Digital, Fitness, Management, Markt | Autor/in: Samir Vincevic |

Best-Practice-Impulse für den Verkauf

Immer wenn Unternehmen sich mit strategischem Marketing, Vertrieb und Verkauf beschäftigen, müsste eigentlich eine Frage ganz oben auf der Liste stehen: Wie gut schafft man es, durch Zusatzverkäufe den Umsatz zu steigern und gleichzeitig die Kundenbindung zu fördern? Anhand von zahlreichen Praxisbeispielen erhalten Sie in diesem Artikel wertvolle Impulse, damit Sie noch kundenorientierter beraten, verkaufen und so Zusatzumsätze erzielen können.

Die effektivste Methode für das Zusatzgeschäft ist die Entwicklung einer Monopolstellung. Wenn es diese Möglichkeit gibt, dann nutzen Sie diese.

Da das in unserer Branche aber eher selten der Fall ist, gibt es zwei alternative Methoden, die Sie verfolgen können, um den gestiegenen Kundenerwartungen (vgl. Foscht, Swoboda & Schramm-Klein, 2015) in der Praxis zu begegnen und ihnen Rechnung zu tragen.

Zahlengetriebener Verkauf vs. kundennahe Beratung

Die erste alternative Methode ist die 'Kraft der Zahl'. Wenn Sie jeden Kunden auf Ihre Zusatzprodukte hinweisen, werden Sie bessere Umsätze erzielen – soweit die Theorie. Die Herausforderung bei diesem zahlengetriebenen Verkaufsmodell ist, die Motivation des Teams konstant hochzuhalten.

Dies ist eine sehr anstrengende Methode, die den meisten Mitarbeitern wenig Freude bereitet, denn das häufige Neinsagen der Kunden und der 'Druck der Zahlen', an dem man gemessen wird, kann sie demotivieren.

Zumindest bei einem Teil der Unternehmen fehlt es hier häufig an den richtigen Skills, damit die Mitarbeiter nicht als reine Verkäufer, sondern als authentische Berater und Experten wahrgenommen werden.

Die zweite Methode ist wesentlich nachhaltiger und somit wirkungsvoller. In der kundenzentrierten Beratung geht es darum, die Probleme bestmöglich zu lösen, Wünsche zu antizipieren und darüber die Brücke zu weiteren Angeboten zu schlagen.

Wichtig dabei ist, dass man sich sehr intensiv mit dem Unternehmen und den Bedürfnissen der Kunden beschäftigt sowie die Schulung und Weiterqualifizierung der eigenen Mitarbeiter vorantreibt. Durch die steigende Kompetenz und ein zielführendes Engagement erreichen Sie und Ihre Mitarbeiter langfristig mehr Glaubwürdigkeit.

Außerdem gewinnen Sie das Vertrauen der Kunden und können dadurch nicht nur deren Loyalität, sondern auch Ihren Umsatz steigern.

Veränderung braucht Zeit, Know-how und Inspiration

Wie in jedem Change-Prozess ist auch hier zu beachten, dass eine Veränderung generell etwas Ungewisses und Unbekanntes in sich birgt. Das gilt auch für Veränderungen im Verkauf und in der Beratung.

Neue Prozesse können bei Ihnen und/oder Ihren Mitarbeitern zu Ängsten/Abneigungen führen, was sich vor allem in der Suche nach Argumenten äußert, weshalb man das Ganze lieber doch unterlassen bzw. sich an das Altbewährte halten sollte. Das muss aber nicht so sein.

Anhand der folgenden Schwerpunkte und Praxisbeispiele blicken Sie über den Tellerrand der eigenen Branche, wodurch Sie wertvolle Denkanstöße und Impulse erhalten sowie Ideen aufgreifen können. Wenn Sie Ihre bestehenden Angebote und Prozesse reflektieren, sollten Sie sich folgende fünf Fragen stellen:

1. Wie einzigartig und überzeugend agiere ich?

Machen Sie sich gezielt Gedanken darüber, ob Sie ein 'Mikro-Influencer' sind. Sind Sie in bestimmten Themenfeldern ein Vorbild bzw. ein Vordenker, haben Sie einen 'Fanclub', sind Sie besonders glaubwürdig oder wirken Sie ausgesprochen authentisch? Das gilt ebenso für Ihr Produkt und auch für den Verkauf.

Wenn Sie dies mit Ja beantworten können, dann haben Sie ein Alleinstellungsmerkmal und können dies gezielt nutzen, um weitere passende Produkte in Ihr Portfolio aufzunehmen.

Mehr als nur die Kernleistung

Oft ist es so, dass Ihrer Kernleistung entsprechende Komplementärprodukte sinnvolle Ergänzungen darstellen. Tragen Sie bestimmte Kleidung, nutzen Sie gewisse Hygieneprodukte, vertreiben Sie spezielle Food-Konzepte oder Nahrungsergänzungsprodukte usw.?

