Digital, Fitness, Management | Autor/in: Jürgen Wolff |

Philipp Roskot, clever fit Dieburg und Groß-Umstadt, im Interview: „Digitales Training soll nicht das konventionelle Training ersetzen“

Digitale Tools verbessern Trainingsbetreuung, Verwaltung und Service: Philipp Roskot erläutert im Interview, wie er die Digitale Transformation in seinen beiden clever fit Studios umsetzt, wie die Kundinnen und Kunden davon profitieren und warum sein Trainerteam dabei eine entscheidende Rolle spielt.

Philipp Roskot, clever fit Dieburg und Groß-Umstadt, im Interview

fM: Welchen Stellenwert haben digitale Tools, Programme und Angebote in Ihren Studios?

Philipp Roskot:Digitale Tools, Programme und andere digitale Angebote haben in unseren Studios einen hohen Stellenwert, der sich in den vergangenen Jahren immens entwickelt hat. In meiner Ausbildungs- bzw. Studienzeit haben wir Trainingspläne noch auf Papier geschrieben. Das ist Geschichte, seitdem wir mit der Magicline und der EGYM Trainer App arbeiten.

Eine intelligente und moderne Kundenbetreuung ist uns sehr wichtig. Als ich im Frühjahr 2021 bei den EGYM Digital Days in München war, sagte mir deren Expertise im Bereich Software und Trainingsbetreuung sofort zu. Etwa ein Dreivierteljahr später standen dann auch schon die ersten elf Geräte bei uns im Studio. Das war gleichzeitig der Startschuss für die Trainer App.


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Digitale Trainingspläne schreiben wir seit Mitte 2020 mit Magicline und MySports und nutzen deren gesamte Bandbreite an Möglichkeiten, um das Erlebnis unserer Mitglieder und damit die Bindung zu unseren Kundinnen und Kunden auf einem hohen Niveau zu halten.

Unsere Kunden haben die Möglichkeit, in der MySports App ihre persönlichen Daten einzusehen und zu verändern. Darüber hinaus können sie Termine für die Trainingsbetreuung oder auch Kurse von überall buchen. Der Self-Service-Bereich für den Kunden innerhalb dieser Anwendung umfasst zudem die Buchung von Zusatzmodulen, Beantragung von Ruhezeiten, Änderung von Bankdaten, Protokollierung von Check-ins für die Krankenkasse u. v. m.

Wir haben auch ein Treueprogramm installiert, das die Treue unserer Kundinnen und Kunden mit Punkten und schließlich Prämien belohnt.

Welche Bereiche profitieren am stärksten von der digitalen Unterstützung und wie macht sich das bemerkbar?

Der Studiobetrieb profitiert von den vielfältigen Optionen, die uns die Softwares bieten. Essenziell ist dafür eine moderne IT-Infrastruktur im Studio. Ohne stabile Internetverbindung, die das gesamte Studio sicher abdeckt, sowie Hardwaresysteme, wie z. B. von GANTNER, würden die Softwares nicht diesen Wirkungsgrad haben.

Ich würde unser Unternehmen in drei Kategorien einteilen: Trainingsbetreuung bzw. Trainingsfläche, Verwaltung und Services. In diesen Kategorien arbeiten verschiedene Menschen mit den verschiedensten Aufgaben – alle mit dem gleichen Stellenwert. Auf der Trainingsfläche profitieren Mitglieder und Trainerteam mehr von der digitalen Trainingssteuerung und bei den anderen beiden Kategorien stärker vom Potenzial der Software und der Zuverlässigkeit unserer Ausstattung.

Wie weit ist die Digitalisierung in Ihren Studios fortgeschritten und wie umfangreich schätzen Sie die digitalen Optionen ein, die noch auf Sie zukommen?

Wir haben zwar keine Self-Service-Terminals oder eine robotisierte Künstliche Intelligenz, aber andere Optionen der Digitalisierung haben wir in unseren Studios gut genutzt.

Die Vision einer unterstützenden Servicekraft in Form eines Hologramms – z. B. in einem Personal-Trainer-Raum für eine Eins-zu-eins-Betreuung, wo eine Künstliche Intelligenz basierend auf gewonnenen persönlichen Daten zeitlich, aber auch qualitativ effizient die Customer Journey der Gäste verbessert – finde ich spannend.


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Ernährungspläne können heute schon mit ChatGPT erstellt werden, müssen aber immer fachlich geprüft und den Gästen von Menschen erläutert werden.

