Touch & Tec als Management-Herausforderung
Die Herausforderungen nehmen zu, auch für Fitness- und Gesundheitsunternehmen. Wer langfristig am Markt erfolgreich bleiben will, braucht eine optimale Kombination aus qualifizierten Mitarbeitern und digitalen Schnittstellen.
Die Fitness-, Präventions- und Gesundheitsbranche professionalisiert sich fortlaufend und stellt Unternehmen vor die wachsende Herausforderung, sowohl hinsichtlich der Qualifikation der Mitarbeiter als auch der technischen und digitalen Serviceangebote. Ein stetig wachsendes Qualitätsbewusstsein der Kunden und gesellschaftliche Entwicklungen, wie bspw. die Individualisierung, sind relevante Trends, die die Professionalisierungstendenzen der gesamten Branche forcieren. In einem zunehmend umkämpften Markt gilt es zukünftig innovative Lösungen und Strategien zu entwickeln, um diesen gestiegenen Ansprüchen und Anforderungen des Marktes sowie der Kunden langfristig gerecht zu werden. Hierbei kommt es auf ein individualisiertes Zusammenspiel von persönlicher Dienstleistung 4.0. und digitalen „Touchpoints“ an.
Gesundheits- und Fitnessunternehmen, die ihren unterschiedlichen Zielgruppen entsprechende Wert-, Service- und Dienstleistungsangebote bieten möchten, können durch die zunehmende Digitalisierung neue Potenziale und Chancen nutzen. Hier lohnt sich ein Blick über den Branchentellerrand hinaus bzw. auf die neusten digitalen Praxistools.
Generisches Benchmarking – beste Chance zur Optimierung und Innovation
Wer innovativ agieren möchte, sollte nicht in eingefahrenen Denkmustern verharren, sondern den Dienstleistungssektor als Ganzes betrachten. Beim generischen Benchmarking geht es um den Vergleich mit vorzugsweise den Besten, unabhängig von der jeweiligen Branche bzw. den relevanten Wirtschaftssektoren. Diese übergeordnete Analyse fördert das Verständnis der eigenen Organisation, verdeutlicht Verbesserungspotenziale und bricht etablierte Denkmuster und Prozesse auf. Es geht darum, einmal „out of the box“ zu denken und so neue Ansätze, Ideen und Tools zu identifizieren, die sich problemlos branchenspezifisch transferieren lassen.
Hier können Fitness- und Gesundheitsunternehmen bspw. davon lernen, wie die Hotellerie im Rahmen einer „Customer Journey Experience“ ganzheitlich agiert. „Lernen von den Besten“ heißt vor allem, offen für Veränderungen zu sein, über den Tellerrand der eignen Branche zu blicken und sich nicht nur als Dienstleister zu sehen, sondern emotionale Erlebnisse zu schaffen, die Kunden nachhaltig begeistern. In keiner anderen Branche wird dieser Dienstleistungsgedanke so gelebt wie in der gehobenen Sterne-Hotellerie. Kundenzufriedenheit, Erlebnischarakter und ein ausgeprägtes Maß an Dienstleistungsbereitschaft zeichnen die Hotellerie und deren Mitarbeiter aus. Nicht nur „Dienstleister“, sondern „Gastgeber“ zu sein und seine Kunden immer wieder aufs Neue zu begeistern, sind besonders in Zeiten wachsender Professionalisierung sowie steigender Konkurrenz im Fitness- und Gesundheitsmarkt entscheidende Erfolgsfaktoren, die Unternehmen für sich nutzen können. Qualifizierte und empathische Mitarbeiter sind einer der entscheidenden Schlüsselfaktoren, um Kunden langfristig an das eigene Unternehmen zu binden. Die Soft Skills, das nötige Fachwissen und ein besonderes Gespür für den einzelnen Kunden und seine Bedürfnisse sind die Grundvoraussetzung dafür, eine emotionale Kundenbindung zu realisieren. Ein ganzheitlicher Ansatz wie die „Customer Journey Experience“ bietet hier den Vorteil nicht nur durch die Brille des Kunden zu blicken, sondern alle relevanten Berührungspunkte (auch digital) aufzudecken und diese zu analysieren.
