Ernährung | Autor/in: Jan Prinzhausen |

Effektives Gewichtmachen - Worauf Kampfsportler in Sachen Ernährung achten sollten

Die Maßnahmen der Sporternährung orientieren sich an der Struktur der Trainingsplanung. Dementsprechend werden Basisernährung, Wettkampfvorbereitung, Wettkampfernährung und die Regeneration unterschieden. Der Schwerpunkt in der Wettkampfvorbereitung von Kampfsportlern liegt im Erreichen des erforderlichen Wettkampfgewichtes, was die Athleten nicht selten vor Herausforderungen stellt.

Zwischen Gewichtsabnahme und Leistungsbereitschaft für den Kampf: Ernährung in der Wettkampfvorbereitung im Kampfsport.

Wettkämpfe im Kampfsport finden in der Regel gestaffelt in Gewichtsklassen statt. Eine Gewichtsklasse ist mit einem Mindest- und einem Maximalwert definiert, in dem das Gewicht des Athleten schwanken darf.


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Athleten, deren Körpergewicht von der angestrebten Klasse abweicht, müssen dementsprechend Körpermasse aufbauen oder reduzieren. Das Aufbauen aktiver Körpermasse (= fettfreier Masse) erfordert einen vergleichsweise langen Zeitraum. Geeignete Maßnahmen werden daher begleitend zum Basistraining umgesetzt. Dem hingegen lässt sich das Reduzieren von Körpermasse in wenigen Wochen und somit im Rahmen der Wettkampfvorbereitung erzielen.


Rapider Masseabbau beim Gewichtmachen

Kampfsportler wählen häufig den Weg des raschen Gewichtsverlustes (= Gewichtmachen) in wenigen Tagen. Auf diese Weise lässt sich das mehrwöchige und aufwendige Anwenden einer Reduktionsdiät umgehen. Allerdings sind die dazu praktizierten Maßnahmen in der Regel nicht zum Erhalt der körperlichen Leistungsfähigkeit geeignet. Die Maßnahmen umfassen Hungern, Nullfasten, das Reduzieren der Flüssigkeitszufuhr und das Meiden von Kochsalz begleitet von Saunagängen, exzessiven Laufeinheiten und heißen Bädern in Neoprenanzügen zum Abschwitzen von Körperwasser (Artioli et al., 2016).

Minus acht Kilo innerhalb von zwei bis drei Tagen

Auf diese Weise reduzieren Athleten das eigene Körpergewicht um acht Kilogramm und mehr innerhalb von zwei bis drei Tagen. In der Folge werden die Glykogenspeicher der Muskulatur massiv abgebaut (Tarnopolsky et al., 1996). Der Körperwassergehalt und der Elektrolytspiegel fallen unter die physiologischen Normwerte (Reale et al., 2018). Parallel dazu unterliegt die Muskulatur katabolen Prozessen (Ozkan &Ibrahim, 2016). Der Vorteil des raschen Gewichtsverlustes bedingt somit den Nachteil abnehmender Leistungsbereitschaft (Jlid et al., 2013).

Unvollständige Kompensation

Vor dem Wettkampf erfolgt das Wiegen des Körpergewichtes zur Kontrolle der Einhaltung der vorgeschriebenen Gewichtsklasse. In Abhängigkeit von Art und Niveau des Wettkampfes verbleibt nach dem Wiegen bis zum Kampfbeginn ein Zeitraum von einigen Stunden bis hin zu anderthalb Tagen. Wenn keine wiederholte Kontrolle des Gewichtes erfolgt, nutzen die Athleten diesen Zeitraum zum Essen und Trinken. Ein Teil der Energiespeicher und des Körperflüssigkeitsvolumens lässt sich somit regenerieren (Daniele et al., 2016). Diese Vorgehensweise führen die Athleten als Argumentation an, die Nachteile des rapiden Gewichtmachens rechtzeitig vor dem Kampf ausgleichen zu können.

