"Meine Message: Sich trotz Berufsverbots eine Beschäftigung suchen"
Tue etwas und sprich darüber – nach dieser Devise bleibt PRIME TIME fitness während der Corona-Krise die ganze Zeit im Markt aktiv und kann die Mitglieder halten. Wie die Testzentren in den Münchner Fitnessstudios laufen und warum auch sie als Kontaktpunkte zu potenziellen Mitgliedern dienen, erläutert Henrik Gockel im Interview.
PRIME TIME fitness betreibt neben den Premium Clubs seit Dezember 2020 auch Corona-Testzentren.
fitness MANAGEMENT wollte von Henrik Gockel, Inhaber von PRIME TIME fitness und Dozent an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG), wissen, wie es dazu gekommen ist und was er sich davon verspricht.
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fM: Wie viele der PRIME TIME fitness Studios nutzen Sie für Corona-Tests? In welchen Städten?
Henrik Gockel: Momentan bieten wir die Corona-Tests in zwei Studios in München an, am Viktualienmarkt und in der Maximilianstrasse. Beide Studios sind für den Indoor-Trainingsbetrieb geschlossen. Testzentren müssen strengen Sicherheitsanforderungen von Seiten des Ordnungs- und Gesundheitsamts genügen, auf einer belebten Studiofläche funktioniert das nicht.
Der dritte Münchner Club liegt in einem Ärztehaus. Dort hatten wir massiven Stress mit den anderen Mietern und dem Vermieter, als wir ein Testzentrum einrichten wollten. Es hieß, die Patienten kämen aus Angst, sich bei unseren Klienten mit Corona anzustecken, nicht mehr zum Arzt. Das ist Unsinn. Hier lassen sich keine Menschen mit Symptomen testen, der Test dient als präventive Maßnahme oder um eine offizielle Bescheinigung zu erhalten. Wir bieten ja keine PCR-Tests an, sondern anfangs bezahlpflichtige Antigen-Tests, jetzt kostenlose Schnelltests. Die positive Quote in unseren Testzentren liegt bei etwa 0,1 Prozent und ist extrem niedrig. Wir haben es dann aus Rücksichtnahme gelassen.
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fM: Wie kam es überhaupt zu der Idee?
Henrik Gockel: Das lief über das Netzwerk, über einen Branchenfreund. Andreas Sasse, CEO des Body Club EMS Konzepts, kannte einen Arzt, der Testzentren eröffnen wollte und gute Standorte suchte. Viele andere haben gesagt, es lohnt sich nicht.
Wir wollten aber unseren Club besetzen und versuchen, in der Zwischenzeit präsent zu bleiben. Ich mache es nicht aus finanziellen Gründen, der Verdienst ist ziemlich uninteressant. Mir geht es um die neuen Kontakte und Leads. Wir sprechen Kunden an. Wer ein negatives Testergebnis hat, sollte ja trotzdem aktiv etwas für die Gesundheit tun. Unser Hauptgrund ist es, Leads zu generieren. Während die Getesteten 15 Minuten auf ihr Ergebnis warten müssen, können wir mit ihnen eine kleine Studioführung machen – und vielleicht springt eine Mitgliedschaft dabei heraus.
fM: Wie lange hat es von der ersten Idee bis zum Start gedauert? Mit welchen Hürden bzw. rechtlichen Vorgaben mussten Sie sich auseinandersetzen?
Henrik Gockel: Gestartet haben wir bereits im Dezember. Die Eröffnung dauerte ein bis zwei Wochen und war relativ einfach. Die Gewerbeanmeldung wurde um den Betrieb eines Testzentrums erweitert. Der Arzt hat uns in Sachen Hygieneregeln geschult, dann mussten wir Anschaffungen tätigen wie Spuckschutz, elektronische Touchless-Hygienespender, Markierungen usw. Zum Schutz brauchten die Tester Sicherheitsanzüge, Masken und Gesichtsvisiere. Die Erfüllung der Auflagen des Gesundheitsamts wird streng kontrolliert und immer wieder überprüft.
