Coaching-Impulse für die Praxis
Durch unsere Arbeit unterstützen wir Menschen nachhaltig dabei, sich zu entwickeln, neues Verhalten zu erlernen und ihre Gesundheitsziele zu erreichen. Das ist unser persönliches 'Warum?', die Motivation hinter unserer Entscheidung, im Fitness- und Gesundheitsmarkt zu arbeiten. Aber wie kann uns – als Führungskraft oder als Trainer – Coaching bei der (Weiter-) Entwicklung von Menschen helfen und warum lohnt sich ein Perspektivenwechsel?
„Das Einzige, was nicht kopierbar ist, sind die Beziehungen eines Unternehmens
zu seinen Mitarbeitern und die Beziehungen der Mitarbeiter zu ihren Kunden.“
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Karl Pilsl, Motivationstrainer, Wirtschaftsjournalist & Autor
Wir arbeiten in einem 'People Business', das heißt die Beziehungen zu Mitarbeitern und Kunden stehen im Fokus unserer täglichen Arbeit. Erst durch eine enge, wohlwollende und ehrliche Beziehung zu den Menschen im Unternehmen schaffen wir die Basis für Entwicklungen und damit für den Unternehmenserfolg.
Auf der Mitarbeiterebene wollen wir eine gute Leistungsfähigkeit bei gleichzeitig hoher Zufriedenheit erreichen und unsere Mitglieder sollen zu einer nachhaltigen Zielerreichung befähigt werden. Verantwortlich für die Beziehungsebene ist einerseits die motivierende und fördernde Führungskraft und andererseits der Mitarbeiter, der ein hohes Maß an Selbstverantwortung mitbringt.
Neue Perspektiven für mehr Performance
In der Fitness- und Gesundheitsbranche sprechen wir von einem Berater (Verkaufsphase) oder einem Trainer (Betreuung auf der Fläche) und einer Führungskraft, aber selten von einem Coach. Ein Perspektivenwechsel kann uns helfen, unser Rollenverständnis zu erweitern.
Was ist ein Coach und wie unterscheidet sich seine Arbeitsweise bzw. sein Rollenverständnis?
Der Begriff 'Coach' bezeichnet ursprünglich einen Kutscher („Jemand, der mich schnell und sicher an ein Ziel bringt“) – dieses Verständnis wurde später zuerst auf den Sport und dann auf die Wirtschaft übertragen. In beiden Coaching-Feldern steht die Erweiterung der Leistungsfähigkeit (durch Verhaltensentwicklung) von Menschen im Vordergrund.
Grundsätzlich wird das Coaching-Ziel von dem Coachee bestimmt – sinnbildlich gesprochen gibt Ihnen eben nicht der Kutscher (heute Taxi- oder Uber-Fahrer) das Ziel Ihrer Reise vor, sondern Sie selbst bestimmen, wohin Sie möchten. Coaching bietet dadurch einen Perspektivenwechsel in Richtung 'Hilfe zur Selbsthilfe' und 'Unterstützung zur Selbstverantwortung'. Bei diesen beiden Grundzielen im Coaching wird der Coach dementsprechend nicht dauerhaft benötigt (Rauen, 2002).
Eigenverantwortung fördern und Menschen entwickeln
Im Rahmen vom Coaching muss es unser gemeinsames Ziel sein, dass wir die Eigenverantwortung unserer Mitarbeiter und Mitglieder aktiv fördern, nur so schaffen wir die Basis für eine dauerhafte Verhaltensentwicklung. Häufig hört man von Unternehmern, dass ein Teil der Mitarbeiter und Mitglieder keine Verantwortung übernimmt (übernehmen will).
Hier stellen sich folgende Fragen: Fördern wir diese Fähigkeit bzw. den Willen dazu durch unsere Arbeit bzw. haben wir sie dazu befähigt? Haben wir unseren Mitgliedern ausreichendes Selbstmanagement vermittelt, wenn sie ohne unsere dauerhafte Intervention als Trainer nicht mehr zum Training erscheinen oder ihre Ernährung wieder vernachlässigen? Sprechen wir das Thema Rückfallprophylaxe bei unseren Mitgliedern an?
Timothy Gallwey (2007) beschreibt den Perspektivenwechsel im Coaching über folgende drei Wirkungsebenen (vgl. Abb. 1):
Aufmerksamkeit/Wahrnehmung erweitern
Häufig tragen wir ausschließlich die 'Brille der Problemorientierung'. Hier gilt es, die Wahrnehmung (Potenzialentfaltung) des Coachee zu erweitern (weg vom Fokus auf die Schwächen und die Beseitigung von Mängeln, d. h. Risikofaktoren-Denken) – wir lenken die Aufmerksamkeit auf die Selbstreflexion und die Ressourcenorientierung.
