Fitness, Management, Markt | Autor/in: Nicolai Rolli |

Beziehungsqualität in der Fitnessbranche

Wie wichtig ist die Beziehungsqualität zu Mitarbeitern und Mitgliedern? Welche Fragen sollten sich Dienstleister im Fitness- und Gesundheitsmarkt in Bezug auf das eigene Beziehungsmanagement stellen? Und welcher Zusammenhang besteht zwischen der Beziehungsqualität und dem eigenen Unternehmenserfolg? Warum der Return on Relationship (ROR) immer wichtiger wird, erfahren Sie in diesem Artikel.

Beziehungsqualität in der Fitnessbranche. ROR – Return on Relationship

Die Mitarbeiter stellen in Dienstleistungsbranchen jeglicher Art den zentralen Erfolgsfaktor des Unternehmens dar. Sie repräsentieren das Unternehmen und stehen im ständigen Kontakt mit den Kunden (Haller & Wissing, 2017, S. 339).

Wie Mitglieder die Mitarbeiter an allen relevanten Kundenkontaktpunkten (sog. Touchpoints) wahrnehmen, beeinflusst u. a. die Mitgliederzufriedenheit: Im optimalen Fall werden Sicherheitsgefühl und Vertrautheit verstärkt und führen zu einer Steigerung der Bindung an das Studio (Haller & Wissing, 2017, S. 265).

Emotionale Kundenbeziehungen durch Customer Experience

Eine positive Beeinflussung der Kundenbeziehung kann nur durch eine ganzheitliche Erlebnisvermittlung erreicht werden – wir sprechen dann von einer guten Customer Experience (kurz: CX).

Diese umfasst die Summe aller Erfahrungen, die das Mitglied oder der potenzielle Neukunde mit dem Unternehmen macht. „Wenn es Fitnessstudios also gelingt, ihre Kunden durch emotionale Erlebnisse und noch mehr Kundennähe zu Fans zu machen, spielen sie im Hinblick auf die Customer Experience in der Champions League“ (Russ, 2020).

  • Was ist die Basis einer solchen emotionalen Erlebnisvermittlung?
  • Wie kann diese von Führungskräften gezielt gefördert werden?
  • Inwieweit hat dies positive Auswirkungen auf Umsatz, Kundenbindung und Co.?

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Unterschiedliche Beziehungsdimensionen im Fokus

Eine zentrale Dimension der Customer Experience ist die relationale Beziehungsdimension, auf die sich im weiteren Verlauf des Artikels fokussiert wird.

Führungsexperte und Bestsellerautor Dr. Reinhard Sprenger (2003) sagte dazu treffend: „Arbeit ist Arbeit für andere.“ – das heißt, es geht immer um Interaktion und damit um Beziehungen. Wertschöpfung in unserer Branche findet immer in der Verbindung von Menschen statt. Die Basis jeder Customer Experience ist die zwischenmenschliche Verbindung von Einzelnen oder Gruppen.

Beziehungen sind somit Ihr wichtigster 'Rohstoff', da sich 80 Prozent der Kommunikation auf dieser emotionalen Ebene abspielen.

Wie gut nutzen Sie Ihr relationales Kapital?

In Ergänzung zu dem Humankapital, das alle Stakeholder eines Unternehmens (wie Mitarbeiter, Kunden, Investoren, Lieferanten etc.) zusammenfasst, beschreibt das relationale Kapital die Beziehung, die ein Unternehmen zu seinen Mitarbeitern, seinen Kunden und allen weiteren Stakeholdern des Unternehmens hat und pflegt.

Was Sie sich als Gesundheitsunternehmer fragen sollten

  • Welchen Stellenwert messe ich in meiner täglichen Arbeit der Beziehung zu Mitarbeitern und Mitgliedern sowie der Beziehungspflege bei?
  • Wie viel Prozent meines Unternehmenserfolges hängt von guten Beziehungen ab?

Eine Studie der Relational Capital Group hat bereits 2010 aufgezeigt, dass 89 Prozent der erfahrenen Führungskräfte glauben, dass Beziehungen der wichtigste Faktor für ihren Erfolg sind.