Anfangs mussten wir die Materialien und Tests selbst kaufen und haben pro Test 30 Euro abgerechnet. Seit es die Gratistests gibt, hat sich das System verändert. Inzwischen ist die Kooperation mit dem Arzt beendet, stattdessen arbeiten wir mit einer Apotheke zusammen und bekommen sämtliche Materialien gestellt. Der Apotheke werden alle Kosten durch die Kassenärztliche Vereinigung (KV) erstattet, plus einer Provision pro durchgeführten Test, von der wir einen Anteil erhalten.
fM: Wie haben Sie sich personell für die Tests aufgestellt? Wie weit unterstützen Ihre eigenen Mitarbeiter?
Henrik Gockel: Wir führen die Tests nur mit unseren eigenen Mitarbeitern durch. Alle haben eine Einweisung für den Abstrich bekommen. Unsere Mitarbeiter haben alle eine Vorqualifikation im 'medizinischen' Bereich, denn sie besitzen ja mindestens eine Trainerlizenz. Auch meine Tochter arbeitet als Testerin, sie ist eigentlich Pferdewirtin. Eine gewisse Vorerfahrung ist gewünscht, aber generell reicht die Einweisung aus. Man muss etwas geschickt sein, um den Abstrich korrekt zu nehmen. Man braucht auch keinen Arzt vor Ort im Testzentrum, es muss jedoch ein Arzt oder Apotheker in der Nähe in Rufbereitschaft sein. Bei einem positiven Testergebnis wird eine vorgeschriebene Meldekette eingehalten.
fM: Wer kommt zum Test und aus welchen Gründen? Sind es eher Mitglieder oder Personen aus der Bevölkerung?
Henrik Gockel: Testen ist ein saisonales Geschäft. Um die Weihnachtszeit und zwischen den Jahren war es richtig voll, es bildeten sich Schlangen, vor allem von Familien, die sich vor der Heimreise testen ließen, um Oma und Opa nicht anzustecken.
Im Januar wurde es ein ruhiger, da kamen mehr Mitglieder und Office-Mitarbeiter, nicht prophylaktisch, sondern immer aus einem Anlass: Man wollte Freunde treffen oder zu einer Besprechung. Bänker und Rechtsanwälte beispielsweise wollten trotz der Pandemie Meetings abhalten und brauchten dafür Sicherheit. Sie kamen oft in Gruppen, wurden alle schnell durchgetestet und dann ging es glleich weiter ins Büro. Die haben sich gesagt, 30 Euro kann man sich leisten – im Gegensatz zu einem PCR-Test für 120 bis 150 Euro.
Jetzt bieten wir kostenlose Tests an und rechnen wieder mit einem größeren Ansturm. Wer getestet ist, darf aktuell zum Shopping per 'Click & Meet', also Bummeln und Anprobieren zu einem gebuchten Timeslot statt nur zu 'Click & Collect', dem reinen Vorbestellen und Abholen. Wir sitzen in der Maximilianstraße und am Viktualienmarkt, also in den klassischen Münchner Shoppingmeilen und gehen davon aus, dass wir gut mit den Shops kooperieren werden und sie ihre Kunden zu uns zum Test schicken werden. Da wir ohne Terminvergabe arbeiten, kann jeder spontan kommen.
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fM: Wie viele Mitarbeiter sind im Testzentrum beschäftigt?
Henrik Gockel: Circa zehn Mitarbeiter sind geschult und im Wechsel vor Ort. Natürlich wurde niemand gezwungen, sie machen es freiwillig. Das Risiko, sich anzustecken geht gegen Null. Bei circa fünftausend Tests haben wir 0,1 Prozent positive Ergebnisse, das liegt natürlich auch ein bisschen an unserer Zielgruppe in dieser Lage.