Dabei möchte ich klar betonen, dass es immer unser Team sein wird, das den Unterschied macht. Die noch kommenden Digitalisierungsmöglichkeiten können unsere Studios aber auf ein neues Level bringen, wenn sie richtig für das Studio und für die Mitglieder genutzt werden.

Wie haben Sie das digitale Angebot in die Struktur der Mitgliedsbeiträge eingebunden?

Der Digital Fitness Floor ist als Bestandteil unserer Black-Label-Mitgliedschaft ein Upselling-Tool. Die Red-Label-Mitgliedschaft beinhaltet „nur“ das Training. Im Rahmen des Onboardings gehen wir mit allen Interessierten an den Fitness Hub und lassen sie das unterstützte Training ausprobieren. Wenn es ihnen gefällt, können sie es jederzeit dazubuchen.

Unsere Interessenten können sich online über die Website oder über die Apps anmelden. Kundinnen und Kunden können über flexible Tagestickets sowie kurze, aber auch lange Erstlaufzeiten den Zutritt zum Studio erwerben.


Über unseren Interviewpartner

Philipp Roskot (Jahrgang 1997) begann seinen Weg in der Fitnessbranche schon als Jugendlicher und führte ihn nach dem Abitur durch verschiedene Aushilfsjobs im Studio seiner Eltern weiter. Sie betreiben seit 2012 das clever fit Dieburg und seit Ende 2020 auch das clever fit Groß-Umstadt. 2021 schloss Philipp Roskot sein duales Studium der Fitnessökonomie an der DHfPG ab. Seitdem übernimmt er eine leitende Rolle in den beiden Studios und verantwortet Zukunftsprojekte.


Standardzahlungsart ist das Lastschriftverfahren. Kunden haben aber auch die Möglichkeit, Tagestickets per PayPal oder Kreditkarte online zu zahlen. Vor Ort bieten wir auch die Zahlungsmittel Apple Pay und Google Pay sowie alle anderen Karten an. Noch bequemer machen wir es unseren Mitgliedern, indem sie alle Käufe im Haus auch mit ihrem Bändchen, also später mit dem Einzug des Mitgliedsbeitrags bezahlen können.

Wie ist das Feedback Ihrer Mitglieder auf die neuen digitalen Angebote? Wie digitalaffin sehen Sie Ihre Hauptzielgruppe?

Nicht alle Mitglieder nutzen alle digitalen Angebote in unseren Studios. Aber wenn ich darauf schaue, wie viele Personen ab 60 oder 70 Jahren mit unseren Apps arbeiten und damit auch gut zurechtkommen, bin ich schon stolz auf diese Entwicklung.

Unsere größte Zielgruppe sind die 18- bis 35-Jährigen. Sie sind sehr viel technikaffiner und der Anteil der Nutzer der digitalen Anwendungen ist größer als bei den Älteren. Das Potenzial ist aber noch nicht ausgeschöpft. Um das zu ändern, bewähren sich die Tools sehr gut, die in der Ausstattung des Floors bereits enthalten sind.

Der Bildschirm mit dem Ranking sorgt für Aufmerksamkeit und lockt immer mehr Mitglieder auf den Digital Fitness Floor – aus allen Altersklassen. Wir arbeiten an einem Belohnungssystem für Tages- oder Wochensieger, um den Floor weiter zu promoten.

Wie werden der Digital Fitness Floor, die KI-gestützten Geräte sowie die Trainingsdokumentation angenommen? Wie haben Sie das digitale Angebot in das herkömmliche Training organisatorisch eingebunden?

Wir können den Freihantelbereich nicht ersetzen – das wollen wir auch gar nicht! Das digital unterstützte Training soll das konventionelle Training nicht ersetzen, sondern lediglich unterstützen. Aber zur schnelleren Erreichung und allgemeinen Unterstützung der eigenen persönlichen Ziele könnten noch mehr Menschen in unserem Studio davon profitieren.

Wir können über die Software beobachten, dass die Anzahl der jüngeren und älteren Menschen, die regelmäßig auf unserem Digital Fitness Floor trainieren, stetig steigt. Selbst wenn Kunden eine gewisse Zeit den Fokus im Freihantelbereich haben und lediglich einmal in zwei Wochen digital trainieren, schadet das dem Digital Fitness Floor nicht.


