fM: Herr Zeidler, Sie kommen zwar aus einer Rudererfamilie, haben sich aber erst mal nicht für den Rudersport entschieden, sondern mit dem Schwimmen Ihre Sportlerkarriere begonnen. Wie kam es dazu?
Oliver Zeidler: Als ich mit dem Schwimmen angefangen habe, war ich noch sehr jung – etwa sechs oder sieben Jahre alt. Rudern hingegen ist eine Sportart, die den Rücken, die Gelenke und die Muskulatur stark beansprucht. Aus diesem Grund ist sie für Kinder in diesem Alter noch nicht optimal.
Ich wollte mein eigenes Ding machen – unabhängig von der familiären Rudertradition.
Oliver Zeidler – Olympiasieger & Keynote Speaker Aufstiegskongress 2025
Viele beginnen mit dem Rudern erst im Alter von zwölf, 13 oder 14 Jahren, was als idealer Zeitpunkt gilt, um in diesen Sport einzusteigen. Beim Schwimmen war das anders: Ich habe früh angefangen, recht schnell Fortschritte gemacht und war dann auch darin erfolgreich. Daher habe ich mich entschieden, zunächst diesen Weg zu verfolgen. Außerdem wollte ich auch mein eigenes Ding machen – unabhängig von der familiären Rudertradition.
Ihre Schwimmkarriere war auch erfolgreich: Sie waren u. a. im Rennen um die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro 2016. Warum dann der Wechsel zum Rudern?
Wieso sind Sie das Risiko eingegangen, was ganz Neues zu wagen?
Und übertragen auf das Leben und das Unternehmertum: Woran erkennt man, dass es an der Zeit ist, sich neu zu orientieren, und dass das auch ein erfolgreicher Weg sein kann?
Ich glaube, mein Potenzial im Schwimmen war zu einem gewissen Punkt einfach ausgeschöpft. Mein großer Traum war die Teilnahme an den Olympischen Spielen, aber das habe ich nicht geschafft.
Als das Ziel außer Reichweite war, stand für mich eigentlich fest, dass ich meine sportliche Karriere beende. Ich habe damals erkannt, dass für mich da keine echte Weiterentwicklung mehr möglich war.
Ich konnte nicht mehr viel dazulernen und es wäre irgendwann einfach nur noch frustrierend geworden. Wenn man um jede Hundertstel kämpfen muss und trotzdem kaum Fortschritte macht, wird es irgendwann auch mental belastend.
Aber ganz loslassen konnte ich den Sport dann doch nicht. Mir hat etwas gefehlt, ich habe mich nicht wirklich gut gefühlt; ich brauchte wieder etwas, das mich antreibt, das mir neue Motivation gibt. Dann habe ich das Rudern für mich entdeckt – zuerst über das Ruderergometer, dann auch im Boot.
Und da war plötzlich wieder diese Motivation da. Ich habe von einem Training zum nächsten gemerkt, wie ich Fortschritte mache. Das war unglaublich motivierend und mir hat es richtig Spaß gemacht.
Ich habe das Rudern gelernt – aber vor allem habe ich es lieben gelernt. Im Grunde stand ich dann vor der Entscheidung: aufhören mit dem Sport oder noch einmal neu angreifen – mit einer anderen Sportart.
Und ich bin froh, dass ich mich fürs Weitermachen entschieden habe, weil ich einfach gemerkt habe: Da ist noch dieses Feuer in mir. Besonders war auch der Weg, den ich gegangen bin: Ich bin direkt im Einer geblieben – die meisten fangen ja eher im Großboot an. Das war ein unkonventioneller Weg, aber genau das hat mir gefallen.
Ich glaube, daraus kann man viel mitnehmen – auch fürs Leben oder fürs Unternehmertum. Wenn man das Gefühl hat, dass es nicht mehr richtig weitergeht, dass kein Entwicklungsspielraum mehr da ist, dann sollte man offen sein für Neues.
Und wenn man dann eine wirklich gute Idee hat oder eine echte innere Überzeugung, sollte man den Mut haben, das Risiko einzugehen. Es kann die Entscheidung sein, die alles verändert.