Ein zusätzliches Bonbon ist, dass die Mitarbeiter durch die Arbeit im Testzentrum als medizinisches Personal gelten und bei der Impfung priorisiert werden.
fM: Wie funktioniert der Ablauf vor Ort?
Henrik Gockel: Per Drop In, die Kunden werden getestet, warten eine Viertelstunde, in der sie im Idealfall eine Studioführung bekommen und erhalten das Ergebnis.
fM: Mit welchen Maßnahmen haben Sie das Angebot bekannt gemacht?
Henrik Gockel: Das Zentrum wurde per Flyer beworben und über Social Media. Es ist eine zusätzliche Dienstleistung, soll aber natürlich das Fitnessstudio nicht ersetzen.
fM: Ist das Konzept erfolgreich, kann man schon eine Zwischenbilanz ziehen?
Henrik Gockel: Meine Philosophie ist: Ich tue momentan alles, um meine Mitarbeiter irgendwie im Fluss zu halten. Es gibt zwei Methoden, um die Krise zu bewältigen. Entweder schließe ich den Laden, schicke die Mitarbeiter nach Hause und irgendwann bekommen sie für Nichtstun achtzig Prozent vom Nettogehalt. Ich will genau das Gegenteil. Ein Berufsverbot finde ich unglaublich, deswegen suche ich händeringend nach wirtschaftlichen Möglichkeiten, wie ich meine Mitarbeiter bei der Arbeit beschäftigen kann, den Club offenhalten und dort Betrieb gewährleisten kann.
Durch das Testzentrum ist der Club zu den ganz normalen Öffnungszeiten besetzt. Wenn Mitglieder vorbeikommen und Fragen zur Mitgliedschaft oder Gutschriften im Lockdown haben, ist immer ein Ansprechpartner vor Ort. Das kommt sehr gut an.
Der interessanteste Faktor an den Testzentren ist aber der Lead-Faktor. Ich sehe den Testbetrieb als 'bezahlte Leads'. Etwa zwanzig bis dreißig Prozent der getesteten Personen interessieren sich für Fitness. Wenn wir pro Tag daraus eine Mitgliedschaft generieren würden, hätte sich das Testzentrum schon gelohnt. Pro Test erhalten wir etwa fünf Euro und wenn wir am Tag dreißig bis vierzig Tests durchführen, deckt es gerade mal die Kosten für den Mitarbeiter.
Ob es sich lohnt, muss man sehr individuell entscheiden. Wäre es nicht synergetisch gewesen, hätte ich es nicht gemacht. In Frankfurt war immer eine Art von Öffnung der Studios möglich, dort betreiben wir keine Testzentren. Auch in Hamburg lohnte es sich nicht, weil es in der Hafencity ein offizielles Testzentrum von der DRK gab und wir zeitweise Outdoor öffnen konnten.
fM: Werden Sie das Testen beibehalten, wenn die Studios wieder öffnen?
Wir haben die Erfahrung gesammelt und kennen die Logistik. Wenn jetzt wie in Saarbrücken auch in Bayern die Auflage käme, dass man nur mit einem negativen Test trainieren darf, wären wir perfekt vorbereitet. Es geht in der Krise immer darum, Flexibilität zu wahren. Wir könnten unseren Mitgliedern die Tests eine Viertelstunde vor dem Training anbieten – das hätte ich auch bei Bezahltests gratis angeboten und die Kosten getragen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass wir Testkapazitäten für unsere Mitarbeiter haben. Die meisten werden täglich selbst getestet, mindestens aber zweimal pro Woche. Das ist für uns inzwischen so selbstverständlich wie Zähneputzen. Wir hatten im letzten Sommer einen einzigen Corona-Fall. Seitdem sind wir durch unsere hohen Testkapazitäten Corona-frei. Unsere Mitglieder in Frankfurt und im Outdoor PT in München wissen das und fühlen sich daher sehr sicher.
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