Fitness, Gesundheit | Autor/in: Markus Wanjek |

Köperfett abbauen mit HIIT?

HIIT wird häufig als effektive, zeiteffiziente Trainingsmethode zur Gewichtsabnahme bzw. Körperfettreduktion empfohlen. Doch ist HIIT tatsächlich die Lösung, um bestehende Gewichtsprobleme wirkungsvoll zu bekämpfen?

Wenig Aufwand, große Wirkung: High Intensity Interval Training (HIIT) wird sowohl in den Medien als auch in vielen Fitnesseinrichtungen als hocheffektive, zeiteffiziente Trainingsstrategie zur Gewichtsabnahme bzw. Körperfettreduktion propagiert. Nennenswerte Abnehmerfolge sollen schon nach kurzer Zeit sichtbar sein. Doch ist HIIT tatsächlich die Lösung, um bestehende Gewichtsprobleme wirkungsvoll zu bekämpfen? Der nachfolgende Artikel betrachtet die aktuelle Studienlage.

 

Gewichtsreduktion ist eines der häufigsten Trainingsziele für Fitnessstudiobesucher (Arbeitgeberverband Deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen [DSSV], 2013). Viele Kunden erhoffen sich in möglichst kurzer Zeit, sichtbare Abnehmerfolge zu erzielen. In diesem Zusammenhang stellt sich sowohl für Fitnesstrainer als auch für Kunden die Frage nach der optimalen Trainingsstrategie zur effektiven Gewichts- bzw. Körperfettreduktion.

HIIT als Schlüssel für Gewichts- bzw. Körperfettreduktion?
Üblicherweise wird zur Gewichtsabnahme ein moderat-intensives, umfangorientiertes Ausdauertraining (Moderate Intensity Continuous Training, MICT) empfohlen (Donnelly et al., 2009). Gemäß den evidenzbasierten Trainingsempfehlungen des American College of Sports Medicine sind bei Vorliegen von Übergewicht/Adipositas mindestens 150 Minuten pro Woche erforderlich, um eine moderate Gewichtsreduktion (ca. 2-3 kg) zu erzielen. Für einen substanziellen Gewichtsverlust (ca. 5-7,5 kg bzw. > 5 Prozent des Ausgangsgewichtes) wird ein Trainingsumfang von mindestens 225 bis 420 Minuten pro Woche benötigt (Donnelly et al., 2009). In der Realität zeigt sich jedoch, dass nur sehr wenige Personen das empfohlene Aktivitätspensum erreichen (Ekkekakis, Vazou, Bixby & Georgiadis, 2016). Einer der wichtigsten Gründe dafür ist Zeitmangel (Gibala & McGee, 2008; Trost, Owen, Bauman, Sallis & Brown, 2002).

High Intensity Interval Training (HIIT) gilt seit einiger Zeit als vielversprechende, zeiteffiziente Trainingsmethode, um Gewicht bzw. Körperfett zu reduzieren (Boutcher, 2011). Die Effekte sollen bereits in relativ kurzer Zeit erreichbar (Whyte, Gill & Cathcart, 2010) und im Vergleich zu einem MICT sogar ausgeprägter sein (Trapp, Chisholm, Freund & Boutcher, 2008).

Die positiven Ergebnisse aus einzelnen Studien haben dazu geführt, dass sowohl in den Medien als auch in vielen Fitnesseinrichtungen HIIT als effektives Mittel zur schnellen Körperfettreduktion propagiert wird. Laut „Worldwide Survey of Fitness Trends for 2018” hat sich HIIT inzwischen zum Top-Fitnesstrend entwickelt (Thompson, 2017).

Doch wie steht es um die Effektivität von HIIT als Trainingsstrategie zur Gewichts- bzw. Körperfettreduktion? Stellt HIIT im Vergleich zu MICT tatsächlich eine effektivere und zeiteffizientere Trainingsmethode dar? Die Beantwortung dieser Fragen ist sowohl für Fitnesstrainer als auch für Fitnessstudio-Kunden von hoher praktischer Relevanz. Im Folgenden wird die aktuelle Studienlage hierzu betrachtet. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Zielgruppe von übergewichtigen bzw. adipösen Personen.

