Fitness, Gesundheit | Autor/in: Sandra Gärttner |

Das Konzept der Selbstwirksamkeit: Förderung und Bedeutung der Kompetenzerwartung

Menschen mit einer hohen Selbstwirksamkeit sind der Überzeugung, Herausforderungen meistern zu können und handeln auch dementsprechend. Trainerinnen sowie Trainer und Therapiepersonal können hierbei ihre Kompetenzen einbringen und auf die Einflussfaktoren, die zur Steigerung der Selbstwirksamkeit förderlich sind, einwirken.

Wie kann das Gesundheitsverhalten durch die Selbstwirksamkeit beeinflusst werden?

Die Selbstwirksamkeit (engl.: self-efficacy belief), Selbstwirksamkeitserwartung oder kurz SWE, bezeichnet gemäß Albert Banduras sozialkognitiver Theorie das Vertrauen darauf, aufgrund eigener Kompetenzen gewünschte Handlungen auch in Extremsituationen selbst ausführen und Herausforderungen aus eigener Kraft bewältigen zu können (Bandura, 1997).

Sozialkognitive Theorien des Gesundheitsverhaltens beschreiben, wie soziale und kognitive Faktoren Gesundheit bzw. Krankheit beeinflussen können. Eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung kann demnach dazu führen, dass schwierige Situationen bewältigt und bestimmte Handlungen ausgeführt werden können, um die gewünschten Ziele zu erreichen.


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Eine niedrige Selbstwirksamkeitserwartung dagegen führt dazu, dass eine Aufgabe gar nicht erst in Angriff genommen wird. Die Bedeutung spezifischer SWE wird besonders in der Gesundheitspsychologie etwa im Rahmen einer Ernährungsumstellung, der Wettkampfvorbereitung oder der Rehabilitation deutlich.

Bedeutung und Effekte im Therapiebereich

Empirische Untersuchungen zur SWE zeigen, dass mit einer Erhöhung der SWE auch eine bessere Ausnutzung der eigenen Ressourcen einhergeht (Egger, 2015, S. 284). (Auch lesenswert: 'Besser schlafen dank Coaching-Methoden)

Eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung wurde u. a. in Zusammenhang gebracht mit einem geringeren Risiko für Angststörungen und Depressionen, guter schulischer und beruflicher Leistung, niedrigen Stressreaktionen, einer schnelleren Bewältigung von kritischen Lebensereignissen, hoher Schmerztoleranz, einem besseren Gesundheitsverhalten und Immunsystem, zufriedenstellenden Sozialbeziehungen und hohem Wohlbefinden (Werner, 2022).

Ferner deuten Forschungsergebnisse darauf hin, dass eine höhere Selbstwirksamkeit mit besseren funktionellen Ergebnissen, schnellerer Genesung und einer höheren Lebensqualität bei Patienten im Rehabilitationsbereich verbunden ist (Dohnke, Müller-Fahrnow & Knäuper, 2006).

Für die Gesundheitsförderung und Prävention ist die Selbstwirksamkeit aus diesen Gründen eine zentrale personale Ressource sowie ein wichtiger Bestandteil in vielen Programmen zur Gesundheitsförderung und kann als Prädikator für den Therapieerfolg dienen (Skidmore et. al., 2015).

Entwicklung und Einflussfaktoren

Ein Teil der Selbstwirksamkeitserwartung ist angeboren oder stammt aus den Erfahrungen der Vergangenheit. Diese Faktoren lassen sich nur schwer ändern, dennoch sind sie bedeutsam und haben einen großen Einfluss auf die SWE.

Die SWE wird durch verschiedene Aspekte gestärkt und gefördert. Gemäß Bandura kann die Selbstwirksamkeit über vier Wege gesteigert werden (Lippke & Renneberg, 2006).

