Gesundheit, Management | Autor/in: Anke Mächler |

BGM als Methode zur Gesundheitsförderung

Immer mehr Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern Maßnahmen zur Gesundheitsförderung an. Fitness- und Gesundheitsstudios nehmen hier eine Doppelrolle ein. Einerseits unterstützen sie Unternehmen bei der Einführung und Umsetzung von betrieblichen Gesundheitsförderungsmaßnahmen. Andererseits müssen sie auch für ihren Betrieb mögliche Gesundheitspotenziale erschließen und ihrer Rolle als Arbeitgeber und den damit verbundenen Pflichten gerecht werden.

BGM als Chance zur Mitarbeitermotivation

Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt stellt Unternehmen vor zwei große Herausforderungen: Zum einen wird es immer schwieriger, qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen – zum anderen, diese auch langfristig zu halten.

Zufriedenheit steigern

Neben dem steigenden Leistungsanspruch wird ein Mangel an Wertschätzung als Grund für die fehlende Bindung angeführt.

Faktoren wie Gehalt, Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, Personalentwicklung sowie besondere zusätzliche Angebote wie Bonusprogramme spielen eine entscheidende Rolle, um die Zufriedenheit der Mitarbeiter zu gewährleisten.

Mitarbeiterbindung verbessern

Diese allgemeine Betrachtung gilt es nun auf die Fitness- und Gesundheitsbranche zu übertragen und Möglichkeiten aufzuzeigen, wie es gelingen kann, die Mitarbeiterbindung durch verschiedene Maßnahmen im Bereich des BGM-Portfolios zu verbessern.

Die besondere Herausforderung liegt dabei in der Doppelfunktion als Dienstleister und gleichzeitig als Arbeitgeber und damit als Vorbild.

Authentizität macht den Unterschied

Diese Vorbildfunktion des Arbeitgebers entscheidet unter Umständen im Bereich der Kundenneugewinnung auch über Glaubwürdigkeit und Authentizität.

Für die Implementierung eines BGM in ein Unternehmen gibt es sowohl aus Arbeitgeber- wie auch aus Arbeitnehmersicht Vorteile (siehe Tab. 1).

Gratifikationen als Chance

Im Modell beruflicher Gratifikationskrisen von Siegrist (1996; Abb. 1) steht der Aspekt der Belohnung, die für eine erbrachte Arbeitsleistung gewährt wird, im Vordergrund.

Kommt es zu einem Missverhältnis zwischen der Arbeitslast und der entsprechenden Vergütung, wird in diesem Modell aufgezeigt, dass es zu einer Gratifikationskrise kommt.

Dabei spielen nicht nur der tatsächliche Lohn oder das Gehalt eine Rolle, sondern auch die Anerkennung und Wertschätzung sowie die beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten und die Sicherung des Arbeitsplatzes (siehe Abb. 1).

Im Umkehrschluss bedeutet das, dass gezielte BGM-Maßnahmen im Unternehmen für die Mitarbeiter als Gratifikation wahrgenommen und als Wertschätzung empfunden werden könnten.

Wichtig ist hierbei, dass die Maßnahmen möglichst genau auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter zugeschnitten sind.

Zusätzliche Leistungen sind der Clou

Um sich im Wettbewerb um gute Nachwuchs-/Fachkräfte von der Konkurrenz abzuheben bzw. um Mitarbeiter gezielt zu binden, bieten Unternehmen zusätzliche Leistungen wie beispielsweise BGM-Maßnahmen an.

Doch das übliche Angebot von Einzelaktivitäten, wie es in vielen Branchen praktiziert wird, ist nicht ausreichend, da Angebote für Bewegung das berufliche Umfeld der Mitarbeiter betreffen und damit keine attraktive Leistung darstellen.

Verhältnis- und Verhaltensprävention

Ideal wäre ein umfassendes BGM-Konzept, das neben Möglichkeiten zur Gestaltung der Arbeitsbedingungen (Verhältnisprävention) auch Chancen zur Änderung des individuellen Verhaltens aufzeigt (Verhaltensprävention).

Zentrale Erfolgsfaktoren sind dabei die Unterstützung durch Geschäftsleitung und Führungskräfte sowie eine regelmäßige Evaluation und Weiterentwicklung.

Ermittlung des Status quo im Unternehmen

Eine Empfehlung für den ersten Schritt ist der INQA-Check'Gesundheit' der 'Offensive Mittelstand – Gut für Deutschland' (2016), um eine vertiefende Selbstbewertung Ihres Unternehmens vorzunehmen.

Der INQA-Check „Gesundheit“ behandelt alle wesentlichen Themen der Gesundheitsförderung und des Gesundheitsmanagements und ermöglicht es kleinen und mittleren Unternehmen, einen Status quo zu ermitteln und darauf basierend entsprechende Interventionen zu planen.

