Medical-Fitness-Anbieter im Lockdown – Kompetenz, Vertrauen & persönliche Bindung

Zu welchen Problemen haben die coronabedingten Schließungen für Medical-Fitness-Anbieter geführt? Welche Lösungen sind geplant und welche Chancen bieten sich?
Lesezeit: 4 Minuten
Therapie und Training im Lockdown: Gesundheitsanbieter unter Pandemiebedingungen
Therapie und Training im Lockdown: Gesundheitsanbieter unter Pandemiebedingungen
Die Corona-Krise wird die Branche nachhaltig verändern und stellt den Zweiten Gesundheitsmarkt vor neue Herausforderungen. medical fitness and healthcare (mfhc) hat Gesundheitsdienstleister gefragt, zu welchen Schwierigkeiten die Schließungen geführt haben, welche Lösungen geplant sind und welche Chancen sich jetzt bieten.

Trotz der Warnungen von Medizinern und Wissenschaftlern sowie der wiederholten Appelle des DSSV e.V. an die Politik blieben neben den Fitnessstudios auch die Medical-Fitness-Bereiche der Physiotherapiepraxen einschließlich der Präventionsangebote während des ersten und des zweiten Lockdowns geschlossen.

Das führte nicht nur zu körperlichen Defiziten bei den Mitgliedern, sondern traf auch die Gesundheitsdienstleister mit Selbstzahlerbereich finanziell schwer. Mitarbeiter mussten in Kurzarbeit geschickt werden, die finanziellen Hilfen des Staates kamen nur schleppend oder gar nicht an.


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Mitgliederschwund und Loyalität

Die 'Eckdaten der deutschen Fitness-Wirtschaft 2021', erstellt durch den DSSV e. V. – Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen, das Prüfungs- und Beratungsunternehmen Deloitte und die Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG), zeigen die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Fitnesswirtschaft:

Nach Jahren des kontinuierlichen Wachstums (Zuwachs von zwei Millionen Mitgliedern zwischen 2015 und 2019) sank die Zahl der Mitglieder in Fitness- und Gesundheitsanlagen von 11,66 Millionen in 2019 auf 10,31 Millionen im Jahr 2020. Der Rückgang lässt sich auf höhere Kündigungszahlen und auf fehlende Neuverträge zurückführen.

Das Physiotherapeutennetzwerk Physio Aktiv stellte bei den Physiotherapiepraxen mit Trainingsbereich im Gegensatz zur Fitnessbranche eine signifikant geringere Kündigungsquote der Mitglieder fest. Statt der für klassische Studios erwarteten 20 bis 30 Prozent kündigten bisher nur 15,9 Prozent der Mitglieder.

Diese verhalten sich den Praxen gegenüber vermutlich weiterhin besonders loyal, da sie auf die Qualität des medizinisch betreuten Trainings vertrauen, während gleichzeitig das Bewusstsein für das gesundheitsorientierte Training und die negativen Folgen von Bewegungsmangel gewachsen ist.


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Klassische Therapieangebote möglich

Im Gegensatz zu den Fitnessstudios konnten Physiotherapeuten in den Bereichen Rehabilitation und Therapie unter strengen Hygiene- und Sicherheitsauflagen Stück für Stück wieder in den „Normalbetrieb“ zurückkehren.

Aufgrund der hohen Hygienestandards in den Praxen fühlten sich die Patienten dort schnell wieder sicher. Im Therapie- und Rehabereich zeigte sich, dass auch unter Pandemiebedingungen eine hochwertige und zielgerichtete Betreuung von Trainierenden gewährleistet ist. Viele Therapieangebote waren auch im zweiten Lockdown stark nachgefragt und die Termine ausgebucht.

Körperliche Beschwerden im Wandel

Pandemiebedingte Einschränkungen zur Eindämmung von COVID-19 beeinflussen den Lebensstil und das Gesundheitsverhalten immer noch. Durch die Arbeit im Homeoffice entfällt für viele Menschen sogar der Arbeitsweg zu Fuß oder per Rad, passives Dauersitzen nimmt zu. Bereits nach wenigen Wochen körperlicher Inaktivität verschlechtern sich die Gesundheitswerte und das Risiko zu erkranken steigt.

