Fitness, Gesundheit, Management | Autor/in: Prof. Dr. Arne Morsch |

Abrechnungsfähige Angebote

Das deutsche Gesundheitswesen bietet verschiedene Möglichkeiten, Bewegungsangebote in Kooperation mit den Sozialversicherungsträgern zu erbringen. Welche Abrechnungsfähigkeiten gibt es und welche Anforderungen müssen Absolventen eines Bewegungsfachberufs erfüllen, um hier tätig sein zu können?

Bewegungsbezogene Leistungen im Gesundheitswesen

Trotz der hohen Evidenz für die präventive und therapeutische Wirkungsbreite von regelmäßiger körperlicher Aktivität und Training (PAGAC, 2018; WHO, 2020) sind die Möglichkeiten einer Verordnung ausbaufähig, und ihr Potenzial zur Vorbeugung und Behandlung zentraler Erkrankungsgruppen wird zu wenig ausgeschöpft (Huber, 2022). 


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Dennoch gibt es verschiedene Möglichkeiten der bewegungsbezogenen Versorgung. Sollen Bewegungsinterventionen von der gesetzlichen Krankenkasse (GKV) oder weiteren Sozialversicherungsträgern finanziert werden, müssen zur Abrechnungsfähigkeit besondere Anforderungen an die Qualität der Leistungen und die Qualifikation des Personals erfüllt werden.

Für Bewegungsfachkräfte ist es daher wichtig, diese Tätigkeitsfelder und die hierfür erforderlichen Qualifikationen zu kennen (Scheer, Peters & Baldus, 2022). 

Auch unterschiedlich positionierte Einrichtungsbetreiber (z. B. ambulante oder stationäre Rehabilitationseinrichtungen, Fitness- und Gesundheitsanlagen, Vereine) sollten das Spektrum der bewegungsbezogenen Versorgung kennen, um zu entscheiden, inwiefern sie abrechnungsfähige Leistungen erbringen können und welches Personal sie hierfür benötigen.

Um Fachkräfte für die bewegungsbezogene Versorgung zu qualifizieren, hat die Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) in Kooperation mit dem Deutschen Verband für Gesundheitssport und Sporttherapie e. V. (DVGS) verschiedene Studien- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Bereich der Sport- und Bewegungstherapie entwickelt.


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Absolventen der DHfPG können die vom DVGS vergebene und von den Kostenträgern anerkannte Zusatzqualifikation „Sport- und Bewegungstherapie DVGS“ erwerben. Sie erfüllen damit die Voraussetzungen, um abrechnungsfähige Leistungen in Prävention, Therapie und Nachsorge zu erbringen. 

Nachfolgend wird ein Überblick gegeben, welche Abrechnungsmöglichkeiten es gibt und welche personellen Anforderungen erfüllt werden müssen, um in den einzelnen Feldern tätig werden zu können. 

Ambulante und stationäre Rehabilitation 

Ambulante und stationäre medizinische Heilverfahren in Rehabilitationseinrichtungen sollen eine umfassende Genesung nach einem Krankenhausaufenthalt oder bei chronischen Erkrankungen ermöglichen (BAR, 2021). Die Behandlungselemente sind vielfältig und umfassen unter anderem sport- und bewegungstherapeutische Interventionen, die indikationsübergreifend ca. 60 bis 80 Prozent der Therapien ausmachen.

Gemäß den Rahmenempfehlungen der Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation gehören Sport- und Bewegungstherapeuten zwingend zum Therapeutenteam. Um als Sporttherapeutin bzw. Sporttherapeut anerkannt zu werden und die personellen Anforderungen der Kostenträger für die ambulante und stationäre Rehabilitation zu erfüllen, ist ein staatlich anerkannter sport- bzw. bewegungswissenschaftlicher Studienabschluss (Diplom, Bachelor oder Master) mit indikationsspezifischer bewegungstherapeutischer Ausrichtung erforderlich (BAR, 2021). 


Über den Autor

Prof. Dr. Arne Morsch, der Sportwissenschaftler ist Fachbereichsleiter Gesundheitswissenschaften und Dozent an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG). Darüber hinaus leitet er den Fachbereich Gesundheitsförderung der BSA-Akademie

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Der Bachelor-Studiengang Sport- und Bewegungstherapie der DHfPG qualifiziert für eine entsprechende Tätigkeit in Rehabilitationseinrichtungen. Ebenso besteht für Absolventinnen und Absolventen anderer bewegungsbezogener Studiengänge und Ausbildungen die Möglichkeit, sich an der DHfPG über indikationsspezifische Studienschwerpunkte (Orthopädie, Innere Erkrankungen, Neurologie, Onkologie) für den Bereich der Sport- und Bewegungstherapie weiterzubilden. 

