Fitness, Gesundheit | Autor/in: Dr. Joshua Berger |

GK-EMS als lebensbegleitendes Krafttraining

Ganzkörper-Elektromyostimulation (GK-EMS) gilt als hocheffiziente Trainingsform und wird seit vielen Jahren in der Trainingspraxis angewendet. In welchem Altersspektrum und unter welchen Voraussetzungen GK-EMS angewendet werden kann, um den Alterungsprozess positiv zu begleiten, wird nachfolgend erläutert.

 Wie GK-EMS dabei hilft, den Alterungsprozess positiv zu begleiten

Regelmäßiges Fitness- und Gesundheitstraining spielt eine essenzielle Rolle beim Aufbau und Erhalt der Gesundheit über die gesamte Lebensspanne.

Neben der aeroben Leistungsfähigkeit ist die systematische Entwicklung der Kraftleistung essenziell, da ein altersgerechtes Krafttraining beispielsweise bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen positive Auswirkungen auf die Entwicklung der sportlichen und alltäglichen motorischen Leistungsfähigkeit sowie auf die Gesundheit und das psychosoziale Wohlbefinden hat (Büsch et al., 2017).


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Bewegungsmangel durch langes Sitzen am Arbeitsplatz sowie eine generelle Reduktion der körperlichen Aktivität im Alltag können sich negativ auf die Gesundheit auswirken und sind als unabhängiger Risikofaktor für die Entwicklung chronischer Krankheiten zu sehen (Finger, Mensink, Lange & Manz, 2017).

Ab dem 30. Lebensjahr beträgt der körperliche Verlust an Muskelmasse etwa drei bis acht Prozent pro Jahrzehnt, ab dem 60. Lebensjahr nimmt der Muskelmasseverlust weiter zu (Volpi, Nazemi & Fujita, 2004).

Dieser unfreiwillige Verlust an Muskelmasse, Kraft und Funktion, der als Sarkopenie bezeichnet wird, ist ein starker Risikofaktor für Krankheiten bei älteren Menschen.

Ein aktiver Lebensstil und regelmäßige körperliche Aktivität, besonders in Form eines systematischen Krafttrainings, beugen nachweislich diesem altersbedingten Verlust an Muskelmasse sowie gesundheitlichen Beeinträchtigungen vor (Macaluso & Vito, 2004). 

Ganzkörper-Elektromyostimulation (GK-EMS) könnte hier durch die unwillkürliche Muskelkontraktion und die daraus resultierende hohe Effizienz eine adäquate Möglichkeit darstellen, um lebensbegleitend Muskelmasse aufzubauen und ein gesundes Altern zu unterstützen (Kemmler, Kleinöder & Fröhlich, 2020).

GK-EMS in den jungen Altersdekaden

GK-EMS wird bereits in unterschiedlichen Altersdekaden angewendet. So fanden Ludwig et al. (2020) nach zehn Wochen GK-EMS-Training (einmal pro Woche) bei jugendlichen Fußballspielern signifikante Leistungssteigerungen der Kniestrecker und -beuger, der Hüftadduktoren und der Rumpfbeuger.

Diese Ergebnisse werden durch eine Studie von Berger et al. (2020) gestützt, in der eine achtwöchige GK-EMS-Intervention mit einem 17-jährigen Straßenradsportler durchgeführt wurde, die zu einer Verringerung der subjektiv empfundenen Rückenschmerzen, Verbesserungen der aufgezeichneten Haltungsparameter und einer Steigerung der maximalen Kraftkapazität der Rumpfbeuger und -strecker führte.


Über den Autor

Dr. Joshua Berger arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dozent im Fachbereich Fitness/Individualtraining an derDeutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) und als Referent an der BSA-Akademie. Seit 2017 ist er Mitglied im EMS-Fachkreis, der sich mit aktuellen Themen rund um EMS-Training sowie mit praktischen Leitlinien für den konventionellen Gebrauch befasst.

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Eine Studie von Dörmann et al. (2019) wurde mit einer trainierten weiblichen Kohorte im Alter von 20,5 ± 2,3 Jahren durchgeführt.

