Fitness | Autor/in: Prof. Dr. Daniel Kaptain |

Excess Post-Exercise Oxygen Consumption (EPOC), Nachbrennwert oder Nachbrenneffekt

Die Zielsetzung vieler Kunden ist es, Körperfett zu reduzieren oder in Studiosprache ausgedrückt, 'lean' zu sein. Dazu bietet sich sowohl Kraft- als auch Ausdauertraining an. Ersteres, um Muskelmasse aufzubauen und letzteres, um möglichst viel Energie in Form von Körperfett zu verstoffwechseln. Beiden gemeinsam ist die Strategie, ein Energiedefizit aufzubauen, damit überschüssiges Körperfett reduzieren wird. In diesem Artikel sollen gängige Strategien vorgestellt und reflektiert werden.

Excess Post-Exercise Oxygen Consumption (EPOC) – Was steckt hinter dem sogenannten 'Nachbrenneffekt'?

Allgemein muss bedacht werden, dass für ein Kilogramm Fettmasse ca. 7100 kcal an Energie verstoffwechselt werden müssen (Bischoff & Betz, 2010). Bei einer empfohlenen täglichen negativen Energiebilanz von rund 500 kcal würde für die gezielte Körperfettreduktion (bei Erhalt der Muskelmasse) ca. 35 Tage beansprucht werden müssen, wenn eine ansonsten ausgeglichene Kalorienaufnahme (Zufuhr = Bedarf) vorliegt. Daher ist nachvollziehbar, dass das Bestreben besteht, v.a. den Energieverbrauch durch Aktivität zusätzlich zu erhöhen und somit die Effekte der Körperfettreduktion zu maximieren.

Kalorien verbrennen mit HIT und HIIT

Prinzipiell ist der Effekt von Aktivität in diesem Kontext mit dem Energieverbrauch pro Zeiteinheit, also der Höhe der Intensität, zu beziffern. In diesem Zusammenhang fallen Begriffe wie HIT (high intensity training) oder HIIT (high intensitity intervall training). Beiden wird ein hohes Maß an Energieverbrauch während, vor allem jedoch nach der Belastung nachgesagt. In diesem Kontext wird der Begriff EPOC (excess post-exercise oxygen consumption), auch unter der Bezeichnung 'Nachbrenneffekt' bekannt, als ein zusätzlicher Faktor beim Kalorienverbrauch ins Spiel gebracht.

Erhöhter Energieverbrauch nach Belastung

Der EPOC trägt maßgeblich zu einem bedeutenden Kalorienverbrauch bei unterstützender Gewichtsreduktion bei. Nach Abschluss einer körperlichen Belastung liegt der Sauerstoffbedarf bzw. die -aufnahme (VO2) vorübergehend oberhalb des Ruhewertes. Dieser Mehrbedarf hängt dabei quantitativ primär von den Faktoren Belastungsdauer und -intensität ab (Baum & Schuster, 2008, S. 110). Dieser Mehrbedarf ist durch die Tatsache begründet, dass der Organismus nach einer intensiven Beanspruchung für das Erlangen des „steady state“ (Homöostase) Energie benötigt.

Durch den Ausgleich der belastungsbedingt geleerten Energiespeicher, das Erlangen der normalen Körpertemperatur, das Regulieren auf eine Ruheherzfrequenz und andere Stoffwechselvorgänge wird Energie benötigt, die im EPOC zusammengefasst sind. Der Nachbrenneffekt hält so lange an, bis alle Systeme ihren Ausgangswert wieder erreicht haben – was bei einem 24-Stunden-Zeitfenster ca. 100 kcal betragen kann.

Effekte des EPOC verdoppelt

In einer anderen Analyse (Knab et al., 2011) betrug der Energieverbrauch während des EPOC sogar ein Drittel der im Training (hier lag die Intensität bei ca. 75 Prozent VO2max) verbrauchten Energie. Im Vergleich zu moderaten Ausdauertrainingsbelastungen (Intensität < 70 Prozent der VO2max; Dauer < 50 Minuten) ist hier der Energiebedarf sowohl bei Belastung, wie auch nach Belastung, geringer. Nach einer Studie von Phelain et al. (1997) waren die Effekte des EPOC bei der Experimentalgruppe (Trainingsintensität bei 75 Prozent VO2max) nahezu doppelt so hoch im Vergleich zur Kontrollgruppe, die bei einer Intensität von 50 Prozent VO2max trainierte.

