Fitness, Gesundheit | Autor/in: Tobias Mischo |

Fitnesstraining mit älteren Menschen: Bessere Mobilität im Alter

Mobilität stellt eine Grundvoraussetzung zur gesellschaftlichen Teilhabe sowie zur sozialen Interaktion dar und spielt eine große Rolle in der Bewältigung des Alltags. Daher wirken sich Mobilitätseinschränkungen maßgeblich negativ auf die Lebensqualität aus. Um bis ins hohe Alter eine bestmögliche Mobilität zu gewährleisten, ist ein angepasstes Fitnesstraining ein unverzichtbarer Bestandteil des Alterungsprozesses.

Das Thema Immobilität wird mit zunehmendem Alter immer relevanter. Hier spielen u. a. verschiedene Krankheiten eine Rolle, mit denen zumeist eine Reduktion der Leistungsfähigkeit einhergeht. Dazu gehören verschiedene neurologische Erkrankungen wie beispielsweise Morbus Parkinson sowie internistische Erkrankungen wie Herzinfarkte.

Arthrose, Osteoporose & Co.

Auch orthopädische Problematiken wie Arthrose in den unteren Extremitäten oder auch Osteoporose führen häufig zu einem reduzierten Bewegungsverhalten (Pinheiro et al., 2020, S. 2). (Lesen Sie auch: 'Fitnesstraining bei Arthrose' und 'Osteoporose bekämpfen)


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Die wohl bedeutendste Ursache für reduzierte Mobilität im Alter stellt die Sarkopenie dar. Als Sarkopenie definiert man den Verlust von Muskelmasse und Muskelkraft bzw. Muskelfunktion im Kontext des Alterns (Drey, Maetzler & Ferrari, 2019, S. 70). (Mehr lesen: 'Risiko Sarkopenie')

Wenn Alltagsaufgaben schwerfallen

Psychische Faktoren wie die Angst vor Überlastung, aber auch die immer schwerer fallende Realisierung von alltäglichen Aufgaben wie Einkaufen oder Gartenarbeit führen häufig dazu, dass betroffene Personen sich immer mehr zurückziehen.

Daraus resultiert eine größer werdende Einschränkung des Bewegungsverhaltens, wodurch der Abbau von Muskelgewebe bzw. die Verminderung der Leistungsfähigkeit weiter voranschreitet. Es kommt neben einer verringerten Belastbarkeit bzw. einer schnelleren Ermüdung zudem häufiger zu Gangunsicherheiten und in der Folge zu einem erhöhten Sturzrisiko.

Etwa ein Drittel der Personen über 65 Jahre stürzt mindestens einmal pro Jahr (Kim, Choi & Xiong, S. 1).

Intervention durch körperliche Aktivität

Um dies zu verhindern oder bei vorliegenden Einschränkungen der Leistungsfähigkeit die Mobilität im Alter zu verbessern beziehungsweise zu erhalten, ist ein Mindestmaß an körperlicher Aktivität notwendig.


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Zur Behandlung sowie zur Vorbeugung einer Sarkopenie stellt körperliche Aktivität einen essenziellen, wenn nicht sogar den bedeutendsten Faktor dar. Zudem ist belegt, dass körperliche Aktivität maßgeblich zur Sturzprävention beiträgt.

Aktiver = sicherer

Eine Metaanalyse basierend auf insgesamt 23.407 Testpersonen mit einem Durchschnittsalter von 76 Jahren zeigte auf, dass durch regelmäßige körperliche Aktivität die Anzahl der Stürze um 23 Prozent gesenkt werden konnte. Zudem wurde die Anzahl der durch Stürze entstehenden Frakturen um bis zu 15 Prozent reduziert (Sherrington et al., 2019, S. 3).


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Die bekanntesten Empfehlungen zur Trainingsgestaltung bei Menschen über 65 Jahre liefern die Physical Guidelines of Health and Human Services (PAGAC, 2018) sowie die Leitlinien der World Health Organisation (WHO) zu körperlicher Aktivität und sitzendem Verhalten (2020). Empfohlen wird eine Kombination aus Ausdauer-, Kraft-, und Koordinationstraining.

Ausdauertraining

Durch ein adäquates Ausdauertraining wird die Ermüdungswiderstandsfähigkeit sowie die Regenerationsfähigkeit verbessert, was zu einer Reduktion des Sturzrisikos führt.

