Fitness, Gesundheit, Management | Autor/in: Jürgen Wolff |

Beweglichkeitstraining in der Praxis – Thomas Kelbling: „Das Konzept muss stimmen und das Personal gut geschult sein“

Wenn Beweglichkeitstraining nicht nur zum Aufwärmen oder im Cool-down angeboten wird, sondern als wesentlicher Bestandteil des Studiokonzeptes attraktiv gestaltet wird, kann es für Studio sehr profitabel sein. Thomas Kelbling, geschäftsführender Gesellschafter des Campus Wellness & Sports in Pirmasens, erläutert im Interview, wie er mit seinem Team Beweglichkeitstraining sehr erfolgreich umsetzt.

Erfolgreich mit Beweglichkeitstraining: Thomas Kelbling vom Campus Wellness & Sports Pirmasens im Interview

Thomas Kelbling, Jahrgang 1959, gründete nach einer Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann und zwei Jahren als Zeitsoldat bei der Marine 1984 einen Zulieferungsbetrieb für die Schuhindustrie in Pirmasens, der damaligen deutschen Metropole für die Schuhherstellung. Mit der Campus Wellness & Sports GmbH eröffnete er 2001 sein erstes Fitness- und Gesundheitsstudio in Pirmasens. 2007 erfolgte der Umzug in einen Neubau, in dem das Studio noch heute sein Zuhause hat. 2016 gründete Thomas Kelbling mit der CTK – Coaching, Training & Konzepte GbR eine Unternehmensberatung zur Implementierung und Umsetzung von Paragraf-20-Konzepten in Fitness- und Gesundheitsanlagen.

fM: Im Campus Wellness & Sports Club integrieren Sie Beweglichkeitstraining als eine Art „Körperhygiene“ in die Trainingspläne Ihrer Kund:innen. Wie würden Sie Ihr Studiokonzept beschreiben? Was waren Ihre Beweggründe, Beweglichkeitstraining diesen Stellenwert beizumessen?

Thomas Kelbling: Beweglichkeitstraining war nicht von Anfang an Bestandteil in unseren Clubs. Sehr bald, nachdem diese Trainingsform auf dem Markt sichtbar wurde, sind wir als Premiumclub darauf aufmerksam geworden.

Vor acht Jahren haben wir Beweglichkeitstraining als essenziellen Trainingsbestandteil integriert, als dritte Säule neben Cardio und Kraft, weil beide nur mit guter Beweglichkeit wirklich funktionieren. Diesen Stellenwert promoten wir auch konsequent.

Implementiert haben wir sowohl ein Geräte- als auch ein Kurskonzept, um Beweglichkeitstraining in der Breite und in allen Facetten anzubieten. Dazu gehören schon seit vielen Jahren Präventionskurse, die von den Krankenkassen unterstützt werden und deren Teilnehmende wir dauerhaft über dieses Training ins Studio überführen wollen.

Unser five-Bereich ist über 100 Quadratmeter groß. Die Kurse finden sowohl dort als auch mit freien Übungen ohne Geräte im Kursraum statt.

Wie haben Sie dieses Beweglichkeitstraining und das entsprechende Betreuungskonzept mit anderen Trainingsformen kombiniert und in den Studiobetrieb eingebunden?

Bei uns kommt keine:r mehr daran vorbei. Beweglichkeitstraining ist fester Bestandteil jedes Trainingsprogrammes sowie der Warm-up- und Cool-down-Routine. Auch reine Kraftsportler:innen wissen das Training zu schätzen.

Wir machen mit allen Interessent:innen im Rahmen unseres Eingangschecks Beweglichkeitstests. Dazu gehören erste Übungen mit einem Stock und einer unbeladenen Hantel.


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Wenn dabei jemand mit Ambitionen für schweres Langhanteltraining die richtige Position für einen Overhead-Squat nicht einnehmen kann, weil er:sie in den Schultern nicht ausreichend beweglich ist, dann hat das einen „mords Aha-Effekt“.

Der:die Interessierte spürt das Defizit, entwickelt sofort ein Verständnis und erkennt den Bedarf, seine:ihre Beweglichkeit zu verbessern – und er:sie realisiert unsere Kompetenz.