Nach Ihrem Wechsel zum Rudern ging es steil bergauf: 2018 die erste WM-Teilnahme, 2019 der erste Weltmeistertitel.
Wie blicken Sie in diesem Zusammenhang zurück auf Ihre Zeit als Schwimmer – hatten Sie mal das Gefühl, dass es besser gewesen wäre, gleich mit dem Rudern zu starten?
Nein, ich hatte wirklich eine gute Zeit im Schwimmen. Ich war damals in einem tollen Team unterwegs, und ehrlich gesagt bin ich auch lange genau deshalb dabeigeblieben – wegen der Menschen.
Das hat mir viel bedeutet. Im Nachhinein wirkt es vielleicht überraschend, dass ich heute im Einer unterwegs bin und mich im Einzelkämpferdasein so wohlfühle. Aber das hat sich so entwickelt und ich genieße es inzwischen sehr.
Über den Interviewpartner
Oliver Zeidler
Vom Schwimmbecken ins Ruderboot – und direkt an die Weltspitze: Oliver Zeidler, einst erfolgreicher Schwimmer, wechselte 2016 die Sportart und lernte unter der Anleitung seines Vaters Heino Zeidler das Rudern.
In einem einzigartigen Vater-Sohn-Projekt revolutionierte er den deutschen Rudersport. Bereits 2019 krönte er sich zum Welt- und Europameister, keine drei Jahre nach seinem ersten Ruderschlag.
Bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio verpasste er den Einzug ins Finale – ein Rückschlag für den zielstrebigen Weltklasseruderer. 2024 folgte dann der herausragende Olympiasieg Oliver Zeidlers. Dies war zugleich die erste olympische Medaille im Rudersport für Deutschland seit 2000.
Foto: IMD
Ich bereue jedenfalls nichts. Das Schwimmen war für mich absolut sinnvoll – es hat mir eine solide Grundlage für den Rudersport gegeben, körperlich wie mental. Und ich möchte keinen einzigen Tag missen, den ich mit meinen Freunden im Schwimmverein verbringen durfte.
Ihr Einstieg ins Rennrudern war ja stark vom Ergometer geprägt, Ihr erster internationaler Auftritt waren die 'World Games' im Jahr 2017.
Ab wann hatten Sie dann den Eindruck, auch im Boot auf internationaler Ebene Sieganwärter zu sein?
Ehrlich gesagt: Ich wusste anfangs überhaupt nicht, ob das auch im Wasser funktionieren würde. Mein Einstieg war ja stark über das Ergometer geprägt. Aber ich habe natürlich mit meinem Vater auch im Boot trainiert. Er hat mir ganz gezielt und akribisch die Technik in der Eins-zu-eins-Betreuung beigebracht. Das ist schon etwas ganz Besonderes, und dadurch konnte ich ziemlich schnell Fortschritte machen.
Mein erstes Ziel war eigentlich nur, bei der Bayerischen Meisterschaft 2017 zu starten und dort meine erste richtige Regatta zu fahren. Doch dann hat es der Zufall gewollt, dass die Deutschen Jahrgangsmeisterschaften U23 in dem Jahr in München stattfanden – also auf meiner Heimstrecke.
Mein Vater meinte: „Komm, frag doch einfach mal beim Verband, ob du starten kannst.“ Ich dachte mir: Warum nicht? Ich hab ja nichts zu verlieren.
Dann bin ich tatsächlich ins Finale gekommen – mit viel Kampf und ein paar technischen Fehlern – aber am Ende trotzdem mit einer Medaille. Und das war der Moment, in dem ich gemerkt habe: Okay, ich glaube, ich kann das wirklich. Auch im Boot. Da war plötzlich das Gefühl da, dass ich auch im Wasser was reißen kann.
Blicken wir auf Ihre Rudererfamilie: Ihr Vater ist Ihr Trainer, Ihr Großvater war Olympiasieger, wie auch Ihre Tante, und Ihre jüngere Schwester ist Ruderin.