Der digitale „Mitarbeiter“ – Messenger Bots als Chance der Digitalisierung
Sogenannte „digitale Mitarbeiter“ können gezielt dazu eingesetzt werden, um die Service-Prozesse zu optimieren, die Effizienz zu steigern und dem Kunden ein umfangreiches Dienstleistungsportfolio zu bieten. Gerade Messenger Bots können hier als digitale Schnittstellen fungieren und automatisiert zwischen Mensch und Maschine interagieren. Bots werden in Zukunft möglicherweise Apps ablösen und dem Menschen dabei den Vorteil bieten, sich nicht selbst mit der Recherche nach den unzähligen Möglichkeiten im Netz für sein momentanes Problem zu beschäftigen. Zum Beispiel kann der Bot eigenständig und in Echtzeit Recherche betreiben, um den passenden Trainingstermin zu finden und dem Nutzer dann Vorschläge unterbreiten. Im Marketing beispielweise können Chatbots somit den Kundenservice und den Support revolutionieren, denn der Bot kann als automatische Unterstützung der Mitarbeiter oder sogar als eigenständiges Servicesystem 24 Stunden am Tag sämtliche Anliegen der Kunden zeitnah aufnehmen, bearbeiten und passende Lösungen und Angebote unterbreiten. Solche Tools sparen also nicht nur Zeit und Kosten, sondern erhöhen langfristig durch ein „Mehr“ an Service und Dienstleistung die Zufriedenheit der Kunden.
Physische und digitale Touchpoints sollten sich optimal ergänzen
Ziel jedes umfassenden „Customer Journey Managements“ ist es, den Kunden mit seinen Bedürfnissen, Gewohnheiten sowie seinem Kauf- und Kommunikationsverhalten in den Mittelpunkt zu stellen und davon ausgehend, sämtliche Prozesse von der Intention, der Information/Beratung über den Kauf bis hin zur langfristigen Kundenbindung optimal zu gestalten.
Relevante Fragen für die praktische Umsetzung
Unternehmen, die hier ganzheitlich agieren möchten, sollten sich folgende Fragen stellen, bevor sie an die konkrete Umsetzung einer eigenen „Customer Journey“ gehen:
1. Wie können bleibende Erlebnisse und Emotionen geschaffen werden, um Kunden immer wieder neu zu begeistern bzw. langfristig zu binden?
2. Wie kann das Unternehmen langfristig von einem umfassenden „Customer Journey Management“ profitieren?
3. Welche Touchpoints existieren aktuell und wo bestehen mögliche Entwicklungspotenziale?
4. Wo könnten neue digitale Tools die Mitarbeiter entlasten/unterstützen bzw. Prozesse optimieren?
5. Welche digitalen Tools entsprechen tatsächlich dem Nutzer- und Kommunikationsverhalten der relevanten Zielgruppen?
6. An welchen physischen und digitalen Schnittstellen kann gezielt angesetzt werden, um die bestmögliche Kombination aus „Touch & Tec“ zu realisieren?
7. Welche Prozesse müssen dadurch aufeinander abgestimmt werden, um nachhaltig die Service- sowie Dienstleistungsqualität des Unternehmens zu steigern?
Fazit
Entscheidend für den Erfolg in der Fitness- und Gesundheitsbranche ist somit nicht nur das endgültige Produkt, sondern vor allem auch die damit verbundenen Erfahrungen, Emotionen und Geschichten, die der Kunde damit verbindet. Bei aller Digitalisierung kommt dem Faktor Mensch hier nach wie vor eine entscheidende Bedeutung zu. Unternehmen, die den Kunden und die Qualifikation der Mitarbeiter in den Mittelpunkt des unternehmerischen Handelns stellen, schaffen so eine ganzheitliche Kundenbindung „touched by tec, spirit and emotion“.
Roman Spitko
Roman Spitko verfügt über ein Studium der Betriebswirtschaftslehre sowie ein Master-of-Laws-Studium (LL.M). Er ist als Dozent sowohl für die BSA-Akademie als auch für die Deutsche Hochschule DHfPG tätig. Seit 2015 fungiert er zudem als Fachleiter Management/Ökonomie.
Florian Schmidt
Florian Schmidt absolvierte nach einem Studium in Hotelmanagement ein Master-Studium in Sportwissenschaft. Während seines Studiums arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Sportökonomie und Sportsoziologie an der UdS. Er ist als Dozent, Wissenschaftsredakteur und Tutor für die Deutsche Hochschule DHfPG sowie BSA-Akademie tätig.
Die Autoren Schmidt und Spitko liefern zu diesem Thema nützliche Expertentipps im Fach-Forum Management beim diesjährigen Aufstiegskongress vom 05. - 06.10.2018
in Mannheim. Weitere Informationen und Online-Anmeldung unter: www.aufstiegskongress.de
Auszug aus der Literaturliste
Middelkamp , J. & Rutgers, H. (2017). Customer engagement and experience in the fitness sektor. Den Bosch: Europe Active.
Ratajczak, O. & Jockwer, A. (Hrsg.) (2016). Kundenorientierung und Kundenservice in der Touristik-Reisende an allen Touchpoints begeistern und Urlaub zum ganzheitlichen Erlebnis machen. Wiesbaden: Springer.
Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.
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