Trotz des technologischen Fortschritts und Innovationen im Verkaufsprozess bleiben viele Konstanten im Studiovertrieb bestehen: Die Ziele, Bedürfnisse und Erwartungen der Mitglieder sind wichtige Eckpfeiler für eine professionelle Beratung sowie kundenorientierte Angebote im Studio (Küstner, 2024).
Motive und Kundenwünsche sind sehr unterschiedlich und nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich: Manche möchten abnehmen, andere ihren Körper straffen, Rückenschmerzen lindern, Muskeln auf- oder Stress abbauen (Kobel & Küstner, 2024; Raue, 2023). Umso wichtiger ist es, auf diese Aspekte im Verkaufsgespräch mithilfe einer strukturierten Bedarfsanalyse einzugehen.
Die Vorteile einer kundenorientierten Bedarfsanalyse
Eine professionelle Bedarfsanalyse ermöglicht es, die individuellen Wünsche und Ziele der Interessenten systematisch zu erfassen (Russ, 2022). Durch gezielte Fragen und ehrliches Interesse an den Anliegen des Kunden werden nicht nur wertvolle Informationen gewonnen, sondern auch Kompetenz und Kundenorientierung signalisiert. Individuelle Fragetechniken und aktives Zuhören sind wirksame Methoden, um verborgene Bedürfnisse zu erkennen (Limbeck, 2016). Eine sorgfältige Bedarfsanalyse bietet zahlreiche Vorteile:
- Sie erzeugt positive mentale Bilder beim Kunden/bei der Kundin
- Sie gibt wichtige Anhaltspunkte, was diese konkret erwarten und brauchen
- Sie unterstützt und erleichtert eine fundierte Entscheidungsfindung
- Sie fördert den Aufbau einer persönlichen Kundenbeziehung und schafft Vertrauen
- Sie ermöglicht es, potenzielle Einwände frühzeitig zu erkennen und zu entkräften
Fragetechniken als Schlüssel zum Verkaufserfolg
Die Art und Weise, wie Fragen gestellt werden, ist ein zentraler Faktor für den Verkaufserfolg. Folgende Fragetechniken spielen dabei eine Rolle.
Offene Fragen: Sie ermutigen die Kundin oder den Kunden, ausführlich zu antworten, und ermöglichen einen tiefen Einblick in die Bedürfnisse. Beispiele sind: „Was sind Ihre Ziele?“ oder „Welche Herausforderungen stehen im Vordergrund?“.
Geschlossene Fragen: Diese Fragen zielen darauf ab, spezifische Informationen zu erhalten, z. B.: „Haben Sie bereits Fitness-
erfahrung?“ oder „Nehmen Sie derzeit Medikamente ein?“.
Follow-up-Fragen: Diese Fragen zeigen ein vertieftes Inte-
resse an den bereits gegebenen Antworten, z. B.: „Könnten Sie das genauer erläutern?“ oder „Warum ist das für Sie wichtig?“.
Prioritäten klären: Durch Fragen wie „Welche Aspekte sind Ihnen bei einer Lösung am wichtigsten?“ werden die dringendsten Bedürfnisse des Kunden identifiziert.
Zukunftsorientierte Fragen: Fragen, die auf zukünftige Entwicklungen abzielen, z. B.: „Wie sehen Sie Ihre Bedürfnisse in den nächsten fünf Jahren?“, helfen, langfristige Lösungen zu entwickeln.
Empathie zeigen: Durch Fragen wie z. B. „Wie fühlen Sie sich dabei?“ wird eine vertrauensvolle Atmosphäre geschaffen.
Den individuellen „Hot Button“ finden
Durch gezieltes Nachfragen und kontinuierliches Nachhaken können in der Beratung die wahren Motive und Bedürfnisse, der „Hot Button“, nach und nach herausgearbeitet werden. Dieser Prozess ermöglicht es, ein klares Bild der Kundenbedürfnisse zu erstellen, unterstützt die Entscheidungsfindung im Verkaufsgespräch und fördert von Beginn an den Aufbau einer starken Kundenbeziehung.
Ein entscheidendes Werkzeug für jeden Fitnessberater ist dabei der analoge oder digitale „Rotstift“. Dieser dient nicht nur der Dokumentation, sondern wird zu einem wichtigen visuellen Hilfsmittel im Beratungsprozess. Während des Gesprächs hält der Berater mit ihm alle relevanten Informationen auf der Kundenbroschüre oder dem Tablet fest.
Wichtige Notizen im Rahmen des Verkaufsgesprächs:
- Die individuellen Ziele des Kunden/der Kundin
- Konkrete Wünsche und Bedürfnisse
- Den identifizierten "Hot Button"
- Besonderheiten und mögliche Einwände
- Antworten auf die Kaufbereitschaftsfragen
Diese Aufzeichnungen sind nicht nur für den Berater/die Beraterin selbst und den weiteren Verlauf des Verkaufsgesprächs von großem Wert, sondern haben auch eine wichtige psychologische Wirkung auf die Gesprächspartner.
Nutzen für Studiotour und Preispräsentation
Während der Studiotour können diese Notizen dazu genutzt werden, um dem Kunden die Vorteile und den spezifischen Nutzen des Angebots aufzuzeigen (Russ, 2023).
Dieses Vorgehen ist auch für die anschließende Preispräsentation wichtig: Die festgehaltenen Ziele, Wünsche und der „Hot Button“ werden im Anschluss sichtbar neben der Preispräsentation und den verschiedenen Mitgliedschaftsmodellen platziert. So entsteht eine direkte Verbindung zwischen den individuellen Kundenbedürfnissen und dem angebotenen Preis, was den (Mehr-)Wert des jeweiligen Angebots unterstreicht und die Balance zwischen Kundenwünschen und Preis-Leistungs-Verhältnis anschaulich visualisiert.
