Gefahr oder Mythos? Ist Laufen gut oder schlecht für die Gelenke?
Joggen ist beliebt wie nie! Lauftraining ist für viele Deutsche wenn's um Cardiotraining geht am beliebtesten – im Studio auf dem Laufband oder bei gutem Wetter vor dem Fitnesstraining eine Runde im Freien. Angenehmer Nebeneffekt: Joggen zählt zu den Ausdauertrainingsformen mit den höchsten Effekten auf den Energieverbrauch und das Herz-Kreislauf-System. Jedoch werden in diesem Kontext immer wieder die dadurch entstehenden Gelenkbelastungen hinterfragt. Dieser Artikel stellt die faktischen Belastungsauswirkungen vor und soll bei der Entscheidungsfindung in Bezug auf die Auswahl der Trainingsform helfen. Eine sportwissenschaftliche Betrachtung.
Laufen gehört weltweit zu den beliebtesten Aktivitäten und Sportarten (Alentorn-Geli et al., 2017) – gerade während der Corona-Pandemie erlebt Joggen eine Art Renaissance.
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Die Gründe sind vor allem in der einfachen Umsetzung zu finden und in der Tatsache, dass es unserem natürlichen Bewegungsverhalten am nächsten kommt. Darüber hinaus gilt das Laufen als sehr effektiv hinsichtlich der gesundheitspositiven Effekte (Szabo et al. 2013; Lee et al., 2017).
Läufer leben länger
Diese positiven Effekte werden durch diverse Studien gestützt, die Läufern eine Risikoreduktion bezüglich kardiovaskulären Erkrankungen und eine damit verbundene längere Lebensdauer als Nicht-Läufern attestieren (Lee et al., 2017). (Lesen Sie weiter: 'Running For Life: Läufer leben länger')
Prävention gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Viele zivilisationsbedingte Erkrankungen wie beispielsweise Diabetes Typ 2, psychische Verstimmungen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen können präventiv durch eine Erhöhung der körperlichen Aktivität vorgebeugt werden (Booth & Laye, 2012).
Trotz dieser positiven Aspekte werden insbesondere bei Läufern vermehrt (Knie-) Gelenkverletzungen bzw. ein negativer Zusammenhang zwischen dem Laufen und Gelenkabnutzungen beobachtet (Esculier et al., 2018).
Ist Laufen nun gesund oder schädlich?
Diese Frage stellen sich viele Läufer und Laufinteressierte, die diesen Sport hauptsächlich aus gesundheitlichen Gründen betreiben. Die Antwort hierauf ist stets individuell. In einer systematischen Übersichtsarbeit und Metaanalyse von Alentorn-Geli et al. (2017) wurde bei freizeitorientierten Läufern ein selteneres Auftreten von Arthrose beobachtet als bei inaktiven Personen oder leistungsorientierten Läufern, die über mehrere Jahre sehr umfangreiches und intensives Ausdauertraining betrieben haben. Sie schlussfolgerten daraus, dass ein freizeitorientiertes und belastungsdosiertes Laufpensum (lt. WHO-Empfehlungen 150 bis 180 Minuten/Woche) keinen Risikofaktor für das Entstehen einer Kniegelenksarthrose darstellt, was auch von diversen anderen Studien (Lo et al., 2017; Timmins et al., 2017) untermauert wird.
Laufen ist besser als inaktiv zu sein
In einer Studie von Ponzio et al. (2018) konnte zudem festgestellt werden, dass die Prävalenz von Arthrose in den USA bei aktiven Marathonläufern signifikant niedriger ist als bei inaktiven Personen. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass das Laufen, unabhängig von Belastungsumfang und –intensität, gesünder ist als nicht zu laufen, und zwar nicht nur hinsichtlich des Arthroserisikos.
Nicht nur die Dosis ist entscheidend!
Die Forschergruppe um Alentorn-Geli et al. (2017) wies darauf hin, dass es in ihrer Untersuchung nicht möglich war, einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Belastungsumfang und dem Arthroserisiko nachzuweisen, da dazu der Einfluss anderer Risikofaktoren für die Entstehung von Arthrose unbedingt berücksichtigt werden muss.