Strikte körpergewichtsreduzierende Maßnahmen

Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Folgen des rapiden Gewichtsverlustes in dem dargestellten Zeitraum nicht angemessen zu kompensieren sind. Es verbleiben in den meisten Fällen eine eingeschränkte Leistungsbereitschaft und folglich verschlechterte Wettkampfergebnisse (Barley et al., 2018). Für Athleten, die an mehrtägigen Wettkämpfen teilnehmen und dabei ein konstant anforderungsgerechtes Körpergewicht nachweisen müssen, entfällt die Teilkompensation sogar vollständig. Ungünstiger Weise kann sich das Praktizieren der strikten körpergewichtsreduzierenden Maßnahmen dann über Tage hinziehen.

Leistungsgerechtes Gewichtmachen

Aufgabe der Sporternährung ist es, Diätmaßnahmen zu planen und umzusetzen, welche den Körpergewichtsverlust auf Kosten des Fettgewebes ermöglichen. Der Muskelglykogen-, Flüssigkeits- und Elektrolytgehalt des Körpers sollte dabei möglichst wenig beeinträchtigt werden (Lambert & Jones, 2010).

Da pro Woche lediglich mit einem Körperfettabbau von 0,5-1 kg geplant werden kann (Fogelholm, 1994), erstreckt sich der Zeitraum des leistungsgerechten Gewichtmachens über mehrere Wochen. Die Wettkampfvorbereitungsphase sollte demzufolge rechtzeitig geplant und begonnen werden. Dabei muss zudem ein Abgleich mit den geplanten Trainingsbelastungen vorgenommen werden. Denn die negative Energiebilanz zur Förderung des Masseabbaus vereint sich nicht mit einem erhöhten Trainingspensum, welches gewöhnlich vor Wettkämpfen von Athleten abverlangt wird.

Gegebenenfalls auch Nahrungsergänzungsmittel

Als Standard lässt sich eine Reduktionskost mit einem täglichen Defizit von ca. 500-700 kcal beschreiben. Diese sollte zudem eiweiß- und ballaststoffbetont sowie bedarfsgerecht in der Mikronährstoffversorgung bilanziert werden. Eventuell hilfreich können dabei auch Nahrungsergänzungsmittel sein. Die Flüssigkeits- und Salzzufuhr verbleibt auf einem angemessenen Niveau. Individuell muss entschieden werden, ob die Reduktionskost kohlenhydratbetont oder kohlenhydratreduziert durchgeführt werden soll. Offiziell empfohlen wird die betonte Kohlenhydratzufuhr (Fogelholm, 1994). Die Kunst beim Abnehmen besteht darin, bzgl. des Verlaufs der Gewichtsreduktion eine Punktlandung zu vollziehen. Optimal wäre demnach das Erreichen des Wettkampfgewichtes ein bis zwei Tage vor dem Kampf. Denn muss der Athlet das Zielgewicht unnötig lange halten, steigt das Risiko von Leistungsverlusten an.

Gewisse Leistungseinbußen unumgänglich

Sehr schwierig erweist sich das leistungsgerechte Gewichtmachen für Kampfsportler mit niedrigem Körperfettanteil. Denn der angestrebte Masseabbau in Form von Körperfett setzt einen nennenswerten Körperfettanteil voraus. Athleten mit niedrigem Körperfettanteil verbleibt dann häufig nur der Weg, Körperwasser zu reduzieren, Muskelmasse abzubauen oder eine Kombination aus beidem zu wählen. Gewisse Leistungseinbußen sind somit geradezu unumgänglich. Die betroffenen Kampfsportler wären theoretisch in einer höheren Gewichtsklasse besser aufgehoben, was sich praktisch jedoch nicht immer organisieren lässt. Unabhängig von der Gewichtsproblematik kann es hilfreich sein, Beta-Alanin zu supplementieren. Täglich fünf Gramm für ein bis zwei Wochen zugeführt, erhöht die Leistungsfähigkeit (Donovan et al., 2012).

Unmittelbare Wettkampfvorbereitung

Bereits benannt wurde der Zeitraum zwischen dem Wiegen und dem eigentlichen Wettkampf. Je länger sich dieser Zeitraum erweist, desto besser für den Athleten. Denn die Zeit kann genutzt werden, Energie, Flüssigkeit und Nährstoffe zuzuführen. Bei Amateurkämpfen beträgt der Zeitraum ca. zwei bis sechs Stunden. Der Zeitraum ist zwar zu knapp, um bedarfsdeckend Nahrung zuzuführen, jedoch ausreichend für das Trinken isotoner Lösung.

