Management, Markt | Autor/in: Alexander Wulf |

Fakten zu den Corona-Hilfsprogrammen

Historisch größtes Hilfspaket seit dem zweiten Weltkrieg, „Bazooka“ für die Wirtschaft – der Bundesregierung mangelte es im Laufe der Pandemie nicht an Eigenlob für die Corona-Hilfen. Aber war die finanzielle Unterstützung ausreichend und was können betroffene Branchen darüber hinaus noch erwarten? Der DSSV hat sich 18 Monate lang intensiv mit den Regularien, Anträgen und Ausnahmeregelungen der Corona-Hilfsprogramme beschäftigt. Es ist weiterhin eine Ausnahmesituation, die außergewöhnliche Anforderungen an jeden Beteiligten stellt – Zeit für ein erstes Fazit.

'Bazooka' mit falscher Bedienungsanleitung

Besonders Peter Altmaier (Bundesminister für Wirtschaft und Energie) und Olaf Scholz (Bundesminister für Finanzen) gaben sich jede Mühe, schon bei der Ankündigung der ersten Corona-Hilfen diese als Erfolg darzustellen. Aber wie zutreffend war bei einem ersten Rückblick dieses Eigenlob? War die finanzielle Unterstützung ausreichend und was können die betroffenen Branchen darüber hinaus vielleicht noch erwarten?

Richtig ist, dass seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges kein Hilfsprogramm in diesem Umfang ins Leben gerufen wurde. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass es in unserem Land seither keine vergleichbaren Beschränkungen der Wirtschaft und des sozialen Lebens durch die Regierungen gab.


 


Vom Großunternehmen bis zum Soloselbstständigen – das bereitgestellte Hilfspaket von insgesamt 1.000 Milliarden Euro sollte und soll die deutsche Wirtschaft durch die Krise führen. Mit inbegriffen ist dabei der Wirtschaftsstabilisierungsfond (WSF) von 600 Milliarden Euro für Großunternehmen mit einem Jahresumsatz von über 50 Millionen Euro.

Schnell und unbürokratisch – sprechen wir dieselbe Sprache?

Mit dem kurzfristigen 'Lockdown Light' Anfang November 2020 kündigte Olaf Scholz unbürokratische und schnelle Hilfen für die betroffenen Unternehmen an. Mit einem siebenmonatigen Lockdown rechnete zu diesem Zeitpunkt niemand. Erst mehr als drei Monate später sollten dann die ersten Zahlungen der Novemberhilfe bei den geschlossenen Betrieben ankommen.

Auch die ersten Auszahlungen der Dezemberhilfe ließen bis März 2021 auf sich warten. Grund für diese Verzögerungen waren nicht nur die technischen und bürokratischen Hürden auf Bundesländerebene, sondern auch die notwendigen Erweiterungen des EU-Beihilferahmens, die erst Ende Januar bzw.

Ende März 2021 beschlossen wurden. Nach einer Unterbrechung durch zahlreiche Betrugsfälle und gestohlene Daten von prüfenden Dritten ist die Überbrückungshilfe III (kurz: ÜH III) vergleichsweise kurzfristig ausgezahlt worden. Der Bund scheint in diesem Moment aus den ersten Erfahrungen gelernt zu haben.



Kompliziert, komplizierter, unmöglich

Mit jedem neuen Hilfsprogramm, von der Soforthilfe bis zur ÜH III Plus, wurden die Antragsbedingungen komplexer. Interessant ist, dass nur 79 Prozent der beantragten ÜH III bisher ausgezahlt wurden. Bei allen anderen Hilfspaketen lagen die Bewilligungsquoten zum Teil deutlich über 90 Prozent.

Daran sieht man, dass die Regelungen zur ÜH III (Beihilferecht) und ÜH III Plus deutlich komplizierter waren als die der vorherigen Hilfsprogramme. Die Bewilligungsstellen schauen genauer hin und prüfen intensiver. Das wurde im Verlauf der ÜH III immer deutlicher. Gerade die ÜH III wird noch manches Gericht durch die oft ungenauen und sich ständig ändernden FAQ beschäftigen.

Die FAQ, welche die Ausführungsbestimmungen oder auch die 'Bedienungsanleitungen' der verschiedenen Hilfsprogramme darstellen, können bis heute vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) grundlegend angepasst werden. Ein Umstand, der die betroffenen Unternehmen, prüfenden Dritten und uns vor Probleme gestellt hat.


