Widerruf eines Fitnessvertrages

Das Widerrufsrecht gilt auch bei Fitnessverträgen. Der DSSV informiert über rechtliche Neuerungen.
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Grafik mit dem DSSV-Logo, einem gezeichneten Mann, der auf einem Bildschirm ein Dokument unterschreibt, und einem Foto von Autorin Andrea Elbl in einem Kreis
DSSV-Expertin Andrea Elbl erläutert aktuelle Urteile und Gesetzesänderungen zum Widerrufsrecht
Das Widerrufsrecht gibt Verbrauchern in einigen Fällen die Möglichkeit, sich von einem geschlossenen Vertrag zu lösen – in der Regel innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsschluss. Aber welche Voraussetzungen gibt es bei Fitnessverträgen? Wann steht einem Verbraucher eigentlich ein Widerrufsrecht zu? Und haben Sie schon etwas von dem Widerrufsbutton gehört?

Auch im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Fitnessstudiovertrages steht dem Mitglied als Verbraucher unter Umständen ein Widerrufsrecht zu. Eindeutig ist dies bei Vertragsabschluss über das Internet. Aber welche Konstellationen und Fragen gibt es sonst noch?

Individuelles Widerrufsrecht und Online-Verträge

Es gibt zwei Szenarien, in denen eindeutig ist, dass dem trainierenden Verbraucher ein Widerrufsrecht zusteht: wenn ihm durch das Studio ein individuelles Widerrufsrecht eingeräumt wird oder wenn der Vertrag online abgeschlossen wurde. Dann muss das Studio dem Verbraucher eine Widerrufsbelehrung erteilen und ein Muster für den Widerruf zur Verfügung stellen. Fehlt es an dieser Belehrung, kann der Verbraucher nicht nur innerhalb der ersten 14 Tage ab Vertragsschluss widerrufen, sondern sogar noch zwölf Monate und 14 Tage lang.

Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge

Ein weiterer typischer Fall ist das Widerrufsrecht laut Gesetz nach den Regelungen der 'außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge' – früher unter dem Begriff 'Haustürgeschäft' bekannt. In der Vergangenheit haben sich die Gerichte vielfach mit dieser Problematik beschäftigt. Im Folgenden stellen wir einige typische Szenarien aus dem Studiobetrieb dar, in denen Gerichte bereits geurteilt haben.

Die Gewinnbenachrichtigung

Ausgangslage eines Rechtsstreits vor dem Landgericht Koblenz war eine per Post übersandte Gewinnbenachrichtigung eines Studios nebst Gutschein für ein siebentägiges Probetraining an eine Kundin, obwohl diese nicht an einem Gewinnspiel teilgenommen hatte. Sie vereinbarte daraufhin einen Termin zum Probetraining. Vor Ort schloss sie nach einer Beratung über eine Mitgliedschaft einen Vertrag mit einer Erstlaufzeit von 24 Monaten ab. Das Landgericht entschied (Urteil vom 2. Oktober 2007, Az. 6 S 19/07), dass der Kundin ein Widerrufsrecht zustand, da es sich bei der Gewinnabholungsveranstaltung mit siebentägigem Probetraining um ein Haustürgeschäft im Sinne des Paragrafen 312 Abs. 1 Nr. 2 BGB (heute: § 312b BGB) handelte.

Die Kundin durfte nach Ansicht des Gerichts in Anbetracht des Gewinns eines siebentägigen Probetrainings davon ausgehen, sich in dieser Zeit zunächst ein Bild von dem Studio, der dort herrschenden Atmosphäre und den Trainingsbedingungen machen zu können. Ihr sei insbesondere zuzugestehen, bei dieser Gelegenheit zu testen, ob sie aufgrund ihrer körperlichen Konstitution überhaupt in der Lage gewesen war, das Training an den Geräten zu bewältigen, oder ob ihr diese Art der sportlichen Betätigung überhaupt Spaß bereitet hatte.