  • Die Bewältigungserfahrung: Positive Erfahrungen und Erfolgserlebnisse, wie beispielsweise gute Leistungen im Sport oder positive Rückmeldungen am Arbeitsplatz, fördern die SWE am stärksten, da sie das Gefühl und die Motivation, schwierige Situationen zu meistern und Ziele zu erreichen, stärken. Dabei kann auch das Lernen aus Fehlern unsere SWE effektiv und nachhaltig positiv beeinflussen.
  • Das Modelllernen: Beim Beobachten von Personen, die durch eigene Anstrengung eine schwierige Aufgabe bewältigen, kann ebenfalls Selbstwirksamkeit entstehen. Hierbei spielt die wahrgenommene Ähnlichkeit der beobachtenden zur Modellperson eine große Rolle. Nur wenn man der Modell- bzw. Zielperson ähnliche Kompetenzen zuschreibt wie sich selbst, kann deren Erfolg auch nur durch Beobachtung das Gefühl auslösen, das Gleiche erreichen zu können.
  • Die verbale Verstärkung durch Außenstehende: Wenn andere Menschen, sei es die Familie, die Vorgesetzten, ein Trainer oder ein Coach, ihr Vertrauen in unsere Fähigkeiten durch Bestätigung zum Ausdruck bringen, werden wir zu höheren Leistungen ermutigt.
  • Die Bedeutung von physiologischen Zuständen: Besonders unter Druck nehmen viele Menschen ihre eigenen körperlichen Begleiterscheinungen oder Empfindungen, wie feuchte Hände, Herzrasen oder Zittern, als Zeichen schwacher Handlungsressourcen oder eines möglichen Scheiterns wahr. Hier kann ein Therapeut oder Coach mit geeigneten Übungen ansetzen, um solche Empfindungen neu zu interpretieren, z. B. als Zeichen positiver Erregung, die anstehende Aufgabe zu bewältigen.

Über die Autorin

Sandra Gärttner ist Dozentin der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) für die Studienmodule Stressmanagement und Entspannung sowie Referentin der BSA-Akademie im Fachbereich Mentale Fitness/Entspannung. Sie verfügt über mehrere Jahre praktische Erfahrung im Individual- und Gruppentraining sowie als Kursleiterin, z. B. für Wirbelsäulengymnastik, Pilates, Achtsamkeits- und Entspannungstraining.


Integration im Kontext Therapie und Training

Rehabilitations- und Therapieprogramme können von einem gezielten Ansatz zur Stärkung der Selbstwirksamkeitserwartung der Patientinnen und Patienten profitieren. Dabei können Techniken wie kognitive Umstrukturierung, Modelllernen und unterstützende Kommunikation eingesetzt werden, um das Selbstvertrauen und die Zuversicht der zu therapierenden Personen zu steigern.

Selbstwirksamkeitserwartung kann, wie zuvor beschrieben, nach Lippke & Renneberg (2006) über vier Wege gesteigert werden: die eigenen Erfahrungen, die Beobachtungen anderer Personen, verbale Überzeugungen (auch anderer Personen) und durch eigene physiologische Zustände. Mit diesen Punkten lässt sich ein konkretes Konzept zur Steigerung der Selbstwirksamkeit z. B. in der Physiotherapie bei Rückenschmerz erarbeiten.


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Im Rahmen der physiotherapeutischen Behandlung kann beispielsweise das schmerzfreie Bücken in kleine Teilschritte untergliedert werden, um dem Patienten dadurch positive Erfahrungen zu ermöglichen und so die Angst vor Bewegung zu nehmen.

Ferner können damit die Motivation und die Leistungsbereitschaft im weiteren Verlauf des Trainings sowie die psychische Widerstandsfähigkeit, die sogenannte Resilienz, in Bezug auf den Rücken und die damit verbundenen schmerzfreien Bewegungen erhöht werden.

Ergänzend dazu kann eine positive Rückmeldung der therapierenden Person und die Betonung der individuellen Fortschritte zu den jeweiligen Teilschritten die Betroffenen vor Rückschlägen schützen und auf dem Weg zu einem gesünderen Rücken bestärken.