Wichtig: Verkaufen Sie diese als Händler direkt oder sorgen Sie durch eine Kooperation dafür, dass Sie für jedes verkaufte Produkt eine Provision erhalten (Affiliate-Marketing)!

Boutique-Studio-Beispiel

Boutique-Studio-Anbieter im Premiumsegment wie zum Beispiel SoulCycle vertreiben zusätzlich zur Dienstleistung passende hochwertige Kleidung der eigenen oder anderer Marken.

Sofern Sie ein Boutique-Studio-Konzept für Frauen anbieten, könnte beispielsweise die Marke lululemon aus Kanada ein möglicher Partner sein, den Sie in Betracht ziehen könnten. Das Label steht dort bei modebewussten Frauen hoch im Kurs und wäre auch hierzulande eine passende Ergänzung zu Ihrem Dienstleistungsportfolio.

2. Wie gut kann ich Probleme lösen?

Wie können Sie den Kunden durch ergänzende Angebote tatsächlich helfen, Zeit zu sparen, Probleme noch besser zu lösen oder ihnen ein umfassendes Trainings- und Entspannungserlebnis bieten?

Beispiel potenzielle Zusatzleistungen

Eine Faszien- oder Entspannungsmassage (analog oder maschinell) oder der Saunabesuch nach dem Training sind potenzielle Zusatzleistungen, die Ihren Kunden zugutekommen und Ihre Dienstleistung abrunden.

Gerade große Anbieter, die neben Fitnesstraining auch zusätzlich Wellness- und Beautybehandlungen in ihr Leistungsportfolio integriert haben, machen vor, wie es geht. Unternehmen wie Aspria, Holmes Place oder Meridian Spa & Fitness erzielen durch solche Angebote je nach Ausrichtung bis zu zehn Prozent des Gesamtumsatzes.

Pro Euro Behandlungsumsatz können zusätzlich bis zu einem halben Euro Produktumsätze erwirtschaftet werden. Dies bietet weitere Cross-Selling-Möglichkeiten.

3. Wie SMART und digital agiere ich schon?

Können Sie bestimmte Angebote SMARTer präsentieren, weil Sie die Automatisierung und Digitalisierung in Ihrem Studio bereits zielführend nutzen?

Beispiel Thekenverkauf

In meiner Zeit bei Meridian Spa & Fitness haben wir erkannt, dass wir mit dem persönlichen Thekenverkauf aus verschiedenen Gründen nicht alle Kunden erreichen konnten.

Durch die Einführung eines hochwertigen Shake-Automaten ist der Umsatz in diesem Bereich um 30 Prozent gestiegen und die Waren- und Personalkosten haben sich halbiert. Das ist nur ein simples Beispiel, wie man neue Technologien für sich nutzen kann.

Mit innovativen Möglichkeiten punkten

Die Digitalisierung in den Studios bietet für das Training selbst, für die Interaktion mit dem Mitglied und auch für den Verkauf viele innovative Möglichkeiten, um hier bei den Kunden noch mehr zu punkten.

Zum Beispiel kann die Beacon-Technologie (neue Technologie: Kleine Bluetooth-Transmitter machen es möglich, Kunden am Point of Sale Benachrichtigungen und Infos auf ihr Smartphone oder Tablet zu senden) auf verschiedene Weisen eingesetzt werden, um digital und zeitnah über freie Termine, Angebote oder Ähnliches zu informieren und so Begehrlichkeiten zu wecken.

4. Wie gut und fesselnd ist meine Story?

Wenn es Ihnen gelingt, eine emotionale Geschichte mit dem (Zusatz-)Produkt zu verbinden, dann erreichen Sie damit das Herz der Menschen. „Was haben wir uns dabei gedacht?“ „Wie viel Liebe haben wir in die Kreation gesteckt?“ „Worauf sind wir besonders stolz?“ – All das sind relevante Fragen, auf die Sie eine Antwort geben sollten, um Ihre Passion für die Produkte und Dienstleistungen zu unterstreichen und dadurch Vertrauen zu schaffen.

Authentizität und Kundennähe

Erzählen Sie den Kunden, was Sie und Ihre Mitarbeiter jeden Tag motiviert sowie zu Höchstleistungen antreibt und strahlen Sie mit Ihrem Team gemeinsam diesen Spirit auch im Verkauf und in der Beratung aus. Je authentischer und kundennäher Sie agieren, desto eher werden Sie auch von Mitgliedern bzw. Interessenten wahrgenommen und wertgeschätzt.

Beispiel Starbucks

Am berühmten Pike Place Market in Seattle ist der erste Starbucks – heute eine Kultmarke – entstanden und es ist toll, dort die Entstehungsgeschichte zu spüren und zu erleben.