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„Unternehmen verschmähen die ‚Bazooka‘ “

Mit diesem Titel veröffentlichte die Tagesschau (2021) Mitte Oktober eine gewagte Theorie zu den verhaltenen Ausgaben der zur Verfügung gestellten Hilfsmittel. Den neuesten Zahlen des BMWi (2021) zufolge wurden seit Beginn der Pandemie 122,8 Milliarden Euro an Fördermitteln für Unternehmen bewilligt.

Viel Geld – gemessen am Gesamtvolumen der bereitgestellten Hilfen, dennoch ein überraschend geringer Teil des Gesamtvolumens. Mit dem ausgezahlten Kurzarbeitergeld von 40 Milliarden Euro handelt es sich gerade mal um 12,3 Prozent der '1.000 Milliarden Euro Bazooka'.

Ob Unternehmen die Hilfsprogramme wirklich verschmähen oder die Hilfen nicht korrekt kalkuliert wurden bzw. die Antragsberechtigung übermäßig streng festgelegt wurde, bleibt offen.


 


Idee gut – Konzeption ausbaufähig

Betrachtet man die geringen Auszahlungen im Vergleich zum Gesamtvolumen der zur Verfügung stehenden Fördermittel, lässt sich über die Höhe und die strengen Bedingungen der Hilfen streiten. Mit den weiterhin gigantischen Rücklagen der Programme bleibt die Hoffnung auf weitere und sinnvollere Maßnahmen als die ÜH III Plus.

Dann ist da noch das Rückmeldeverfahren, das für alle Hilfsmittel ansteht. Wir werden also noch bis zum 30. Juni 2022 mit der Corona-Hilfe beschäftigt sein. Und danach wird sicherlich noch der eine oder andere Zweifelsfall gerichtlich geklärt werden müssen.

Erfreulich ist, dass das Thema Masseninsolvenzen durch die großen Förderprogramme noch nicht akut geworden ist. Statistisch gesehen gibt es derzeit nur sehr wenige Insolvenzfälle. Zwar steigen seit Juni die Anträge auf Unternehmensinsolvenz.

Das dürfte vor allem mit der Insolvenzantragspflicht zusammenhängen, die bis zum 30. April 2021 für jene Unternehmen ausgesetzt war, die bestimmte Fördermittel noch nicht erhalten hatten. Von einem starken Anstieg kann aber nicht die Rede sein. Für eine Entwarnung ist es aber noch zu früh und Betroffenen werden diese Fakten kein Trost sein.

Erst wenn die Zahlungen aus den Hilfsprogrammen auslaufen, wird das Thema Insolvenzen wieder akut werden.

Auf eigenen Beinen stehen

Nicht die Scheu vor den Corona-Hilfen hat die Unternehmen davon abgehalten, Gelder zu beantragen, sondern die zu hohen Hürden. Es gebe viele Gründe für die geringen Abrufzahlen, sagte FDP-Wirtschaftspolitiker Reinhard Houben. Etwa, dass die Programme schlecht auf die Bedürfnisse der Betroffenen abgestimmt seien.

Die dennoch ausbleibenden Insolvenzen führt Houben auf eine hohe Eigenkapitalquote zurück. Die meisten Unternehmen hätten die Krise durch hohe Liquiditätspuffer und Eigenkapitalbestände überstanden, so Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes e. V.

Einige Unternehmen – damit auch viele Fitness- und Gesundheits-Anlagenhabe die Krise härter getroffen, wodurch die berechtigten Hilfen von immenser Bedeutung seien.

Ein positives Zeichen für die Stärke der Fitness- und Gesundheitsbranche, die Krise trotz widriger Umstände und strenger Auflagen insbesondere aus eigener Kraft zu meistern und sich auch in Zukunft auf die eigenen Stärken verlassen zu können.

DSSV-Beratung zu den Hilfsprogrammen – auch schwerer Themen nehmen wir uns an

Während der gesamten Zeit der Pandemie hat sich der DSSV für die Interessen der Branche und für die Berücksichtigung in den Hilfsprogrammen stark gemachtmit Erfolg.

Wir konnten in unzähligen individuellen Beratungen Mitglieder bei ihren Anträgen unterstützen, in vielen Online-Seminaren über die aktuelle Entwicklung informieren sowie die nicht angerechneten Beitragsabbuchungen während des Lockdowns für die November-, Dezember- und Überbrückungshilfe III durchsetzen.

Auch in Zukunft werden wir unseren Mitgliedern in diesem Bereich mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Informationen unter: www.dssv.de

Auszug aus der Literaturliste

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. (2021).Corona-Hilfen für Unternehmen. Zugriff am 12.10.2021.

Norddeutscher Rundfunk. (2021).Unternehmen verschmähen die „Bazooka“. Zugriff am 12.10.2021.

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