Mehrverbrauch von 70 Kalorien

Im konkreten Vergleich wurden diese genannten Werte bestätigt. Auch hier wurden zwei Gruppen mit unterschiedlichen Trainingsprogrammen untersucht. Der Energieverbrauch 'post-exercise' erreicht einen Mehrverbrauch von 70 kcal (bei einem moderaten, rein aeroben Ausdauertraining). Der Verbrauch verdoppelt sich bei einer intensiven Ausdauertrainingsform (Intensität > 70 Prozent VO2max; Dauer > 50 Minuten) hingegen auf Werte von maximal 180 kcal (Schmidt et al., 2010).

HIIT-Einheiten von 20 bis 25 Minuten

Das hierbei untersuchte HIIT wurde mit Intervallen von 8 x 30 Sekunden maximaler Belastung und einer Pausendauer von 45 Sekunden durchgeführt. Die Gesamttrainingszeit, inkl. Warm-up als auch Cool-down und den genannten Phasen, betrug somit ca. 20 bis 25 Minuten. Solche HIIT-Einheiten sind vergleichsweise kurz.

So zeigten bspw. Wewege et al. (2017) mit HIIT einen ähnlichen Effekt bei einem ca. 40 Prozent geringeren Belastungsumfang im Vergleich zum aeroben Training. Beide Formen eigenen sich zur Fettreduktion, wobei Werte von ein bis zwei Kilogramm Fettabbau als realistisch anzusehen sind, wie Keating 2017 herausstellten.

Ergebnis von Intensität, Dauer und Muskelmasse abhängig

Diese Werte sind jedoch abhängig von der im Training aufgebrachten Intensität, der Trainingsdauer und der Höhe, der im Training eingesetzten Muskelmasse (vgl. im Überblick dazu z.B. Baum & Schuster, 2008). Die hierfür notwendige (sehr) hohe Leistungsfähigkeit bzw. ein optimaler Trainingszustand ist Grundvoraussetzung, da erst so die erforderlichen längeren und intensiven Trainingseinheiten tatsächlich auch zu bewältigen sind (LaForgia et al., 2006). Auch eine schnelle Erholung ist hiernach gegeben.

Alternative Umsetzungsmöglichkeiten – HIRT Training

Neben ausdauerorientierten Belastungen mit hoher Intensität (≥ 80 Prozent Hfmax) konnte ebenso in unterschiedlichen Krafttrainingsstudien (Dolezal et al., 2000; Burt et al., 2014) ein Mehreffekt mittels EPOC bewiesen werden, der noch bis zu 48 Stunden nach Belastung nachweislich war (Burt et al., 2014).

Ein solches Training wird als HIRT (high intensity resistance training) bezeichnet und führt sogar zu noch höheren Werten bezogen auf den EPOC, wie Paoli et al. (2012) zeigten. Der Mehrverbrauch nach dem Training betrug hier 23 Prozent und war somit im Vergleich zum klassischen moderaten Training (fünf Prozent Mehrverbrauch) um ein Vielfaches höher.

Erhöhter Grundumsatz

Weiterer Vorteile einer solchen Krafttrainingsmethode stellen die zusätzlichen neuronalen wie auch endokrinen Effekten dar, die durch die eingesetzte Muskelmasse und die mit den unterschiedlichen Trainingsübungen einhergehende Bewegungsvielfalt und -komplexität verbunden sind. Diverse Studien konnten bspw. belegen, dass die Energie zur Deckung des erhöhten Grundumsatzes primär aus dem subkutanen Fettgewebe bereitgestellt wird (Hunter et al., 1998; Melby et al., 1993).