Um nennenswerte gesundheitliche Effekte zu erzielen, empfiehlt sowohl die PAGAC als auch die WHO im Bereich des Ausdauertrainings einen Trainingsumfang von 150 bis 300 Minuten mit moderater oder aber 75 bis 150 Minuten mit erhöhter Intensität. Alternativ ist eine Kombination aus moderatem und intensivem Training möglich (PAGAC, 2018, S. 67–71; WHO, 2020, S. 43–45).

Moderates Training wird hier auf einer Skala von null bis zehn mit einem Wert von fünf bis sechs beschrieben, intensives Training mit einem Wert von sieben bis acht. Der Wert null beschreibt hierbei den Anstrengungsgrad in sitzender Position ohne körperliche Aktivität, der Wert zehn hingegen die größtmögliche Anstrengung (U. S. Department of Health and Human Services, 2018, S. 72).

Geeignete Sportarten für ein Ausdauertraining älterer Menschen wären unter anderem Walking, Schwimmen, Fahrradfahren oder Jogging. Abhängig vom Gesundheitszustand eignen sich auch Rückschlagspiele oder andere Spielsportarten wie Basketball.


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Je nach Sportart sollten hier jedoch Anpassungen vorgenommen werden, um eine adäquate Belastungsdosierung zu gewährleisten und das Verletzungsrisiko zu minimieren.

Krafttraining

Regelmäßiges Krafttraining trägt dazu bei, dem Abbau der Muskulatur entgegenzuwirken und erleichtert aufgrund der gesteigerten Muskelkraft die Durchführung vieler Aktivitäten des täglichen Lebens. Außerdem wirkt es dem altersbedingten Knochenabbau entgegen.

Ein Krafttraining sollte mindestens zweimal pro Woche mit moderater Intensität absolviert werden und alle großen Muskelgruppen ansprechen, wobei je nach individueller Leistungsfähigkeit der Trainierenden auch höhere Intensitäten möglich sind.

Die Übungen sollten nach der Physical Activity Guidelines Advisory (2018, S. 72) bis zu dem Punkt ausgeführt werden, ab dem jede weitere Wiederholung schwierig wird.


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Alternativ empfehlen Mayer et al. für eine Steigerung der Muskelmasse bei Älteren Krafttrainingsintensitäten von 60 bis 85 Prozent der willkürlich erreichbaren Maximalkraft (2011, S. 359).

Optimalerweise sollten zwei bis drei Sätze absolviert werden. Im Laufe der Zeit empfiehlt sich eine stufenweise Steigerung der Trainingsgewichte, um neue Reize zu setzen und so eine Verbesserung der Kraftleistung zu erzielen. (Lesen Sie auch: 'Inaktivität = Muskelabbau')

Insbesondere für Neulinge eignet sich ein maschinengestütztes Krafttraining, da es hier zu weniger Fehlerbildern kommt als beim Training am Seilzug oder mit freien Gewichten.

Besteht bereits etwas Erfahrung, so kann das Training am Seilzug oder mit verschiedenen Übungsbändern (Theraband, Deuserband etc.) durchgeführt werden. Auch funktionsgymnastische Übungen sind sehr gut geeignet. Sie haben wie das Training mit Übungsbändern den Vorteil, dass das Training nicht ortsgebunden ist; zudem sind sie häufig alltagsnäher.

Koordinationstraining

Um ein optimales Zusammenspiel zwischen dem zentralen Nervensystem und der Muskulatur sowie verschiedener Muskeln untereinander zu erreichen, ist ein Koordinationstraining von zentraler Bedeutung. Eine verbesserte Koordination führt zu einer Erleichterung der Aktivitäten des täglichen Lebens sowie zu einer Reduktion des Sturzrisikos.

Im ausgeruhten Zustand

Ein Training der koordinativen Fähigkeiten lässt sich auf viele Arten in einen bestehenden Trainingsplan integrieren, z. B. durch ein isoliertes Koordinationstraining zu Beginn einer Trainingseinheit. Es sollte im ausgeruhten Zustand durchgeführt werden und eine Dauer von ca. zehn bis 15 Minuten haben.

Besteht bereits etwas Erfahrung, so kann das Training am Seilzug oder mit verschiedenen Übungsbändern (Theraband, Deuserband etc.) durchgeführt werden. Auch funktionsgymnastische Übungen sind sehr gut geeignet. Sie haben wie das Training mit Übungsbändern den Vorteil, dass das Training nicht ortsgebunden ist; zudem sind sie häufig alltagsnäher.

Koordinationstraining

Um ein optimales Zusammenspiel zwischen dem zentralen Nervensystem und der Muskulatur sowie verschiedener Muskeln untereinander zu erreichen, ist ein Koordinationstraining von zentraler Bedeutung. Eine verbesserte Koordination führt zu einer Erleichterung der Aktivitäten des täglichen Lebens sowie zu einer Reduktion des Sturzrisikos.

