Trotz zunehmender Angebotsdiversifizierung steht die Trainingsbetreuung nach wie vor im Zentrum der Dienstleistungen in der Fitnessbranche. Der Weg von Kundenzielen zu Trainingserfolgen stellt dabei einen komplexen Steuerungsprozess dar, der neben fachlicher Expertise auch zwischenmenschliche Kompetenzen und systematische Trainingsplanung erfordert.
Unverzichtbares Element einer erfolgreichen Trainingssteuerung ist die Dokumentation von Trainings- und Gesundheitsdaten.
Gerade auf dem Gebiet der Datenerfassung und -auswertung liefern neue Technologien zahlreiche Vorteile, die als Assistenzsysteme eingesetzt Trainerinnen und Trainer bei der Arbeit mit ihren Kundinnen und Kunden unterstützen können.
Einfluss von Wearables auf die Trainingsbetreuung
Wearables sind tragbare Sensoren, die z. B. in Form von Aktivitätstrackern und Smartwatches weit verbreitet sind und seit mehreren Jahren die globalen Fitnesstrends anführen (Newsome et al., 2024).
Obwohl es verschiedene Arten von Wearables gibt (z. B. smarte Kleidung, Smartring), sind vor allem die am Handgelenk getragenen Tracker sehr beliebt. Mittels verschiedener Sensoren können Gesundheits- und Bewegungsdaten (z. B. Herzratenvariabilität, körperliche Aktivität) aufgezeichnet werden.
Wearables und Künstliche Intelligenz können die Effizienz in der Betreuung erhöhen.
Andreas Barz – Fitnessökonom und Sportwissenschaftler DHfPG & BSA-Akademie
Mithilfe dieser Daten können auch Indizes berechnet werden, die beispielsweise Rückschlüsse zur Schlafqualität zulassen. Auch wenn die Güte dieser Daten je nach Hersteller und Messgröße variieren kann, ist in den letzten Jahren eine zunehmende Leistungssteigerung der Sensoren zu beobachten (Farrokhi et al., 2021; Hrabovska et al., 2023).
So sind in den USA erste Smartwatches bereits als Medizinprodukte zugelassen und werden z. B. zur Erkennung von Vorhofflimmern bei Herzpatienten eingesetzt (Wasserlauf et al., 2023).
Lesetipp: Erfahren Sie im Fachartikel 'Was können Fitnessuhren und Co.?' von Andreas Barz mehr über die Funktionsweise von Wearables.
Aus Sicht der Fitnessanbieter bieten Wearables in Kombination mit mobilen Apps die Möglichkeit, das Betreuungsangebot über die Grenzen des Fitnessstudios hinaus in den Alltag der Mitglieder zu erweitern.
So können mit ihrer Hilfe Trainingseffekte nicht nur anhand klassischer motorischer und biometrischer Parameter wie z. B. Kraftleistung oder Körperumfängen, sondern auch anhand weiterer Gesundheitsdaten (Ruhepuls, Stressindex etc.) veranschaulicht werden.
Gerade bei Trainingseinsteigern kann das digitale Feedback der Tracker zudem Anreize für ein regelmäßiges Training liefern (Segar, 2017). Neben der extrinsischen Motivation durch Tracker oder App ist für eine langfristige Bindung jedoch auch eine persönliche Betreuung zur Förderung intrinsischer Motivationsfaktoren unerlässlich.
Die zunehmende Verbreitung von Smartwatches führt möglicherweise auch zu einer steigenden Erwartungshaltung der Mitglieder, den eigenen Tracker auch im Studio zur Trainingssteuerung und -dokumentation einsetzen zu können (z. B. beim Ausdauertraining).
Digitale Schnittstellen an den Trainingsgeräten sowie Betreuungskonzepte, die die Daten von Wearables nahtlos integrieren, dürften daher in Zukunft an Bedeutung gewinnen.
Wie KI Trainer unterstützen kann
Eine weitere Technologie mit großem Potenzial für die Trainingsbetreuung ist Künstliche Intelligenz (KI), die seit der Markteinführung von ChatGPT auch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich ist (vgl. Infokasten auf S. 27).
Obwohl es zahlreiche Anwendungsfelder von KI gibt, sind es vor allem die Large Language Models (LLM) wie ChatGPT und Ähnliche, die sehr verbreitet sind. Neben der Komplexität des Algorithmus wird die Leistungsfähigkeit von KI in erster Linie durch die zugrunde liegenden Daten bestimmt.
Im Falle der bekannten LLM sind dies vor allem große Mengen an Informationen aus dem Internet. Anhand dieser Informationen können entsprechende Modelle zwar generelle Zusammenhänge erkennen und verwerten, geraten bei spezifischen Problemstellungen jedoch schnell an ihre Grenzen.
Dies erklärt auch, warum die LLM in ersten Studien zwar gut darin sind, allgemeine Trainingsempfehlungen zu geben, bei komplexeren Anforderungen (z. B. gesundheitlichen Einschränkungen) jedoch nicht überzeugen können (Düking et al., 2024; Washif et al., 2024; Zaleski et al., 2024).
Eine für die Anwendung im Fitness- und Gesundheitsbereich spezialisierte KI kann hier potenziell bessere Ergebnisse liefern, da die Qualität der Daten in der Regel höher ist.
Ergebnisse der KI sollten jedoch immer durch die Trainerinnen und Trainer überprüft werden, da die Modelle grundsätzlich wahrscheinlichkeitsbasierte Empfehlungen geben und nicht etwa zwischen richtigen oder falschen Informationen unterscheiden können.
Persönliche Betreuung und digitale Trainingstechnologien müssen Hand in Hand gehen.