Was ist HIIT?
Bei HIIT handelt es sich um eine spezielle Variante des Intervalltrainings. HIIT-Programme sind durch einen systematischen Wechsel von kurzen, hochintensiven anaeroben Belastungsphasen und kurzen, weniger intensiven aeroben Erholungsphasen gekennzeichnet (Physical Activity Guidelines Advisory Committee [PAGAC], 2018).

Eine allgemeingültige Definition von HIIT mit standardisierten Belastungsvorgaben existiert in der wissenschaftlichen Literatur bisher allerdings nicht (PAGAC, 2018). In den vorliegenden Studien, in denen die Effekte von HIIT im Hinblick auf eine Veränderung von Körpergewicht und Körperfett untersucht wurden, sind die unterschiedlichsten Belastungsprotokolle zu finden (Keating, Johnson, Mielke & Coombes, 2017; Maillard, Pereira & Boisseau, 2018; Türk et al., 2017; Wewege, van den Berg, R., Ward & Keech, 2017). Die Belastungsintensität variiert zwischen 80 und 100 Prozent HFmax bzw. ist größer 80 bis 90 Prozent VO2max oder supramaximal („all out“).

In Abhängigkeit von der gewählten Intensität variieren sowohl die Intervall- als auch die Pausendauer zwischen wenigen Sekunden und mehreren Minuten (8 s bis 4 min). Die am häufigsten genutzten Belastungsformen sind Walking/Laufen (Laufband) und Radfahren (Fahrradergometer). Die Gesamtdauer einer HIIT-Einheit liegt bei ca. 20 bis 30 Minuten inkl. Warm-up und Cool-down. Die mittlere Trainingshäufigkeit beträgt drei Einheiten pro Woche. Der daraus resultierende Trainingsumfang ist mit ca. 90 Minuten pro Woche relativ gering. Dies stellt einen entscheidenden Vorteil von HIIT-Programmen dar. Die Interventionsdauer liegt in den meisten Studien bei 10 bis 12 Wochen.

Ist HIIT eine effektive Trainingsmethode zur Gewichts- bzw. Körperfettreduktion?
Die zusammengefassten Ergebnisse von verschiedenen systematischen Reviews und Meta-Analysen zeigen, dass HIIT zu einer signifikanten Körperfettreduktion führt (Batacan, Duncan, Dalbo, Tucker & Fenning, 2017; Keating et al., 2017; Maillard et al., 2018; Türk et al., 2017; Wewege et al., 2017). Die Höhe der erzielten Effekte ist jedoch moderat ausprägt. So wird die Gesamtkörperfettmasse im Mittel um ca. 1,4 bis 2,0 Kilogramm, der Körperfettanteil um ca. 1,3 Prozent und das gesundheitlich bedenkliche Bauchfett um ca. 2 bis 3 Zentimeter (Taillenumfang) reduziert. Eine Gewichtsreduktion zeigt sich dabei nicht.

HIIT vs. MICT – Welche Trainingsmethode bringt den besten Effekt?
Eine vergleichende Analyse von HIIT versus MICT zeigt, dass beide Trainingsmethoden hinsichtlich einer Körperfettreduktion gleichermaßen effektiv sind (Keating et al., 2017; Wewege et al., 2017). Nur in einer Meta-Analyse zeigte sich für HIIT eine etwas bessere Reduktion des Körperfettanteils (Türk et al., 2017).

Gemessen am Zeitaufwand scheint HIIT im Vergleich zu MICT jedoch die zeiteffizientere Trainingsmethode zu sein. Bspw. konnten Wewege et al. (2017) in ihrer Meta-Analyse feststellen, dass der Zeitaufwand der eingeschlossenen HIIT-Programme im Vergleich zu einem MICT bei einem ähnlichem Körperfettverlust um ca. 40 Prozent geringer war (95 min/Woche vs. 158 min/Woche). Eine andere Meta-Analyse konnte allerdings keine bessere Zeiteffizienz von HIIT feststellen (Keating et al., 2017).

Bei der Bewertung der Studienlage ist insgesamt zu beachten, dass die beobachteten Effekte bisher vornehmlich für Kurzzeitprogramme (< 12 Wochen) und in Laborstudien nachgewiesen wurden. Zudem erfolgte nicht immer eine ausreichende Kontrolle von potenziellen Störvariablen, wie z. B. der Energieaufnahme. Zur weiteren Beurteilung der Effektivität sind Langzeitstudien unter realen Feldbedingungen erforderlich (Keating et al., 2017).

