Fitness, Gesundheit | Autor/in: Daniel Heck |

Zielgruppenspezifische Empfehlungen für das Muskelaufbautraining

Im Muskelaufbautraining besitzt das wöchentliche Trainingsvolumen einen nachweislichen Einfluss auf das Ausmaß der Anpassungseffekte. Welche Empfehlungen zur optimalen Satzanzahl pro Muskelgruppe für verschiedene Alters- und Leistungsstufen aus der aktuellen Studienlage abgeleitet werden können, hat Daniel Heck in seiner Master-Thesis an der DHfPG untersucht.

Master-Thesis der DHfPG befasst sich mit der optimalen Satzzahl beim Hypertrophietraining

Die Ausprägung der Belastungsparameter bestimmt die durch Krafttraining verursachten Adaptationen des Organismus (Freiwald, 2007, S. 283).

Dem Trainer obliegt es im Rahmen der Trainingsplanung, die individuell optimale Konfiguration der einzelnen Parameter zu wählen, um die gewünschten Trainingseffekte (z. B. Muskelaufbau) der Trainierenden zu optimieren.


FOLGEN Sie uns bei LinkedInFacebookInstagram & Twitter
und verpassen Sie keine Fitness-NEWS mehr!


Im Muskelaufbautraining kommt dem Trainingsvolumen eine Schlüsselrolle zu (Schoenfeld, Ogborn & Krieger, 2017). Üblicherweise wird das Trainingsvolumen im Krafttraining als Gesamtheit des im Training bewegten Gewichts definiert: Sätze x Wiederholungen x Last (Bompa & Haff, 2019, S. 71).

Krafttraining im Fitness- und Gesundheitssport

Während diese Form der Volumenkalkulation in den traditionellen Kraftsportarten Olympisches Gewichtheben und Kraftdreikampf aufgrund der fast ausschließlichen Nutzung der Langhantel noch relativ praktikabel erscheint, besteht für das Krafttraining im Fitness- und Gesundheitssport eine Reihe von Problemen.

Durch hersteller- und bauartspezifische Unterschiede vermeintlich gleicher Trainingsgeräte, beispielsweise Flaschenzugsysteme und Exzenter, sowie den enormen Aufwand der Kalkulation des Trainingsvolumens in Kilogramm scheint die Volumenangabe 'Sätze x Muskelgruppe x Woche' für das fitnessorientierte Krafttraining deutlich praxistauglicher und effizienter zu sein.

Quantifizierung des Trainingsvolumens

Auch Freiwald (2007, S. 291) nennt die Gesamtanzahl der Sätze als Möglichkeit zur Quantifizierung des Trainingsvolumens.


Lesen Sie auch: 'Fitness: The Magic Pill'


Baz-Valle, Fontes-Villalba und Santos-Concejero (2021) kommen in ihrem systematischen Review ebenfalls zu dem Schluss, dass die Anzahl der Sätze eine adäquate Methode zur Volumenquantifizierung darstellt, solange die Wiederholungszahl zwischen sechs und 20 plus liegt, während die anderen Belastungsparameter konstant gehalten werden.

Wie viele Sätze pro Muskelgruppe und Woche?

Sie weisen darauf hin, dass in diesem Zusammenhang die Frage beantwortet werden muss, wie viele Sätze pro Muskelgruppe pro Woche für ein Hypertrophietraining optimal sind. Diese praxisrelevante Fragestellung bildet die Grundlage zur Durchführung einer systematischen Literaturrecherche im Rahmen der hier vorgestellten Master-Thesis an der DHfPG. (Lesen Sie mehr: 'So oft trainieren')

Methodik

Zur Beantwortung der vorgestellten Forschungsfrage wurde eine systematische Recherche nach relevanten Primärstudien in den Datenbanken PubMed (Meta-Datenbank des Bereichs Biomedizin der nationalen medizinischen Bibliothek der Vereinigten Staaten), SURF (Datenbank des Bundesinstituts für Sportwissenschaften) und SPONET (Datenbank des Instituts für angewandte Trainingswissenschaften der Uni Leipzig) durchgeführt.

