von den gesundheitlichen Effekten eines gezielten Trainings und können ihre konditionellen und koordinativen Fähigkeiten verbessern (Füzéki & Banzer, 2017, S. 142).

Effekte durch Ausdauertraining

Das 'Bruttokriterium' der Ausdauerleistungsfähigkeit ist die maximale Sauerstoffaufnahme, da sie alle sauerstoffaufnehmenden, -transportierenden und -verarbeitenden Organsysteme integriert. Im Laufe des Lebens lässt sich eine Abnahme der VO2max beobachten.

Dabei wird von einem Verlust von ca. fünf bis zehn Prozent pro Dekade mit Beginn des 40. Lebensjahres ausgegangen (Betik & Hepple, 2008). (Lesen Sie auch: 'Unbeschwert altern')

Dass diese Abnahme allerdings von regelmäßiger sportlicher Aktivität in besonderem Maße positiv beeinflusst oder sogar aufgehalten werden kann, zeigt eine Studie mit ehemaligen Skilangläufern.

Dabei wurde eine Stichprobe aus neun Athleten (Durchschnittsalter: 81 Jahre), die ihr ganzes Leben sportlich aktiv waren, mit untrainierten Altersgenossen verglichen.

Die mittlere VO2max (in ml/min/kg) der Trainierten war nicht nur 80 Prozent höher als die der Untrainierten, sondern entsprach in etwa der VO2max von untrainierten 40-Jährigen (Trappe et al., 2013). Jedoch lässt sich durch Training die Reduktion der Ausdauerleistungsfähigkeit nicht nur abmildern, sondern in Teilen auch umkehren.


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So kann selbst bei älteren Personen durch regelmäßiges Ausdauertraining die VO2max noch deutlich erhöht werden. Nach 26 Wochen Ausdauertraining (3x pro Woche, 40 min, Intensität: 50 – 85 % VO2max) konnte sogar bei über 70-jährigen Trainingsneulingen eine Zunahme der maximalen Sauerstoffaufnahme um 22 Prozent festgestellt werden (Hagberg et al., 1989).

Die höhere VO2max bei sportlich aktiven Senioren hat neben der besseren Alltagsbelastbarkeit auch große Auswirkung auf das gesundheitliche Risiko. So hat eine hohe Ausdauerleistungsfähigkeit auch einen präventiven Einfluss auf die potenzielle Entstehung von kardiovaskulären Krankheiten (Williams, 2001).

Effekte durch Krafttraining

Auch die Kraftfähigkeit erhält mit zunehmendem Alter eine immer größer werdende Bedeutung für die Bewältigung von Aktivitäten des täglichen Lebens. Treppen steigen, die Einkaufstüten tragen oder von einem Stuhl aufstehen sind Alltagsaktivitäten, die ein gewisses Kraftniveau erfordern.

Allerdings nimmt die Muskelkraft ohne entsprechende Trainingsreize ab dem 30. Lebensjahr um ca. ein Prozent jährlich ab, wobei der Verlust ab dem 60. Lebensjahr sogar noch drastischer ausfällt (Wilkinson et al., 2018).

Gerade im fortgeschrittenen Alter wird die Alltagsbewältigung dementsprechend schwieriger. Die daraus resultierende Abnahme der Mobilität und körperlichen Aktivität führt zu einer weiteren Verschlechterung der Fitness.

Vor allem Krafttraining stellt daher eine wichtige Säule im Fitnesstraining älterer Personen dar. Die altersbedingten Verluste können in gewissem Maß durch Training auch wiedererlangt werden.

Nach 20 Wochen regelmäßigen Ganzkörpertrainings sind beispielsweise bei 65-Jährigen durchschnittliche Muskelmassezuwächse von 1,1 Kilogramm realistisch (Peterson, Sen & Gordon, 2011).

Selbst bei 90-jährigen Trainingsneulingen wurden nach einem achtwöchigen Krafttraining mit drei Trainingseinheiten pro Woche und einer Intensität von 80 Prozent des Einwiederholungsmaximums (1-RM) noch eine Zunahme des Muskelquerschnitts sowie eine Kraftsteigerung des M. quadriceps femoris von durchschnittlich 174 Prozent beobachtet (Fiatarone et al., 1990).


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Wer im Alter über mehr Kraft und einen hohen Muskelmasseanteil verfügt, profitiert jedoch nicht nur von reduzierter Gebrechlichkeit und erhöhter Mobilität im Alltag, sondern auch von einem allgemein geringeren gesundheitlichen Risiko (Rijk, Roos, Deckx, van den Akker & Buntinx, 2016).

Des Weiteren spielt ein regelmäßiges systematisches Krafttraining auch in der Prävention und Therapie von Osteoporose eine wichtige Rolle, da sich durch die mechanischen Belastungen beim Training die Mikroarchitektur des Knochens verbessert (Hong & Kim, 2018). (Auch interessant: 'Osteoporose bekämpfen')

Weiterhin sollten die Effekte von Krafttraining für das Herz-Kreislauf-System nicht außer Acht gelassen werden, hier ist beispielsweise die blutdrucksenkende Wirkung gut belegt (Li et al., 2022).