Stattdessen wurde sie überraschend mit dem schriftlichen Vertrag konfrontiert. Der Unternehmer habe sie durch die Gewinnmitteilung in sein Studio gelockt und ihr die Unverbindlichkeit des Besuches vermittelt. Tatsächlich sei es ihm darum gegangen, die ahnungslose Kundin, die ihren Gewinn abholen wollte, entsprechend der verschleierten Zielrichtung seines Vorgehens zum Abschluss des Vertrages zu überreden.

Die kostenlose Fitnessstudie

Interessant ist auch die Entscheidung des Amtsgerichts Krefeld (Urteil vom 7. Mai 2008, Az. 4 C 311/07): Ein Studio warb auf Flyern wie folgt: „Teilnehmer (40+) für kostenlose Fitness-Studie gesucht“. Im weiteren Text hieß es: „Anmeldung erforderlich, da nur begrenzte Teilnehmerzahl möglich! Vereinbaren Sie Ihren Info-Termin: (Tel.)“. Auf einen solchen Werbezettel hin vereinbarte die Kundin einen Termin im Studio und unterzeichnete anlässlich dieses Termins einen Vertrag mit einer Laufzeit von 24 Monaten. Diesen Vertrag widerrief sie (neben einer Anfechtung und einer Kündigung) in der Folgezeit.

Da sie keine Zahlung vornahm, klagte das Studio die Beiträge ein. Das Amtsgericht wies die Zahlungsklage ab, da der Vertrag wirksam widerrufen worden sei. Die Vorschriften über das 'Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften' seien vorliegend anwendbar, weil es anlässlich einer vom Unternehmer zumindest auch im Interesse des Unternehmens durchgeführten Freizeitveranstaltung zum Vertragsschluss kam und die Kundin den Infotermin über die vom Studio angekündigte kostenlose Fitnessstudie wahrgenommen hatte.

Die Information des Flyers sei nur dahin zu verstehen, dass es bei einem Termin zum einen um den Erhalt von Informationen, also nicht um den Abschluss einer rechtsgeschäftlich bindenden Vereinbarung gehen sollte. Zum anderen, dass sich eine eventuelle Bindung allenfalls auf eine Teilnahme an einer kostenlosen Studie bezog, also gerade nicht auf die Abnahme oder Inanspruchnahme einer entgeltlichen Leistung. Mit der Ankündigung der Studie erweckte das Studio den Eindruck, es handele sich um eine Erhebung, die wissenschaftlichen Zwecken, nicht aber primär seiner gewerblichen Tätigkeit diente. Dieser Eindruck wurde verstärkt durch den Hinweis auf die Betreuung der Teilnehmer durch Dipl.-Sportlehrer und Sportmediziner.

Die besondere Hervorhebung der Worte 'für kostenlose' durch Großdruck unterstrich dabei den Anschein, dass finanzielle Interessen des Veranstalters nicht bestünden. Diese beiden auf dem Werbeflyer hervorgehobenen Aspekte rückten das Angebot des Studios in den Bereich der Freizeitveranstaltung. Hiernach muss die Kundin bei Wahrnehmung des Termins nicht damit rechnen, dass ein Vertrag mit einer erheblichen entgeltlichen Verpflichtung an sie herangetragen werden würde.

Sie war – wie bei einer Freizeitveranstaltung – insoweit in 'gelockerter' Stimmung, nämlich nicht auf die Abwägung bezüglich einer finanziellen Belastung eingestellt, sondern nur auf Informationsaufnahme hinsichtlich einer kostenlosen, wissenschaftlichen Erhebung, von der sie sich durch Training und Betreuung eine Verbesserung ihres körperlichen Wohlbefindens versprechen konnte. Das Gericht führte weiter aus, dass die Kundin letztlich mit Aussicht auf eine kostenlose Studienteilnahme veranlasst wurde, die Räumlichkeiten des Studios aufzusuchen (gelockt) und dann überraschend mit dem Angebot auf einen langfristigen Vertrag konfrontiert (überrumpelt) wurde.

