Die Leitung einer Physiotherapiepraxis erfordert heute weit mehr als 'nur' therapeutisches Know-how.
Hoher Wettbewerbs-, Termin- und Kostendruck, ein steigender Bürokratieaufwand, wachsende Ansprüche der Patienten (an Behandlung und Service), der digitale und demografische Wandel sowie der anhaltende Fachkräftemangel verschärfen spürbar die Rahmenbedingungen für Unternehmen.
Um diese zu meistern, sind heute mehr denn je unternehmerisches Handeln, strategischer Weitblick, Innovationsbereitschaft und ein modernes, agiles Führungsverständnis gefragt. Wer langfristig wettbewerbsfähig bleiben will, muss sein Unternehmen kontinuierlich weiterentwickeln und an aktuelle Marktentwicklungen, Rahmenbedingungen und Kundenbedürfnisse anpassen.
Die folgenden fünf Themenfelder zeigen, worauf es bei einer erfolgreichen Praxisführung heute ankommt, und liefern zugleich konkrete, praxisnahe Denkanstöße. Über die QR-Codes erhalten Sie vertiefendes Fachwissen zum jeweiligen Themengebiet sowie hilfreiche Tipps für die Umsetzung.
Effektive und moderne Praxisorganisation
Eine moderne und funktionierende Praxisorganisation ist die Grundlage für zufriedene Patientinnen und Patienten sowie motivierte Therapeutinnen und Therapeuten – und somit auch für den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg der Praxis (Kreis, 2021).
Qualifiziertes Personal, klare Strukturen sowie Zuständigkeiten und effiziente Prozesse sind wichtige Eckpfeiler im fordernden Praxisalltag und sichern einen reibungslosen Ablauf.
Vernetzte Prozesse und Dienstleistungen sorgen dafür, dass sich die Patientinnen und Patienten optimal betreut fühlen und ihre Anliegen und Wünsche schnell und zielführend bearbeitet werden können.
Gleichzeitig sind sie auch für die Zusammenarbeit mit dem Praxisteam und das Arbeitsklima von großer Bedeutung: Sie schaffen wertvolle Orientierung, sparen Zeit, minimieren Fehlerquellen bzw. Missverständnisse und schaffen so ein positives und produktives Arbeitsumfeld, das eine optimale Zusammenarbeit und eine hohe Dienstleistungsqualität ermöglicht.
Mit dem Workshop 'Praxisorganisation in der Physiotherapie' der BSA-Akademie lernen Sie, zentrale Managementaufgaben wie Terminplanung, Patienten- und Rezeptmanagement effizient zu übernehmen – ideal für Mitarbeitende, die ihre Organisation in der Praxis professionell optimieren möchten. Mehr Infos finden Sie hier.
Die Digitalisierung eröffnet Physiotherapiepraxen zahlreiche Einsatzmöglichkeiten, um einerseits ihre Organisationsprozesse (Terminbuchungen, Therapie-/Trainingsdokumentation, Abrechnungen, Chatbots etc.) noch effizienter, schneller, ökonomischer und kundenfreundlicher zu gestalten.
Gleichzeitig können auch smarte Screening-, Therapie-, Diagnostik- und Trainingstools im Rahmen der Betreuung eingesetzt und so Motivation und Therapieerfolg positiv beeinflusst werden (van Recum, 2025). Dadurch entstehen neue Mehrwerte und vor allem auch mehr Raum und Zeit für die eigentlichen Kerntätigkeiten und die Wertschöpfung im Unternehmen – was wiederum den Patienten, den Mitarbeitenden und auch den Führungskräften zugutekommt.
Umso wichtiger ist es deshalb, dass sich Praxisbetreiber und Führungskräfte regelmäßig über neue digitale Lösungen (Geräte, Software, KI usw.) informieren und gemeinsam mit dem Team überlegen, wie sich die eigenen Prozesse und Dienstleistungen noch innovativer, agiler und kundenorientierter gestalten lassen.
Der Digital-Leadership-Ansatz bietet in diesem Zusammenhang eine gute Orientierung und hilft dabei, das volle Potenzial der Digitalisierung sinnvoll zur Unternehmensweiterentwicklung zu nutzen und die Mitarbeitenden mit ihren Stärken und Kompetenzen aktiv einzubinden (Kollmann, 2020; Rolli & Schmidt, 2025).
Recruitingstrategien im 'War for Talents'
Die Physiotherapiebranche leidet seit Jahren unter einem akuten Fachkräftemangel (Kreis, 2021). Die Lücke zwischen Bedarf und Angebot an qualifizierten Fachkräften ist groß. Laut dem Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) gehört die Branche zu den am stärksten vom Fachkräftemangel betroffenen in Deutschland (Arndt, Tiedemann & Werner, 2024).