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Gewonnene Trainingsergebnisse werden weiterhin getrackt und zusammen mit der Bioelektrischen Impedanzanalyse ausgewertet. Bodybuilder merken spätestens beim Flexibilitätstest, dass auch dem Hypertrophietraining neue Impulse guttun.

Dadurch, dass wir alle Trainingspläne, die wir digital erfassen, auch physisch auf ein Blatt drucken können, werden diese Pläne ausnahmslos von allen Kunden positiv aufgenommen. Mithilfe der Trainer-App können wir alle Übungen digital festhalten. Über unsere clever-fit-App können unsere Kundinnen und Kunden ihre Pläne aufrufen und die gewonnenen Trainingsdaten stetig speichern und mitverfolgen.

Es gibt kein vergessenes Trainingsbuch mehr. Wer vergisst heutzutage schon sein Handy?

Welche Tools aus Ihrem digitalen Angebot bewähren sich besonders zur Kundenbindung?

Eine große Bereicherung ist der Fitness Hub, da dem Kunden das Erreichte verständlich vermittelt werden kann. Eventuelle Motivationstiefs können durch eine Historiensammlung behandelt werden. Das BioAge zeigt unseren Kunden, wie viel „jünger“ sie in wenigen Monaten geworden sind.


Weitere Interviews und Hintergründe

In drei Interviews sprechen Jürgen Kohne und Carsten Kerner über die erfolgreiche Nutzung digitaler Anwendung bei ihrer Kundenbindung. Lesen Sie außerdem unseren Artikel 'Kundenbindung durch Digitalisierung' als Einstieg zu den Interviews.

Indem Sie auf das entsprechende Bild oberhalb dieses Textes klicken, gelangen Sie direkt zum jeweiligen Artikel.


Das Großartige dabei ist, dass es keine allgemeinen Daten sind, sondern individuell, detailliert Ergebnisse gezeigt werden können. Wenn Mitglieder nach ihrem ersten Jahr Fitness wieder aussteigen wollen, weil sie denken, es würde nichts bringen, können wir anhand verlässlicher Daten das Gegenteil belegen.

Sie generieren viele Daten in den digital unterstützten Trainingsbereichen. Wie nutzen Sie diese und inwieweit können Sie sie zur Kundengewinnung und -bindung verwenden?

Mithilfe der Daten aus den analytischen Bereichen sowie der BIA können wir Zielgruppen über unser Marketing zielgerichtet ansprechen. Wir können z. B. Fettverlust oder Kraftzuwachs bei uns im Studio nachweisen und die Menschen über ihre Wünsche und Probleme direkt ansprechen.

Ein Beispiel: Wir können aus den gewonnenen Daten Durchschnittswerte errechnen und Interessenten sowie Mitgliedern erklären, dass unsere Kundinnen und Kunden mit ihrem Einstieg ins Fitnessstudio und ihrem kontinuierlichen Training auf dem Digital Fitness Floor ihr BioAge in sechs Monaten durchschnittlich um drei Jahre verringern.

Welche Rolle spielen Ihre Mitarbeiter und deren Know-how bei der Planung und Umsetzung der Digitalen Transformation und welchen Stellenwert nehmen sie bei der digital unterstützten Kundenbetreuung ein?

„Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied.“ Bei all den großartigen digitalen Möglichkeiten muss die Bedienung für den Kunden, aber auch für die Mitarbeitenden so einfach wie möglich sein. Regelmäßige Briefings und Schulungen helfen unseren Mitarbeitenden, diese Veränderungen nachzuvollziehen und auch umsetzen zu können. Wir holen hierzu regelmäßig das Feedback unserer Teams ein und passen bei Bedarf die Schulung an oder optimieren den jeweiligen Prozess.

Wenn wir Aufgaben zur Kundenbetreuung in der Trainer-App erstellen, bearbeiten wir diese regelmäßig. Digitale Hilfsmittel sind nur gute Hilfsmittel, wenn einzelne Mitarbeitende verstehen, mit ihnen gut umzugehen, und auch die Informationen, Funktionen und deren Mehrwert an die Mitglieder vermitteln können. Unser Team spielt eine entscheidende Rolle für die Digitale Transformation.

Wie wird bei clever fit ein einheitliches Qualitätsmanagement in Bezug auf die Digitalisierung gewährleistet? Inwieweit nimmt die Franchisezentrale Einfluss auf die Prozesse in den Studios?

