Fitness, Management | Autor/in: Samir Vincevic |

Mitarbeiter- und Teamentwicklung in der Praxis

Wenn es darum geht, Dienstleistungsunternehmen erfolgreich zu führen, ist es elementar, dass die Mitarbeitenden bereit sind, den Weg mitzugehen und dabei auch die berühmte 'Extrameile' nicht scheuen. Im Folgenden werden praxiserprobte und verständliche Ansätze vorgestellt, mit denen Sie einzelne Mitarbeitende und das gesamte Team noch wirkungsvoller führen können.

Mitarbeiter- und Teamentwicklung in der Praxis

Die Managementherausforderungen im Rahmen der Mitarbeiterführung und Teamentwicklung sind sehr komplex und viele Aspekte beeinflussen sich gegenseitig. Deshalb ist es wichtig, die im Folgenden dargestellten Ansätze immer im Gesamtkontext zu sehen und in der Praxis ganzheitlich zu agieren. Wir können z. B. mit einer sehr guten Kommunikation nur punktuell das Fehlen der richtigen Grundeinstellung des Managements ausgleichen.



 

Grundeinstellung: Welche Haltung hat das Management?

Aus meiner Erfahrung spielen folgende sieben Eigenschaften eine wesentliche Rolle: Über allem steht die charakterliche Integrität. Das bedeutet, verlässlich im Verhalten zu sein. Mein Leitsatz dazu ist: 'Verlässlich im Verhalten und unberechenbar im Follow-up'.

Mitarbeitende müssen sich auf das Verhalten der Führenden jederzeit verlassen können. Nur sollten diese nicht so berechenbar werden, dass die Mitarbeitenden genau wissen, wann welche Frage gestellt wird bzw. wann sie mit bestimmten Themen konfrontiert werden oder Fallbeispiele (hier: den Umgang in bestimmten Situationen) erklären müssen.

Eine gewisse Unberechenbarkeit sichert ein anhaltend hohes Energie- und Konzentrationslevel im Team. Ist die Führungskraft ein Vorbild, gibt das dem Team eine sehr gute Orientierung. Denn Menschen orientieren sich an dem, was sie sehen, nicht an dem, was ihnen gesagt wird.

Die Hauptverantwortlichen eines Unternehmens werden, ganz unbewusst, sehr genau beobachtet. Das Gesehene dient in der Praxis häufig als Maßstab für die eigene Leistung.


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Ein gesundes Selbstbewusstsein ist wichtiger als das Know-how, weil es oft großen Mut braucht, das entsprechende Wissen auch anzuwenden. Aber Vorsicht, es darf nicht in die Selbstgefälligkeit abdriften.

Dinge offensiv anzugehen, unliebsame Entscheidungen zu treffen und keine Minderleistungen 'auszusitzen' (Harmoniesucht endet immer im Konflikt) sind für den Teamspirit ebenfalls wichtig. Dabei gilt es, lernfähig und am Menschen interessiert zu sein.

Zu guter Letzt geht es um Ergebnisse, sprich, die 'PS auf die Straße zu bringen'. Fakt ist: Was ich nicht messen kann, kann ich nicht steuern. Wirksamkeit zeigt sich im messbaren Verhalten, in harten Fakten und in der sichtbaren (Weiter-)Entwicklung.


 


Unternehmenskultur und die Why-Frage

Was ist die Story, der Sinn, der Nutzendas Why –, wonach Sie gemeinsam mit Ihrem Team streben? Seien Sie sich gewiss: Es gibt immer eine Unternehmenskultur! Entweder wird diese durch das Management proaktiv und zielgerichtet eingeführt und gepflegt oder sie entsteht ungesteuert.

Überall, wo Ungewissheit herrscht, entstehen Spekulationen sowie Interpretationsspielräume und daraus entwickelt sich eben eine „Kultur der ungeschriebenen Gesetze“. Erarbeiten Sie deshalb mit dem Team gemeinsam, wofür Ihr Unternehmen steht, wie Sie von ihren Kunden als Unternehmen gesehen werden möchten und welchen Nutzen Sie den Mitgliedern und Kunden bieten.

Sorgen Sie dafür, dass dies allen Mitarbeitenden – vom Reinigungspersonal über den Trainer bis hin zur Geschäftsleitung in der täglichen Praxis immer wieder bewusstgemacht wird.

Rekrutierung und Führung: die richtigen Menschen einstellen und wirksam führen

Bezogen auf die Leistung der Mitarbeitenden haben Führungskräfte zwei große 'Hebel', die sie nutzen können bzw. sollten. Zum einen gilt es, zuallererst die richtigen Menschen einzustellen und diese dann entsprechend gut zu führen und weiterzuentwickeln.

