Welche gesundheitlichen Langzeitfolgen hat der Corona-Lockdown?
Gesundheitsrisiko Corona-Lockdown, Fitnesstraining als vorbeugendes Mittel: Krankenkassen-Vorstand Jörg Loth appelliert an die Politik und warnt eindringlich vor den negativen Folgen des Lockdowns auf die Gesundheit. Er fordert eine rasche Rückkehr zum Sport- und Fitnesstraining für die Bevölkerung unter Einhaltung der Hygieneregeln.
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Die wichtigsten Fakten in Kürze:
- Präventionsexperte warnt: Menschen brauchen gerade während der Corona-Pandemie Gesundheits- und Krafttraining sowie Ausdauersport.
- Der Lockdown begünstige durch ausbleibende sportliche Betätigung einen weiteren Anstieg der Inzidenz vieler Zivilisationskrankheiten.
- Eine Priorisierung der Fitness- und Sportanlagen im Rahmen der Wiedereröffnung sei daher dringend geboten.
- Eine sukzessive Öffnungsstrategie von Fitnessanlagen unter Einhaltung der Hygiene- und Sicherheitsstandards sei spätestens ab einem Inzidenzwert von 50 vertretbar.
- Eine offene Debatte darüber müsse laut IKK Südwest Vorstand nun geführt werden.
- Professor Dr. Loth bekräftigt seine Forderung in einem Radio-Interview (Jetzt anhören: 'Radio-Interview mit dem IKK-Chef').
Los geht's! Die Hintergründe und Detailinformationen:
„Die Menschen brauchen gerade jetzt Ausdauersport, Gesundheits- und Krafttraining, um sich besser vor Erkrankungen und schweren Corona-Verläufen zu schützen“, sagt IKK Südwest Vorstand Prof. Dr. Jörg Loth.
Jetzt anhören: „Hypothek für die Zukunft“ – Interview City Radio Saarland
Es solle daher sobald als möglich eine Rückkehr zum Sport- und Fitnesstraining für die Bevölkerung geben, die unter Hygiene- und Sicherheitsaspekten auch in Studios und Sportanlagen vertretbar sei.
Wie geht es den Menschen im Lockdown?
Diese Einrichtungen sollen, so Loth, bei der Erarbeitung der Öffnungsstrategie des Bundes und der Länder zumindest priorisiert werden (Lesen Sie jetzt weiter: 'Studien-Update: Fitness in Corona-Zeiten').
Durch das Ausbleiben vieler Sport- und Bewegungsangebote befürchtet der Präventionsexperte und Professor an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) einen weiteren Anstieg zahlreicher Volkskrankheiten, die teils schwere Verläufe einer Corona-Infektion begünstigen, wie beispielsweise Diabetes.
Volkskrankheiten belasten Solidargemeinschaft
Alleine bei Diabetes mellitus gibt es bundesweit täglich mehr als 1.500 Neuerkrankungen. Auch die Krankheitskosten, die bei den klassischen Volkskrankheiten schon heute den Großteil ausmachen, werden dadurch steigen und künftig den Geldbeutel der Solidargemeinschaft noch stärker belasten.
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Etwa seien im Saarland fast 90 Prozent der Krankheitslast auf nicht übertragbare Erkrankungen zurückzuführen, zu denen unter anderem Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebserkrankungen aber auch Adipositas und Typ 2 Diabetes gehören.
Prävention durch aktiven Lebensstil
Ihre Gemeinsamkeit: sie alle lassen sich durch einen körperlich aktiven Lebensstil und das eigene Gesundheitsverhalten, wie etwa den Verzicht auf Zigaretten und übermäßigen Alkoholkonsum, vermeiden und können die Gefahr eines schweren Corona-Verlaufs verringern.
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Lockdown birgt gesundheitliche Gefahren
„Die hohe Wirksamkeit von Prävention durch regelmäßiges Training bei diesen Krankheiten ist hinlänglich erwiesen. Das bleibt durch geschlossene Fitnessrinrichtungen und fehlende körperliche Betätigung in den Turn- und Sportvereinen seit Wochen aus und kann schwerwiegende gesundheitliche Auswirkungen haben“, sagt Professor Loth.
