Personalloser Studiobetrieb und Haftung

Welche Haftungsfragen müssen Smart-Gyms beachten? Antworten gibt Rechtsanwalt Dr. jur. Hans A. Geisler (2. DSSV-Vorsitzender).
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Links: Blaue Hanteln, Wasserflasche, türkise Sportschuhe und Massageball auf hellem Boden. Rechts: DSSV-Logo und rundes Porträtfoto mit Namenslabel Dr. jur. Hans A. Geisler.
Personallose Zeiten im Studio: Welche Pflichten Betreiber von Smart-Gyms jetzt kennen und absichern müssen, erklärt Rechtsanwalt und 2. Vorsitzender des DSSV Dr. jur. Hans A. Geisler
In der deutschen Fitness- und Gesundheitsbranche nimmt die Zahl der Smart-Gyms zu. Diese Studiokonzepte weisen einen hohen Digitalisierungsgrad auf, sodass viele Prozesse automatisiert sind und weniger Personal benötigt wird (DSSV, 2025). Entsprechend bieten Studios vermehrt das Trainieren während personalloser Zeiten an. Was dabei aus rechtlicher Sicht zu beachten ist und in welchen Fällen der Studiobetreiber haftet, wenn es im Studio zu Körper- und Gesundheitsschäden kommt, erklärt Rechtsanwalt und 2. Vorsitzender des DSSV Dr. jur. Hans A. Geisler. Teil 1: Die Verkehrssicherungspflicht des Studiobetreibers

Smart-Gyms oder personallose Studios werden zeitweise (z. B. nachts oder am Nachmittag) oder mittlerweile auch komplett personallos geführt, sodass keine Mitarbeiter vor Ort sind, welche die Trainingsflächen, Nassbereiche oder andere Flächen kontrollieren und überwachen.

Dadurch kommt es zu neuen rechtlichen und tatsächlichen Herausforderungen, insbesondere auch im Hinblick auf mögliche Haftungsszenarien.

Es gibt eine Vielzahl von Urteilen, aus denen sich die rechtlichen Anforderungen an die Sorgfalts- und Kontrollpflichten von Sportvereinen, Freizeitanlagen und Studiobetreibern ergeben (KGFK, 2025). Dies stets unter der Prämisse, dass das Personal in der jeweiligen Anlage vor Ort ist.

Haftungsaspekte kommen im Studioalltag in zahlreichen Konstellationen vor: Das Mitglied verletzt sich bei der Nutzung der Geräte oder es kommt zu Sachschäden, z. B. dem Diebstahl von Wertgegenständen aus dem Spint – oder das Mitglied selbst verursacht einen Schaden an den Geräten oder dem Inventar.

Der personallose Studiobetrieb und damit im Zusammenhang stehende Haftungsfragen stellen in Deutschland juristisches Neuland dar. Bislang gibt es dazu keine veröffentlichte Rechtsprechung.

Rechtslage bei personallos geführten Studios bzw. Smart-Gyms

In Österreich ist der zeitweise Betrieb eines Fitnessstudios vom Landesverwaltungsgericht Tirol untersagt worden (LVwG-2022/15/1508-5). Der Betrieb ohne Anwesenheit einer Aufsichtsperson wurde, unter Verweis auf die österreichische Gewerbeordnung, untersagt.

Bei dem Betrieb eines Fitnessstudios müsse stets eine Aufsichtsperson vor Ort sein, um im Fall eines medizinischen Notfalls sofort Hilfestellung leisten zu können.

Eine derartige Einschränkung kennt das deutsche Recht nicht – auch nicht das Gewerberecht. In Deutschland stellt sich dennoch in rechtlicher Hinsicht die Frage, ob der Verzicht auf eine Überwachung der Räumlichkeiten und insbesondere der Trainingsfläche eines Studios als Verletzung vertraglicher Sorgfalts- bzw. Schutzpflichten zu sehen ist. Also ob das Fitnessstudio nicht bereits aus Gründen vertraglicher Sorgfalts- oder gesetzlicher Verkehrssicherungspflichten gehalten ist, die Trainingsfläche zumindest teilweise zu überwachen. Auch insoweit gibt es aktuell keine gesetzliche Verpflichtung, Personal vorzuhalten.