Je besser die Kultur und die Ziele des Unternehmens zu den Werten und Motiven der Bewerbenden passen, desto höher ist die intrinsische Motivation und die Identifikation mit dem Unternehmen. Stellen Sie sich vor, Ihre Mitarbeitenden könnten sich einen Großteil der Arbeitszeit mit Dingen beschäftigen, die sie begeistern und ihnen als sinnvoll erscheinen.

Wenn ich nun in den Vorstellungsgesprächen erfahren möchte, wie die Bewerbenden 'ticken', ist es sehr wichtig, dass ich ihnen keine Antworten in den Mund lege. Offene Fragen helfen uns, den Menschen 'in seiner Tiefe' zu verstehen. Fallbeispiele und Rollenspiele überraschen die Bewerbenden und schon allein die erste Reaktion auf die Aufgabenstellung gibt uns wichtige Erkenntnisse.

Wenn z. B. Kontaktfähigkeit sehr wichtig ist, dann schicken Sie die Bewerbenden los, mit der Aufgabe, von fremden Menschen die Lebensgeschichte zu erfahren und sie Ihnen vorzustellen.

Bieten Sie den neuen Mitarbeitenden beim Jobeinstieg immer möglichst viel Orientierung. Dazu sollte es eine organisierte Einarbeitung (bspw. in Form einer 'Patenschaft') geben. Das tägliche Gespräch mit der Führungskraft, um Fragen zu klären, konkrete Arbeitssituationen zu besprechen, das Know-how zu entwickeln – also das sogenannte One-Minute-Management –, ist ein genauso wichtiges Führungswerkzeug wie die regelmäßigen Feedbackgespräche.

Wichtig dabei ist, dass immer der 360-Grad-Blick zählt. Beide Parteien haben hierbei die Möglichkeit, ihre Sichtweisen zu erläutern und Ziel ist es, sich gegenseitig noch besser zu verstehen.

Motivation und Teamspirit fördern

Neben dem größten Motivationsfaktor, der schon beschriebenen intrinsischen Motivation, sorgen das Zugehörigkeitsgefühl und die Gewissheit, dass man gebraucht wird, sowie das Einbringen der eigenen Fähigkeiten für noch mehr Teamspirit.

Deshalb sollten Führungskräfte die Qualitäten und Talente ihrer Mitarbeitenden immer stärkenorientiert einsetzen und auch Freiräume zur Weiterentwicklung bieten. Durch das Übertragen von Verantwortung kann sich das Team bestmöglich einbringen und zum Erfolg des Unternehmens jeden Tag aktiv beitragen.

Konditionierung: der Schlüssel zur Nachhaltigkeit

Das Ritualisieren von Handlungen ist ein großes Geschenk der Natur an die Menschheit. Nur weil wir so viele Dinge unbewusst durchführen, hat unser Gehirn die Möglichkeit, sich selektiv auf bestimmte Dinge zu konzentrieren. Denken Sie doch mal daran, wie es war, das erste Mal ohne Stützräder Fahrrad zu fahren oder erinnern Sie sich an die erste Fahrstunde in der Fahrschule im Vergleich dazu, wie selbstverständlich wir diese Dinge heute tun. All diese komplexen Handlungen sind 'in Fleisch und Blut' übergegangen. Wir machen es einfach!

Wenn wir diszipliniert eine bestimmte Handlung oder Denkweise hunderte Male wiederholen, 'konditionieren' wir unsere Handlungen bzw. das Denken und irgendwann geht es wie von selbst. In puncto Qualität und Nachhaltigkeit unseres Tuns ist dies eine tolle Möglichkeit, sehr viele Dinge in kurzen Abständen und ohne nachzudenken richtig zu machen. Ihre Führungsaufgabe besteht hierbei darin, dafür zu sorgen, dass die richtige Leistung der Mitarbeitenden 'konditioniert' wird.

Fazit

Seien Sie ausdauernd und fokussiert: Führung ist ein Marathon und kein Sprint. Es gilt, wie beim Jonglieren, immer alle Themen so lange in der Luft zu halten, bis die Umsetzung zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Mein letzter Tipp: Um sich nicht zu übernehmen, sollte man immer nur drei bis fünf Themen gleichzeitig angehen.

Wenn alles funktioniert, dann gehen Sie gern die nächsten Punkte an. Sehen Sie die aufgeführten Ansätze doch wie die Zutaten für einen guten Cocktail und lassen Sie sich auch von kleineren Rückschlägen nicht verunsichern, denn: 'Wenn es leicht wäre, könnte es jeder'.


Über den Autor

Samir Vincevic ist als Dozent, Autor und Tutor an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) und der BSA-Akademie tätig. Zudem ist er Geschäftsführer einer Unternehmensberatung, die Führungskräfte weiterbildet und Unternehmen in Veränderungsprozessen begleitet.


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