Nachsorgeangebote 

Sofern das Rehabilitationsziel im Rahmen eines Heilverfahrens nicht vollständig erreicht wurde oder der Rehabilitationserfolg stabilisiert werden soll, gibt es folgende Nachsorgeleistungen: 

Rehabilitationssport nach Paragraf 64 SGB IX

Rehabilitationssport kann im Anschluss an ein Heilverfahren verordnet werden, um Ausdauer, Kraft, Koordination und Flexibilität zu verbessern und so die Teilhabe in der Gesellschaft und am Arbeitsleben zu fördern (BAR, 2022).

Rehabilitationssportgruppen müssen von ausgebildeten Übungsleitern geleitet werden. Diese müssen nicht über eine grundständige Qualifikation in einem Bewegungsfachberuf verfügen.

Anerkannt werden Ausbildungen der Rehabilitationsträger, wie zum Beispiel die Lehrgänge von den Landesbehindertensportverbänden oder die Qualifikationsnachweise des DVGS. Kompetenzen, die im Rahmen von Aus- und Weiterbildungen erworben wurden, können anerkannt werden und die Ausbildung verkürzen oder ersetzen. 

Patientenschulungen nach Paragraf 43 SGB V

Patientenschulungen als ergänzende Leistung zur Rehabilitation richten sich an chronisch Kranke und sollen helfen, die Folgen einer Erkrankung zu lindern und Folgeerkrankungen zu vermeiden (GKV-Spitzenverband et al., 2022).

Ein Beispielprogramm aus dem Handlungsfeld Bewegung ist die „Rehabilitative Rückenschule“. Die Durchführung obliegt qualifizierten Bewegungsfachkräften (Berufs- oder Studienabschluss) mit therapeutischer Zusatzqualifikation im Bereich Rückenschule. 

Intensivierte Rehabilitationsnachsorge (IRENA®)

IRENA® ist ein Nachsorgeprogramm der Deutschen Rentenversicherung (DRV) im Anschluss an ein Heilverfahren, um die Rehabilitationserfolge zu stabilisieren (DRV, 2021). Sie ist bei allen Krankheitsbildern geeignet und interdisziplinär konzipiert.

Die Sport- und Bewegungstherapie spielt dabei eine zentrale Rolle. Häufig wird sie mit psychoedukativen Maßnahmen kombiniert, um funktionale Einschränkungen zu beseitigen und Lebensstiländerungen zu stabilisieren. Die erforderliche Qualifikation der Sporttherapeuten entspricht den Anforderungen der DRV für die ambulante und stationäre Rehabilitation. 

Trainingstherapeutische Rehabilitationsnachsorge (T-RENA)®

Auch T-RENA® ist eine Nachsorgeleistung der DRV im Anschluss an eine Rehabilitationsmaßnahme (DRV Bund, 2021). Sie ist ausschließlich auf die Trainingstherapie ausgerichtet. Mittels eines Kraft-, Koordinations- und Ausdauertrainings soll die Belastbarkeit des Muskel-Skelett- und Herz-Kreislauf-Systems verbessert werden.

Für die Durchführung kommen neben den Rehaeinrichtungen auch rehakomplementäre Einrichtungen infrage, die die Anforderungen der DRV erfüllen. T-RENA®-Anbieter müssen mindestens zwei qualifizierte Therapeuten (Abschluss Physiotherapie mit Zusatzqualifikation KG-Gerät und/oder sportwissenschaftliches Studium mit Zusatzqualifikation MTT) bereitstellen. 

Für die Durchführung der aufgeführten Nachsorgeleistungen werden die indikationsspezifischen Weiterbildungszertifikate sowie Fortbildungslizenzen des DVGS als Qualifikationsnachweis anerkannt. Da diese in die Aus- und Weiterbildungen der DHfPG integriert sind, erfüllen die Absolventinnen und Absolventen die personellen Anforderungen für die Abrechnungsfähigkeit.

Besondere Versorgung nach Paragraf 140 a SGB V

Die Besondere Versorgung bietet eine Rechtsgrundlage für selektivvertragliche Versorgungsformen, die zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern abgeschlossen werden (AOK Fachportal für Leistungserbringer, 2023).

Selektivverträge für Bewegungsprogramme gibt es für verschiedene Indikationsbereiche, wie z. B. die FPZ-Therapieprogramme bei chronischem Rückenschmerz, Hüft- und Kniegelenksarthrose, Osteoporose oder im Bereich der Onkologie (FPZ GmbH, 2024). Diese werden außerhalb des Heilmittelbudgets der GKV verordnet und es werden extrabudgetäre Honorare vereinbart.

Ein Nachteil dieser Programme ist, dass die Durchführung an Verträge mit einzelnen Krankenkassen gekoppelt ist und sie nicht flächendeckend angeboten werden. Die erforderliche Anbieterqualifikation ist in den jeweiligen Selektivverträgen geregelt. So kommen für die Durchführung der oben genannten FPZ-Therapieprogramme staatlich anerkannte Therapeuten oder Absolventen mit einem bewegungsbezogenen Studienabschluss und indikationsspezifischer Zusatzqualifikation „Sport-/Bewegungstherapie DVGS“ infrage.

