Coach vs. Trainer – Scientific Battle 'KI-Zeitalter: Schöne neue Welt?'

KI, Social Media und Digitalisierung verändern die Fitnessbranche. Clive Salz und Prof. Dr. Oliver Schumann erklären, wie Studios, Trainer und Kunden sich anpassen müssen, um langfristig erfolgreich zu bleiben.
Lesezeit: 5 Minuten
Bei der Premiere des Scientific Battle hieß es: Clive Salz (links) vs. Oliver Schumann
Bei der Premiere des Scientific Battle hieß es: Clive Salz (links) vs. Oliver Schumann
Kundenbedürfnisse und Trainerkompetenzen im KI-Zeitalter – vor welchen Herausforderungen stehen Studios und ihre Teams? Mit Trainerlegende Clive Salz und Coach Prof. Dr. Oliver Schumann ordnen zwei 'Schwergewichte der Branche' die Handlungsoptionen für Betreiber und Mitarbeitende aus wissenschaftlicher Perspektive ein.

fM: Die Fitnessbranche befindet sich im Wandel. Wie verändern sich die Kundenwünsche und -bedürfnisse durch Social Media, Influencer und KI aus ihrer Sicht?

Clive Salz: Wie verändert sich die Herangehensweise, wenn jemand Prädiabetes hat?

Hat das etwas mit dem Kundenwunsch zu tun oder hat das etwas mit einer Ausgangssituation zu tun, die ich fachlich bedienen muss?

Das ist für mich die Ausgangsfrage. Ich glaube, dass es weniger um Kundenwünsche geht, sondern eher um die Situation und darum, mit welchem Verständnis zur Dienstleistung ein Kunde vor uns steht.

Als Anbieter in einer Branche, die auf Gesundheit setzt – egal aus welchem Blickwinkel wir das Thema Gesundheit formulieren – müssen wir herausfinden, worum es den Kunden im Kern geht.

Prof. Dr. Oliver Schumann: Seit der Maslowschen Bedürfnispyramide ist kaum etwas Neues aufgekommen. Von daher haben wir weiterhin eine stabile Bedürfnispyramide.

Für mich ist Social Media und Digitalisierung all das, was in einem ersten Schwung Bedürfnisse suggeriert – und zeigt, was es an Möglichkeiten gibt.

Wir brauchen noch mehr Kommunikationskompetenzen, wir müssen mehr zuhören und mehr beobachten.

Aus meiner Sicht kommen Menschen mit einem Surrogat in Fitnessstudios, mit einer Art Ersatzwunsch, der auf TikTok, Facebook, Instagram und Co. vermittelt wurde.

Ihre tatsächlichen Bedürfnisse sind weiterhin bei Maslow zu finden.

Unser Job wird es sein, neben dem vordergründigen Surrogat den Hintergrund freizulegen. Dann haben wir die Hot Buttons und Verkaufsauslöser.

Welche Herausforderungen bringt das für Studios?

Prof. Dr. Oliver Schumann: Wir brauchen noch mehr Kommunikationskompetenzen, wir müssen mehr zuhören und mehr beobachten.

Wenn wir das entsprechend trainieren, uns weiterbilden und weiterentwickeln, dann werden wir große Qualitäten erzielen können: in der Identifizierung von Kundenbedürfnissen, aber vor allem in der weiteren Begleitung von Menschen – was auch die Kundenbindung und Identifikation mit den Studios betrifft.

Wir sollten auch eine Haltung zum Thema Digitalisierung gewinnen. Wir befinden uns im Wandel und müssen uns diesen Möglichkeiten öffnen.

Über die Interviewpartner

Trainerlegende Clive Salz – Dozent BSA-Akademie & DHfPG

Clive Salz

Der ehemalige Kraftsportlathlet Clive Salz ist Fitnessfachwirt und Diplom Fitnessökonom. Er arbeitet als Athletiktrainer, Ernährungsberater sowie Dozent in der Trainings- und Ernährungslehre. Seit 1999 betreute er zahlreiche Spitzensportler und Prominente aus ganz Deutschland. Von 2004 bis 2012 war er Athletiktrainer und Ernährungsberater des ehemaligen Boxweltmeisters Felix Sturm. Bis 2015 war er sportlicher Leiter der Diamond-Boy Promotion. Seit 2003 arbeitet Clive Salz als Dozent für die BSA-Akademie und die DHfPG.

Prof. Dr. Oliver Schumann – Dozent, Tutor und Autor BSA-Akademie & DHfPG

Prof. Dr. Oliver Schumann

Der Diplom-Sportökonom und Sportpsychologe Prof. Dr. Oliver Schumann ist Experte für strategisches Management und Kommunikation. Er arbeitet als Coach und Referent. Nach Auslandsaufenthalten in Mexiko und Japan erfolgte 2007 die Promotion zum Dr. rer. pol. Seit 2007 arbeitet er als Sportpsychologe am Olympiastützpunkt Rheinland-Pfalz/Saarland. Seit 2006 ist er für die BSA-Akademie und seit 2007 für die DHfPG als Dozent, Tutor und Autor tätig. Als Coach, Trainer und Teamentwickler betreut er Unternehmen und Führungskräfte in der freien Wirtschaft, Politik und im öffentlichen Dienst.

Von daher ist für mich die Kombination aus analogen Kommunikationskompetenzen, insbesondere dem Zuhören, und Digitalisierungskompetenzen eine Notwendigkeit für unsere zukünftige Ausrichtung.

