DHfPG-Studie: Fitnesstraining vor, während und nach Corona – Erkenntnisse für Betriebe zur Pandemie-Bewältigung
Die Corona-Krise trifft Unternehmen verschiedenster Branchen auf der ganzen Welt schwer. Auch die Fitnessbranche bleibt nicht verschont. Eine repräsentative Studie der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG), die sich auf den ersten Lockdown im März bezieht, deckt auf, mithilfe welcher Erfolgsfaktoren die Branche die Krise meistern kann. Die nachfolgend dargestellten Zahlen bieten wichtige Erkenntnisse für Betriebe zur Bewältigung der Herausforderungen, die mit der Corona-Pandemie einhergehen.
HINWEIS: Auch zum zweiten Shutdown der Fitnessstudios im sogenannten November-Lockdown (der nun bekanntlich mindestens bis Mitte Januar 2021 anhalten wird) läuft aktuell eine weitere Studie der DHfPG, in der die Auswirkung der Corona-Krise auf die Fitnessbranche untersucht werden. Sie können sich daran beteiligen, indem Sie die folgende Umfrage ausfüllen.
Ihre Stimme zählt: Jetzt teilnehmen!
Die DHfPG-Umfrage bleibt vorrausichtlich bis Mitte Januar 2021 aktiv. Sie können jetzt direkt hier oder per Klick auf das Bild teilnehmen.
Lockdown Nummer 1: Im März 2020 wurden Fitness- und Gesundheitsanlagen in allen Bundesländern zum ersten Mal geschlossen. Zu diesem Zeitpunkt war nicht absehbar, wie schwerwiegend die Auswirkungen sein würden.
Fest stand, dass Fitnesstraining fortan auf unbestimmte Zeit nur außerhalb des Studios stattfinden konnte. Schnell waren Home-Fitnessgeräte ausverkauft.
Veränderte Trainingsroutine durch Shutdown?
'Die Krise wird die Trainingsroutine der Deutschen nachhaltig verändern', 'Online ist das neue Fitness' – solche Aussagen wurden vielfach medial kolportiert und damit die Vermutung aufgestellt, dass die Fitnesstreibenden Spaß an alternativen Trainingsformen finden würden: vielleicht den zeitsparenden Effekt eines Trainings zu Hause wertschätzen lernen oder auf Online-Angebote zurückgreifen und damit das klassische Training im Studio durch derartige Alternativen gänzlich ersetzt werden.
3.591 Studiomitglieder befragt
Dieses Szenario ist nicht eingetreten, wie die Ergebnisse der bundesweiten repräsentativen Befragung von Mitgliedern in Einzel-, Ketten-, Mikro- und EMS-Anlagen (n = 3.591) durch die DHfPG zeigen.
Training im Studio bleibt klare Nummer eins
Die Befragten erfahren im Studio ein unvergleichliches Trainingserlebnis. Hierin liegt einer der Gründe, weshalb keine der während des ersten Lockdowns praktizierten Trainingsformen (z. B. Körpergewichts- oder Ausdauertraining) nach der Wiedereröffnung einen denkbaren Ersatz für das Training im Studio darstellte.
Der Gang ins Fitnessstudio blieb die Nummer eins, andere Trainingsformen wurden bestenfalls als Ergänzung betrachtet (vgl. Abb. 1). Während der ersten Schließung wurde nur wenig (15,0 % der Mitglieder nutzten diese gelegentlich, 13,1 % oft bzw. sehr oft) auf die Online-Programme der Studios zurückgegriffen.
Nähe als zentrale Größe des Erfolgs
Lediglich 2,7 Prozent der Mitglieder nutzten sie vor dem zweiten Lockdown als Ergänzung. Dennoch erzeugten die Studios durch solche Angebote Nähe zu den Mitgliedern – eine, wie sich noch zeigen wird, zentrale Größe des Erfolgs in diesen Zeiten.
Positive Zahlungsmoral: Erfolgsfaktor 'emotionale Bindung'
Ein erfreuliches Ergebnis zeigt sich mit Blick auf die Zahlungsmoral: Betrachtet über alle Anlagen zahlten 89,6 Prozent der Befragten ihre Beiträge während der Schließung weiter – ein Ergebnis, mit dem die Fitness- und Gesundheitsbranche in unruhigen Zeiten wie diesen vermutlich eher die Ausnahme darstellt und das die Anlagen durch ihr Verhalten selbst herbeigeführt haben: Verglichen mit denjenigen Mitgliedern, die ihre Beiträge während der Schließung reduzierten, fühlten sich die zahlenden Mitglieder besser von ihrem Studio betreut, fairer behandelt und sie wiesen ein stärkeres Gefühl der Verbundenheit auf.
