Die Inzidenz von Frakturen des Oberschenkelhalses wird mit 120,2 pro 100.000 Einwohner/Jahr angegeben, wobei das Verhältnis bei 68 Prozent Frauen und 32 Prozent Männern liegt (Rupp et al., 2021).
Es zeigt sich, dass proximale Femurfrakturen einen signifikanten Einfluss auf die Lebensqualität und die Mortalitätsrate haben. Die 90-Tages-Mortalität bei proximalen Femurfrakturen beträgt 7,9 Prozent (Liem, Kammerlander, Raas, Gosch & Blauth, 2013, S. 2848; Raschke & Everding, 2019, S. 120).
Ursachen sind zumeist Stürze (Bonnaire & Weber, 2020), wobei hiervon primär ältere Personen betroffen sind. Bei jüngeren Personen hingegen resultieren Verletzungen im Oberschenkelhalsbereich eher aus hoher Gewalteinwirkung, wie beispielsweise bei Verkehrsunfällen (Raschke & Everding, 2019, S. 120).
Typische Symptome dieses Krankheitsbildes sind Schmerzen in Hüfte und Leistengegend. Die Schmerzen können bis in den Bereich des Knies ausstrahlen. Ebenso sind die Patienten meistens nicht in der Lage, das verletzte Bein gestreckt zu heben oder darauf zu stehen (Bonnaire & Weber, 2020, S. 9).
Behandlung proximaler Oberschenkelfrakturen
Entzündungsphase (< 5. Tag post OP)
Die Behandlung kann sowohl konservativ als auch operativ mittels osteosynthetischer oder endoprothetischer Verfahren erfolgen, wobei in den meisten Fällen eine operative Versorgung bevorzugt wird (Gatz, Horst & Hildebrand, 2024, S. 337).
Während bei einer Osteosynthese eine Fixation der frakturierten Struktur mit Platten, Nägeln oder Schrauben erfolgt, wird bei der Endoprothetik das vorhandene Gelenk durch ein künstliches ersetzt.
Die Sport- und Bewegungstherapie nimmt im Rahmen der Nachbehandlung eine bedeutende Stellung ein, um die Patientinnen und Patienten möglichst schnell wieder zur alltäglichen und sportlichen Funktionsfähigkeit zu führen. Sie zielt sowohl auf den Erhalt und die Verbesserung der Mobilität als auch die Steigerung der Kraftleistung ab.
Gerade bei älteren Personen mit Gangunsicherheiten hat sie zum Ziel, das Sturzrisiko zu minimieren, und somit erneute Frakturen zu vermeiden. Zudem kann sie durch Stoffwechselaktivierung den Heilungsprozess begünstigen (Song, 2022).
Oberschenkelhalsfrakturen haben einen signifikanten Einfluss auf Lebensqualität und Mortalitätsrate
Tobias Mischo & Bastian Bloier – DHfPG/BSA-Akademie
Eine Strukturierung der postoperativen Nachbehandlung kann in Orientierung an die Wundheilungsphasen erfolgen. Da jedoch viele Faktoren den Wundheilungsprozess sowie weitere individuelle Gegebenheiten beeinflussen, müssen die Vorgaben des behandelnden Arztes neben den im Folgenden dargestellten Angaben zur Nachbehandlung unbedingt Beachtung finden.
Im Rahmen der Entzündungsphase stehen die Schmerzlinderung, der Erhalt der Beweglichkeit und die Vermeidung von Funktionseinschränkungen im Vordergrund.
Die Nachbehandlungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e. V. ([DGOU], 2023) sehen ab dem ersten Tag post OP eine Aktivierung einschließlich des Aufstehens über die betroffene Seite vor. Ebenso kann hier bereits ein statisches Training der lokalen Gelenkstabilisatoren sowie eine Anleitung zum Eigentraining erfolgen.
Proliferationsphase (≤ 3. Woche post OP)
Bis zur zweiten Woche sollte das Aktivierungsprogramm erweitert werden, um auch Oberkörpertraining und Treppensteigen einzubeziehen. In dieser Phase kann zudem mit der Kräftigung der Rumpfmuskulatur begonnen werden, etwa durch isometrisches Anspannen aus dem Bett heraus in einer angedeuteten Crunch-Position (DGOU, 2023, S. 86).
Im weiteren Verlauf der medizinischen Trainingstherapie kann zusätzlich ein Training der oberen Extremitäten erfolgen, mit Übungen wie Latzug, Diptrainer, Rudern, Butterfly Reverse und Bankdrücken (Klein, Stamer, Beitzel & Imhoff, 2024).
Im Rahmen des Ausdauertrainings empfiehlt sich in erster Linie ein Fahrradergometertraining, da hier zum einen die Belastung gut dosiert werden kann und zum anderen keine Vollbelastung nötig ist. Weiterhin kann in den meisten Therapieeinrichtungen auf Fahrradergometer mit verkürzter Kurbellänge zurückgegriffen werden, sodass auch bei geringer Hüftbeugung ein entsprechendes Training möglich ist. Umfang und Intensität sollte in dieser Phase des Therapieverlaufs noch gering angesetzt werden, sodass eine Mobilisierung der unteren Extremitäten aktuell noch im Vordergrund steht.