Lesen Sie auch: 'Laufen im Winter'
Als Konsequenz für Läufer lässt sich also festhalten, dass sehr hohe Belastungsumfänge und –intensitäten über mehrere Jahre möglicherweise einen Einfluss auf das Arthroserisiko haben können, jedoch individuelle Faktoren, wie beispielsweise das Gewicht, die Lauftechnik, die Beinachsenstabilität sowie die persönliche Verletzungshistorie, vermutlich einen größeren Einfluss haben. Je größer das Laufpensum ausfällt, desto stärker wird auch der potenziell negative Einfluss dieser individuellen Faktoren.
Professionelle Betreuung erforderlich
Aus diesem Grund sollten Laufinteressierte, insbesondere jene mit leistungsorientierter Zielstellung, unbedingt professionelle Trainingsbetreuung in Anspruch nehmen, um etwaige Risikofaktoren frühzeitig zu erkennen und mit geeigneten Trainingsmaßnahmen entgegenwirken zu können.
Laufen bei Arthrose: Walking-Training
Studien konnten bis dato keine klare Aussage dazu machen, inwieweit Laufen bei vorhandener Arthrose indiziert oder kontraindiziert sei (Esculier et al., 2018). Eine Studie von Celik et al. (2013) konnte jedoch zeigen, dass die Menge und Qualität der Kollagenstrukturen im Knorpel durch ein Walking-Training bei von Arthrose betroffenen Personen gesteigert werden konnte.
Um das Risiko bzgl. Arthrose zu verringern bzw. einen erhöhten Gelenkschutz zu generieren, wird unabhängig vom tatsächlichen Belastungsumfang beim Laufen eine Optimierung der Lauftechnik (Chan et al., 2018) und ein ergänzendes Krafttraining empfohlen (Lauersen et al., 2014).
Weitere Effekte durch Laufen
Neben den Kniegelenken werden aber auch andere Strukturen beansprucht. Allen voran die Wirbelsäule – der zentrale 'Stützpfeiler' des menschlichen Körpers.
Auch hierzu wurden Untersuchungen an Laufsportlern durchgeführt, bei denen ähnliche Ergebnisse wie die bereits erwähnten zu nennen sind. So konnten beispielsweise Belavý et al. (2017) bei Läufern (> 5 Jahre Aktivitätsprofil) gegenüber Personen, die keine sportliche Aktivität betreiben, eine stärkere Hydration der Bandscheiben nachweisen.
Besserer Knorpel bei körperlich aktiven Menschen
Allgemein sollte daher eine Zunahme der körperlichen Aktivität, beispielsweise in Form von Laufen, empfohlen werden, da gesunder Gelenkknorpel vor allem mit fortschreitendem Alter eine immer größere Rolle im Kontext der Mobilität einnimmt.
Bei körperlich aktiven Menschen ist der Knorpel in gewichttragenden Gelenkregionen nicht nur dicker, sondern auch qualitativ besser als bei Inaktiven (Tiderius et al., 2004).
Fazit
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass körperliche Aktivität, orientiert an den WHO-Richtlinien (150 bis 180 Minuten Ausdauertraining/Woche), durchaus einen knorpelprotektiven und gesamtgesundheitlich positiven Effekt hat.
Ergänzendes Krafttraining empfehlenswert
Hiervon profitieren alle Gelenkstrukturen, die beim Laufen beansprucht werden, insbesondere die kollagenen Strukturen in den Kniegelenken und der Wirbelsäule.
Ein ergänzendes Krafttraining sowie die Optimierung der Lauftechnik sind aus präventiver wie auch leistungssteigernder Sicht stets empfehlenswert.
Über den Autor
Prof. Dr. Daniel Kaptain besitzt einen Master-of-Arts-Abschluss in der Fachrichtung Gesundheitsmanagement und promovierte im Fachbereich Sportwissenschaften an der Goethe Universität Frankfurt/Main. Er arbeitet als Dozent an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) und der BSA-Akademie.