Angemessene Regeneration nach dem Wiegen

Bei professionellen Kämpfern findet das Wiegen ungefähr anderthalb Tage vor dem Kampf statt. Ein Mindestzeitraum von ca. zwölf Stunden eignet sich für die angemessene Regeneration nach dem Wiegen (Cengiz, 2015), einschließlich dem strategischen Aufladen der Glykogenspeicher und der Rehydrierung des Flüssigkeitsvolumens.

Fazit

Im Kampfsport werden häufig leistungsmindernde Maßnahmen zur Gewichtsreduktion durchgeführt. Damit erhöht sich das Risiko, infolge körperlicher Leistungseinbußen schlechter im Wettkampf abzuschneiden. Daher sind jene Maßnahmen zielführend, welche dabei helfen, Dehydrierung, Elektrolytverschiebungen und die muskuläre Glykogenverarmung zu verhindern.

Über den Autor

Der Ernährungswissenschaftler Jan Prinzhausen ist langjähriger Dozent an der Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement sowie der BSA-Akademie. Weitere Tätigkeiten umfassen die Ernährungsberatung am Olympiastützpunkt Thüringen sowie das Veröffentlichen von Büchern zum Thema Sporternährung, Abnehmen und Ernährungsberatung.

 

In unserer fM Serie zum Thema „Angewandte Sporternährung“ sind außerdem diese beiden Artikel erschienen:

Teil 1: "Definitionsphase im Bodybuilding" von Jan Prinzhausen

Teil 2: "Marathonvorbereitung mit System" von Prof. Dr. Georg Abel

 

 

Literaturverzeichnis

Artioli, G.G., Saunders, B., Iglesias, R.T. & Franchini, E. (2016). It is Time to Ban Rapid Weight Loss from Combat Sports. Sports Medicine, 46 (11), 1579-1584.

Barley, O.R., Iredale, F., Chapman, D.W., Hopper, A. & Abbiss, C.R. (2018). Repeat Effort Performance Is Reduced 24 Hours After Acute Dehydration in Mixed Martial Arts Athletes. National Strength & Conditioning Association, 32 (9), 2555-2561.

Cengiz, A.(2015). Effects of self-selected dehydration and meaningful rehydration on anaerobic power and heart rate recovery of elite wrestlers. Journal of Physical Therapy Science, 27 (5), 1441-1444.

Daniele, G., Weinstein, R.N., Wallace, P.W., Palmieri, V. & Bianco, M. (2016). Rapid weight gain in professional boxing and correlation with fight decisions: analysis from 71 title fights. The Physician and Sports Medicine, 44 (4), 349-354

Donovan, T., Ballam, T., Morton, J.P. & Close, G.L. (2012). β-alanine improves punch force and frequency in amateur boxers during a simulated contest. International Journal of Sport Nutrition and Exercise Metabolism, 22(5), 331-7.

Fogelholm, M. (1994). Effects of bodyweight reduction on sports performance. Sports Medicine, 18 (4), 249-67.

Jlid, M.C., Maffulli, N., Elloumi, M., Moalla, W. & Paillard, T. (2013). Rapid weight loss alters muscular performance and perceived exertion as well as postural control in elite wrestlers. The Journal of Sports Medicine and Physical Fitness, 53 (6), 620-7.

Lambert, C. & Jones, B. (2010). Alternatives to rapid weight loss in US wrestling. International Journal of Sports Medicine, 31 (8), 523-8.

Ozkan, I. & Ibrahim, C.H. (2016). Dehydration, skeletal muscle damage and inflammation before the competitions among the elite wrestlers. Journal of Physical Therapy Science, 28 (1), 162-8.

Reale, R., Slater, G., Cox, G.R., Dunican, I.C. & Burke, L.M. (2018). The Effect of Water Loading on Acute Weight Loss Following Fluid Restriction in Combat Sports Athletes. International Journal of Sport Nutrition and Exercise Metabolism, 28 (6), 565-573.

Tarnopolsky, M.A., Cipriano, N., Woodcroft, C., Pulkkinen, W.J., Robinson, D.C., Henderson, J.M. & MacDougall, J.D. (1996). Effects of rapid weight loss and wrestling on muscle glycogen concentration. Clinical Journal of Sport Medicine, 6(2), 78-84.