Die Studie ergab jedoch auch, dass nur 24 Prozent der Manager tatsächlich gezielt etwas unternehmen, um den Aufbau dieser Beziehungen aktiv zu fördern.

Des Weiteren zeigte sich auch, dass weniger als fünf Prozent der Betriebe tatsächlich ganzheitliche Strategien verfolgen, um ihre Mitarbeiter über entsprechende Tools und Hilfestellungen dabei zu unterstützen, intensive Kundenbeziehungen aufzubauen und zu festigen.

In einem so umkämpften Markt wie dem Fitnessmarkt, in dem der Dienstleistungsfaktor eine wesentliche Rolle spielt, bietet sich doch gerade hier eine gute Möglichkeit zur Differenzierung von anderen Mitbewerbern.

Nähe und Wertschätzung als entscheidende Faktoren

Die wichtigste Erkenntnis der Positiven Psychologie lautet:  „… sog. gelingende Beziehungen sind nach Untersuchungen tatsächlich der Zufriedenheitstreiber Nummer 1 über den Lebensverlauf – auch auf der Arbeit“ (Heaphy & Dutton, 2008 nach Rose, 2019, S. 197).

Wir alle streben nach Bindung und Zugehörigkeit – gelingende Beziehungen sind die elementare Voraussetzung hierfür. Gelingende Beziehungen sind Momente, in denen Mitglieder sich mit dem Studio und den Trainern verbunden, sich wertgeschätzt, verstanden, optimal betreut und 'zu Hause' fühlen.

Diese Kompetenzen sind ein Muss

Ein hohes Maß an geistiger Präsenz, die Fähigkeit, aktiv zuzuhören, und das wechselseitige Verständnis von spezifischen Bedürfnissen stellen hierbei wichtige Kernkompetenzen dar, die das Unternehmen sowie alle Mitarbeiter in der Praxis definitiv mitbringen müssen – denn nur so lassen sich qualitativ hochwertige 360-Grad-Kundenerlebnisse und loyale Mitgliederbeziehungen schaffen.

Die 'Corona-Studie' der DHfPG (Kobel & Preuschoff, 2021) hat nachweislich aufgezeigt, dass die Beziehung zum Kunden einen essenziellen Einfluss auf das Gefühl der Verbundenheit hat:


„Vor diesem Hintergrund wird deutlich, wie wichtig die Interaktion mit den Kunden und das Agieren auf einer individuellen Ebene sind. .... Über weitere Interaktion kann die Bindung zum Studio und insbesondere zu den Trainern gestärkt und so eine familiäre Atmosphäre erzeugt und Loyalität gefördert werden. .... Mitarbeiter sollten intensive Gespräche mit diesen Mitgliedern suchen.”


Die entscheidenden Fragen, die sich jede Führungskraft in der Fitness- und Gesundheitsbranche in diesem Zusammenhang in Bezug auf die Mitglieder regelmäßig stellen sollte, sind:

  1. Fühlen sich meine Mitglieder bei mir sicher, wertgeschätzt und individuell betreut?
  2. Kann ich jederzeit offen und ehrlich mit ihnen auf Augenhöhe kommunizieren?
  3. Lebe ich diese positiven Beziehungswerte im täglichen Kundenumgang auch vor?
  4. Wie häufig beeinträchtigen Emotionen die Kommunikation (sog. psychologischer Nebel) und damit meine Kundenbeziehungen nachteilig?
  5. Bieten meine unterschiedlichen Touchpoints solche besonderen emotionalen Kundenmomente? Wenn nein, warum nicht? Wie kann ich die Kundenbeziehung optimieren?
  6. Welche Auswirkungen hätte eine Verbesserung der Beziehungsebene auf meinen Unternehmenserfolg sowie die Kundenbindung?
  7. Woran merke ich, dass ich eine hochqualifizierte Verbindung zu meinem Mitglied habe?