16 Studien zur Beantwortung der Forschungsfrage

Die Suche ergab zunächst die Anzahl von 1.791 potenziell relevanten Treffern, welche durch inhaltlichen Abgleich mit den zuvor definierten Ein- und Ausschlusskriterien sowie anhand einer Überprüfung des Volltextzugriffs auf zunächst 19 Studien reduziert werden konnte.

Nachdem die methodische Qualität der Primärstudien anhand einer modifizierten PEDro-Skala geprüft wurde, konnten letztendlich 16 Studien zur Beantwortung der Forschungsfrage dieser systematischen Übersichtsarbeit herangezogen werden.

Ergebnisse

Bei der Auswertung wurde berücksichtigt, dass sowohl das Alter als auch die Trainingserfahrung die zu erwartenden Effekte beeinflusst und sie damit zu unterschiedlichen Volumenempfehlungen führen könnten.

Aus diesem Grund wurden die Ergebnisse der betrachteten Studien nach dem biologischen Alter (< 50 und > 50 Jahre) und dem Trainingsalter der Probanden (<1 Jahr = untrainiert und >1 Jahr = trainiert) differenziert (vgl. Tab. 1).


Auch interessant: 'Den Muskelaufbau optimieren'


Da zum Untersuchungszeitpunkt keine Daten für trainierte Testpersonen über 50 Jahren vorlagen, konnte hierfür keine Empfehlung ausgesprochen werden.

Wie viele Sätze für untrainierte Sportler U50?

Vier der betrachteten Studien ermöglichten die Schlussfolgerung, dass für untrainierte Sportler unter 50 Jahren bereits zwei bis sechs wöchentliche Sätze pro Muskelgruppe ausreichen können, um signifikante Muskelaufbaueffekte auszulösen.

Eine Steigerung auf bis zu 18 wöchentliche Sätze pro Muskelgruppe kann das Muskelwachstum optimieren. Insgesamt sieben Studien untersuchten trainierte Sporttreibende unter 50 Jahren

Wie viele Sätze für leistungsorientiert Trainierende?

Diese können erste nennenswerte Effekte ab sechs bis neun wöchentlichen Sätzen pro Muskelgruppe erwarten, wobei bei leistungsorientiert Trainierenden temporär auch mehr als 30 wöchentliche Sätze pro Muskelgruppe nötig sein können, um die Ergebnisse zu optimieren.


Lesen Sie auch: 'Kraft- und Ausdauertraining richtig kombinieren'


Eine Steigerung der Satzanzahl sollte innerhalb des Trainingszyklus in kleinen Schritten (je 10 – 20 %) erfolgen und sich hinsichtlich der Obergrenze nach der individuellen Belastungstoleranz richten.

Hypertrophieffekte bei untrainierten Sportlern Ü50

Fünf weitere Studien betrachteten untrainierte Sportler über 50 Jahre, welche bereits mit vier wöchentlichen Sätzen pro Muskelgruppe erste Muskelzuwächse erreichen können. Bei zwölf bis 18 wöchentlichen Sätzen pro Muskelgruppe sind die geschätzten Hypertrophieffekte noch größer.


Fazit

Die Betrachtung der Studienlage hat gezeigt, dass die Empfehlungen für eine minimal erforderliche sowie eine optimale Anzahl an wöchentlichen Trainingssätzen pro Muskelgruppe sowohl vom biologischen als auch vom Trainingsalter abhängig gemacht werden sollten.

Individuelle Trainingsplanung

Die dargestellten Ergebnisse können dabei als erste Handlungsempfehlungen für die Umsetzung in der Trainingspraxis angesehen werden. Aufgrund der limitierten Studienanzahl sowie der hohen interindividuellen Variabilität der Reaktion auf Hypertrophietrainingsreize können solche Empfehlungen jedoch nie Allgemeingültigkeit erlangen.

Daher muss das Trainingsvolumen wie alle anderen Belastungsparameter auch immer individuell angepasst werden, um optimale Trainingsfortschritte zu erzielen.


Diesen und weitere Artikel finden Sie in der fMi 01/2023 & für Abonnenten EXKLUSIV vorab.

Zum Abonnement
fMi 01/2023