In den Physiotherapiepraxen veränderten sich im Vergleich zu vergangenen Jahren die behandelten Krankheitsbilder.

Durch den Wegfall von Wintersportmöglichkeiten, wie z. B. Skifahren, den Ausfall des Trainings sowie das Verbot von Spielen u. a. im Amateursport (Fuß-, Basket- oder Handball) geht der Anteil von Patienten mit akut-traumatischen Sportverletzungen, beispielsweise Knie- oder Sprunggelenk, zurück.



Behandelt werden derzeit vermehrt chronisch-degenerative Beschwerden, die durch die Arbeit im Homeoffice, Fehlhaltungen am provisorischen Arbeitsplatz, Bewegungsmangel und den fehlenden Ausgleich durch Fitnesstraining zunehmen. Häufige Symptome sind dabei Rücken-, Nacken- oder Schulterschmerzen.

Therapeuten berichten auch davon, dass sich Untrainierte beim Laufen oder Radfahren ohne professionelle Anleitung überfordern und verletzen. Die psychische Belastung des letzten Jahres trägt außerdem dazu bei, dass Patienten sich unwohl fühlen und Verspannungen entwickeln.

Umso wichtiger war und ist der individuelle Umgang und Austausch mit den Patienten, sowohl vor Ort als auch zunehmend über digitale Tools.

Digitale Tools ergänzen manuelle Therapie

Das erzwungene Kontaktverbot während der Pandemie zeigt, wie sehr Menschen als soziale Wesen auf den Austausch untereinander angewiesen sind. Gerade bei langfristigen Heilungsprozessen und dem Umgang mit Schmerzen sind das Vertrauen in den behandelnden Therapeuten und die persönliche Bindung wesentliche Komponenten, die zur Genesung beitragen.

Neben der persönlichen, meist manuellen Behandlung der Kunden und Patienten in der Therapie bieten hybride Angebote die Möglichkeit, unabhängig von festen Räumlichkeiten und umfangreich ausgestatteten Praxisräumen zu therapieren und zu unterstützen.

Eine Eins-zu-eins-Betreuung kann auch digital erfolgen. Insofern wirkt die Pandemie als ein Beschleuniger für die Digitalisierung, die auf lange Sicht auch die Ausbildung und das Berufsbild der Physiotherapeuten verändern könnte.

Neues Bewusstsein für Gesundheit

Medical-Fitness-Bereiche, Fitnessstudios und Sportvereine sind seit über einem halben Jahr in den meisten Bundesländern geschlossen. Gleichzeitig ist das Bewusstsein für körperliche Fitness, Wohlbefinden und Prävention durch Bewegung stärker in den Fokus der Menschen gerückt.

Das ist eine echte Chance – wenn Medical-Fitness-Anbieter Gesundheitstraining als ernstzunehmende Präventionsmaßnahme unter qualifizierter Anleitung positionieren und damit endlich auch die Öffentlichkeit und vor allem auch die Politik abholen können.

Herausforderungen und Lösungen

medical fitness and healthcare hat mehrere Gesundheitsdienstleister nach ihren persönlichen Erfahrungen während der Lockdown-Phasen befragt.

Prof. Dr. med. Oliver Tobolski, ärztlicher Direktor, Gründer und Inhaber der sportmedizinischen Praxisklinik Sporthomedic in Köln, Rüdiger Loy, Geschäftsbereichsleiter Rehabilitation & Medical Fitness der ORTEMA GmbH in Markgröningen sowie Thilo Stumpf, Marc Wisner und Wolf Harwath, Management des Therapeutennetzwerkes Physio Aktiv, schildern ihre Herausforderungen und Lösungsansätze unter Pandemiebedingungen.

Alle drei Interviews finden Sie hier.

  1. Interview mit Prof. Dr. med. Oliver Tobolski: 'Bewegung leben'
  2. Interview mit Rüdiger Loy: 'Persönliche Betreuung'
  3. Interview mit Thilo Stumpf, Marc Wisner & Wolf Harwath: 'Zentrale Rolle'

Auszug aus der Literaturliste

DSSV e. V. – Arbeitgeberverband Deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen (Hrsg.). (2021). Eckdaten der deutschen Fitness-Wirtschaft 2021. Hamburg: Hrsg.

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.

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