Mithilfe von standardisierten infrastrukturellen Systemen wurde vor Jahren das Fundament von clever fit gebaut und wie bei einem Hausbau permanent optimiert. So ist es auch in unserem System.

Die clever-fit-Zentrale selbst unterstützt uns mit einer modernen Website zur Zentralisierung und Integrierung der digitalen Möglichkeiten. Kundinnen, Kunden und Interessierte finden hier Nützliches zu den Themen Training, Mitgliedschaft und Termine. Dass die beiden Apps MySports und Branded Member App gebrandet sind, stärkt das clever-fit-Markengefüge.

Auf interne Prozesse im Studio nimmt die Zentrale keinen großen Einfluss. Die individuellen Strukturen sind zu unterschiedlich. Wir arbeiten z. B. im Bereich Aufgaben und Kommunikation noch mit einer weiteren Software, die nicht Systempartner ist.

Welche „Knackpunkte“ und Fallstricke müssen Studiobetreiberinnen und -betreiber bei der digitalen Kundenbetreuung im Auge behalten? Haben Sie Tipps für die Fehlervermeidung?

Die Kundenbetreuung sollte auf ein bis zwei Softwares fokussiert sein. Das minimiert die Anfälligkeit für Fehler. Wenn Mitarbeitende in einzelnen Prozessen Fehler machen, sollten Betreiber sich fragen, ob sie genug Zeit und Material für Schulungen zur Verfügung stellen und ob Prozesse und Schulungen noch zeitgemäß sind.

Alle im Team sollten wissen, wie man z. B. Fehler bei einer Appregistrierung lösen kann oder wie man den Kundinnen und Kunden bei allgemeinen Nutzungsschwierigkeiten helfen kann. Mögliche Fehlerquellen oder Worst-Case-Szenarien sollten vorher besprochen werden. Am Ende zählt der menschliche Service, denn dieser kann kleine Fehler oder Schwierigkeiten wiedergutmachen.

Ein weiterer Knackpunkt beim Thema Digitalisierung kann eine fehlende Infrastruktur sein. Man sollte hier schon etwas in die Zukunft denken und prüfen, inwieweit die eigenen Räume in Sachen Internettechnik strukturell noch optimiert werden können.

Neue Anwendungen wie ChatGPT, die aktuell extrem gehypt werden, befinden sich noch im „Learning“ und es kann passieren, dass Falschinformationen wiedergegeben werden. Macht man sich noch die Mühe und schreibt eigene Blogs oder integriert man gleich ein intelligentes System?

Ich persönlich nutze ChatGPT privat und teilweise geschäftlich und würde ähnliche Programme zur Unterstützung der Kundenbetreuung zukünftig mehr einbinden wollen. Weil wir noch keine Erfahrungswerte haben, ist die Frage hier nur, wie man es am geschicktesten macht und wie man Falschinformationen vermeidet.

Inwiefern wird die Digitalisierung die Kundenbetreuung in der Fitness- und Gesundheitsbranche verändern und wie bereiten Sie sich darauf vor?

Die Prozesse im Studio müssen einfach und verständlich strukturiert sein, damit uns am Ende möglichst viel individuelle Zeit mit unseren Kundinnen und Kunden bleibt. Wir möchten uns nicht mehr mit Zettelwirtschaft herumschlagen. Kein Teammitglied muss sich mehr Details zu einzelnen Kunden merken, da wir diese für alle Trainer und Trainerinnen in der Trainer-App darstellen können.

Entscheidend für den Erfolg ist die Frage, inwieweit die Mitarbeitenden mit diesem System umgehen bzw. inwieweit sie den kompletten Funktionsumfang verstehen können. Hier bedarf es der Einbindung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in neue Themen, für die gerade neue Tools zu implementieren sind.

Da wir unsere Mitarbeiter kontinuierlich fragen, wie sie damit zurechtkommen, gewinnen wir auch wichtiges Feedback aus der Praxis. Ich persönlich glaube an eine gute Mischung aus echten menschlichen Emotionen und modernen Hilfsmitteln, die das Trainingserlebnis in unseren Studios zu einem besonderen machen.

Zwei Leitsätze habe ich hierbei im Kopf, die sich gegenseitig bei der Entscheidungsfindung gesund regulieren. Der eine lautet: „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“, der andere: „Never change a running system.“

Diesen und weitere Artikel finden Sie in der fMi 01/2024 & für Abonnenten EXKLUSIV vorab.

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