Vielerorts können offene Stellen häufig nur schwer und nach langer Suche (neu-)besetzt werden. Im 'War for Talents' konkurrieren viele Unternehmen um die wenigen Fachkräfte und sehen sich zunehmend mit den Herausforderungen eines Arbeitnehmermarktes (hohe Nachfrage/Konkurrenz, starke Verhandlung und Wahloption der Bewerbenden) konfrontiert.
Deshalb ist es wichtig, die eigenen Recruitingstrategien und das Employer Branding zu verbessern, um die Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen und als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden (Colbus & Drack, 2020). Die Suche nach qualifiziertem Fachpersonal erfordert innovative Recruitingansätze (Rolli, 2022): Klassische Stellenausschreibungen reichen nicht mehr aus – gefragt ist ein zeitgemäßes, aktives Recruiting.
Dazu gehören eine ansprechende Karriereseite, moderne Stellenanzeigen (auf z. B. aufstiegsjobs.de), gezieltes Active Sourcing (Direktansprache von Kandidaten) auf Plattformen wie XING oder LinkedIn sowie strukturierte, transparente und schnelle Bewerbungsprozesse entlang der gesamten Candidate Journey (Theodorou, 2024).
Mitarbeiterbindung, Motivation und Produktivität
Nach erfolgreicher Suche sind ein strukturiertes Onboarding und regelmäßige Entwicklungsgespräche enorm wichtig, damit neue Mitarbeitende gut ankommen und in ihre Rolle und das Team hineinwachsen können (Schumann, 2021).
Um sie langfristig zu motivieren und erfolgreich an das Unternehmen zu binden, sind unter anderem faire und gerechte Vergütungsmodelle, moderne Arbeitsbedingungen, attraktive Jobperspektiven sowie bezahlte Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten erfolgsentscheidend.
Mitarbeitende wollen gesehen, gehört, gefördert und ernst genommen werden. Deshalb ist es wichtig, ihnen Chancen, Raum und Möglichkeiten zu geben, damit sie sich im Betrieb einbringen, weiterentwickeln und diesen aktiv mitgestalten können. Smarte Zielvereinbarungen helfen dabei, individuelle Potenziale und Stärken zu entfalten und geben eine klare Richtung vor (Tetzlaff, 2024).
Angebotserweiterung und Kundenbindung
Die gestiegene Nachfrage nach ganzheitlichen Gesundheitsdienstleistungen eröffnet Physiotherapiepraxen die Chance, ihr Geschäftsmodell zu erweitern. So können neue Umsatz- und Kundenbindungspotenziale erschlossen werden.
Selbstzahlerbereich: Der Einstieg in den Zweiten Gesundheitsmarkt ermöglicht u. a. eine freie Preisgestaltung, schafft zusätzliche Einnahmequellen und erhöht so die unternehmerische Flexibilität (Kreis, 2023).
Ein angegliederter Selbstzahlerbereich bietet den Rahmen, Patienten auch über die Therapie hinaus zu begleiten und sie als professioneller Partner aktiv bei der langfristigen Gesunderhaltung zu unterstützen (Tetzlaff, 2020). Ein solches ergänzendes Angebot kann, sofern es richtig umgesetzt und vermarktet wird, effektiv zur Umsatzsteigerung und langfristigen Kundenbindung beitragen.
Sport- und Bewegungstherapie: Auch der Bereich der Sport- und Bewegungstherapie bietet großes Potenzial und Chancen zur weiteren Professionalisierung für die gesamte Fitness-, Gesundheits- und Physiobranche (Morsch, 2022). Um entsprechende Angebote zu entwickeln, sind speziell ausgebildete Sport- und Bewegungstherapeuten gefragt.
Neben trainingswissenschaftlichen, gesundheitspsychologischen und -pädagogischen Kompetenzen verfügen diese auch über das nötige medizinische Fachwissen (zu Krankheitsbildern, indikationsspezifischen Besonderheiten, Behandlungsmethoden etc.), um individualisierte Bewegungsangebote für Patienten und deren spezifische Bedürfnisse und Ziele zu entwickeln (Morsch & Pelzer, 2024).
Angesichts des großen Fachkräftebedarfs und der neuen Studienmöglichkeiten können Unternehmen ihre Mitarbeitenden in diesem Bereich zielführend qualifizieren bzw. weiterbilden. Dadurch können sie ihren Patienten – zusätzlich zu den etablierten Angeboten – eine noch umfassendere Betreuung und neue Mehrwerte bieten.