Handlungsempfehlungen für die Praxis
Derzeit können noch keine allgemeingültigen Aussagen darüber getroffen werden, welches HIIT-Protokoll den besten Effekt zur Körperfettreduktion bringt (PAGAC, 2018).

Basierend auf den vorliegenden Studienergebnissen kann für übergewichtige bzw. adipöse Personen das folgende HIIT-Programm als Handlungsempfehlung für die Praxis dienen (Batacan et al., 2017; Cassidy et al., 2017; Keating et al., 2017; Maillard et al., 2018):
 • Häufigkeit: 3 x pro Woche
 • Intensität: > 80 Prozent Hfmax, RPE ≥ 16-17 (sehr anstrengend)
 • Intervalldauer: 1-4 min
 • Pause (Verhältnis Belastung/Erholung): 1:1, 1:2
 • Anzahl Intervalle: 4-10
 • Gesamtdauer Intervalle (akkumuliert): 10-20 min
 • Dauer pro Trainingseinheit: ca. 20-30 min (inkl. Warm-up, Cool-down)
 • Belastungsformen: Laufband, Fahrrad-/Ruderergometer (Einsatz großer Muskelgruppen)

Vor der Aufnahme eines HIIT-Programms sollte ein gesundheitliches Risiko-Screening erfolgen. Zudem ist eine mehrwöchige Vorbereitungsphase (ca. 8-12 Wochen), in der ein moderat-intensives Ausdauertraining durchgeführt wird (z. B. 2-3 x pro Woche, 20-30 min pro Einheit), empfehlenswert (DeFeo, 2013; Gillen & Gibala, 2014).

Zusammenfassung und Fazit
HIIT stellt bei Vorliegen von Übergewicht/Adipositas und knappem Zeitbudget unter qualifizierter Anleitung eine wirksame, zeiteffiziente und abwechslungsreiche sowie sicher anwendbare Trainingsmethode zur moderaten Körperfettreduktion dar (Gesamtfettmasse, abdominelles und viszerales Fett). Daneben kann durch HIIT die kardiorespiratorische Fitness deutlich gesteigert werden (Türk et al., 2017). Ebenso können bestehende Risikofaktoren für kardiovaskuläre und metabolische Erkrankungen (z. B. Insulinresistenz, Bluthochdruck) positiv beeinflusst werden (PAGAC, 2018).

Die Effekte sind bereits innerhalb kurzer Zeit (< 12 Wochen) erreichbar. Zur Erzielung einer substanziellen Gewichtsreduktion (> 5 Prozent) ist HIIT allerdings nicht geeignet. Idealerweise sollte zu diesem Zweck ein HIIT-Programm mit einer Reduktionskost kombiniert werden (Gremeaux et al., 2012; Keating et al., 2017).

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Markus Wanjek
Der Sportwissenschaftler Markus Wanjek ist stellvertretender Fachbereichsleiter Gesundheitswissenschaften und Dozent der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement. In gleicher Funktion ist er auch im Fachbereich Gesundheitsförderung für die BSA-Akademie tätig. Zudem verfügt er über langjährige praktische Erfahrung als Fitnesstrainer.

 

 

 

Auszug aus der Literaturliste
- Arbeitgeberverband Deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen. (2013). Eckdaten der deutschen Fitness-Wirtschaft 2013. Hamburg: Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen.
- Batacan, R. B., Duncan, M. J., Dalbo, V. J., Tucker, P. S. & Fenning, A. S. (2017). Effects of high-intensity interval training on cardiometabolic health: a systematic review and meta-analysis of intervention studies. British Journal of Sports Medicine, 51 (6), 494-503.
- Boutcher, S. H. (2011). High-Intensity Intermittent Exercise and Fat Loss. Journal of Obesity, 2011.
- Cassidy, S., Thoma, C., Houghton, D. & Trenell, M. I. (2017). High-intensity interval training: a review of its impact on glucose control and cardiometabolic health. Diabetologia, 60 (1), 7-23.

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