Erhöhte Testosteronausschüttung

Ein weiterer Vorteil eines HIRT liegt in der erhöhten Testosteronausschüttung während und nach intensiven Trainingsbelastungen mit kurzen Pausenintervallen (Rahimi et al., 2009; Debre et al., 2010; Bottaro et al., 2009), welche wiederum einen Schlüssel für den Erhalt bzw. den Aufbau von Muskelmasse darstellen.

Wie bei den vorherigen Darstellungen sind die Effekte auf Regulations- und Reparaturprozesse zurückzuführen, die den Organismus zusätzlich beanspruchen und weitere Belastungen einschränken, also einen erhöhten Regenerationsbedarf vermuten lassen.

Bei einem Krafttraining mit erhöhter Intensität und Frequenz wird dieser Effekt auf eine Stoffwechselerhöhung (Aufbau und Aktivierung von Muskelmasse) zurückgeführt und wirkt sich demnach ebenso positiv auf die Gewichtsreduktion durch Erhöhung des Energieverbrauchs und des Grundumsatzes aus. Auch hier ist zu beachten, dass die Intensität und Frequenz stark von der Leistungsfähigkeit und den Regenerationsphasen abhängt. Demnach ist neben der Belastbarkeit des Trainierenden auch seine Erholungsfähigkeit zu bewerten.

Weitere positive Effekte sind vor allem für den Metabolismus gegeben, denn durch ein HIRT sind nach Wallace et al. (1991) Optimierungen im Fettstoffwechsel (Erhöhung des HDL-Cholesterins und Reduktion des LDL-Cholesterins) nachweisbar sowie in einer deutlichen Verbesserung des Glukosestoffwechsels (Hurley, 1988) erkennbar.

Voraussetzungen und Besonderheiten eines solchen Trainings

Bei allen dargestellten Effekten muss jedoch herausgestellt werden, dass für eine (hoch)intensive Trainingsbelastung eine vollständige physische wie motivationale Belastbarkeit vorhanden sein muss. Des Weiteren bedingt eine solch intensive körperliche Beanspruchung den dargestellten Regenerationsbedarf (während dem die EPOC-Effekte stattfinden), den der Trainierende umsetzen muss.

Ein stressgeplagter Lebensstil, ungesunde Ernährung und ein Mangel an aktiver Regeneration können in Kombination mit einem intensiven Training sogar negative Effekte hervorrufen. Grundvoraussetzung ist demnach ein guter Gesundheitszustand, eine ausreichende Grundlagenausdauer (aerobe Kapazität) und umfassende Erholungsphasen.

Fazit

Den Fokus des Trainings nur auf die Intensität und den Kalorienverbrauch zu richten, ist eine zu einseitige Betrachtungsweise. Der versierte Trainer muss anhand der allgemeinen Zielsetzung, v.a. jedoch des Trainingszustandes und Leistungsvermögens, die Trainingsintensität gestalten und steuern.

Wenn die Komponenten Belastung und Regeneration optimal aufeinander abgestimmt sind, können die beschriebenen Effekte des EPOC voll zur Geltung gebracht werden. All diese Anforderungen sollten sowohl der Trainier als auch der Trainierende berücksichtigen, bevor diese Trainingsform, samt ihren Effekten, in Betracht gezogen werden.

Über den Autor

Prof. Dr. Daniel Kaptain besitzt einen Master-of-Arts-Abschluss in der Fachrichtung Gesundheitsmanagement und promovierte im Fachbereich Sportwissenschaften an der Goethe Universität Frankfurt/Main. Er arbeitet als Dozent an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) und der BSA-Akademie.
Darüber hinaus ist er Experte für Military Fitness, Athletiktraining und CrossFit. Neben seiner Funktion als wissenschaftlicher Leiter der Premium-Fitnesskette PRIME TIME aus Frankfurt/Main leitet er in dieser Funktion das Athletiktraining mehrerer Profivereine. Seit 2002 ist Daniel Kaptain international (USA) und national als Personal Trainer aktiv.

Literaturverzeichnis

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