Da die Anzahl der personalfreien Zeiten stetig steigt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis es zu Schadensfällen kommt, die sodann auch Streitigkeiten nach sich ziehen können. Die hierauf erfolgende Rechtsprechung wird insoweit ergänzende Vorgaben in Bezug auf die Pflichten des Betreibers normieren, so auch Organisations- und Kontrollpflichten. Deshalb sind diese Entwicklungen im Auge zu behalten.

Was ist aktuell vom Studiobetreiber zu beachten?

Ausgangspunkt für alle rechtlichen Überlegungen ist die konkrete Ausgestaltung der jeweiligen Vertragsbeziehungen zwischen Endverbraucher (dem Mitglied) und Gewerbetreibendem (dem Studiobetreiber).

Deshalb kommt es darauf an, was genau Gegenstand des jeweiligen Mitgliedschaftsvertrages ist. Werden dem Kunden vertraglich nur die Geräte und Räumlichkeiten überlassen, so hat dieser eine andere Erwartungshaltung, als wenn mit einer umfangreichen Betreuung durch qualifiziertes – ggf. sogar medizinisch ausgebildetes – Fachpersonal geworben wird und derartige Betreuungsleistungen auch vertraglich vereinbart werden.

Wird in der Kommunikation und gegebenenfalls auch in den vom Studio verwendeten Vertragsunterlagen mit überobligatorisch qualifiziertem Personal oder sogar dem Einsatz von Physiotherapeuten und Ärzten geworben, wird dieses zur Vertragsgrundlage.

So stellt sich die Erwartungshaltung des Mitglieds und der angesprochenen Verkehrskreise ganz anders dar als bei einer reinen Überlassung der Geräte und Räumlichkeiten.

Die vertragliche Ausgestaltung hat daher sowohl im Hinblick auf die vom Studiobetreiber einzuhaltende Verkehrssicherungspflicht als auch insbesondere in Bezug auf etwaige Betreuungspflichten sowie Sorgfaltspflichten relevante Auswirkungen.

Selbst wenn Personal vor Ort ist, kann dieses in der Regel nicht sämtliche Bereiche der jeweiligen Anlage gleichzeitig überwachen. Aus der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung und den zu Schadensfällen entwickelten Grundsätzen lassen sich jedoch konkrete Verpflichtungen auch für die Fälle herleiten, in denen kein Personal vor Ort ist.

Anhand der Kenntnis dieser Pflichten ist es dem jeweiligen Studiobetreiber möglich, eine Individualisierung für die in seiner Anlage konkret vorhandenen Umstände vorzunehmen.

Notwendige und zumutbare Vorkehrungen bei Gefahrenquellen

Die Rechtsprechung geht davon aus, dass jeder Betrieb eines Fitnessstudios eine Gefahrenquelle darstellt.

Derjenige, der eine Gefahrenlage schafft, ist grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren.

Dieser von der Rechtsprechung zugrunde gelegte Maßstab gilt für alle Vertragssituationen und damit auch für personallose Fitnessstudios bzw. Smart-Gyms.

Danach ist der Betreiber jedoch nicht verpflichtet, jeder abstrakten Gefahr vorbeugend zu begegnen. Es gibt kein allgemeines Verbot, andere nicht gefährden zu dürfen. Gäbe es ein solches, dann dürfte z. B. nicht mehr Auto gefahren werden.

Der Vertragspartner muss jedoch die Gefahr, die er selbst eingeht, kennen und beurteilen können. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Sorgfaltspflicht genüge getan, wenn ein Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält. Die herrschende Verkehrsauffassung orientiert sich an den Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls.

Allgemeingültige Grundsätze können auf personallose Fitnessstudios übertragen werden

Diese in der Rechtsprechung entwickelten allgemeingültigen Grundsätze können auf den personallosen Betrieb von Fitnessstudios übertragen werden.

Sodann gilt Folgendes: Der Betrieb eines personallosen Fitnessstudios (ebenso wie natürlich der Betrieb eines herkömmlichen Fitnessstudios) begründet zunächst eine objektive Gefahrenlage, aus der sich die naheliegende Möglichkeit einer Schädigung anderer ergibt.