Zum Trainingsstart ausführen

Ein Training der koordinativen Fähigkeiten lässt sich auf viele Arten in einen bestehenden Trainingsplan integrieren, z. B. durch ein isoliertes Koordinationstraining zu Beginn einer Trainingseinheit. Es sollte im ausgeruhten Zustand durchgeführt werden und eine Dauer von ca. zehn bis 15 Minuten haben.


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Der oder die Trainierende sollte mit als einfach empfundenen statischen Übungen beginnen. Im Verlauf des Trainings werden zunehmend komplexere und dynamische Übungen durchgeführt (Häfelinger & Schuba, 2007, S. 61).

Eine weitere Möglichkeit stellt die Integration von koordinativen Elementen im Krafttraining dar, z. B. durch Übungsausführungen wie Kniebeugen auf instabilem Untergrund.


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Zudem lassen sich verschiedene Elemente des koordinativen Trainings optimal in Aktivitäten des täglichen Lebens integrieren – beispielsweise die Zähne im Einbeinstand putzen – oder auch das Anwenden verschiedener Gangvariationen im Alltag (z. B. Zehenspitzen-/Fersengang).

Die hier ausgesprochenen Empfehlungen, die auf den Angaben der Physical Guidelines of Health and Human Services sowie auf den Leitlinien zu körperlicher Aktivität der WHO basieren, sind relativ allgemein gehalten.

Allerdings sollten zusätzlich zu den Trainingsempfehlungen besonders im Seniorenalter verschiedene Aspekte besondere Beachtung finden:

  • Können die hier genannten Empfehlungen aus gesundheitlichen Gründen nicht umgesetzt werden, ist das Training so zu gestalten, dass die betroffenen Personen trotzdem so aktiv wie möglich sein können. Möglich gemacht wird dies beispielsweise durch kürzere, weniger intensive, dafür jedoch häufigere Trainingseinheiten.
  • Grundsätzlich sollte eine Anpassung der Trainingsbelastung an den Gesundheitszustand erfolgen, um Überlastungen zu vermeiden und das Verletzungsrisiko zu reduzieren. In diesem Zusammenhang ist zudem eine regelmäßige ärztliche Kontrolle empfehlenswert.
  • Des Weiteren müssen potenzielle Komorbiditäten beachtet werden, da diese zu Einschränkungen der Belastbarkeit führen können. Demnach empfiehlt sich, vor Beginn des Trainings eine Abfrage dieser Begleiterkrankungen vorzunehmen.
  • Auch eine potenzielle Medikamenteneinnahme sollte in die Anamnese aufgenommen werden. Beide Punkte sind für die weitere Trainingsplanung zu berücksichtigen, um eine sichere und effiziente Trainingsdurchführung zu gewährleisten.

Fazit

Um die Mobilität auch im fortgeschrittenen Alter zu erhalten und zu verbessern, ist ein körperliches Training mit den Schwerpunkten Ausdauer-, Kraft- und Koordination obligatorisch.

Zur Orientierung bei der Trainingsgestaltung dienen verschiedene Bewegungsempfehlungen bzw. Leitlinien renommierter Institutionen (PAGAC, 2018; U. S. Department of Health and Human Services, 2018; WHO, 2020).

Aufgrund der häufig vorliegenden Komorbiditäten sollte die Erstellung und Anleitung von Trainingsplänen mit älteren Menschen durch entsprechend ausgebildetes Personal erfolgen.


Über den Autor

Tobias Mischo, M. A. Prävention und Gesundheitsmanagement, ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dozent im Fachbereich Trainings- und Bewegungswissenschaft an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) sowie als Referent der BSA-Akademie tätig. Durch seine langjährige Berufserfahrung im Bereich der Sport- und Bewegungstherapie verfügt er über umfassende Praxiserfahrung.


Auszug aus der Literaturliste

Drey, M., Maetzler, W. & Ferrari, U. (2019). Sarkopenie. In W. Maetzler, R. Dodel & A. H. Jacobs (Hrsg.), Neurogeriatrie (S. 69–84). Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg.
U. S. Department of Health and Human Services (2018). Physical Activity Guidelines for Americans (2. Aufl.). Washington D. C.: U. S. Department of Health and Human Services.
World Health Organisation (Hrsg.) (2020). WHO guidelines on physical activity and sedentary behaviour. Geneva: Hrsg.

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.

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