Andreas Barz – Fitnessökonom und Sportwissenschaftler DHfPG & BSA-Akademie
Trainerinnen und Trainer können KI vor allem im Sinne einer Effizienzsteigerung in der Trainingsbetreuung einsetzen. Beispielsweise dann, wenn individualisierte Trainingsplanentwürfe durch die KI erstellt werden und durch die Trainer nur noch optimiert werden müssen.
Um verwertbare Ergebnisse zu erhalten, setzt die Anwendung neben der trainingswissenschaftlichen Expertise jedoch auch entsprechende Bedienkompetenzen voraus. Beim Einsatz von LLM ist dies vor allem die Eingabe eindeutiger und zielführender Bedienbefehle (sog. Prompting).
Gerade die Kombination aus engmaschiger digitaler Datenerhebung mittels Wearables und KI-gestützter Trainingssoftware bietet zudem den Vorteil einer automatisierten Anpassung von Belastungsvorgaben im Trainingsverlauf.
Inhalte des Trainingsplans können beispielsweise in Abhängigkeit der Tagesform (gemessen via Smartwatch) oder bei Leistungssteigerungen (registriert am Trainingsgerät) tagesaktuell durch KI modifiziert werden.
Der Einsatz von KI sollte dabei stets dem auch in der Medizin geltenden Grundsatz 'keep the trainer (bzw. doctor) in the loop' folgen (Lucieri et al., 2022). Dies impliziert, dass Empfehlungen der KI stets durch Trainer validiert werden müssen, da nur sie über die entsprechenden Kompetenzen verfügen, um die Trainingsplanung umfassend zu evaluieren. Zudem können nur qualifizierte Trainerinnen und Trainer – und nicht etwa die KI – die Verantwortung für den Trainingserfolg und die Gesundheit der Mitglieder übernehmen.
Obwohl KI in der Lage ist, große Datenmengen zu analysieren, erhalten Trainer im persönlichen Kontakt mit den Kundinnen und Kunden zudem viele weitere Informationen (z. B. persönliche Vorlieben), die in eine personalisierte Trainingsplanung einfließen sollten. Weitere interessante Anwendungsfelder der KI sind darüber hinaus die Computer Vision oder auch Pose Estimation (Kreutzer, 2023).
Mithilfe von Kamerasystemen und leistungsfähiger Software können so 3D-Avatare erstellt werden, die insbesondere in der Anamnese (z. B. Messung der Körperumfänge) nützliche Tools darstellen.
Das größte Potenzial digitaler Assistenzsysteme
KI kann von der Anamnese bis zum Re-Check in allen Stufen der Trainingssteuerung eingesetzt werden und die Trainer nicht nur bei der Entscheidungsfindung unterstützen (z. B. bei der Trainingsplanung), sondern auch zu einer Zeitersparnis führen, indem z. B. die Anamnese durch entsprechende Systeme vereinfacht wird.
Zusammengefasst ist der große Nutzen digitaler Assistenzsysteme also vor allem in einer Effizienzsteigerung zu sehen. So sind qualifizierte Trainerinnen und Trainer auch ohne KI in der Lage, effektive Trainingsprogramme zu erstellen und den Trainingsfortschritt zu begleiten; dank digitaler Trainingstechnologien kann jedoch an vielen Stellen Zeit gespart werden.
Diese Automatisierung schafft Freiräume, die für eine intensivere persönliche Betreuung und gemeinsame Trainingsdurchführung genutzt werden können. Studienergebnisse belegen in diesem Zusammenhang den direkten Einfluss persönlicher Trainingsbetreuung auf den Trainingserfolg (Coleman et al., 2023; Lu et al., 2024).
Fazit
Digitale Tools können als nützliche Assistenzsysteme in der Trainingsbetreuung unterstützen. Die zunehmende Verbreitung und Akzeptanz digitaler Fitness- und Gesundheitstechnologien führt auch zu einem wachsenden Bedarf entsprechender Expertise auf Seiten der Mitglieder.
Für die Kompetenzen in Zeiten der 'Smart Fitness' bedeutet dies, dass die digitale Gesundheitskompetenz mehr und mehr zur Must-have-Kompetenz avanciert. Diese Entwicklungen bedeuten jedoch keineswegs, dass die klassischen Trainerkompetenzen in den Hintergrund treten.
Denn hohe Dienstleistungsqualität im Fitnesstraining wird auch in Zeiten der 'Smart Fitness' weiterhin durch Menschen geprägt sein, die über Know-how in der Trainingssteuerung verfügen und Mitglieder bei der Erreichung ihrer Fitness- und Gesundheitsziele kompetent begleiten.
Auszug aus der Literaturliste
Coleman, M., Burke, R., Benavente, C., Piñero, A., Augustin, F., Maldonado, J. et al. (2023). Supervision during resistance training positively influences muscular adaptations in resistance-trained individuals. Journal of sports sciences, 41 (12), 1207–1217.
Washif, J. A., Pagaduan, J., James, C., Dergaa, I. & Beaven, C. M. (2024). Artificial intelligence in sport: Exploring the potential of using ChatGPT in resistance training prescription. Biology of Sport, 41 (2), 209–220.
Zaleski, A. L., Berkowsky, R., Craig, K. J. T. & Pescatello, L. S. (2024). Comprehensiveness, Accuracy, and Readability of Exercise Recommendations Provided by an AI-Based Chatbot: Mixed Methods Study. JMIR medical education, 10, e51308.
Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte literatur@fitnessmanagement.de.
Diesen Artikel kannst du folgendermaßen zitieren:
Barz, A. (2025). Potenziale digitaler Trainingstechnologien. fitness MANAGEMENT international, 1 (177), 92-95.