Die Einbeziehung der Patientinnen und Patienten in die Gestaltung ihrer Behandlungspläne und der regelmäßige Austausch über die wahrgenommenen Empfindungen sind dabei essenziell. Denn es ist wichtig, einen Rahmen zu schaffen, der es erlaubt, ehrlich und offen über die Empfindungen und Emotionen in Bezug auf die Rückenschmerzen, wie z. B. Frustration, Wut, Resignation und Angst bis hin zu Hoffnung, Ansporn und Euphorie, berichten zu können.


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Allein das Aussprechen und Kommunizieren von eigenen Gefühlen in Bezug auf die empfundenen Beschwerden birgt Potenzial zur Motivation und Steigerung der Selbstwirksamkeit, denn dabei können weitere Beweggründe oder Motive der Betroffenen auftreten, die in der Therapie für neue Ziele und Aufgaben definiert und ebenfalls erreicht werden können (Lang, 2019).

Trainer sowie Trainerinnen und das therapierende Personal sollten sich dieser Aufgabe bewusst sein und die nötige Empathie für die Betroffenen aufbringen, um ihnen das Gefühl zu geben, dass sie in qualifizierten Händen sind.

Für die Dienstleistenden ist es relevant, gesundheitspsychologische Aspekte, wie den Umgang mit und das Training der Selbstwirksamkeitserwartung zu kennen, um bei Menschen mit Beschwerden nicht nur auf der körperlichen Ebene anzusetzen, sondern auch das Vertrauen und die Zuversicht der Kundinnen und Kunden in sich selbst zu trainieren.


Fazit

Die Selbstwirksamkeitserwartung spielt im Kontext der Rehabilitation und der Therapie eine bedeutsame Rolle für den Trainings- bzw. Behandlungserfolg. Ein besseres Verständnis dieser psychologischen Komponente kann zu effektiveren Rehabilitations- und Therapiestrategien führen, die darauf abzielen, die Selbstwirksamkeit der Patientinnen und Patienten zu stärken und somit ihren Fortschritt und ihre Lebensqualität zu verbessern.

Trainer in Fitness-, Freizeit- und Gesundheitseinrichtungen sowie Physiotherapeuten und Coachende sollten sich ihrer Rolle zur Unterstützung von Zielen ihrer Mitglieder, Patienten oder Klientel bewusst sein, um diesen zu mehr Erfolg, Leistung und Zufriedenheit verhelfen zu können.

Sie können dabei einen wesentlichen Beitrag zur Optimierung der Trainingsdurchführung, aber auch für eine Verbesserung des Alltags ihrer Kundschaft leisten. Im Training mit entsprechenden Übungen bauen Patienten ihre körperlichen Fähigkeiten und Techniken aus. Selbstwirksamkeit geht darüber hinaus: Ihre mentale Stärke ermöglicht ihnen erst einen bestmöglichen Einsatz.


Auszug aus der Literaturliste

Bandura, A. (1997). Self-Efficacy: The Exercise of Control. New York: Freeman.

Dohnke, B., Müller-Fahrnow, W. & Knäuper, B. (2006). Der Einfluss von Ergebnis- und Selbstwirksamkeitserwartungen auf die Ergebnisse einer Rehabilitation nach Hüftgelenkersatz. Zeitschrift für Gesundheitspsychologie, 14 (1), 11–20.

Skidmore, J. R., Koenig, A. L., Dyson, S. J., Kupper, A.E., Garner, M. J. & Keller, C. J. (2015). Selbstwirksamkeit vermittelt Verbindung zwischen chronischen Schmerzen und Depression. Journal Club Schmerzmedizin, 4 (2), 68–69.

Lippke, S. & Renneberg, B. (2006). Theorien und Modelle des Gesundheitsverhaltens In Renneberg, B. & Hammelstein P.(Hrsg), Gesundheitspsychologie, 35–60. Heidelberg: Springer Medizin Verlag.

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.

Diesen Artikel können Sie folgendermaßen zitieren:

Gärttner, S. (2023). Das Konzept der Selbstwirksamkeit. medical fitness and healthcare, 2, 64–66.

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