Welche fachlichen sowie auch pädagogisch-didaktischen Anforderungen bringt das für die Trainingsbetreuung mit sich? Inwiefern beeinflusst diese konzeptionelle Ausrichtung Ihr Personalmanagement und die Aus- und Weiterbildungskultur im Campus Wellness & Sports Club?

Das Angebot Beweglichkeitstraining bringt spezielle Anforderungen mit sich, ganz klar. Da wir aber schon immer einen sehr hohen Standard bei der Qualifikation unserer Mitarbeitenden hatten, war die Umsetzung für uns relativ leicht.

Unsere dual Studierenden bilden wir an der DHfPG in Fitnessökonomie und Gesundheitsmanagement zum Bachelor und Master of Arts aus, womit wir einen hohen Ausbildungsstandard gewährleisten. Wir finanzieren die Master-Studiengänge sehr gern, weil wir die jungen Leute so sicher fünf bis sechs Jahre bei uns haben.

Außerdem versuchen wir, unsere Studierenden nach Abschluss der Ausbildung zu halten und sie zu übernehmen. Schon während der Ausbildung verfügen sie über einen hohen Wissensstandard und können unsere Qualität den Kund:innen gegenüber vermitteln. Dieses Know-how im Team zu halten, ist wichtig.

Zusätzlich zum Studium und der Basisausbildung schicken wir unsere Mitarbeitenden zu Lehrgängen und Workshops für Beweglichkeitstraining – und sie bekommen natürlich Schulungen von den Geräteherstellern, in denen es wirklich in die Tiefe geht: z. B. zu spezifischen Krankheitsbildern und entsprechenden therapeutischen Trainingsmaßnahmen.

Und wir führen regelmäßig Inhouse-Schulungen durch, z. B. mit einem Osteopathen, die inhaltlich noch einen Schritt weitergehen.

Wie schaffen Sie es, dass Beweglichkeitstraining für viele verschiedene Zielgruppen attraktiv ist? Wie kommunizieren Sie den Benefit der Trainingsform?

Wir bieten regelmäßig Infoabende an. Während der Pandemie war das nicht immer möglich, aber in den letzten Monaten haben wir zum Wiedereinstieg ins Training diese Abende wieder sehr erfolgreich veranstaltet.


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Regelmäßig veranstalten wir auch Workshops zu verschiedenen Schmerzthemen. Dafür haben wir Anmeldelisten und sprechen die Leute gezielt an. Ein:e Mastertrainer:in führt dann mit acht bis zehn Mitgliedern einen 45-minütigen Workshop durch, z. B. zu Gelenkschmerzen, Rückenschmerzen oder Schulterschmerzen.

Dort werden die Probleme besprochen und die verantwortlichen Verhaltensmuster identifiziert. Mithilfe von Freiwilligen wird erklärt und vorgeführt, was man warum machen muss. Anschließend wird in der Gruppe zusammen trainiert. Das ist sehr erfolgreich und wird hauptsächlich von Bestandskund:innen sehr gut angenommen.

Entscheidend für diesen Erfolg ist es, den Mitgliedern einen Mehrwert zu bieten. Es muss sich in den Köpfen der Menschen verankern, dass wir für ihre Probleme echte Lösungen anbieten. Durch unsere Aktionen und Events stellen wir wirksam unsere Kompetenz heraus. Kompetenz ist ein unschlagbares Marketing-Tool.

Mittlerweile haben wir uns in der Region einen entsprechenden Status erarbeitet. Interessent:innen kommen zu uns, weil ihnen das Training und die Betreuung bei uns empfohlen wurde. Diesen Status in der Mundpropaganda erreicht man nicht durch schicke Flyer oder einen tollen Facebook-Auftritt, sondern nur, wenn man seine „PS wirklich auf die Straße bringt“.

Wie animieren Sie Ihre Mitglieder, die auf ein Beweglichkeitstraining nicht direkt ansprechen? Welche Methodik bewährt sich in der Überzeugungsarbeit besonders?

Es gibt durchaus eine Klientel, die schwer vom Nutzen der Trainingsform zu überzeugen ist. Diese Menschen gewinnen wir am wirkungsvollsten durch die Tests im Rahmen unseres Eingangschecks, anhand derer sie sofort ihre Defizite erkennen, sowie durch unsere Workshops.