Würden Sie sagen, bei Ihnen wird Rudern tatsächlich 'geatmet'? Und wer hat Sie persönlich am stärksten geprägt?
Das ist gar nicht so leicht zu sagen. Ich glaube, den entscheidenden Impuls hat damals tatsächlich meine Tante gegeben. Als ich meine Schwester bei der Junioren-WM in Rotterdam angefeuert habe, meinte meine Tante zu mir: „Jetzt probier du das doch auch mal aus.“
Da war meine Schwimmkarriere gerade vorbei, also dachte ich: Warum nicht? Ich habe dann zu meinem Vater gesagt: „Kannst du mir das beibringen?“ Und ein paar Wochen später haben wir ganz locker angefangen – einfach mal zum Spaß auf der Regattastrecke.
Mein Vater war vom allerersten Ruderschlag an dabei und hat mir die Technik beigebracht.
Oliver Zeidler – Olympiasieger & Keynote Speaker Aufstiegskongress 2025
So habe ich das Rudern gelernt. Mein Vater war vom allerersten Ruderschlag an dabei und hat mir die Technik beigebracht – bis heute ist er mein Trainer und hat mich zum Olymiasieg geführt.
Und das Denken wie ein Leistungssportler, dieses große Ziel Olympia – das habe ich, glaube ich, von meinem Großvater mitbekommen. Er hat mich schon als Kind zu unzähligen Sportveranstaltungen mitgenommen und mir viele Geschichten vom Rudern erzählt, von seinen eigenen Erlebnissen. Das hat mich stark geprägt und in mir den Wunsch geweckt, selbst einmal olympisch unterwegs zu sein.
Hatten Sie durch die Erfolge Ihrer Familie auch mal das Gefühl, in einem übergroßen Schatten zu stehen? Macht das Druck?
Nein, ehrlich gesagt nicht. Ich bin damit immer sehr behutsam umgegangen – vor allem am Anfang. Ich wollte einfach nur das Rudern lernen – ohne Erwartungen, ohne großen Plan, wohin das führen soll.
Natürlich denken viele automatisch: „Ah, der macht das jetzt nur, weil es in der Familie liegt.“ Das war mir bewusst, aber es war nicht mein Antrieb. Ich bin meinen eigenen Weg gegangen.
Und selbst bei den Olympischen Spielen in Tokio – das war ja für mich ein schwieriger Moment, weil ich nach dem WM-Titel nicht ins Finale gekommen bin – gab es von meinem Großvater keine Spur von Druck.
Im Gegenteil: Er meinte zu mir: „Du musst mir nicht alles nachmachen. Bei meinen ersten Olympischen Spielen habe ich auch keine Medaille geholt.“ In unserer Familie wird mit dem Thema sehr locker und liebevoll umgegangen. Ich glaube, wenn überhaupt, dann bin ich selbst derjenige, der sich den größten Druck macht. Aber nicht, weil er von außen kommt.
Olympia in Tokio 2021 war ein prägendes Ereignis. Als Weltmeister und Top-Favorit gestartet und am Ende keine Finalteilnahme.
Wie geht man mit diesem Frust um? Wie schafft man es, wieder nach vorne zu blicken und nicht alles hinzuschmeißen?
Nach den Olympischen Spielen in Tokio habe ich erstmal Abstand vom Rudern gebraucht. Ich wusste zwar ziemlich schnell: So möchte ich das nicht stehen lassen – aber ich musste erst mal durchatmen. Der Traum von Olympia war für mich immer etwas sehr Positives. Mein Großvater hat oft davon erzählt, das hat mich geprägt.
Dass ich es nach nur drei Jahren im Rudersport überhaupt bis zu den Spielen geschafft habe, war eigentlich schon eine riesige Leistung. Und trotzdem war die Enttäuschung groß, weil ich meine eigenen Erwartungen nicht erfüllen konnte und der Druck, den ich mir selbst gemacht habe, am Ende zu groß war.