Es wurden die Auswirkungen von zweimal wöchentlichem GK-EMS-Training über einen Interventionszeitraum von vier Wochen auf unterschiedliche Parameter beobachtet. GK-EMS führte zu Verbesserungen der Sprintgeschwindigkeit (≤ 6,3 %), der Richtungsänderungsgeschwindigkeit (≤ 5,7 %), der vertikalen Sprunghöhe (≤ 13,2 %) und der Maximalkraft der Kniestrecker (≤ 13,5 %) und -beuger (≤ 18,2 %) (Dörmann et al., 2019).

In einer weiteren Untersuchung konnten Leistungssteigerungen von 15,5 Prozent in der Rumpfstreckung, 10,2 Prozent in der Rumpfbeugung, 14,9 Prozent in der Kniestreckung und 11,7 Prozent in der Kniebeugung sowie 11,3 Prozent in der Handkraft nach einer 24-wöchigen GK-EMS-Intervention mit einer männlichen und einer weiblichen Person im Alter zwischen 19 und 21 Jahren beobachtet werden, was mit den Leistungssteigerungen in den zuvor beschriebenen Studien vergleichbar ist (Berger et al., 2023).

Somit lässt sich zusammenfassen, dass bereits in vergleichsweise jungem Alter eine Steigerung der muskulären Leistungsfähigkeit durch GK-EMS zu beobachten ist.

GK-EMS in den mittleren Altersdekaden

In den mittleren Dekaden 30, 40 und 50 führte eine 24-wöchige GK-EMS-Intervention von Berger et al. (2023) zu einer ähnlichen Entwicklung der untersuchten Parameter, wenngleich das Ausmaß der Leistungssteigerung deutlich geringer war als bei den jüngeren Personen.

Personen aus diesen Jahrzehnten stellen nach einer Erhebung von Rodrigues-Santana et al. (2022) die größte Nutzergruppe konventioneller GK-EMS-Anwendungen dar, allerdings ist die Zahl der Studien, die nicht sportliche Erwachsene dieser Altersgruppe einbeziehen, eher gering.

In diesem Lebensabschnitt wird der Alltag oft überwiegend im Sitzen oder Stehen verbracht, was als unabhängiger Risikofaktor für die Entwicklung chronischer Krankheiten gilt und häufig zu Haltungsschäden und Rückenschmerzen führt (Finger et al., 2017).

GK-EMS hat sich als effektive Methode zur Linderung von Rückenschmerzen erwiesen (Kemmler, 2022). Des Weiteren kann sie als Möglichkeit angesehen werden, in den vorliegenden Altersdekaden bei einem geringen Zeitaufwand sowohl die skelettale Muskelmasse (+1,25–2,9 %) als auch die muskuläre Leistungsfähigkeit, zusammengefasst durch einen additiven Index mehrerer Muskelgruppen (MCI: 3,96–6,85 %), zu verbessern (Berger et al., 2023).

GK-EMS in den gehobenen Altersdekaden

Die umfassendste Literatur findet sich für Menschen im Alter von 60 bis 80 Jahren und älter (Kemmler et al., 2021).

In vielen Fällen sind ältere Menschen aufgrund körperlicher Einschränkungen oder mangelnder Motivation nicht in der Lage, ein intensives Krafttraining durchzuführen, auch wenn es sich positiv auf ihre tägliche Aktivität auswirkt und präventive Vorteile hat, wie die Verringerung von Stürzen und die Reduzierung vom Auftreten verschiedener Krankheiten wie Sarkopenie (Kemmler & Stengel, 2012).

Ältere Menschen können aufgrund der unwillkürlichen Kontraktion und der möglichen Trainingsausführung in statischer oder liegender Position ohne zusätzliche Belastungen in besonderem Maße von der spezifischen Art der GK-EMS-Anwendung profitieren (Kemmler, Teschler & Stengel, 2015).


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In der Studie von Berger et al. (2023) wurden deutliche Kraftzuwächse beobachtet, der MCI verbesserte sich um 10,7 bis 20,9 Prozent, was eine der größten Leistungssteigerungen in der durchgeführten Intervention darstellt.

Von Stengel und Kemmler (2018) beobachteten ähnliche prozentuale Steigerungen für die maximale isokinetische Bein- und Hüftstreckerkraft (MIES) und die maximale isokinetische Bein- und Hüftbeugerkraft (MIFS) .

