Tools und Erfolgsstrategien für mehr Resilienz
Mit Beginn der Coronavirus-Pandemie wurden starke Veränderungen des sozialen Alltagsverhaltens ausgelöst. Negative Folgen für die Wirtschaft und ihre Akteur:innen kamen hinzu. Wie kann die Zeit als Antreiberin von nachhaltigen und modernen Veränderungen genutzt werden? Wie kann man es schaffen, die getrübten Gefühle in positive Energie des sinnhaften Wirkens zu verwandeln?
Seit etwa zwei Jahren hält die Corona-Krise die Welt in Atem. Negative Schlagzeilen, Existenzängste, Sorgen, Stress und Einsamkeit prägen den Alltag vieler Menschen. Als Folge sind u. a. vermehrt Unsicherheit und Angst in der Gesellschaft wahrnehmbar.
Diese Gefühle begründen sich nicht nur in den eventuell auftretenden gesundheitlichen Problemen, sondern auch in der möglichen Veränderung der finanziellen Situation oder auch in den psychologischen Folgen der sozialen Isolation.
Psycholog:innen rechnen daher damit, dass die Zahl der psychischen Erkrankungen, wie Depressionen oder Angststörungen, und auch die Suizidrate in der nächsten Zeit deutlich ansteigen wird (Roth & Ryba, 2021).
Dennoch gibt es auch Menschen, die der Krise anders begegnen. Obwohl sie ebenfalls stark davon betroffen sind, schaffen sie es dennoch, erfolgreich mit der Situation umzugehen. In der Psychologie wird diese Fähigkeit als „Resilienz“ bezeichnet.
Die Personen entwickeln sich also trotz gravierender Belastungen oder widriger Lebensumstände psychisch gesund. Resilienz ist eine Art psychische Widerstandsfähigkeit, man spricht auch vom „Immunsystem der Seele“. Dabei ist die Resilienz kein festes Persönlichkeitsmerkmal, sondern sie entwickelt sich vielmehr im Laufe des Lebens durch die Auseinandersetzung mit Stress und Krisen (Roth & Ryba, 2021).
Schutzfaktoren
Die Resilienzforschung befindet sich seit einigen Jahren im Wandel. Ausgehend von einem neuen Verständnis von Resilienz als dynamischer und veränderbarer Prozess wurde u. a. der Identifizierung von Resilienzmechanismen größere Beachtung geschenkt.
Auch wenn bislang keine allgemeingültige Definition vorliegt, existiert ein wissenschaftlicher Konsens über zwei grundlegende Elemente des Konzeptes:
- Resilienz erfordert das Vorliegen eines bedeutsamen Stressors und
- Resilienz besteht in der erfolgreichen Bewältigung dieses Stressors.
Bislang wurden zahlreiche potenzielle Resilienzfaktoren untersucht. Es wird angenommen, dass sowohl interne (z. B. Bewältigungsstile, kognitive Fähigkeiten, [Epi-]Genetik) als auch externe Ressourcen (z. B. sozioökonomischer Status, soziale Unterstützung) Resilienz begünstigen.
Gleichzeitig wird davon ausgegangen, dass viele der Faktoren miteinander verknüpft sind oder interagieren (Heller, 2013).
Welche konkreten Faktoren machen resiliente Menschen aus?
Optimismus, Akzeptanz und Lösungsorientierung stehen heute im Fokus der Forschung. Manche Autor:innen benennen Selbstwirksamkeit und das Vorhandensein stabiler und guter sozialer Netzwerke als grundlegende Elemente.
Tatsächlich lassen sich aus zahlreichen empirischen Studien und Veröffentlichungen (Bengel & Lyssenko, 2012, 44–46) folgende Schutzfaktoren ableiten:
Interne Schutzfaktoren sind Optimismus, Empathie, Emotionssteuerung, Selbstwirksamkeitsüberzeugung und Kontrollüberzeugung. Externe Schutzfaktoren sind der Aufbau sozialer Netze, Beziehungen am Arbeitsplatz und Unterstützung durch professionelle Angebote.