Noch beeindruckender ist die Umsetzung in einer ebenfalls an diesem Markt ansässigen Käsemanufaktur: Dort sieht man durch eine Glasfront, wie die Angestellten die verschiedenen Käsesorten mit viel Leidenschaft herstellen. Im komplett verglasten Ladengeschäft werden die verschiedensten Sorten dann liebevoll präsentiert.

'Alles Käse', oder was?

Im Bistro erhalten Kunden Frühstück, Mittag- und Abendessen. Online werden die Produkte in die ganze Welt verkauft. Ergänzend können Interessierte passende Teller, Messer, Tischdekoration, Kerzen und Accessoires kaufen. 

Ist das 'alles Käse'? Mit diesem Exkurs wird eines deutlich: Durch die Story und die Menschen, die sich dafür einsetzen, erlangt ein Produkt Kultstatus und begeistert die Kunden.

Für Sie bedeutet dies, dass Sie Ihr Produkt durch die Geschichte und die Menschen dahinter emotional aufladen und bei der Beratung vor Ort Live-Erlebnisse schaffen sollten, die nicht nur zum Kauf anregen, sondern auch begeistern und Kunden binden.

5. Wie gut setze ich mein Angebot in Szene?

Überlegen Sie sich, wie Sie Ihre Zusatzangebote bestmöglich in Szene setzen können und in welchem Moment Sie den Kunden damit am besten konfrontieren, um einen bleibenden Eindruck und nachhaltigen Effekt in der selektiven Wahrnehmung zu hinterlassen.

Beispiel Zusatzgeschäft 'Personal Training'

Es gibt diverse Anbieter wie zum Beispiel Equinox, die neben dem exklusiven Ambiente das Zusatzgeschäft 'Personal Training' perfekt inszenieren und zu ihrer Stärke gemacht haben.

Der Kunde erhält innerhalb seiner Mitgliedschaft eine qualitativ hochwertige Einführung, wobei der Trainer einen starken Kompetenzeindruck hinterlässt, auf dem sich weiter aufbauen lässt. In einem Nebensatz erwähnt der Trainer, dass er auch Personal Trainings anbietet und welche Erfolge Kunden damit erzielen.

Personal-Training-Probestunde

Während der Studionutzung sieht das Mitglied immer wieder 'seinen' Trainer bei Personal Trainings: Tolle Übungen, Freude, Motivation und Teamwork stecken an und motivieren dazu, ebenfalls eine Stunde zu buchen.

Hier müssen Sie nur die richtigen 'intrinsischen Treiber' ansprechen und dann mit dem passenden Angebot (z. B. einer vergünstigten Personal-Training-Probestunde) bedienen.

Fazit: Best-Practice-Impulse für den Verkauf

Mit den passenden Fragen können Sie selbst überprüfen, wo Sie und Ihr Unternehmen im Hinblick auf die Kundenorientierung bei der Beratung sowie im Verkauf stehen und Sie können die hier gegebenen Impulse nutzen, um Ihre Methoden zu optimieren.

Fakt ist: In einem Markt, in dem die Konkurrenz immer enger zusammenrückt und der Wettbewerbsdruck kontinuierlich steigt, können genau das wichtige Ansatzpunkte sein, um bei den Kunden gut anzukommen und gleichzeitig den Umsatz zu steigern (vgl. Middelkamp & Rutgers, 2017).

Geschultes Personal

Hier gilt es, authentisch für das einzutreten, wofür man mit seinen Dienstleistungs- und Zusatzangeboten steht und dieses Versprechen in der Praxis auch einzuhalten. Hierzu braucht es geschultes Personal, das auch auf diesem Level beraten und agieren kann.

Loyalität und mehr Umsatz

Wenn Sie bei allem, was Sie tun, nicht nur Bedürfnisse befriedigen, sondern emotionalen Mehrwert und Kundenerlebnisse realisieren, sind Sie auf einem guten Weg und Ihre Kunden werden es Ihnen mit Loyalität und mehr Umsatz langfristig honorieren und 'zurückzahlen'.

Über den Autor

Samir Vincevic ist als Dozent, Autor und Tutor an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) und der BSA-Akademie tätig.
Zudem ist er Geschäftsführer einer Unternehmensberatung, die Führungskräfte weiterbildet und Unternehmen in Veränderungsprozessen begleitet. 
Seit mehr als 25 Jahren arbeitet er im Management, u. a. von 2004 bis 2017 als operativer Geschäftsführer von Meridian Spa & Fitness.

Auszug aus der Literaturliste

Bittner, G. & Schwarz, E. (Hrsg.) (2015). Emotion Selling: Messbar mehr verkaufen durch neue Erkenntnisse der Neurokommunikation (2. überarb. Auflage). Wiesbaden: Springer Gabler.
Middelkamp, J. & Rutgers, H. (2017). Customer engagement and experience in the fitness sektor. Den Bosch: Black Box Publishers.

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.

Diesen und weitere Artikel finden Sie in der fMi 05/2020 & für Abonnenten EXKLUSIV vorab.

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