Clive Salz: Kommunikationsfähigkeit, da bin ich dabei. Nur die Art und Weise, wie das funktionieren soll, ist mir ein bisschen suspekt, weil die Kommunikationsfähigkeit durch Social Media und KI-Funktionalität verloren geht.

Ich glaube, es braucht aufgrund der Entwicklung, insbesondere durch die Informationsflut auf verschiedenen Kanälen und die Ablenkung, mehr zeitlichen Aufwand, ein notwendiges fachlich-inhaltliches Level in der Kommunikation zu erzielen.

Die Menschen suchen nach intelligenten Lösungen, die zeitsparend sind, die effizient sind. Das ist sicherlich für die Zukunft ein Riesenpotenzial, das wir uns zunutze machen können.

Aber ändert das die Naturwissenschaft
oder die Herangehensweise, die wir im physischen und psychischen Bereich benötigen, um Gesundheit zu gewährleisten? Das funktioniert doch noch auf die alte Art und es gibt so was wie Training.

Was sind die wichtigsten Aufgaben für Betreiberinnen und Betreiber, um ihre Studios durch diesen Wandel zu führen?

Prof. Dr. Oliver Schumann: Menschen, insbesondere Trainer, aber auch Verkäufer, müssen Coachingfähigkeiten entwickeln.

Ihre Kommunikationsqualitäten müssen entsprechend geschult und gestärkt werden, damit sie die richtigen Fragen stellen können.

Führung hat für mich auch in Zukunft viel mit Rahmenbedingungen zu tun, die so aufzustellen sind, dass Mitarbeitende sich entwickeln können.

Dass Menschen sich entwickeln können, ist einer der größten Motivatoren, die es gibt. Wir müssen dahin kommen, Mitarbeitende dort einzusetzen, wo sie ihre größte Performanz erbringen können und bei einer gewissen Leichtigkeit einen Flow erleben.

Im Bereich Digitalisierung denke ich, dass wir ausprobieren müssen, was die Technik kann und wo sie wirklich nützlich ist.

Ein Erfolgsfaktor wird sein, dem Potenzial der Digitalisierung mit einer gewissen Haltung zu begegnen und einen Raum aufzubauen, wo auch Fehler möglich sind.

Clive Salz: Für mich wäre der Schlüssel zum einen, dass wir uns den Technologien öffnen, um insbesondere in der Diagnostik oder in der Entwicklung von Strategien und Konzepten Freiräume zu schaffen, aus denen sich viele, viele Chancen eröffnen können.

Wir brauchen Menschen, die in der Lage sind, andere Menschen zu inspirieren.

Dann geht es aber für mich gerade in dieser Zeit darum, dass wir uns auf alte Werte besinnen, weil das unsere großen Stärken sind.

Wir brauchen Menschen, die in der Lage sind, andere Menschen zu inspirieren, ihnen mit hoher Wertschätzung und Kommunikationsfähigkeit zu begegnen, um den Komplex Gesundheit fachlich zu bedienen, sodass die Menschen sich auch geführt fühlen.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass zukünftig ein Roboter Mannschaften zu den Weltmeisterschaften führt. Das sollten wir im Zuge der Erwartungshaltung, was wir technisch in Zukunft nutzen können, nicht aus den Augen verlieren.

Es muss einen Grund geben, warum die Kunden uns aufsuchen und nicht beliebige digitale Angebote nutzen.

Welche Kompetenzen brauchen Studiomitarbeitende in Zukunft, um auf Wünsche und Bedürfnisse ihrer Zielgruppen sowie auch auf die fortschreitende Digitalisierung einzugehen?

Prof. Dr. Oliver Schumann: Wenn Clive sagt Werte sind wichtig, gehe ich mit. Gleichzeitig dürfen es nicht Werte von gestern sein.

Mit welchen Werten gehen wir in die Zukunft? Werte sind für mich die Wurzeln. Wenn du starke Wurzeln hast, dann kannst du frei aufspielen.

Und dieses freie Aufspielen ist dann für mich auch der Prozess hin zur Kreativität, aber ohne Wertevorrat und ohne die Beliebigkeit, allen Trends zu folgen.

Ich glaube, damit hätten wir eine ganz gute Lösung im Spannungsfeld, aber auch gleichzeitig einen Ansatz im generationenübergreifenden Dialog.

Clive Salz: Wir haben die große Verantwortung, uns so aufzustellen, dass es uns gelingt, den richtigen Mix zu treffen, der dann auch die Leute dort abholt, wo sie sich gerade befinden.

Neben der Grundvoraussetzung einer fundierten Ausbildung und fachlicher Expertise sollten wir uns auf eine situativ reflektierte Kreativität oder Genialität verlassen, die der einzelne Mensch in sich trägt.

Wir brauchen Typen, die einen überwältigen, weil sie einfach etwas Besonderes darstellen, und denen man sich als Kunde motiviert anvertraut.

Ich glaube, dass es in allen Berufsgruppen ein Schlüssel ist, dass man Individuen trifft, die etwas wirklich groß machen können. Die haben wir auch in unserer Branche.

Diesen Artikel kannst du folgendermaßen zitieren:

Wolff, J. (2025). KI-Zeitalter: Schöne neue Welt? fitness MANAGEMENT international, 1 (177), 36–37.

neuro trainer

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Für fitness MANAGEMENT berichtet

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