Einige dieser Workshops hat der ehemalige deutsche Weltklassegewichtheber Oliver Caruso geleitet. Er hat sehr anschaulich rübergebracht, dass es für maximale Leistungsfähigkeit auch auf Schnelligkeit, Koordination und Beweglichkeit ankommt und warum ein Trainingsplan für ambitionierte Kraftsportler:innen zu 30 Prozent aus Beweglichkeitstraining und nur zu 70 Prozent aus hartem Training mit Gewichten bestehen sollte. Das hat bei einigen Mitgliedern zum Umdenken geführt.

Die Menschen mit kompetenter Beratung an das Beweglichkeitstraining heranzuführen und sie es probieren zu lassen, ist für uns die beste Methode. Eine sehr gute Resonanz haben wir deshalb bei den Teilnehmer:innen der Rehasportkurse. Rehasport ist bei uns sehr gut gebucht, weil wir die Kurse mit einem sehr hohen Standard durchführen.

Rehasport ist für Studios oft nicht kostendeckend und bei vielen Betreiber:innen nicht beliebt. Bei uns bekommen auch alle Teilnehmer:innen der Rehasportkurse einen Eingangscheck plus Studiorundgang. Wir präsentieren unser Angebot, weisen auf unsere Präventionskurse hin und erläutern den Leuten ihre Optionen.

Welche Zielgruppen haben Ihrer Einschätzung nach das größte Wachstumspotenzial für das Beweglichkeitstraining? Inwieweit haben Sie Ihr Marketing darauf eingestellt?

Zielgruppe ist für mich eigentlich das falsche Wort, weil jede:r zur Zielgruppe für Beweglichkeitstraining gehört. Die Möglichkeiten, mit Beweglichkeitstraining zu helfen, sind unglaublich vielfältig.

Schwerpunkt ist aktuell noch die Altersgruppe 40 plus, bei der sich vielleicht die ersten Probleme durch zu viel Sitzen, einseitige Belastungen und falsche Haltung festgesetzt haben. Menschen ab Ende 30 sind offen für die Trainingsform, weil sie ihre Defizite kennen und die Effekte sind größer, weil falsche Bewegungsmuster relativ schnell aufgebrochen werden können.


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Aber die Jüngeren, die noch nie Sport gemacht, den Großteil ihrer Freizeit vorm Computer verbracht oder an der Konsole gezockt haben, sind auch eine Zielgruppe, die wir in Zukunft abholen müssen.

Von unserem Marketingbudget fließen mindestens 40 Prozent in das Thema Beweglichkeit.

Welche Faktoren machen Beweglichkeits- und Mobilitätstraining aus Ihrer Sicht in Studios erfolgreich?

Da gibt's nur einen Punkt: gut geschultes Personal und ein Team, das das Konzept auch lebt. Funktionale und qualitativ hochwertige Geräte sind die Grundvoraussetzung, aber das Konzept muss stimmen; nur dann wird es erfolgreich. Die Kund:innen müssen selbst spüren, dass Kompetenz da ist und dass ein Plan dahintersteckt, von dem sie im Training profitieren.

Welche Empfehlungen haben Sie für Existenzgründer:innen, Trainer:innen und Studiobetreiber:innen, die Beweglichkeits- und Mobilitätstraining stärker in den Fokus ihres Trainings- und Betreuungskonzeptes stellen wollen?

Es ist wichtig, im Studio einen Bereich dafür zu schaffen: möglichst prominent platziert, mit ausreichend Platz. Der größte Fehler ist, zwanzig Quadratmeter in einer Ecke leer zu räumen und dort einfach nur etwas hinzustellen. Das funktioniert nicht.

Es muss ein gutes Konzept hinter dem Angebot stehen. Man muss sich klar sein, wie Beweglichkeit in der Beratung und der Betreuung mit Kraft- und Cardiotraining verknüpft wird und von welchem Hersteller man gute Unterstützung bekommt.

Der dritte Baustein ist die Kompetenz des Teams. Die Geräte, Kurse und das Konzept brauchen Menschen, die dieses tolle Angebot kompetent und empathisch vermitteln.

Gebt dem Beweglichkeitstraining einfach den Raum in eurem Konzept, den es verdient – im Studio, in der Beratung und in der Ausbildung. Dann wird es auch erfolgreich.

Diesen und weitere Artikel finden Sie in der fMi 04/2022 & für Abonnenten EXKLUSIV vorab.

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