Im Shutdown Alternativen anbieten
Es zeigt sich, was in der Wissenschaft bereits umfassend erforscht ist: Kunden möchten spüren, dass sich das Unternehmen um sie bemüht.
Den Fitnessanlagen ist das, etwa durch das Anbieten von Trainingsalternativen, während des Lockdowns ab März 2020 gelungen.
Bemühungen werden honoriert
Dabei zeigte es sich als unerheblich, was konkret angeboten wurde und ob die Mitglieder die Angebote überhaupt in Anspruch genommen haben.
Von Bedeutung war die Tatsache, dass etwas angeboten wurde – und das Studio seinen Mitgliedern ein Lebenszeichen sendete und Unterstützung signalisierte. Solche Mühen werden honoriert.
EMS-Anlagen Vorreiter in puncto Kundennähe
Dem Wunsch der Kunden nach Nähe zu entsprechen sowie ein 'Kümmern' – also ein ehrliches Interesse der Studios an ihren Mitgliedern – sind Themen, die sich wie ein roter Faden durch die Professionalisierung der Fitness- und Gesundheitsstudios ziehen.
Hierbei sind es die EMS-Anlagen, die besonders positive Werte verzeichneten (vgl. Abb. 2). Dies könnte darin begründet liegen, dass die Eins-zu-eins- bzw. Eins-zu-zwei-Betreuung, die das EMS-Konzept vorsieht, eine solche Bindung zwischen Mitglied und Mitarbeiter stärkt.
Schnittstelle zwischen Mitglied und Studio
Schließlich werden Kunden während der gesamten Trainingszeit von einem Trainer betreut.
EMS-Anlagen lehren die Branche, dass es sich lohnt, stets weiter in die Mitarbeiter als wohl wichtigste Schnittstelle zwischen Mitglied und Studio zu investieren (Eine ausführliche Darstellung der Studienergebnisse für EMS-Anlagen finden Sie in fMi-Ausgabe 06/20 auf Seite 34.).
Charakteristika der Trainierenden
Mittels einer hierarchischen Clusteranalyse konnten im Rahmen der Studie der DHfPG folgende vier Fitnessstudio-Typen identifiziert werden, die aktuell Mitglieder in den Anlagen sind und sich in ihrer Motivation, Einstellung und Erwartung unterscheiden.
Vor diesem Hintergrund wird deutlich, wie wichtig die Interaktion mit den Kunden und das Agieren auf einer individuellen Ebene sind.
1. Die Disziplinierten
Diese Gruppe liebt das Fitnesstraining und ist sich der positiven Folgen bewusst. Sie haben den Fitness-Lifestyle aber noch nicht in der Form in ihr Leben integriert, dass Fitness einen Ausgleich darstellt, sondern derzeit noch zusätzlichen Aufwand bedeutet.
Der Nutzen wurde von dieser Gruppe noch nicht verinnerlicht – Ziel ist es, einen Perspektivenwechsel zu erzeugen! Es gilt, verstärkt die positiven Wirkungen auf Körper (Wohlbefinden) und Geist ('Kopf frei') infolge des Trainings hervorzuheben.
Ohne Studio erleidet diese Gruppe einen Motivationseinbruch, sie brauchen das Studio, um motiviert zu bleiben. Eventuell benötigen sie Routinen.
Ein Verhalten wird dann zur Routine (d. h. Gewohnheiten etablieren sich), wenn es über einen gewissen Zeitraum (man geht von ca. 66 Tagen aus) wiederholt wird.
Zur Schaffung solcher Regelmäßigkeiten sollten Trainingspläne an den Tagesablauf der Disziplinierten angepasst werden (z. B. flexible Trainingsgestaltung, intensive, dafür kurze Trainingseinheiten etc.).
Auch kann auf diese Weise das Gefühl einer zusätzlichen Belastung reduziert und die Zufriedenheit mit der Zielerreichung gesteigert werden.
2. Fitnesstreibende mit Leib und Seele
Fitnesstraining ist für sie pure Leidenschaft und aus ihrem Leben nicht mehr wegzudenken. Fortschritte spornen sie an.
Trainierende dieser Gruppe sollten in ihrer Aktivität bestärkt werden und mit ihrer Euphorie andere Trainierende 'anstecken' sowie generell als Multiplikatoren fungieren.