Wahlmöglichkeiten
Erst wenn wir durch eine erweiterte Wahrnehmung neue Handlungsmöglichkeiten (= Wahlmöglichkeiten) erkennen, schaffen wir ein Bewusstsein dafür, dass wir keine Opfer unserer Umstände sind, sondern selbst aktiv werden können – so fördern wir die Eigenverantwortlichkeit ('Nur ich selbst kann die Dinge verändern' und 'Nur ich bin für die Ergebnisse verantwortlich').
Vertrauen
Menschen trauen sich selbst häufig zu wenig zu – erst wenn das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten groß ist, kann man auch gezielt aktiv etwas verändern. Durch den Blick darauf, mit welchen Fähigkeiten und Kompetenzen der Coachee bereits frühere schwierige Situationen gemeistert hat, entdeckt dieser sein eigenes Potenzial und kann damit das Vertrauen in sich selbst aufbauen.
Coaching: alles eine Frage der Haltung?
Hier wird deutlich, dass durch eine coaching-orientierte Arbeit der Fokus auf den Stärken/Ressourcen und der Steigerung von Kompetenzen liegt (vgl. Health-Model-Ansatz). Bildlich gesprochen geht es bei der Coaching-Haltung um den Unterschied zwischen einem leeren Wasserglas und einem Saatkorn: Das Wasserglas muss erst mit Inhalten gefüllt werden, wohingegen das Saatkorn bereits alle Informationen in sich trägt – es braucht nur die richtigen (fördernden) Rahmenbedingungen, um sich zu entwickeln (Ressourcenaktivierung durch den Coach als 'Entwicklungshelfer').
Eine praxisnahe Umsetzungsmöglichkeit für coaching-orientierte Führungsarbeit bietet die Aussage 'Don’t bring me a problem, bring me a solution!' – hiermit leitet man seine Mitarbeiter an, lösungsorientiert zu denken und nicht selbst als Lösungsgeber zu fungieren.
Praxistipp: Leiten Sie Ihre Mitarbeiter mehr zur eigenen Lösungsfindung an, als dass Sie die Probleme für die Mitarbeiter lösen – auch auf die Gefahr hin, dass Sie sich als Führungskraft für Problemlösungen dauerhaft 'überflüssig' machen. Reflektieren Sie Ihre eigenen Glaubenssätze in Bezug auf Ihre Mitarbeiter:
Probieren Sie aus, wie sich Dinge ändern, wenn Sie vermehrt coaching-orientiert führen. Metaanalysen zur Wirksamkeit von Coaching (im beruflichen Kontext) zeigen, dass Coaching ein effektives Werkzeug ist, um die Arbeitsweise der Teammitglieder und der Organisation selbst nachhaltig zu verbessern (Theeboom et al., 2013). Die größten Effektstärken konnten hier in Bezug auf berufliche Zielerreichung, Leistungskraft und Arbeitseinstellung nachgewiesen werden.
Grundsätzlich bedeutet der Perspektivenwechsel hin zu einer coaching-orientierten Haltung unter anderem mehr Fragen zu stellen (weniger/keine Standardlösungen vorgeben), den Coachee eigene Ideen ausprobieren zu lassen und ihn zu überzeugen, statt ihn zu überreden. Eine partnerschaftliche Grundhaltung ist zentral im Coaching, das heißt auf Augenhöhe von 'Mensch zu Mensch' zu kommunizieren (kein Rollen-/Positionsdenken) und seine eigenen Maßstäbe und Denkweisen nicht in den Vordergrund zu stellen.
Fazit
Wir sind es gewohnt, Know-how (an Mitarbeiter wie Mitglieder) zu vermitteln – als Führungskraft und als Trainer ist es sehr sinnvoll, phasenweise die Rolle eines Coaches einzunehmen, um andere Ergebnisse zu erreichen und damit Menschen bzw. deren Verhalten nachhaltig weiterzuentwickeln.
Lassen Sie uns gemeinsam Menschen zum 'Wachsen' bringen – Erfolg und die weitere Professionalisierung der Fitness- und Gesundheitsbranche sind die logische Konsequenz.
Über den Autor
Nicolai Rolli, Diplom-Sportwissenschaftler, ist u. a. Dozent an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) sowie an der BSA-Akademie.
Nach seinem Studium an der Deutschen Sporthochschule Köln, seiner Ausbildung zum Heilpraktiker und seinem betriebswirtschaftlichen Fernstudium arbeitete er jahrelang in personalverantwortlichen Positionen und als Geschäftsführer.
Auszug aus der Literaturliste
Gallwey, T. (2007). The Inner Game of Golf – Die Idee von Selbstcoaching. Staufen im Breisgau: allesimfluss Verlag.
Theeboom, T., Beersma, B. & van Vianen, A. E. (2014). Does coaching work? A meta-analysis on the effects of coaching on individual level outcomes in an organizational context. In: The Journal of Positive Psychology, 9 (1), 1–18.
Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.
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