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Schutzfaktoren zur Entwicklung von Resilienz (Welter-Enderlin, 2010)
- Positive Lebensmodelle (Vorbilder)
- Entwicklung von guten Beziehungen zu Vertrauenspersonen
- Entwicklung von Eigenverantwortlichkeit
- Beziehungen, die auf Gegenseitigkeit beruhen
- Glaube an die eigene Kraft, der es ermöglicht, Schwierigkeiten anzugehen
- Überwindung der Tendenz, sich als Opfer zu fühlen
- Entwurf realistischer Ziele im Rahmen einer Langzeitperspektive
- Mit Mut auf belastende Situationen reagieren
- Perspektivenwechsel
Die Relevanz der sozialen Unterstützung
Das Konstrukt der sozialen Unterstützung wurde von allen Schutzfaktoren am häufigsten untersucht. Hierzu zählen neben guten und stabilen privaten Kontakten auch professionelle Angebote, wie z. B. eine Beratung oder ein Coaching.
Tatsächlich hat sich Resilienz als Konzept nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch bereits im Coaching etabliert.
Auch wenn die Wirksamkeitsforschung in diesem Bereich noch am Anfang steht, gibt es schon zahlreiche Forschungsentwicklungen, die in eine Richtung gehen und zeigen:
Es ist zielführender, sein Augenmerk auf das Gesunde im Menschen zu richten, statt auf das Kranke (Salutogenese). Auch im Erwachsenenalter kann der Mensch fast alles erlernen und sogar manche Gene beeinflussen (Neuroplastizität und Epigenetik).
Letzteres passiert in aller Regel aber unbewusst bzw. unwillentlich und oftmals willkürlich.
„Eine Krise ist ein produktiver Zustand, man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.“
_______________________________
Max Frisch, Schriftsteller (1911-1991)
Die Aussage von Max Frisch untermauert die Tatsache, dass es insbesondere in Krisenzeiten von Vorteil ist, den Blick auf die eigenen Ressourcen zu richten, mehr von dem zu tun, was bereits gelungen ist und die bestehenden Herausforderungen als Chance statt als Gefahr zu betrachten (Wenzel, Jaschke & Engelhardt, 2020, S. 1–2).
Genau hier kann ein Coaching ansetzen und ebendiese Bestrebungen unterstützen. So bietet Coaching im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe u. a. die Möglichkeit, individuelle Ressourcen zu erkennen und zu stärken.
Die Frage nach dem Sinn
Einen zentralen Platz nimmt dabei auch das Thema Sinnhaftigkeit ein. Ein Coaching kann zur Reflexion anregen, um das einer jeden Situation innewohnende Sinnhafte zu erkennen.
In einer Krisen- und Belastungssituation etwas Sinnvolles zu tun oder eben etwas sinnvoll zu unterlassen, versteht man „als die Fähigkeit, den einmaligen und einzigartigen Sinn, der in jeder Situation verborgen ist, aufzuspüren“ (Frankl, 2009).
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Hierbei geht es folglich zum einen um das Bewusstsein für die aktuelle Situation und das Anerkennen dessen, was gerade ist, und zum anderen um das Aufspüren der eigenen Möglichkeiten und die Initiierung von Veränderungen.
Genau diese Fähigkeit stellt eine Art Resilienzstruktur dar, durch die Menschen flexibel und konstruktiv mit Situationen umgehen können, die sich durch Diffusität und Unberechenbarkeit auszeichnen. Im Coaching helfen hier sinnzentrierte Fragen, wie z. B.:
- Wollen und können Sie die Handlungen oder Entscheidungen, die Sie im Begriff sind vorzunehmen bzw. zu treffen, auch verantworten?
- Wer wollen Sie sein?
- Auf welche Sache wären Sie stolz, wenn Sie diese verwirklichen würden?
- Was können Sie selbst dazu beitragen?
- Was müssten Sie an ihrer aktuellen Situation ändern, damit es besser wird?