Ernst gemeintes Lob kann verstärkend wirken. Diese Gruppe braucht das Studio nicht, um sich zu motivieren, da Fitness aus innerer Überzeugung betrieben wird. Das Training im Studio erzeugt in ihnen ein unvergleichliches Wohlbefinden.
Über weitere Interaktion kann die Bindung zum Studio und insbesondere zu den Trainern gestärkt und so eine familiäre Atmosphäre erzeugt und Loyalität gefördert werden.
3. Die Antriebslosen
Sie sind sich der positiven Folgen des Fitnesstrainings mehr oder weniger bewusst, jedoch fehlt ihnen die Motivation sowie die innere Überzeugung. Bequemlichkeit hat einen höheren Stellenwert als Fitness.
Ausreden wie keine Zeit zu haben sind typisch. Diese Gruppe hat durch den Lockdown ein Motivationstief und eine starke Frustration mit Blick auf die eigene Zielerreichung erfahren.
Mitarbeiter sollten intensive Gespräche mit diesen Mitgliedern suchen – egal, ob persönlich oder digital –, um individuelle Ziele zu definieren und mithilfe eines geeigneten Trainingsplans fürs Studio oder für Zuhause schnell Erfolge sichtbar zu machen.
Auch ihr körperliches Befinden bedarf einer Verbesserung, weshalb sich ein ganzheitliches Trainingskonzept (z. B. Trainings- und Ernährungsplan) anbietet.
4. Die rationalen Fitnesstreibenden
Sie wissen um die positiven Folgen des Fitnesstrainings. Den Mitarbeitern muss es aber gelingen, auch deren Leidenschaft zu entfachen, um sie langfristig zu binden. Die Gruppe hat nach der ersten Wiedereröffnung ein Hoch des körperlichen Wohlbefindens erfahren.
Sie haben bemerkt, wie schlecht es ihnen ohne das Training im Studio ging – und wie gut ihnen das Training im Studio tut!
Die Zufriedenheit mit der eigenen Zielerreichung war ebenfalls seit Wiedereröffnung auf Höchstniveau, wenngleich noch immer 'Luft nach oben' war.
Kundenzufriedenheit als wichtiger Gradmesser
Erfreulich ist die Tatsache, dass alle Fitnessstudio-Typen eine hohe Zufriedenheit mit ihrem Studio aufweisen und beabsichtigen, weiter dort zu trainieren (vgl. Abb. 3).
Dass auch Typen wie die Antriebslosen positive Tendenzen aufwiesen, unterstreicht deutlich, dass die Studios vieles richtig gemacht haben und es die intrinsische Motivation der Mitglieder ist, die es zu entfachen bzw. zu steigern gilt.
Da alle Typen in allen Anlagen vertreten sind (vgl. Abb. 4), gilt diese Empfehlung für alle Anlagen gleichermaßen.
Fazit
Wesentlich für das erfolgreiche Überstehen der Krise war und ist es, den Mitgliedern Nähe und Präsenz zu zeigen – sowohl analog als auch digital – sowie deren Belangen auf einem individuellen Level zu begegnen.
Eine zentrale Rolle im Erfolgsgefüge kommt hier den Mitarbeitern zu, die auch während eines Lockdowns als direkte Kundenkontaktpersonen agieren und die emotionale Verbundenheit der Mitglieder gegenüber dem Studio aufbauen und festigen können.
Die Studienergebnisse liefern Betreibern wichtige Erkenntnisse über relevante Erfolgsfaktoren im Rahmen der Kundenbindung und sind somit auch über die Krise hinaus von großer Bedeutung.
Über die Autoren
Die promovierte Betriebswirtin Dr. Sarah Kobel ist als Dozentin und Tutorin an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) sowie der BSA-Akademie im Bereich Ökonomie tätig.
Durch ihre wissenschaftliche Tätigkeit und Promotion am Institut für Konsum- und Verhaltensforschung an der Universität des Saarlandes besitzt sie fundierte Kenntnisse in der Konzeption, Durchführung und Auswertung empirischer Untersuchungen.
Gregor Preuschoff, Master of Business Administration (MBA) in International Management, ist Abteilungsleiter für Finanzen und Controlling an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG), der BSA-Akademie und der PIPG. Der Fitnessfachwirt (IHK) ist darüber hinaus seit zehn Jahren Dozent im Fachbereich Management.
Diesen und weitere Artikel finden Sie in der fMi 06/2020 & für Abonnenten EXKLUSIV vorab.
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