Das Probetraining

Im Gegensatz dazu diene ein Probetraining in einem Fitnessstudio aber üblicherweise für jeden erkennbar zu Werbezwecken. Wer dabei einen langfristigen Vertrag unterzeichnet, kann nicht kurze Zeit später behaupten, überrumpelt worden zu sein. Das Amtsgericht München verneinte daher ein Widerrufsrecht (AG München, Urteil vom 25. Oktober 2012, Az. 223 C 12655/12):

Eine Interessentin war durch eine Werbung auf ein Fitnessstudio aufmerksam geworden, das ein kostenloses Probetraining anbot. Sie suchte das Studio auf und unterschrieb noch vor dem Probetraining einen Vertrag mit einer Mindestlaufzeit von zwölf Monaten. Nach Begutachtung der Räume und Trainingsangebote entschied sie sich jedoch um und kündigte schon am nächsten Tag. Der Studioinhaber akzeptierte die Kündigung auch – allerdings als ordentliche Kündigung zum Ende der zwölf Monate.

Das AG München verurteilte die Frau zur Zahlung des Jahresbeitrages und verneinte das Vorliegen eines Widerrufsrechts. Es habe sich hier nicht um ein Haustürgeschäft oder einen Vertragsabschluss im Rahmen einer Freizeitveranstaltung gehandelt. Es sei allgemein bekannt, dass ein kostenloses Probetraining im Fitnessstudio den Zweck habe, neue Kunden anzuwerben. Werde anlässlich eines Probetrainings ein Vertrag geschlossen, handle es sich nicht um eine 'Überrumpelung' des Kunden.

Tag der offenen Tür

Den Tag der offenen Tür sieht die Rechtsprechung wiederum teilweise als Freizeitveranstaltung mit dem entsprechenden Widerrufsrecht an, so
z. B. wenn der Kunde zur Teilnahme durch die Verteilung eines nur an diesem Tag einlösbaren Gutscheins veranlasst wurde (AG Bad Iburg, Urteil vom 6. März 2007, Az. 4 C 61/07).

Eine Freizeitveranstaltung liegt nach herrschender und höchstrichterlicher Rechtsprechung vor, wenn das Freizeit- und das Verkaufsangebot derart miteinander verwoben sind, dass der Kunde in eine freizeitlich unbeschwerte Stimmung versetzt wird und sich dem auf den Vertragsschluss gerichteten Angebot nur schwer entziehen kann. Entscheidend ist dabei auch, ob der Teilnahmeentschluss des Kunden von der Vorstellung einer Freizeitveranstaltung geprägt ist oder ob er von vornherein den Hauptzweck der Veranstaltung in einer Verkaufstätigkeit sieht.

Exkurs: der Widerrufsbutton

Spätestens ab dem 19. Juni 2026 soll ein sog. Widerrufsbutton bei Online-Verträgen verpflichtend werden. Der Gedanke dahinter ist, dass der Widerruf für den Verbraucher letztlich genauso leicht möglich sein soll wie der Vertragsschluss – also digital, klar und zugänglich. Noch ist die entsprechende EU-Richtlinie (2023/2673) aber nicht in das deutsche Recht umgesetzt worden.

In Deutschland erfolgt das über Änderungen im BGB bis spätestens zum 19. Dezember 2025, konkret über einen neuen Paragrafen 356a BGB, der diese digitale Funktion formal verankert. Die Anforderungen für den Button: klar sichtbar, gut lesbar und dauerhaft auf der Online-Oberfläche platziert – idealerweise beschriftet mit 'Vertrag widerrufen' oder ähnlich eindeutiger Formulierung. Bei Nichtumsetzung drohen wettbewerbsrechtliche Abmahnungen, Bußgelder (bis zu 50.000  EUR oder bis zu 4 % des Jahresumsatzes) sowie verlängerte Widerrufsfristen.

Zu allen rechtlichen Fragen rund um den Studioalltag bietet die Rechtsabteilung des DSSV im Rahmen einer bestehenden Mitgliedschaft die Möglichkeit, eine kostenlose rechtliche Erstberatung mit Einschätzung der Rechtslage zu erhalten, beispielsweise nach Erhalt einer Attestkündigung, zur Überprüfung von Vertragsklauseln oder zu arbeitsrechtlichen Themen.

Diesen Artikel kannst du folgendermaßen zitieren:

Elbl, A. (2025). Widerruf eines Fitnessvertrages. fitness MANAGEMENT international, 5 (181), 56–58.

dhfpg

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