Ich wollte nicht, dass dieses Erlebnis meine Olympia-Geschichte bestimmt. Deshalb war klar: Ich brauche Zeit, um das zu verarbeiten. Zwei Monate habe ich mir genommen, um Abstand zu gewinnen – und dann mit neuer Energie wieder anzugreifen.
Welche Tipps können Sie zum Umgang mit Niederlagen geben, die auch im Beruf und im Privaten einsetzbar sind?
Am Ende geht es bei Niederlagen immer darum, daraus zu lernen. Das ist im Sport nicht anders als im Beruf oder im Privaten. Wenn ich einen Rückschlag erlebe, dann ist das nicht das Ende. Im Gegenteil: Ich versuche beim nächsten Mal noch konsequenter im Training zu sein, damit ich diesen Schmerz nicht noch einmal erleben muss.
Denn dieser Moment, in dem man merkt, dass die ganze Arbeit nicht zum gewünschten Erfolg geführt hat – der tut weh. Und der Schmerz wiegt oft schwerer als jedes harte Training. Aber genau deshalb kann er auch ein großer Antrieb sein. Ich glaube, solche Erfahrungen machen uns besser – als Sportler, aber auch als Menschen. Rückschläge zeigen uns, wie sehr uns etwas bedeutet.
Wenn man Frust oder Enttäuschung spürt, ist das zwar im ersten Moment unangenehm, aber eigentlich auch ein gutes Zeichen. Es heißt, dass einem etwas wirklich wichtig ist.
Und manchmal braucht es einen Wake-up-Call. Den habe ich damals in Tokio bekommen. Ich wollte zu viel, hatte zu hohe Erwartungen an mich selbst – und das ging nicht gut aus. Ich habe dann versucht, mich daran zu erinnern, was ich aus früheren Erfahrungen gelernt hatte: Dass es selten funktioniert, wenn man verkrampft etwas Besonderes erreichen will.
Für Paris habe ich es anders gemacht. Ich habe mich in den letzten sechs Wochen vor Olympia anders angespornt. Wichtig ist, Rückschläge in einen Rahmen zu setzen, der einen motiviert – nicht lähmt.
Wie wichtig ist und war Ihnen, gerade in Situationen wie nach Tokio, dass Sie neben dem Sport ein zweites berufliches Standbein haben?
Für mich war es immer sehr wichtig, neben dem Sport ein zweites Standbein zu haben. Es hat mir eine gewisse Sicherheit gegeben – allein schon dadurch, dass ich meinen Lebensunterhalt unabhängig vom Sport bestreiten konnte. Ich musste also keine Medaillen gewinnen, um meine Miete zu zahlen. Das hat mir geholfen, den Sport zu genießen, ohne permanent diesen finanziellen Druck im Hinterkopf zu haben. Sondern einfach so etwas wie ein Sicherheitsnetz. Und ich glaube, genau das hat mir auch dabei geholfen, mich sportlich so zu entwickeln, wie ich es getan habe.
Wie profitieren Sie im 'normalen Leben' von den Eigenschaften eines Spitzensportlers? Welche sind nützlich, welche vielleicht sogar hinderlich?
Ich glaube, im normalen Leben profitiere ich vor allem von Eigenschaften wie Ausdauer, Zielstrebigkeit und einem guten Zeitmanagement. Als Spitzensportler muss man sehr strukturiert sein und lernen, mit Stress umzugehen – das lässt sich eins zu eins auch auf das Berufsleben übertragen.
Manchmal ist Teamarbeit wichtiger als Tempo.
Oliver Zeidler – Olympiasieger & Keynote Speaker Aufstiegskongress 2025
Was manchmal allerdings weniger hilfreich ist, ist dieser ausgeprägte Wettkampfgedanke. Das merke ich aktuell auch in meinem Studium. Wenn ich da zu sehr in den 'Competitor-Modus' komme, passiert es, dass einige Teamkollegen auf der Strecke bleiben – einfach, weil ich im Kopf schon fünf Schritte weiter bin und unbedingt die Ziellinie erreichen will.