Zusätzlich wird ein lokales Muskelausdauertraining, wie die Hüftextension an der Beinpresse, empfohlen. Das Belastungsgefüge sollte hier bei 40 bis 50 Wiederholungen bei einer Pausendauer von 30 bis 60 Sekunden mit mindestens drei bis vier Serien erfolgen. Die Intensität sollte 25 bis 30 Prozent der individuellen Maximalkraft nicht überschreiten. Durch die Kombination verschiedener Übungen sollte eine Gesamtbelastungszeit von ca. 20 bis 25 Minuten erreicht werden (Diemer & Sutor, 2023, S. 117).
Beim Koordinationstraining ist es sinnvoll, die inter- und intramuskuläre Koordination zu fördern. Hierfür eignen sich Feedbacksysteme wie Spiegel oder Laserpointer. Letztere werden an der betroffenen Extremität befestigt und dienen zur Bestimmung der aktiven Winkelposition. Zur Kontrolle lässt sich eine Zielscheibe gegenüber dem Patienten positionieren.
Remodulierungsphase (> 3. Woche post OP)
Mit dem Start der Remodulierungsphase können erste Kräftigungsübungen im Rahmen des Kraftausdauertrainings beginnen. Diese werden, ebenso wie das Ausdauer- und Koordinationstraining, je nach subjektiver Belastbarkeit progressiv gesteigert. Begonnen werden sollte mit belastungsarmen Ausgangsstellungen. Im Laufe des Krafttrainings sollte zunehmend ein Wechsel vom umfangs- zum intensitätsorientierten Krafttraining stattfinden, wobei die Gewichtsbelastung für die unteren Extremitäten progressiv gesteigert wird. Geeignete Übungen in dieser Phase sind unter anderem (Klein et al., 2024, S. 121):
- Kniebeuge- und Kreuzhebevarianten mit individuell limitierter ROM
- Step-ups
- Abduktorentraining am Seilzug
- Adduktorentraining am Seilzug
- Training der Rumpfmuskulatur
- Hüftextension und -flexion am Seilzug
Bei Vollbelastung sind ebenfalls Übungen zur Verbesserung der Beinachsenstabilität indiziert, beispielsweise Ausfallschritte auf Therapiekreisel oder Balance-Pads. Sind Stabilität und Belastbarkeit ausreichend, so können die Ausfallschritte zunehmend in tiefe Lunges übergehen.
Das Ausdauertraining kann im Laufe der Remodulierungsphase je nach Belastungsvorgabe ebenfalls progressiv gesteigert werden. Zudem kann bei Vollbelastung das Training auf dem Laufband absolviert werden. Möglich ist hierbei unter Umständen ein Gehtraining mit bis zu zehn Prozent Steigung (Klein et al., 2024, S. 121).
Da häufig ältere Personen von proximalen Oberschenkelfrakturen betroffen sind, sollte zudem ein Sturzprophylaxetraining integriert werden. Dafür eignen sich Übungen auf instabilem oder unebenem Untergrund sowie mit einer zunehmend kleineren Unterstützungsfläche bis hin zu Übungen im Einbeinstand.
Um wieder die vollständige Berufs- und Alltagsbelastbarkeit bzw. Sportfähigkeit zu erlangen, ist weiterführend eine Anpassung des Trainings an die individuellen Anforderungen notwendig. Diese variieren sehr stark je nach Anforderungsprofil der Sportart, des Berufs bzw. des Alltags. Bei Bedarf sollten hier auch Übungen integriert werden, die auf die Steigerung der Schnell- sowie der Explosivkraft abzielen. Zyklische Sportarten im Ausdauerbereich sind ab fünf Monaten post OP wieder erlaubt, azyklische Sportarten bzw. High-Impact-Sportarten ab sechs Monaten post OP (DGOU, 2023, S. 87).
Fazit
Proximale Oberschenkelfrakturen haben erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität und erfordern meist eine operative Behandlung. Die Sport- und Bewegungstherapie spielt dabei eine zentrale Rolle in der Rehabilitation, indem sie die Mobilität wiederherstellt, die Kraft steigert und das Sturzrisiko und somit das Risiko für erneute Frakturen reduziert.
Abgestimmt auf die Wundheilungsphasen, umfasst sie zunächst schmerzlindernde und stabilisierende Maßnahmen, gefolgt von einem gezielten Kraft-, Ausdauer- und Koordinationstraining.
Durch eine progressive Belastungssteigerung wird die Wiedererlangung der Alltagsbelastbarkeit sowie der sportlichen Leistungsfähigkeit gefördert, wobei eine Anpassung an individuelle Anforderungen sowie die Beachtung der ärztlichen Vorgaben essenziell sind.
Auszug aus der Literaturliste
Klein, E., Stamer, K., Beitzel, K. & Imhoff, A. B. (2024). Hüfte: Rehabilitation. In A. B. Imhoff, K. Beitzel, K. Stamer & E. Klein (Hrsg.), Rehabilitation in der orthopädischen Chirurgie (S. 103–123). Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg.
Raschke, M. & Everding, J. (2019). SOP Proximale Femurfraktur. Orthopädie und Unfallchirurgie up2date, 14 (02), 120–126.
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Mischo, T., Bloier, B. (2025). Therapie nach Oberschenkelhalsbruch. medical fitness and healthcare, 01/2025, 68-70.