fM: Welche Trainingsformen und -inhalte werden im Vorfeld und dann während einer Turnierphase primär angewendet?
Julius Balsmeier: Zunächst müssen wir darauf schauen, mit wie viel Spielzeit die Spielerinnen nach der Saison zur Nationalmannschaft kommen. Wer hatte wie viele Tage Pause? In individueller Absprache mit mir werden dann Pausentage festgelegt, um alle auf den gleichen Stand zu bekommen und gemeinsam in die Turniervorbereitung zu starten.
Wir haben uns mit zwei Trainingscamps in Herzogenaurach auf die EM vorbereitet. Dazwischen gab es zwei Tage Pause. Im ersten Camp lag der Fokus auf der körperlichen Fitness und im zweiten Block standen taktische und inhaltliche Dinge im Fokus, was aber natürlich immer mit der spielspezifischen Fitness einhergeht.
Wir haben in der Vorbereitungszeit drei hochintensive Einheiten durchgeführt, in denen wir spielerisch belastet haben und dann punktuell mit Sprints und Highspeed-Runs auf das Niveau gekommen sind, das der Intensität eines Spiels entspricht oder sogar darüber hinausgeht. Auf diese Weise schaffen wir es, Spielbelastungen zu simulieren, ohne dass wir ein offizielles Testspiel o. Ä. durchführen.
Welche Geräte stehen bei Trainerinnen und Trainern von Spitzensportlern zurzeit besonders hoch im Kurs?
Volker Lichte: Es gibt eine Standardausstattung, die seit 18 Jahren vom DFB vorgegeben wird, aber es wird immer individueller, immer spezieller – in Form von Anfragen der Spielerinnen und Spieler. Die Basisgeräte werden standardmäßig genutzt und durch spezielle Geräte ergänzt.
In der Vorbereitung auf die Europameisterschaft 2025 haben wir im Hotel in Zürich, das das Basecamp war, ein Gym eingerichtet. Für den Cardiobereich hatten wir zwölf Indoorbikes, die für die Aktivierung, die Regeneration sowie auch für verletzte Spielerinnen und Spieler einfach top sind, ein Lamellenlaufband, einen Crosstrainer und das Total Body Cycle, das ergänzend zu den Cardiogeräten viel für intensivere Einheiten und die Herz-Kreislauf-Aktivierung genutzt wird.
Im Kraftbereich war für eine verletzte Spielerin die Beinbeuger-Beinstrecker-Maschine gezielt angefragt worden, um ihre Return-to-Play-Phase damit zu ergänzen. Die Glute Ham Bench gehört seit letztem Jahr zum Standardequipment. Sie ist im Fußball besonders gefragt, weil damit die Hamstrings speziell trainiert werden können.
Weitere Standardkraftgeräte sind mittlerweile unser doppelseitiger Kabelzug Functional Trainer und auch unser Half Rack – mit dem entsprechenden Zubehör.
Lassen sich aus Ihrer Sicht in den letzten Jahren Veränderungen oder Trends in der Trainingsgestaltung und der Geräteauswahl für den Hochleistungssport ausmachen?
Julius Balsmeier: Die Trainingsgestaltung an sich hat sich insofern verändert, dass immer mehr Fußball gespielt wird, wobei das Spieltempo immer höher wird und wir die Spielform im Training entsprechend anpassen müssen. Wir machen in allen Spielformen – vom Eins-gegen-eins bis zum Elf-gegen-elf – mehr im hochintensiven Bereich mit immer mehr intensiven Phasen und dann auch einer entsprechenden Erholung.
Es ist ein Mix aus hochintensiven Trainingsformen und einer guten Regeneration, sodass die Spielerinnen diese Intensitäten immer wieder abrufen können.
Die Geräteauswahl ist super individuell geworden. Wir reagieren zum Teil auf Wünsche einzelner Spielerinnen, die z. B. aus einer langen Verletzung kommen und sich bestimmte Geräte wünschen. Wir versuchen, das möglich zu machen.
Anderen Spielerinnen reicht z. B. ihre Langhantel oder ihre Kettlebell. Wir fordern nicht 15 Großgeräte an und gucken mal, wer was nutzt, sondern wir fragen vorher ab, wer was wofür braucht, um individuell auf jedes Bedürfnis eingehen zu können.
Jedes Studiomitglied ist ein Athlet: Welche Trends haben für dich das Potenzial, sich auch in den Fitnessstudios zu etablieren?
Volker Lichte: Zuerst sehe ich die Individualität. Die Qualität liegt darin, jedes Mitglied einzeln aufzunehmen und sich mit dem individuellen Gesundheits- und Fitnesszustand zu beschäftigen. Der Markt bietet dafür sehr gute Tests. Dazu gehört aber auch, auf die Persönlichkeit zu schauen: Wie ist die Struktur? Wie kann man sie motivieren? Welches spezielle Gerät ist – bezogen auf die Konstitution und den Fitnesszustand – genau das Richtige für meine Trainierenden? Das gibt dem Studiomitglied das Gefühl, dass es individuell betreut wird, um bestmögliche Leistung zu erzielen.
Bei der Nationalmannschaft kommen die Spielerinnen und Spieler aus einer langen Saison und müssen dort abgeholt werden, wo sie stehen – manche brauchen mehr Regeneration, manche mehr intensive Einheiten. Auch bei einem Mitglied gilt es, darauf zu achten, wo es gerade steht und wie man im Training und in der Performance das nächste Level erreichen kann.
Zweitens – Ganzheitlichkeit: Trainingserfolge erreiche ich nicht nur durch hartes Training, hohe Gewichte und weil ich immer an die Grenzen gehe, sondern es ist ein Mix aus 100 Prozent Aktivität und 100 Prozent Erholung. Studios sollten auch Angebote und Räume für die Regeneration gestalten, die über Inhalte wie Yoga und Entspannungskurse hinausgehen, um Anregungen zu geben.
Viele der Auswahlteams nutzen unsere Massagesessel, um runterzukommen, auch gepaart mit Musik. Es geht darum, den Mitgliedern die Philosophie der Ganzheitlichkeit darzustellen und das Prinzip der Superkompensation in den Vordergrund zu rücken. Das Thema Kälte und viele andere Konzepte eignen sich, um Regenerationsphasen attraktiv zu gestalten.
Dazu gehört natürlich die Kombination aus Cardio- und Kraftgeräten und freiem Training. Diese drei Bereiche bilden die Grundlage jedes Fitnesszeltes und jedes Gyms, die wir für den Spitzensport einrichten.
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