Rechtssicherheit für selbstständige Tätigkeit

Was Betreiber jetzt wissen müssen: Ab 2027 greift eine neue Regelung zur Versicherungspflicht – doch wer schon heute zustimmt, gewinnt Zeit und Sicherheit.
Lesezeit: 3 Minuten
Ein Fitnesstrainer betreut einen Sportler bei einer Übung im Fitnessstudio. Rechts im Bild sind die Porträtfotos von Gülizar Cihan und Dr. Hans Geisler mit Namen eingeblendet, darüber das Logo des DSSV – Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen.
Versicherungspflicht Honorarkräfte: DSSV klärt über Rechtssicherheit und gesetzliche Änderungen für selbstständige Tätigkeit in Fitnessstudios auf
Am 30. Januar 2025 hat der Deutsche Bundestag eine wichtige Übergangsregelung zum Statusfeststellungsverfahren für Honorarlehrkräfte beschlossen, der der Bundesrat am 14. Februar 2025 zustimmte. Das sogenannte Herrenberg-Urteil des Bundessozialgerichts vom 28. Juni 2022 war indirekt der Anlass für die Gesetzesvorlage, mit der die Frage, ob Lehrkräfte sozialversicherungspflichtig sind, vorübergehend geregelt werden soll. Auf Basis dieses Urteils und einer Klärung durch die relevanten Sozialversicherungsträger gibt es derzeit dennoch Unsicherheiten über die Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und Selbstständigkeit im Dienstleistungssektor. Im Interview erläutern die Juristen Dr. Hans Geisler und Gülizar Cihan die Bedeutung der Regelung für die Fitnessbranche.

fM: Seit Februar 2025 ist eine neue Übergangsregelung beschlossen. Was ist der Inhalt dieser Regelung?

Dr. Hans Geisler: Die neue Übergangsregelung besagt, dass, wenn ein Versicherungsträger eine Versicherungspflicht feststellt, diese erst ab dem 1. Januar 2027 gilt – vorausgesetzt, dass beim Abschluss des Vertrags beide Seiten von einer selbstständigen Tätigkeit ausgegangen sind und die betroffene Lehrkraft der Anwendung der Übergangsregelung zustimmt.

Das würde für unsere Branche bedeuten, dass Studios und Trainer eine solche Vereinbarung schließen.

Was soll durch diese Übergangsregelung erreicht werden?

Gülizar Cihan: Ziel dieser Übergangsregelung ist es, den betroffenen Einrichtungen und Lehrkräften ausreichend Zeit zu geben, die ggf. notwendigen Anpassungen vorzunehmen, sodass die Lehrtätigkeit auch unter den veränderten Rahmenbedingungen als selbstständig fortgeführt werden kann. So wird verhindert, dass Nachforderungen von Sozialversicherungsbeiträgen entstehen.

Über die Interviewpartner

Porträtbild Gülizar Cihan

Gülizar Cihan

Als selbstständige Rechtsanwältin war Gülizar Cihan jahrelang in verschiedenen Fachrichtungen tätig. Gleichzeitig war sie einige Zeit in einem mittelständischen Unternehmen rechtsberatend aktiv. Seit August 2021 gehört sie zur Rechtsabteilung des DSSV und berät die Mitglieder vor allem in verwaltungsrechtlichen und arbeitsrechtlichen Fragen.

Foto: fitness MANAGEMENT

Porträtbild Dr. Hans Geisler

Dr. Hans Geisler

Vor dem Beginn seiner Tätigkeit als selbstständiger Anwalt war Dr. Hans Geisler Unternehmer und Inhaber mehrerer Fitnessstudios. Er ist Mitbegründer und Namensgeber der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Geisler, Dr. Franke & Kollegen. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Bau- und Architekten- recht, Handels- und Gesellschaftsrecht, gewerblichen Rechtschutz sowie Strafrecht.

Foto: Dr. Geisler, Dr. Franke - Rechtsanwälte Partnerschaft mbB

Dr. Hans Geisler: Durch die neue Übergangsregelung haben wir nun ein wertvolles Zeitfenster gewonnen, das wir zur internen Prüfung und zur Erarbeitung einer gemeinsamen dauerhaften sowie tragfähigen Lösung nutzen möchten. 

Ein solcher Lösungsvorschlag wird aus einem Vertragsentwurf bestehen, der die einzelnen Kriterien der Selbstständigkeit definiert. Wichtig ist, dem Bundesarbeitsministerium zu vermitteln, was praxisnah und damit wirklich umsetzbar ist.

Was bedeutet das konkret für die Betreiber und Honorarkräfte unserer Branche?

Dr. Hans Geisler: Wir empfehlen erste konkrete Schritte:

  1. Zustimmung einholen: Damit die Übergangsregelung greift und definitiv keine Versicherungspflicht für Zeiten vor dem 1. Januar 2027 entsteht, benötigen wir die Zustimmung aller betroffenen Honorarkräfte. Diese Zustimmung ist notwendig, um sicherzustellen, dass im Fall einer Prüfung durch einen Versicherungsträger keine sofortige Versicherungspflicht entsteht. Wir als DSSV haben als sofortige Maßnahme eine Vorlage dazu entwickelt, die unsere Mitglieder im internen Bereich herunterladen und nutzen können.
  2. Gutachterliche Einschätzung einholen: Es besteht die Möglichkeit, über den DSSV und die BDA anonyme Gutachten zu branchenspezifischen „Geschäftsmodellen und Verträgen“ einzuholen. Diese werden wir organisieren und unseren Mitgliedern zur Verfügung stellen. Ein positives Gutachten würde uns bereits eine sehr hohe Rechtssicherheit verschaffen.
  3. Zukunftssichere Lösungen entwickeln: Im Austausch zwischen den Betreibern und den Honorarkräften werden wir unter Berücksichtigung der Gutachten Vorschläge und Lösungsmöglichkeiten entwickeln.

Welche Unterstützung bietet der DSSV e. V. seinen Mitgliedern in dieser Übergangsphase?

Gülizar Cihan: Der DSSV wird mit Online-Seminaren, persönlicher Beratung bei Branchenevents und im Rahmen unserer telefonischen Sprechstunden alle offenen Fragen klären und Stimmen für eine über den 31. Dezember 2026 hinausgehende Lösung sammeln.

Wir sind zuversichtlich, dass wir mit dem Bundesarbeitsministerium für unsere Mitglieder nachhaltige Lösungen finden werden. Wir halten unsere DSSV-Mitglieder selbstverständlich transparent über alle weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden und hoffen, für alle Beteiligten finale Rechtssicherheit herzustellen.

Zu allen rechtlichen Fragen rund um den Studioalltag bietet die Rechtsabteilung des DSSV im Rahmen einer bestehenden Mitgliedschaft die Möglichkeit, eine kostenlose Erstberatung mit Einschätzung der Rechtslage zu erhalten.

Diesen Artikel kannst du folgendermaßen zitieren:

Dittmer, A. (2025). Rechtssicherheit für selbstständige Tätigkeit. fitness MANAGEMENT international, 2 (178), 58–59.

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