In solchen Momenten merke ich, dass ich mich noch verbessern kann. Denn nicht jede Situation verlangt nach maximaler Leistung – manchmal ist Teamarbeit wichtiger als Tempo.
Wie gelingt es Ihnen, alles unter einen Hut zu bekommen, Stichwort Zeitmanagement? Haben Sie einen Tipp?
Ich glaube, Prioritäten zu setzen ist dabei entscheidend. Für mich ist es wichtig, den Wochen- bzw. Trainingsplan so zu strukturieren, dass ich möglichst früh am Tag trainieren kann – oft noch vor der Arbeit. Damit ist diese „Box“ schon abgehakt und ich kann mich danach voll auf den Beruf konzentrieren. Mir hilft dabei auch sehr die Flexibilität in der Zusammenarbeit mit meinem Vater als Coach. Wir sind nicht an feste Uhrzeiten gebunden. Wenn ich mal später dran bin, weil ich noch in einem Call war oder etwas dazwischenkommt, kann ich einfach Bescheid sagen. Diese Anpassungsfähigkeit spielt mir sehr in die Karten und ist entscheidend dafür, dass ich Sport und Beruf gut unter einen Hut bekomme.
Ihre sportlichen Erfolge haben Ihnen 2024 die Ehrung als 'Sportler des Jahres' eingebracht. Was bedeutet dieser Titel für Sie?
Das ist eine große Auszeichnung – auch, weil ich erst der zweite Ruderer überhaupt bin, der diesen Titel erhalten hat. Für mich ist das eine besondere Wertschätzung der Leistung, die man im Laufe des Jahres erbracht hat. Und es zeigt, dass das, was wir im Rudersport leisten, auch über die Szene hinaus wahrgenommen wird. Das macht diesen Titel umso bedeutender – und natürlich freut es mich sehr.
Sie waren in diesem Jahr auch Gast beim Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee, einem der Top-Foren für politische und wirtschaftliche Gespräche.
Was bedeuten Ihnen solche Einladungen? Und welche Impulse kann der Sport in Richtung Politik und Wirtschaft geben?
Die Einladung zum Ludwig-Erhard-Gipfel habe ich sehr geschätzt – auch weil der Gipfel kurz nach der Bundestagswahl stattfand und ich die Gelegenheit nutzen wollte, um Impulse zu setzen.
Gerade im Hinblick auf das Sportsystem in Deutschland sehe ich Verbesserungsbedarf, wenn wir langfristig wieder weiter oben im Medaillenspiegel mitspielen wollen. Ich hatte dort viele interessante Gespräche und das Gefühl, einen guten Eindruck hinterlassen zu haben.
Solche Formate sind wichtig, weil der Sport – wie auch die Kultur – ein immer bedeutenderer Teil unserer Gesellschaft wird. Das gilt umso mehr im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz, in dem viele Aufgaben zunehmend von Maschinen übernommen werden.
Für mich steht fest: Gerade weil uns KI viele Prozesse abnimmt, müssen wir den Fokus künftig stärker auf das legen, was uns als Menschen auszeichnet.
Oliver Zeidler – Olympiasieger & Keynote Speaker Aufstiegskongress 2025
Umso wichtiger werden die Dinge, die das Menschliche ausmachen: sich bewegen, sich messen, kreativ sein – ob im Sport, in der Musik oder in der Kunst. Das sind Bereiche, in denen man sich als Individuum entfalten kann und die uns als Gesellschaft zusammenhalten.
Ich glaube, diese Bedeutung ist vielen noch gar nicht so bewusst. Für mich steht fest: Gerade weil uns KI viele Prozesse abnimmt, müssen wir den Fokus künftig stärker auf das legen, was uns als Menschen auszeichnet. Und da gehört Bewegung ganz klar dazu.
Wie läuft das Training außerhalb des Ruderbootes? Welche Bedeutung hat Krafttraining? Welche anderen Bereiche trainieren Sie im Studio?
