Fitness, Gesundheit, Markt | Autor/in: Albert Busek |

Den Kindern und Jugendlichen zuliebe: Zurück in die Zukunft

Noch immer geschockt über die Abschaffung des jahrzehntelang alljährlich ausgetragenen sportlichen Dreikampfs der Bundesjugendspiele schrieb ich am Weltkindertag diese Zeilen. Ideologiebasierte Erzählungen rücken Wettkampf und Leistung zurzeit in die Ecke der Diskriminierung. Geht’s noch? Bei Leistung ist es wie mit den Muskeln – ohne sie geht gar nichts!

Albert Busek: Zurück in die Zukunft

Schon ein Baby benötigt bei den ersten Versuchen, den Kopf zu heben, die Kraft der Muskeln. Sobald Kinder laufen können, bleiben sie immer mehr in Bewegung.

Sobald sie mit anderen Kindern zusammenkommen, ergibt sich ganz natürlich ein Wettstreit oder Wettkampf in großer Vielfalt – und das mit sehr viel Spaß und auch Ehrgeiz. Für mich ist es unverantwortlich, diesen natürlichen Trieb zu unterdrücken. Das geschieht ohnehin schon seit Jahren durch einen Schulsport, der häufig immer mehr „weichgespült“ wird oder ganz ausfällt.


Auch interessant: 'Fit Kids oder Couch-Potatoes? Kinder als Zielgruppe im Gruppentraining'


Jeglicher Sport im Kindes- und Jugendalter trägt neben den positiven körperlichen Aspekten auch in hohem Maße zur Charakterbildung bei – ganz besonders in einem sportlichen Wettkampf mit Schulkameraden. Direkt und unmittelbar werden Eigenschaften wie Respekt, Toleranz und Zielstrebigkeit gefördert.

Auch der Umgang mit nicht erreichten Zielen und die Bereitschaft, es beim nächsten Mal besser zu machen, gehört zu dieser frühzeitigen Schule des Lebens.

Bundesjugendspiele mit 10

In meinem zehnten Lebensjahr erlebte ich meine ersten Bundesjugendspiele und war auf meine Urkunde sehr stolz. Für die Ehrenurkunde reichte es aber noch nicht und so hatte ich ein Ziel.

In den Folgejahren erreichte ich die nötige Punktzahl für die Ehrenurkunden, die für mich auch nach so vielen Jahren immer noch eine große Bedeutung haben – vor allem die Unterschriften vom damaligen Bundespräsidenten „Papa“ Heuss, den ich sehr verehrte.

Die Bundesjugendspiele waren für uns alle ein Höhepunkt des Jahres – nicht nur weil die Sommerferien nahten!

Krafttraining mit 16

1959 hatte ich dann drei Tage nach meinem 16. Geburtstag mein erstes Training mit Hanteln. Es hat mein Leben nachhaltig verändert, privat und beruflich. Dafür bin ich unendlich dankbar. Das „Bekenntnis zum Eisen“ glich in den Anfangsjahren der Fitnessbranche einem Spießrutenlauf. Es ging weit über massive Kritik hinaus.

Als ich mich zusammen mit Harry Gelbfarb (Gründer des ersten Sportstudios in Deutschland) für das Training mit Kindern und Jugendlichen einsetzte, wurden wir mit Häme übergossen und auch massiv angegriffen. Wir waren aber total überzeugt von unserer Sache, vorausgesetzt, Gewichte und Training wurden individuell angepasst und kompetent betreut. (Lesetipp: 'Lebensbegleitendes Fitness- und Gesundheitstraining')

Harry schaffte sogar das „Wunder“, dass sein Training mit Kindern je nach Situation ganz oder teilweise von Krankenkassen übernommen wurde – in den Fünfzigerjahren!

Reale Erfahrungen

Die Zeiten haben sich heute dramatisch geändert, woran das Internet einen wesentlichen Anteil hat. Kinder wachsen mit dem Handy auf und stoßen dort auf unzählige Angebote und Ratschläge bezüglich des Körpertrainings. Das ist grundsätzlich sehr positiv, birgt aber große Gefahren.


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Wie ich schon in einem früheren Bericht geschrieben habe, gilt ein Satz für diese Altersgruppe, die digital unterwegs ist, ganz besonders: „Nothing beats the real thing.“ Eine kompetente und persönliche Betreuung ist gerade im Kindes- und Jugendalter unabdingbar.

Deshalb meine dringende Empfehlung an alle Kinder und Jugendlichen: Lasst euch nicht verunsichern und schon gar nicht vom Sport und von möglichen Wettkampfambitionen abhalten – geht in ein Fitnessstudio oder zu einem Verein! Informiert euch dabei genau über alles, vor allem auch über den Ausbildungsstand der Trainer. Es gibt in der Tat große Unterschiede. (Auch lesenswert: 'Jugend braucht mehr denn je Vorbilder und gezielte Prävention')

Das richtige Alter?

Die Frage, ab welchem Alter man überhaupt Sport treiben kann, wird immer hitzig diskutiert und ist in Wahrheit müßig. Im Alltag werden Muskeln und Kreislauf belastet. Von dieser individuellen Durchschnittsbelastung ausgehend, können gezielte Programme je nach Vorstellung und Anlage erstellt werden. Das gilt auch für Kinder und Jugendliche.

Der Radio- und TV-Moderator Fritz Egner trainierte in den Achtzigerjahren regelmäßig in meinem Sportcenter. Damals moderierte er die sehr populäre TV-Sendung „Dingsda“ mit Kindern. Für mich Anlass genug, Fritz mit Kindern beim Training für ein Titelbild der von mir geleiteten Sportrevue zu fotografieren. Das ist jetzt 37 Jahre her!

Ich höre die Kritiker schon rufen: „Aber Kinder können doch nicht ...“ Nun, es gibt schon seit vielen Jahren unzählige Beispiele von höchst erfolgreichen Leistungssportlerinnen und  -sportlern, die im Kindesalter begonnen haben. (Auch interessant: 'Minderjährige und Fitnessverträge')

Die meisten wären nie so weit gekommen, hätten sie erst später begonnen.

Früh übt sich

Ein aktuelles Beispiel ist Frank Stäbler, dreifacher Ringer-Weltmeister und Gewinner der Bronzemedaille der Olympischen Spiele 2021 in Tokio, der dazu gerade ein neues Buch veröffentlichte. Er begann im Alter von vier Jahren beim TSV Musberg, einem Verein in der Stadt Leinfelden-Echterdingen (südlich von Stuttgart), dem er immer noch angehört. Frank Stäbler gewann in fast allen Altersgruppen, beginnend in der B-Jugend.

Deshalb nochmals mein Aufruf an alle Kinder und Jugendlichen: „Verlasst euch nicht nur auf den Schulsport, schließt euch einem Fitnessstudio oder Verein an.“

Anmerkung der Redaktion: Die Bundesjugendspiele finden seit 1951 alljährlich als Sportveranstaltung an Schulen statt, die Teilnahme ist verpflichtend. Zum Schuljahr 2023/2024 wurden die Bundesjugendspiele reformiert. In den Klassenstufen eins bis vier werden sie jetzt als „bewegungsorientierter Wettbewerb“ ausgetragen, nicht mehr als „leistungsorientierter Wettkampf“. Diese Änderungen hatten das Familienministerium und die Kultusministerkonferenz bereits 2021 beschlossen. Die Reform wurde durch eine von Eltern initiierte Petition zur Abschaffung der Bundesjugendspiele ausgelöst und führte zu einer kontroversen öffentlichen Debatte über Leistungsdruck und „Kuschelpädagogik“.

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