Zur Erweiterung des eigenen Verhaltensrepertoires sowie zur Stärkung der Resilienz ist neben der professionellen Unterstützung durch eine:n externe:n Coach:in auch der Einsatz von Selbstcoaching-Tools sinnvoll. Diese können zur Selbstreflexion anregen oder eigenaktive Veränderungen anstoßen und beispielsweise im Rahmen eines Coachinggesprächs empfohlen werden.
Durch folgende Selbstcoaching-Übungen können wesentliche Faktoren zur Herausbildung von Resilienz, wie u. a. Optimismus und Emotionssteuerung, gestärkt werden:
„Der positive Blick in den Tag“
Nehmen Sie sich jeden Morgen ein paar Minuten Zeit für folgende Fragen:
- Worauf freue ich mich heute?
- Was kann ich dafür tun, dass das freudige Ereignis eintreten wird?
„Energie tanken am Abend“
Nehmen Sie sich am Abend bewusst ein paar Minuten Zeit. Lassen Sie Ihren Tag Revue passieren und finden Sie dabei Antworten auf folgende Fragen:
- In welcher Situation habe ich heute ein angenehmes Gefühl verspürt?
- Wie benenne ich dieses Gefühl?
- Welche Körperhaltung hatte ich dabei?
- Was verbinde ich mit diesem Gefühl (z. B. Geruch, Geschmack, Bild, Verhalten)?
Schreiben Sie sich jeden Abend drei Dinge auf, die an diesem Tag positiv waren.
Fazit
Resilienz ist nicht angeboren, sondern wird im Laufe des Lebens von uns erworben. Dieser Erwerb erfolgt im Interaktionsprozess zwischen dem Individuum und seiner Umwelt. Resilienz ist ein dynamischer Anpassungs- und Entwicklungsprozess.
Durch die Anwendung von (Selbst-)Coaching verliert eine Belastungssituation wie die Corona-Krise zwar nicht gänzlich ihren Schrecken. Sie kann aber durchaus als Chance betrachtet werden, um ebendiese psychische Widerstandsfähigkeit weiterzuentwickeln, resilienter zu werden und letztlich daran zu wachsen.
Denn ähnlich wie bei einem Muskel, der sich aufbaut und stärker wird, wenn er Widerstände zu überwinden hat, kann auch die Psyche eines Menschen widerstandsfähiger werden, wenn Krisen durchlebt und bewältigt werden müssen.
Impulse für den Aufbau von Resilienz:
- Akzeptanz gegenüber Unveränderbarem entwickeln
- Bedürfnisse kennen, artikulieren und erfüllen
- Verantwortung klären und kommunizieren
- Atmung bewusst zur Emotionsregulation nutzen
- Pausen planen, nehmen und einhalten
- Dankbarkeit „praktizieren“
- Stolz als authentische Emotion erleben und bewusst machen
- Sicherheit und Entspannung als Blankoressourcen spüren und z. B. in der Meditation kultivieren
Über die Autorin
Heike Hofmann, Diplom-Psychologin, ist als Dozentin für die Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) und als Referentin für die BSA-Akademie tätig. Darüber hinaus fungiert sie als Fachautorin und stellt mit ihrer langjährigen Erfahrung im Bereich Coaching ihre Expertise in der psychosozialen Beratung unter Beweis.
Über die Autorin
Prof. Dr. Julia Krampitz, Doctor of Public Health und M. A. Prävention und Gesundheitsmanagement, ist als Dozentin, Autorin und Tutorin für die Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) und als Referentin für die BSA-Akademie tätig. Sie fungiert außerdem als Fachautorin und gefragte Expertin in den Medien.
Auszug aus der Literaturliste
Heller, J. (2013). Resilienz. München: Gräfe und Unzer.
Roth, G. & Ryba, A. (2021): Coaching, Beratung und Gehirn: Neurobiologische Grundlagen wirksamer Veränderungskonzepte. Stuttgart: Klett-Cotta.
Wenzel, J., Jaschke, S. & Engelhardt, E. (2020). Digitale Beratung in der Krise – Corona fördert Telefon- und Videointerventionen. FORUM Sexualaufklärung und Familienplanung, 2, 6–9.
Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.
Diesen und weitere Artikel finden Sie in der fMi 02/2022 & für Abonnenten EXKLUSIV vorab.
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