Und fügt hinzu: „Diese müssen jetzt aufs politische Tableau und der Lockdown in diesen Bereichen kritisch seinem tatsächlichen Nutzen gegenübergestellt werden.“
Debatte über Langzeitfolgen anstoßen
„Eine offene Debatte über mögliche gesundheitliche Langzeitfolgen des Verbots von Sport und Gesundheitstraining in den Einrichtungen fehlt derzeit in Gänze. Hier haben wir eine Riesenverantwortung. Wir dürfen andere Pandemien, wie beispielsweise Diabetes, dabei nicht aus dem Auge verlieren“, so Loth weiter.
„Denn im Gegensatz zu Corona gibt es bei Diabetes-Erkrankten keine Genesung – wer daran erkrankt, behält die Symptome und Einschränkungen meist ein Leben lang. Und mehr als 1.500 Diabetes-Neuerkrankte jeden Tag sprechen dabei eine deutliche Sprache.“
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Prof. Dr. Jörg Loth, Vorstand IKK Südwest
Öffnung nicht zu Lasten des Infektionsschutzes
Fast jeder 10. Saarländer betätigt sich sportlich oder geht regelmäßig zum Training ins Fitnessstudio. Damit schützt er sich perspektivisch nicht nur besser vor Zivilisationskrankheiten, sondern auch vor einer Ansteckung und schweren Verläufen einer Corona-Erkrankung.
Fehlt der Zugang zu regelmäßigem Training, ist dieser bedeutsame Effekt nicht möglich.
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„Die aktuelle Studienlage macht Mut. Wir können davon ausgehen, dass in Fitness- und Gesundheitsanlagen unter strikter Einhaltung der Hygiene- und Sicherheitsstandards von keinem erhöhten Infektionsrisiko auszugehen ist“, so Loth.
Öffnungsstrategie von Fitnessanlagen
Der Präventionsexperte ergänzt: „Sollte der kritische Inzidenzwert von 50 wieder erreicht werden oder bereits abzusehen sein, halte ich eine sukzessive Öffnungsstrategie von Fitnessanlagen für vertretbar und vorrangig.“
Auch gesonderte Trainingszeiten für Risikogruppen könnten zu einer solchen Strategie gehören.
Auch jüngere Corona-Infizierte mit Vorerkrankung
Aktuelle Erkenntnisse untermauern dieses Anliegen: sie zeigen, dass insbesondere Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen von schweren bis hin zu tödlichen Krankheitsverläufen einer Corona-Infektion betroffen sind.
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Eine Analyse der IKK Südwest zeigt, dass rund 12 Prozent ihrer Versicherten im Saarland mit einer COVID-19-Erkrankung gleichzeitig an Diabetes (überwiegend vermeidbarer Typ-2-Diabetes) leiden.
Corona-Begleiterscheinung Adipositas
Unter ihnen sind fast zwei Drittel 55 Jahre und älter. Auch Adipositas fiel bisher als Corona-Begleiterkrankung bei Corona ins Gewicht: Rund 15 Prozent der Corona-Infizierten waren gleichzeitig krankhaft übergewichtig – darunter ist etwa ein Viertel zwischen 20 und 40 Jahren.
„Volkskrankheiten sind im Zusammenhang mit Corona nicht allein eine Alterserscheinung, sie spitzen sich in ihren Auswirkungen aber im Alter immer mehr zu“, so Loth zur Analyse.
„Ich sehe durch unsere Auswertung den Trend bestätigt, dass auch im Saarland immer mehr Jüngere an vermeidbaren Zivilisationskrankheiten leiden und damit zur Risikogruppe gehören.“
Übergewicht und schwere Corona-Verläufe
Dr. Bettina Friesenhahn-Ochs, Oberärztin an der Klinik Innere Medizin II – Gastroenterologie und Endokrinologie am Universitätsklinikum des Saarlandes, hat speziell Übergewicht als wesentlichen Treiber in Zusammenhang mit Corona-Erkrankungen identifiziert: „Wir haben gesehen, dass gerade die Übergewichtigen meist den schwereren Verlauf nahmen.“
„Wir haben leider ein immer stärker werdendes Problem der Adipositas und der Übergewichtigkeit. 25 Prozent der Menschen tragen zu viel Gewicht mit sich – das ist eine harte Zahl. Das sehen wir leider in allen Altersgruppen.“
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Dr. Bettina Friesenhahn-Ochs, Oberärztin Universitätsklinikum des Saarlandes
Abschließend fügt die Medizinerin hinzu: „Die Jugend und junge Menschen die im Berufsleben stehen, zu motivieren, sich zu bewegen und abzunehmen – das ist natürlich eine ganz große Herausforderung. Und da müssen wir hinarbeiten. Da können wir noch ganz, ganz viel retten.“
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