Der duale Bachelor-Studiengang Sport- und Bewegungstherapie (B. A.) der DHfPG vermittelt fundierte Kompetenzen für die Tätigkeit in der stationären und ambulanten Rehabilitation sowie im Gesundheits- und Präventionsbereich, mit Schwerpunkt auf der Planung, Durchführung und Evaluation bewegungstherapeutischer Maßnahmen. Mehr Infos finden Sie hier.
Mehr Sichtbarkeit durch gezieltes Online-Marketing
Um ihr umfangreiches Leistungsportfolio effektiv zu vermarkten, benötigen Physiotherapieeinrichtungen spezifisches Marketing-Know-how und die passenden Inhalte (Westendorf, Schramm, Schneider & Doll, 2013; Matusiewicz, Strattmann & Wimmer, 2019).
Der Grundstein dafür sind eine klar definierte, authentische und glaubwürdige Markenidentität, eine patientenzentrierte Kommunikation sowie eine professionelle Online-Präsenz (Website, Social Media etc.). Selbst die besten Dienstleistungen und eine erstklassige Behandlungsqualität nützen nur wenig, wenn die Praxis online von Patienten und Interessierten nicht gefunden wird.
Mithilfe von Suchmaschinenoptimierung (engl. search engine optimization, kurz SEO), bezahlten Online-Werbeanzeigen (z. B. über Google Ads) und gezieltem Funnel-Marketing kann die Sichtbarkeit erhöht, die Anzahl der Leads gesteigert und langfristig mehr Umsatz erzielt werden (Neust & Spitko, 2022; Müller, 2023).
Mit dem Lehrgangspaket 'Bestens aufgestellt im Online-Marketing' der BSA-Akademie entwickeln Sie zwei Schlüsselkompetenzen – als Online-Marketing-Manager/in und Digital Content Creator – um plattformübergreifende Kampagnen effektiv zu gestalten, neue Kunden zu gewinnen und digitale Angebote erfolgreich umzusetzen. Mehr Infos unter finden Sie hier.
Gerade das Online-Marketing wird in der Praxis leider oft noch eher nachlässig behandelt, wodurch wertvolles Potenzial verschenkt wird. Videos, Podcasts, Blogartikel sowie weitere Formate sind ideale Kommunikationsmöglichkeiten.
Damit lassen sich die Praxis, das Team mit seiner umfassenden Gesundheitsexpertise, die verschiedenen Angebote sowie Erfolgsgeschichten von Patienten auf informative, authentische und emotionale Weise präsentieren (Tetzlaff, 2021).
Das schafft Glaubwürdigkeit und Vertrauen, stärkt die Positionierung und fördert gleichzeitig die Bindung sowie die Identifikation mit dem Unternehmen. Auch Empfehlungsmarketing, positive Online-Bewertungen und lokale Netzwerke helfen bei der Neukundengewinnung und spielen bei der nachhaltigen Image-/Markenbildung eine Rolle.
Fazit
Der Betrieb einer Physiotherapiepraxis erfordert heute weit mehr als 'nur' therapeutisches Fachwissen. Gefragt sind unternehmerisches Denken, digitale Kompetenz und moderne Führungsqualitäten.
Nur wer die aktuellen Herausforderungen aktiv angeht und seine Praxis in einem dynamischen Marktumfeld strategisch weiterentwickelt, kann dauerhaft erfolgreich bleiben. Qualifizierte Fachkräfte, ganzheitliche Angebote, optimale Dienstleistungsprozesse und ein zeitgemäßes Online-Marketing sind die Basis für eine nachhaltige Positionierung und ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell.
Ein ganzheitliches Konzept, das Therapie, Training und Gesundheit vereint, schafft Synergien, verbessert die Patientenbindung und eröffnet gleichzeitig neue Arbeits- und Berufsperspektiven für die Mitarbeitenden.
Auszug aus der Literaturliste
Arndt, F., Tiedemann, J. & Werner, D. (2024). Die Fachkräftesituation in Gesundheits- und Sozialberufe (KOFA Kompakt, 7/24).
Kollmann, T. (2020). Digital Leadership: Grundlagen der Unternehmensführung in der Digitalen Wirtschaft. Wiesbaden: Springer Gabler.
Kreis, M. (2023). Therapie und Training unter einem Dach. medical fitness and healthcare, 01, 80–83.
Matusiewicz, D., Stratmann, F. & Wimmer, J. (2019). Marketing im Gesundheitswesen: Einführung – Bestandsaufnahme – Zukunftsperspektiven. Wiesbaden: Springer Gabler.
Morsch, A. (2022). Von „Hands-on“ über „Hands-off“ zum individualisierten Training. medical fitness and healthcare, 2, 42–44.
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Diesen Artikel kannst du folgendermaßen zitieren:
Schmidt, F. (2025). Strategien für zukunftsfähige Praxen. medical fitness and healthcare, 02/2025, 60–63.