Loyale und motivierte Mitarbeiter als Schlüssel zum Erfolg

Wenn Sie glauben, dass es ausreicht, sich ausschließlich nur auf die positiven Kundenbeziehungen zu fokussieren, dann ist das definitiv zu kurz gedacht. Hier empfiehlt sich ein Blick auf die Metaanalyse 'The Service-Profit Chain' von Hogreve, Iseke, Derfuss und Eller (2017): „Mitarbeiter im direkten Kundenkontakt bilden eine Verbindung zwischen dem externen Umfeld und den internen Tätigkeiten eines Unternehmens. Deshalb genügt es eben nicht, nur den Kunden auf dem Markt exzellenten Service zu bieten.“

All Ihre Mitarbeiter – egal, ob Trainer, Servicekraft oder Reinigungspersonal – „… verdienen demnach als interne Kunden die gleiche Dienstleistungsqualität“, so Hogreve. Gleiches gilt für die Aspekte Wertschätzung, Vertrauen und Sicherheit, denn nur so sichern Sie langfristig einen optimalen Teamspirit und eine hohe Mitarbeitermotivation.

Reflektieren Sie sich deshalb regelmäßig und hinterfragen Sie auch Ihr internes Beziehungsmanagement:

  1. Lege ich in meiner Führungsarbeit genügend Fokus darauf, zu meinen Mitarbeitern eine optimale Beziehung (Loyalität, Verbundenheit mit dem Unternehmen, hohe Motivation usw.) aufzubauen?
  2. Fördere ich den offenen und konstruktiven Umgang mit Emotionen in meinem Unternehmen?
  3. Lege ich in der internen Kommunikation ausreichend Wert auf emotionale Faktoren oder gehen bei mir Sachthemen vor Beziehungsthemen?
  4. Wie unterstütze ich meine Mitarbeiter dabei, ihre 'Beziehungsaufbaufähigkeiten' zu optimieren? Wie fördere ich diese dauerhaft? Welche Strategie verfolge ich dabei?
  5. Wie stelle ich in der Praxis sicher, dass das Team an einem Strang zieht und ein einheitliches Dienstleistungs- bzw. Kundenbindungsverständnis verfolgt?
  6. Wie sichere ich auch in stressigen und unruhigen Phasen eine positive Arbeitsatmosphäre und loyale Mitarbeiterbeziehungen?
  7. Durch welche konkreten Aspekte motiviere und begeistere ich meine Mitarbeiter nachhaltig?

Fazit

Nur wenn Sie im Rahmen des ROR auf allen genannten Beziehungsebenen ganzheitlich agieren, kann Ihr Studio nachhaltig davon profitieren. Investitionen in die interne wie externe Beziehungsqualität bringen vielfältige Effekte mit sich, die direkt wie indirekt den Unternehmenserfolg positiv beeinflussen können.

Abschließend stellt sich die Frage, ob es möglich ist, über sogenannte Key Performance Indicators (KPIs) die maximale Beziehungsqualität zu 'messen' und gezielt zu steuern. Die Antwort ist Ja und es liegt an Ihnen, diese konsequent in Ihren Unternehmensalltag zu integrieren.

Was Sie brauchen, ist ein spezifisches 'Maß' bzw. einen 'Wert' für die emotionale Beziehungsqualität – dabei steht nicht primär die leistungs- und qualitätsbezogene Kundenzufriedenheit im Mittelpunkt, sondern die emotionale Verbindung zu Ihren Kunden und Mitarbeitern.


Über den Autor

Nicolai Rolli, Diplom-Sportwissenschaftler, ist Dozent an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) und der BSA-Akademie. Er absolvierte nach seinem Studium eine Ausbildung zum Heilpraktiker und ein betriebswirtschaftliches Fernstudium. Aktuell ist er als selbstständiger Coach und Unternehmensberater tätig.


Auszug aus der Literaturliste

Hogreve, J., Iseke, A., Derfuss, K. & Eller, T. (2017).  The Service-Profit Chain: A Meta-Analytic Test of a Comprehensive Theoretical Framework. Journal of Marketing, 81 (3), 41–61.

Rose, N. (2019).  Arbeit besser machen – Positive Psychologie für Personalarbeit und Führung. Freiburg: Haufe.

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.

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