Alter und Regeneration

Der steigende Anteil an sportlich aktiven älteren Personen zeigt, dass dank langjährigem kontinuierlichem Training auch in hohem Alter beeindruckende sportliche Leistungen möglich sind (Tayrose, Beutel, Cardone & Sherman, 2015).

Trotz dieser hohen Belastbarkeit wird bei älteren Athletinnen und Athleten teils pauschal von einer längeren Regenerationszeit und höheren Anfälligkeit für trainingsinduzierte Muskelschäden ausgegangen. Zutreffend ist, dass ältere Personen im Allgemeinen ein geringeres muskuläres Regenerationsvermögen aufweisen.


Über den Autor

Andreas Barz: Der Fitnessökonom und Sportwissenschaftler hat neben seiner Tätigkeit als Dozent der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) und Referent an der BSA-Akademie langjährige Erfahrung als Personal Trainer. Außerdem betreute er Studien zu den gesundheitlichen Effekten von Ausdauertraining.


Ob dies jedoch auch für ältere Sportlerinnen und Sportler zutrifft, die über langjährige Trainingserfahrung – und entsprechende Leistungsfähigkeit – verfügen, ist weniger eindeutig belegt, als teils angenommen wird (Fell & Williams, 2008).

Bei Studien zur akuten Erholung sowie Mikrotraumatisierung der Muskulatur nach intensiven Trainingseinheiten konnte zumindest kein Unterschied zwischen trainierten 20-Jährigen und trainierten 40-Jährigen festgestellt werden (Hottenrott et al., 2022; Markus et al., 2022).


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Die Länge der erforderlichen Regenerationszeit hängt also vermutlich in erster Linie von der Höhe des Trainingsreizes sowie von der körperlichen Leistungsreserve und nicht vom biologischen Alter ab. Wer über eine gute Fitness verfügt und regelmäßig trainiert, kann sich auch in höherem Alter von intensiven körperlichen Belastungen relativ schnell erholen.

Beweglichkeit, Koordination und Schnelligkeit

Durch intensitätsorientiertes Krafttraining lässt sich auch die neuromuskuläre Ansteuerung verbessern und so die Kontraktionsschnelligkeit erhöhen. Sind die koordinativen und konditionellen Voraussetzungen gegeben, können auch explosiv ausgeführte ballistische Übungen (z. B. Reißen und Stoßen) die Fähigkeit zur schnellen Kraftentfaltung erhöhen (Mc Dermott, Balshaw, Brooke-Wavell, Maden-Wilkinson & Folland, 2022).

Auch im Hinblick auf Koordination und Beweglichkeit lassen sich durch entsprechende Übungsauswahl und Bewegungsausführung im Rahmen des Krafttrainings Trainingseffekte erzielen. Ein gezieltes Gleichgewichtstraining kann zusätzlich im Sinne der Sturzprophylaxe eingesetzt werden (Chodzko-Zajko et al., 2009). (Lesen Sie mehr: 'Gut koordiniert?')

Tipps für die Praxis

Die Gestaltung des Trainings sowie die Wahl der Belastungsparameter muss bei älteren Personen immer unter Berücksichtigung der gesundheitlichen und funktionellen Voraussetzungen erfolgen.


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Da pauschale Trainingspläne für diese Zielgruppe ungeeignet sind, bedarf es qualifizierter Trainerinnen und Trainer, die individualisierte Trainingsstrategien entwickeln können. Eine hohe Relevanz ist auch der psychisch-sozialen Komponente des Fitnesstrainings zuzuschreiben.

Da das Älterwerden häufig auch mit Veränderungen im Bereich der sozialen Eingebundenheit einhergeht, spielen soziale Kontakte im Training in diesem Kontext eine wichtige Rolle.


Fazit

Training wirkt sich in vielerlei Hinsicht positiv auf Alterungseffekte aus. Auch wenn man möglichst früh mit dem Training beginnen sollte, können selbst Späteinsteigende noch bedeutsame Trainingseffekte erzielen.

Für ältere Personen sollte das Training jedoch nicht nur als Mittel zum Zweck gesehen werden, denn das regelmäßige Fitnesstraining mit Gleichgesinnten und das Verfolgen von Trainingszielen bis ins hohe Alter ist in sich selbst Ausdruck eines aktiven Lebensstils.


Auszug aus der Literaturliste

Betik, A. C. & Hepple, R. T. (2008). Determinants of VO2max decline with aging: an integrated perspective. Applied physiology, nutrition, and metabolism = Physiologie appliquee, nutrition et metabolisme, 33 (1), 130–140.
Füzéki, E. & Banzer, W. (2017). Bewegung und Gesundheit im Alter. In W. Banzer (Hrsg.), Körperliche Aktivität und Gesundheit. Präventive und therapeutische Ansätze der Bewegungs- und Sportmedizin (S. 139–156). Berlin: Springer.
Markus, I., Constantini, K., Goldstein, N., Amedi, R., Bornstein, Y., Stolkovsky, Y. et al. (2022).

Age Differences in Recovery Rate Following an Aerobic-Based Exercise Protocol Inducing Muscle Damage Among Amateur, Male Athletes. Frontiers in physiology, 13, 916924. doi.org/10.3389/fphys.2022.916924

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