Bei den Personen im Alter von 65 bis 79 Jahren wurden Steigerungen des MIES von 9,1 ± 7,3 Prozent und des MIFS von 18,1 ± 11,0 Prozent nach einer 14- bis16-wöchigen GK-EMS-Intervention beobachtet (Stengel & Kemmler, 2018).

Diese durch GK-EMS generierten Leistungssteigerungen stehen im Einklang mit einer Studie von Kemmler et al. (2015), in der bei postmenopausalen Frauen im Alter von 65 ± 5 Jahren nach 14 Wochen GK-EMS-Training deutliche Steigerungen in der maximalen Rumpfstreckung (+9,9 %) und Beinstreckung (+9,8 %) festgestellt wurden.

Auch bei Patientinnen über 70 Jahren, die an Sarkopenie litten und nicht in der Lage waren, ein adäquates konventionelles Krafttraining durchzuführen, führte eine zwölfwöchige, einmal wöchentlich stattfindende WB-EMS-Intervention zu einer deutlichen Steigerung der Maximalkraft ihrer Beinstreckung und -beugung, trotz der partiellen Trainingsdurchführung in liegender Position (Kemmler et al., 2015).

Praktische Umsetzung

Die Trainingsinhalte können wie aufgezeigt an das Leistungsniveau der Trainierenden angepasst werden, was eine bestmögliche Individualisierung auf Grundlage der körperlichen Konstitution ermöglicht und daher auch als medizinische WB-EMS von qualifiziertem Fachpersonal als therapeutische Intervention bei Personen mit Vorerkrankungen im Gesundheitsbereich eingesetzt werden kann (Berger, 2022; Berger et al., 2022).

In der kommerziellen Anwendung sind für alle Altersgruppen unbedingt die geltenden Kontraindikationen zu beachten, um ein sicheres und effektives GK-EMS-Training zu gewährleisten (Kemmler et al., 2019).

Als Hilfe zur Planung von GK-EMS-Einheiten kann das Vier-Faktoren-Modell der GK-EMS genutzt werden, da hier die essenziellen Faktoren zur Trainingsplanung und -durchführung miteinander in Verbindung gebracht werden – stets mit dem Ziel, ein effektives und sicheres GK-EMS-Training zu ermöglichen (Berger, 2022).


Lesetipp: Dr. Joshua Berger erläutert in seinem Beitrag „Sicheres und effektives Ganzkörper-EMS-Training“ das Vier-Faktoren-Modell der GK-EMS. Hier erfahren Sie mehr zur Planung und Umsetzung von GK-EMS-Training.


Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass durch GK-EMS über alle Altersdekaden hinweg positive körperliche Veränderungen ausgelöst werden können.

Das Training kann von Personen aller Altersgruppen und Geschlechter mit hoher Adhärenz, Akzeptanz und ohne unerwünschte Nebenwirkungen durchgeführt werden, wodurch die universelle Anwendbarkeit des GK-EMS-Trainings verdeutlicht wird.

Unabhängig von Alter und Geschlecht scheint GK-EMS demnach ein geeignetes Mittel zu sein, um die Leistungsfähigkeit über einen längeren Zeitraum zu steigern oder aufrechtzuerhalten.


Auszug aus der Literaturliste

Berger, J., Janowicz, E., Ludwig, O., Weineck, M., Kemmler, W. & Fröhlich, M. (2023). Influence of a long-term WB-EMS intervention on parameters of body composition and physical performance among individuals of different age decades between 19 and 81 years. Scientific Journal of Sport and Performance, 2 (4), 514–526.

Kemmler, W. (Hrsg.). (2022). Ganzkörper-EMS und Rückenschmerz. Evidenzen und Limitationen einer innovativen Trainingstechnologie. Erlangen: Hrsg.

Kemmler, W., Weissenfels, A., Willert, S., Fröhlich, M., Ludwig, O., Berger, J. et al. (2019). Recommended Contraindications for the Use of Non-Medical WB-Electromyostimulation. German Journal of Sports Medicine/Deutsche Zeitschrift fur Sportmedizin, 70(11), 278–282

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.

Diesen Artikel können Sie folgendermaßen zitieren:

Berger, J. (2024). Gesund und aktiv altern. fitness MANAGEMENT international, 2 (172), 122–124.

 

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