Das Training außerhalb des Boots hängt stark vom Saisonabschnitt ab. Im Winter liegt der Anteil an ergänzendem Training deutlich höher – oft bei rund 50 Prozent, je nachdem, ob die Strecke befahrbar ist oder nicht.
Wenn das Wasser gefroren ist, verschiebt sich der Fokus natürlich stärker aufs Landtraining. Zu den Einheiten gehören dann Ausgleichstraining wie Laufen, Radfahren, Ergometertraining und natürlich auch Krafttraining.
Im Sommer hingegen liegt der Fokus klar auf dem Rudern – da würde ich sagen, machen die Einheiten im Boot etwa 80 Prozent des Gesamttrainings aus.
Ergänzt wird das dann noch durch Krafttraining und ein wenig Ausdauersport wie Schwimmen, Laufen oder Radfahren – einfach als Ausgleich.
Krafttraining mache ich das ganze Jahr über. Im Winter mit weniger Gewicht und mehr Wiederholungen, im Sommer dann eher mit Maximalgewichten.
Daneben spielen auch andere Elemente eine Rolle: Gymnastik, Mobility, Physiotherapie – alles mit dem Ziel, Verletzungen vorzubeugen und die Beweglichkeit zu erhalten. Das gehört für mich genauso dazu wie das Krafttraining selbst.
Und das Ergometer bleibt auch ganzjährig ein Begleiter: Ich mache mindestens eine Einheit pro Woche, im Winter natürlich deutlich mehr – einfach weil die Einheiten, die wetterbedingt nicht auf dem Wasser stattfinden können, dann auf dem Ergometer nachgeholt werden.
Worum wird es in Ihrem Vortrag beim Aufstiegskongress gehen?
In meinem Vortrag wird es um viele Themen gehen, die wir auch hier im Gespräch schon gestreift haben – vor allem um mentale Stärke und Motivation. Ich möchte zeigen, wie man mit Rückschlägen umgeht, was man daraus lernen kann und wie sich diese Erfahrungen auch auf das Berufsleben und ins Business übertragen lassen.
Was verbinden Sie persönlich mit dem Motto des Kongresses 'Powerful – People. Business. Future.'?
'Powerful' – das bedeutet für mich in erster Linie, sich selbst anzutreiben, also die eigene Energie zu nutzen, um etwas zu erreichen. Und das gelingt am besten gemeinsam mit anderen Menschen.
Auch im Business – aus dem ich ja selbst komme – geht es letztlich darum, Menschen zusammenzubringen, gemeinsam Wert zu schaffen und etwas zu bewegen.
Insofern finde ich das Motto des Kongresses sehr treffend. Es bringt genau das auf den Punkt, was heute wichtig ist: Menschen, die etwas gestalten wollen – mit Blick in die Zukunft.
Inwiefern kann die Fitness- und Gesundheitsbranche aus dem Spitzensport lernen – etwa in Bezug auf Zielorientierung, Leistungsbereitschaft oder Innovationsgeist?
Oder auch in Bezug auf den Mut zur Neuorientierung?
Gerade in der heutigen, sehr schnelllebigen Zeit ist es wichtig, sich immer wieder neu zu erfinden – das gilt für den Spitzensport genauso wie für die Fitness- und Gesundheitsbranche.
Wir haben vorhin über Künstliche Intelligenz gesprochen: Wer da nicht offen für Veränderungen bleibt und keine Bereitschaft mitbringt, sich mit neuen Entwicklungen zumindest auseinanderzusetzen, wird es schwer haben. Man muss nicht jedem Trend hinterherlaufen, aber man sollte verstehen, was passiert.
Ich glaube, keine Branche ist davor gefeit – auch die Fitness- und Gesundheitsbranche nicht. Der Spitzensport lebt von Zielorientierung, Leistungsbereitschaft und dem Mut zur Veränderung.
Diese Prinzipien lassen sich gut übertragen. Und klar: Als Sportler bin ich prädestiniert, meine Erfahrungen auf einem Fitnesskongress zu teilen. Ich freue mich darauf, Impulse zu geben und Denkanstöße mitzubringen aus den letzten Jahren meines Weges.
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