So kann zum Beispiel ein Mitglied während des Trainings einen Kreislaufkollaps bekommen und ohnmächtig liegen bleiben. Dem jeweiligen (volljährigen) Nutzer ist jedoch bewusst, dass durch das Trainieren und die damit begründete körperliche Anstrengung ein potenziell gesteigertes Risiko entsteht.

Anders ist dies bei Jugendlichen und Minderjährigen, weshalb solche für den personallosen Betrieb ein gesondert hohes Haftungsrisiko für den Betreiber bedeuten.

Personallose Studios verfügen üblicherweise nicht über Personal (jedenfalls nicht vor Ort); also findet auch keine Überwachung des Trainingsbetriebs statt. Wenn dies den Mitgliedern bekannt ist, dann erwartet auch kein Mitglied eine Überwachung seines Trainings. Eine fehlende Überwachung kann damit bei personallosen Studios auch grundsätzlich keine Pflichtverletzung darstellen.

Tipp

Unabhängig von dieser generalisierenden Perspektive sind allerdings stets auch die Umstände des Einzelfalls, in den Grenzen des Möglichen und Zumutbaren, zu berücksichtigen. Die kritische Überprüfung der eigenen individuellen Umstände und das Erkennen von Gefahrenquellen ist Voraussetzung, damit diese beseitigt werden können.

Fazit

Bei den Smart-Gyms rücken Fragen der Verkehrssicherungspflicht und der Haftung in den Fokus, insbesondere wenn kein Personal vor Ort ist, das potenzielle Risiken überwacht oder im Notfall eingreifen kann.

In Deutschland gibt es derzeit keine spezifische gesetzliche Verpflichtung zur Personalpräsenz, anders als z. B. in Österreich. Der Betrieb eines personallosen Fitnessstudios ist in Deutschland rechtlich zulässig, aber mit erhöhten Anforderungen an die individuelle Gefahrenbeurteilung und Präventionsmaßnahmen verbunden.

Rechtlich maßgeblich ist die vertragliche Ausgestaltung der Mitgliedschaft: Je nachdem, ob nur Geräte zur Nutzung bereitgestellt werden oder eine aktive Betreuung vereinbart ist, ergeben sich unterschiedliche Erwartungen und Pflichten. Zentrale rechtliche Grundlage ist die vom Bundesgerichtshof angewandte Verkehrssicherungspflicht: Der Betreiber muss zumutbare Vorkehrungen treffen, um Gefahren für Mitglieder zu minimieren.

Besonders problematisch sind Konstellationen mit Jugendlichen oder Minderjährigen, für die ein höheres Haftungsrisiko besteht.

Ausblick

Der zweite Teil dieses Artikels erscheint in der nächsten Ausgabe der fitness MANAGEMENT international im Dezember 2025. Darin werden die schuldrechtlichen Nebenpflichten und auch die Frage, ob bei personallosen Studios weitere Pflichten zur Aufsicht und Überwachung bestehen, zumindest in Bezug auf die Räumlichkeiten und Gerätschaften, behandelt.

Zu allen rechtlichen Fragen rund um den Studioalltag bietet die Rechtsabteilung des DSSV im Rahmen einer bestehenden Mitgliedschaft die Möglichkeit, eine kostenlose rechtliche Erstberatung mit Einschätzung der Rechtslage zu erhalten, beispielsweise nach Erhalt einer Attestkündigung, zur Überprüfung von Vertragsklauseln oder zu arbeitsrechtlichen Themen.

Auszug aus der Literaturliste

DSSV e. V. – Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen (Hrsg.). (2025). Eckdaten der deutschen Fitnesswirtschaft 2025. Hamburg: Hrsg.

KGFK – Dr. Geisler, Dr. Franke - Rechtsanwälte Partnerschaft mbB (Hrsg.). (2025). Haftung von Studiobetreibern im Verhältnis zum 'Mitglied'. Bielefeld: Hrsg.

Diesen Artikel kannst du folgendermaßen zitieren:

Geisler, H. (2025). Personalloser Studiobetrieb und Haftung. fitness MANAGEMENT international, 5 (181), 52–54.

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Für fitness MANAGEMENT berichtet

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