Durch diese Herangehensweise wird die Kundenberatung nicht nur effektiver, sondern auch persönlicher und überzeugender. Der Kunde sieht, dass seine Anliegen ernst genommen werden, was das Vertrauen stärkt und die Entscheidungsfindung positiv beeinflusst.
Einwandvorbehandlung und proaktive Gesprächsführung
Die Einwandvorbehandlung ist eine zentrale Technik, um potenzielle Bedenken der Interessenten frühzeitig zu identifizieren und im Verlauf des Gesprächs zu entschärfen (Ziglar, 2002). Dieser proaktive Ansatz ermöglicht es, potenzielle Unsicherheiten zu beseitigen, bevor sie den Verkaufsprozess be- bzw. im schlimmsten Fall verhindern. Eine effektive Einwandvorbehandlung umfasst folgende Schritte:
Antizipation potenzieller Einwände: Hierbei geht es darum, häufige Einwände im Voraus zu antizipieren und bei Bedarf im Gesprächsverlauf auf diese einzugehen. Beispiele könnten sein: „Ich habe zu wenig Zeit“, „Ich muss erst meinen Partner fragen“, „Ich muss erst eine Nacht darüber schlafen“, „Das ist mir ehrlich gesagt zu teuer“, „Die Laufzeit ist zu lang“, „Mir fehlt folgendes ...“.
Strukturierter Gesprächsverlauf: Potenzielle Einwände sollten sinnvoll durch gezielte Fragen und passende Argumente/Vorschläge im Verkaufsgespräch thematisiert werden. Beispiele hierfür sind: „Wie häufig möchten Sie trainieren, um Ihre Ziele zu erreichen?“. Diese Frage nimmt den möglichen Einwand der fehlenden Zeit bereits vorweg. Alternativ: „Wussten Sie, dass wir auch zeiteffizientes EMS-Training anbieten?“. Oder: „Wenn Sie eine kürzere Laufzeit bevorzugen, würde ich Ihnen unser flexibles Mitgliedschaftsmodell XY empfehlen.“
Positive Formulierungen nutzen: Durch bejahende, empathische Botschaften wird ein angenehmes Gesprächsklima geschaffen, das die Wahrscheinlichkeit eines Abschlusses erhöht. Verwenden Sie stets positive Formulierungen, um den Abschluss zu fördern, z. B.: „Wenn Sie Mitglied sind, dann …“ anstatt „Falls Sie Mitglied werden, dann …“. Arbeiten Sie auch mit gemeinsamen Zielen in der Zukunft und schaffen Sie dadurch Vertrauen und Verlässlichkeit: „Wir werden Sie aktiv dabei unterstützen, Ihre Ziele zu erreichen!“ oder „Gemeinsam werden wir …“.
Beweisführung und Referenzen: Referenzen, authentische Erfolgsgeschichten und Beispiele von anderen Mitgliedern können helfen, Einwände/Bedenken auszuräumen und die Entscheidungsfindung zu erleichtern. Konkrete Beispiele sind: „Wir haben viele Kunden, die wie Sie ...“ oder „Gerade unsere Gruppenkurse kommen bei unseren Mitgliedern super an.“
Nach der Clubpräsentation besteht ein weiterer wichtiger Schritt im Einwandvorbehandlungsprozess darin, durch gezielte Fragen das Einverständnis und die Zufriedenheit des Interessenten zu bestätigen. Diese sogenannten Kaufbereitschaftsfragen führen zu aufeinanderfolgenden Ja-Antworten, was nicht nur das Selbstvertrauen der Berater stärkt, sondern auch den Kunden auf eine positive Entscheidungsfindung vorbereitet und den Weg für den erfolgreichen Abschluss ebnet.
Fazit
In einer Zeit, in der die Digitalisierung die Kundenakquise revolutioniert, bleibt die Kernaufgabe des Face-to-Face-Verkaufs im Studio dieselbe: die Bedürfnisse und Ziele der Kunden zu verstehen, sie gezielt anzusprechen und maßgeschneiderte Lösungen anzubieten. Moderne Technologien bieten im Verkaufsprozess wertvolle Unterstützung, aber der menschliche Faktor – insbesondere durch eine empathische und strukturierte Bedarfsanalyse – bleibt unersetzlich.
Die Fähigkeit, die richtigen Fragen zu stellen und aktiv zuzuhören, entscheidet letztlich über den Verkaufserfolg im Studio. Umso wichtiger ist es, Mitarbeitende in Sachen Verkauf und Kundenkommunikation regelmäßig zu schulen und für diese Punkte zu sensibilisieren.
Auszug aus der Literaturliste
Küstner, A. (2024). Mitgliederbedürfnisse (er)kennen und bedienen. fitness MANAGEMENT international, 4 (173), 72–74.
Kobel, S. & Küstner, A. (2024). Typologie der Fitnesstreibenden 2024. Wer trainiert in Fitness- und Gesundheitsanlagen in Deutschland? Saarbrücken: DHfPG.
Russ, N. (2022). Erfolgsfaktor professionelle Beratung. fitness MANAGEMENT international, 2 (160), 82–84.
Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte literatur@fitnessmanagement.de.
Diesen Artikel können Sie folgendermaßen zitieren:
Russ, N. (2024). Mit den richtigen Fragen zum Verkaufserfolg. fitness MANAGEMENT international, 6 (176), 106-108.