Darüber hinaus ist er Experte für Military Fitness, Athletiktraining und CrossFit. Neben seiner Funktion als wissenschaftlicher Leiter der Premium-Fitnesskette PRIME TIME aus Frankfurt/Main leitet er in dieser Funktion das Athletiktraining mehrerer Profivereine. Seit 2002 ist Daniel Kaptain international (USA) und national als Personal Trainer aktiv.
Literaturverzeichnis
Alentorn-Geli, E., Samuelsson, K., Musahl, V., Green, C. L., Bhandari, M. & Karlsson, J. (2017). The association of recreational and competitive running with hip and knee osteoarthritis: a systematic review and meta-analysis. Journal of Orthopaedic & Sports Physical Therapy, 47(6), 373–390.
Belavý, D. L., Quittner, M., Ridgers, N. D., Ling, Y., Connell, D. A. & Rantalainen, T. (2017). Running exercise strengthens the intervertebral disc. Scientific reports.
Booth, F. W., Roberts, C. K. & Laye, M. J. (2012). Lack of exercise is a major cause of chronic diseases. Comprehensive Physiology, 2(2), 1143.
Celik O., Salci Y., Ak E., Kalaci A., Korkusuz F. (2013). Serum cartilage oligomeric matrix protein accumulation decreases significantly after 12 weeks of running but not swimming and cycling training – a randomised controlled trial. Knee 20: 19–25.
Chan, Z. Y., Zhang, J. H., Au, I. P., An, W. W., Shum, G. L., Ng, G. Y. & Cheung, R. T. (2018). Gait retraining for the reduction of injury occurrence in novice distance runners: 1-year follow-up of a randomized controlled trial. The American Journal of Sports Medicine, 46(2), 388–395.
Esculier, J. F., Krowchuk, N. M., Li, L. C., Taunton, J. E. & Hunt, M. A. (2018). What are the perceptions about running and knee joint health among the public and healthcare practitioners in Canada? PLoS One, 13(10), e0204872.
Lauersen, J. B., Bertelsen, D. M. & Andersen, L. B. (2014). The effectiveness of exercise interventions to prevent sports injuries: a systematic review and meta-analysis of randomised controlled trials. British Journal of Sports Medicine, 48(11), 871–877.
Lee, D. C., Brellenthin, A. G., Thompson, P. D., Sui, X., Lee, I. M. & Lavie, C. J. (2017). Running as a key lifestyle medicine for longevity. Progress in cardiovascular diseases, 60(1), 45–55.
Lo, G. H., Driban, J. B., Kriska, A. M., McAlindon, T. E., Souza, R. B., Petersen, N. J. & Kent Kwoh, C. (2017). Is There an Association Between a History of Running and Symptomatic Knee Osteoarthritis? A Cross‐Sectional Study from the Osteoarthritis Initiative. Arthritis care & research, 69(2), 183–191.
Miller, R. H. (2017). Joint loading in runners does not initiate knee osteoarthritis. Exercise and sport sciences reviews, 45(2), 87–95.
Ponzio, D. Y., Syed, U. A. M., Purcell, K., Cooper, A. M., Maltenfort, M., Shaner, J. & Chen, A. F. (2018). Low Prevalence of Hip and Knee Arthritis in Active Marathon Runners. Journal of Bone and Joint Surgery, 100(2), 131–137.
Szabo, A., & Abrahám, J. (2013). The psychological benefits of recreational running: A Field study. Psychology, health & medicine, 18(3), 251–261.
Timmins, K. A., Leech, R. D., Batt, M. E. & Edwards, K. L. (2017). Running and knee osteoarthritis: a systematic review and meta-analysis. The American journal of sports medicine, 45(6), 1447-1457.
Tiderius CJ, Tjornstrand J, Akeson P, Sodersten K, Dahlberg L, Leander P (2004). Delayed gadolinium- enhanced MRI of cartilage (dGEMRIC): intra- and interobserver variability in standardized drawing of regions of interest. Acta Radiol 45: 628-634.
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