Interventionsplanung auf Basis der Ergebnisse

Auf Basis der Ergebnisse des Checks können Maßnahmen in den Handlungsfeldern Gesundes Unternehmen, Gesunde Arbeitsbedingungen, Gesunde Führung und Gesundes Verhalten geplant werden. Beispiele hierfür sind:

Gesundheitsförderliches Führungsverhalten

  • kontinuierliche Führungskräfteentwicklung (Umgang mit Über- und Unterforderung als Führungskraft)
  • Entwicklung eines (Nachwuchs-) Führungskräftekonzeptes
  • Qualifizierung der Führungskräfte für gesundheitsförderliches Verhalten (Information über Rechte und Pflichten, z. B. Arbeitsschutz und Fürsorgepflicht)
  • Einführung von Mentoring-Programmen (Train-the-Trainer-Konzepte)
  • Coaching, Supervision (Umgang mit „schwierigen“ Mitarbeitern)

Zusammenarbeit im Team

  • Umgang mit Konflikten und gerechte Arbeitsverteilung, um Mobbing vorzubeugen
  • Fehlerkultur und gegenseitige Unterstützung, Feedback-Kultur leben
  • Seminare zu Kommunikation (interne und externe Kommunikation gegenüber Kunden/Lieferanten und Kooperationspartnern)
  • Workshops (Teamentwicklung), Teamcoaching, Supervision (z. B. Umgang mit „schwierigen“ Kunden, Kunden mit besonderen Krankheitsbildern)
  • Workshop zur Gestaltung der digitalen Zusammenarbeit (Regeln zur Erreichbarkeit, „Ausschaltzeiten“ von Mobilgeräten)

Arbeitsorganisation

  • z. B. Arbeitszeitmodelle und Arbeitszeitgestaltung

Personalentwicklung 

  • individualisierte Weiterbildungsprogramme
  • Lebenslaufplanung (Aufstiegschancen)
  • Seminare zum Stress- und Zeitmanagement
  • regelmäßige Rücksprachen

Arbeitsschutz

  • Durchführung regelmäßiger Gefährdungsbeurteilungen inkl. psychischer Belastung (Vorbildfunktion) und Angebot von individuellen Gesundheitschecks
  • Umgang mit Abwesenheit, Einführung systematischer Rückkehrgespräche
  • Pausenraumgestaltung (Verantwortlichkeiten klären), Rückzugsräume

Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)

  • Verbesserung der Kommunikation und Einladung, am BEM teilzunehmen
  • Aktualisierung der Dienstvereinbarung zum BEM

Verpflegungsmöglichkeiten

  • Mikrowelle, Küchenzeile, Obst usw.

Prinzipien der Gesundheitsförderung

Wichtig bei der Einführung verschiedenster Maßnahmen ist die Berücksichtigung der Prinzipien der Betrieblichen Gesundheitsförderung:

Partizipation: Die gesamte Belegschaft wird in Prozesse und Veränderungen der Betrieblichen Gesundheitsförderung einbezogen.

Integration: Betriebliche Gesundheitsförderung wird in allen Unternehmensbereichen und bei wichtigen Entscheidungen berücksichtigt.

Ganzheitlichkeit: Gesundheit wird durch das individuelle Verhalten der Beschäftigten und die Bedingungen am Arbeitsplatz beeinflusst.

Fazit

Die Anforderungen an die Belastbarkeit der Mitarbeiter allgemein und in der Fitness- und Gesundheitsbranche nehmen durch den zunehmenden Wettbewerb und die höheren Kundenerwartungen stetig zu.

Vor diesem Hintergrund werden die Arbeitgeber mehr denn je daran interessiert sein, Instrumente zu entwickeln und zu nutzen, um die Motivation der Mitarbeiter über die monetären Aspekte hinaus zu erhöhen bzw. zu erhalten.

Maßnahmen im Rahmen eines BGM sind gerade aus Sicht der Branche naheliegend und vor dem Hintergrund der Vorbildfunktion ein guter Ansatz.

Anke Mächler

Anke Mächler war nach ihrem Sport- und Germanistik-Studium viele Jahre als Geschäftsführerin und Inhaberin eines BGM/BGF-Dienstleistungsunter-
nehmens tätig. Heute gibt sie ihre Erfahrung als BGM-Beraterin und Dozentin an der BSA-Akademie und der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) weiter.

Auszug aus der Literaturliste

Offensive Mittelstand – Gut für Deutschland (Hrsg.) (2016). INQA-Check „Gesundheit“. Die Potenziale für ein gesundes Unternehmen ausschöpfen – Selbstcheck für Unternehmer.

Zugriff am 03.12.2019. Verfügbar unter http://www.inqa-check-gesundheit.de/check-gesundheit/daten/mittelstand/pdf/INQA_Check_Gesundheit.pdf

Siegrist, J. (1996). Soziale Krisen und Gesundheit. Eine Theorie der Gesundheitsförderung am Beispiel von Herz-Kreislauf-Risiken im Erwerbsleben. Göttingen: Hogrefe.

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