Prävention

Die Kostenträger (GKV und DRV) sind gesetzlich verpflichtet, Präventionsleistungen zur Vermeidung chronischer Krankheiten und Behinderungen zu gewähren. 

Bewegungsprogramme nach Paragraf 20 SGB V

Die Leistungen der GKV zur individuellen verhaltensbezogenen Prävention sind im Leitfaden Prävention geregelt (GKV-Spitzenverband, 2023). Das Ziel besteht darin, Gesundheitsressourcen zu stärken und verhaltensbezogene Risikofaktoren zu reduzieren, um die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Erkrankungen zu mindern.

Die meisten Präventionskurse finden im Handlungsfeld Bewegung statt. Um diese leiten zu können, ist entweder ein staatlich anerkannter Studien- oder Berufsabschluss im Bereich Bewegung oder eine nichtformale berufliche Qualifizierung erforderlich. Hierbei müssen die im Leitfaden Prävention definierten Mindestkompetenzen enthalten sein. Absolventinnen und Absolventen der bewegungsbezogenen Studiengänge der DHfPG erfüllen die entsprechenden personellen Anforderungen.

RV Fit der DRV

Das Präventionsprogramm RV Fit der DRV richtet sich an Berufstätige, die erste gesundheitliche Beeinträchtigungen aufweisen. Ziel ist es, deren Arbeitsfähigkeit langfristig zu erhalten (DRV Bund, 2023). Das Programm beinhaltet die Themenbereiche Bewegung, Ernährung und Umgang mit Stress und erstreckt sich über insgesamt sechs Monate.

RV Fit wird in Partnereinrichtungen der DRV wie Rehabilitations- oder komplementären Gesundheitseinrichtungen durchgeführt. Für das Handlungsfeld Bewegung sind somit entsprechend qualifizierte Sport- und Bewegungstherapeuten erforderlich.

Qualitätssicherung der Sport-/Bewegungstherapie

Um eine angemessene Versorgungsqualität sicherzustellen, sind spezifische Kompetenzen für die Planung und Umsetzung evidenzbasierter Bewegungsinterventionen erforderlich. 

Als Fachverband setzt sich der DVGS für einen Professionalisierungsprozess und die Qualitätssicherung in der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Bewegungsfachkräften im Gesundheitssystem ein. Hierzu verhandelt der DVGS die Anbieterqualifikationen für die bewegungsbezogene Versorgung bei allen Leistungsträgern der Prävention, Rehabilitation, Nachsorge und Pflege. 

Ebenso kooperiert der DVGS mit sport- und bewegungswissenschaftlichen Hochschulinstituten, Fachhochschulen und Fachschulen. Entsprechen Studiengänge bzw. Aus- und Weiterbildungen dem Curriculum Sport- und Bewegungstherapie des DVGS, kann deren Qualität über entsprechende Zertifikate und Lizenzen belegt werden, die als Anbieterqualifikation in den dargestellten Versorgungsbereichen anerkannt sind.

Hierzu führt der DVGS eine Datenbank, die Leistungsträgern und Leistungserbringern einen Überblick liefert, um die Anbieterqualifikation von beschäftigtem Personal oder Stellenbewerbern einordnen zu können.

Auch für Interessenten und Absolventen eines bewegungsbezogenen Studiums kann die Möglichkeit einer zusätzlichen Zertifizierung über den DVGS ein wichtiges Merkmal für die Qualität der Ausbildung und die damit verbundene Beschäftigungsfähigkeit darstellen.

Die Studienangebote der DHfPG in Kombination mit der Zusatzqualifikation „Sport- und Bewegungstherapie DVGS“ sichern die Arbeitsmarktfähigkeit der Absolventen in der bewegungsbezogenen Versorgung. Die entsprechenden Abschlüsse qualifizieren, abrechnungsfähige Leistungen in der gesamten Versorgungskette zu erbringen. 


Auszug aus der Literaturliste

Huber, G. (2022). Bewegungstherapie 2.0. Bewegungstherapie & Gesundheitssport, 38 (06), 247–253. 

Physical Activity Guidelines Advisory Committee. (2018). 2018 Physical Activity Guidelines Advisory Committee Scientific Report. Washington D.C.: U.S. Department of Health and Human Services.

Scheer, J., Peters, S. & Baldus, A. (2022). Bewegungsbezogene Versorgungsbereiche im Gesundheitswesen. Bewegungstherapie & Gesundheitssport, 38 (06), 263–264.

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte literatur@fitnessmanagement.de.

Diesen Artikel können Sie folgendermaßen zitieren:

Morsch, A. (2024). Abrechnungsfähige Angebote. medical fitness and healthcare, 2, 60–64.

 

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