Social-Media-Kommunikation will gelernt sein – Hasskommentare, negative Bewertungen & Co.
Howto Krisenkommunikation: Wie gehe ich mit kritischen und grenzwertigen Kommentaren im Internet richtig um? Löschen? Melden? Ignorieren? Erwidern? Eins ist klar – aufgrund der Komplexität und Diversität der Kommentare und Bewertungen gibt es keine Patentlösung. Sinnvoll ist es jedoch, einen Ablaufplan zu gestalten, wie Sie auf kritische Stimmen im Netz reagieren sollten.
Der Umgang mit negativen Kommentaren und Bewertungen auf Social-Media-Kanälen war bereits vor Corona für viele ein unsicheres Gebiet. Die schwierige pandemische Lage hat dazu geführt, dass sich die Zahl der Konfrontationen im Internet nochmals erhöht hat.
Social Media Krisenkommunikation
Durch die lang anhaltenden Lockdowns und die damit einhergehenden Unsicherheiten haben es auch vermehrt Fitness- und Gesundheitsanbieter:innen mit unangemessenen Nachrichten zu tun bekommen.
Mehr zum Thema: 'Social-Media-Marketing immer wichtiger'
Wir möchten mit diesem Artikel einen Anreiz schaffen, um sich dem Thema zumindest in den Grundzügen und schon vor dem ersten Konflikt zu widmen. Mittlerweile hat fast jedes Fitnessstudio ein Unternehmensprofil in den diversen sozialen Netzwerken. (Lesen Sie auch: 'Tipps fürs Social-Media-Marketing')
Unterschätztes Marketingpotenzial
Wenn nicht, sollte das schnellstmöglich nachgeholt werden. Viel zu groß ist das Marketingpotenzial, um es nicht für seine Anlage zu nutzen – verbunden mit überschaubaren Kosten und leistbarem Arbeitsaufwand. Aber die Plattformen haben auch ihre Tücken, mit denen jede:r früher oder später konfrontiert wird.
Nur drei Prozent enden im Shitstorm
Nur selten sehen sich Unternehmen einem Shitstorm ausgesetzt, aber User:innen, die ein Interesse am oder eine Verbindung zum Unternehmen haben, können Posts nutzen, um ihr Missfallen in den Kommentaren kundzutun – in angemessenem Ton als konstruktive Kritik, viel zu oft aber auch nicht.
FOLGEN Sie uns bei LinkedIn, Facebook, Instagram & Twitter
und verpassen Sie keine Fitness-NEWS mehr!
Laut einer Studie des Branchenverbands der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche, Bitkom e. V. gaben nur drei Prozent der befragten Unternehmen an, einem Shitstorm ausgesetzt gewesen zu sein. Fast jedes zweite der 639 befragten Unternehmen gab an, online negative Erfahrungen gemacht zu haben.
Kritik oder Beleidigung?
Das reicht dabei von der Kritik am Produkt (25 %) oder an der Firmenpolitik (9 %) bis hin zu handfesten Beleidigungen (7 %). Das Risiko eines „ausgewachsenen“ Shitstorms ist also eher gering. Dennoch sollte der Umgang mit Konfrontationen in den sozialen Netzwerken geübt sein.
Bei Kommentaren mit Beleidigungen oder Herabwürdigungen greift Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention – Meinungsfreiheit gilt für jede:n, solange niemand diskriminiert wird. Extreme, hasserfüllte Kommentare sind damit strafbar.
Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung
Auch das deutsche Strafgesetzbuch (StGB) enthält einige Paragrafen, die bei ausgearteten Kommentaren wirksam werden können, z. B. die Paragrafen 185 (Beleidigung), 186 (üble Nachrede) und 187 (Verleumdung).
Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) zieht auch die Betreiber:innen von Social-Media-Plattformen stärker in die Verantwortung. „Rechtswidrige Inhalte“ wie Beleidigungen und menschenverachtende Posts, die gemeldet werden, müssen innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden. Das wird jedoch von den Verantwortlichen bislang nur schlecht umgesetzt.
Ein Team vom Zentrum gegen digitale Hassbotschafen (CCDH) in Washington hat 2021 714 Hasseinträge auf Facebook, Twitter, TikTok, Instagram und YouTube ausfindig gemacht und den Plattformen gemeldet. Bei den Einträgen handelte es sich um eindeutige antisemitische Kommentare.
Umgang mit fragwürdigen Inhalten
Nach zwei Monaten wurde die Reaktion der Betreiber:innen kontrolliert. 7,3 Millionen Mal wurden diese 714 Kommentare abgerufen – nur 16 Prozent wurden in allen Social-Media-Kanäle gelöscht.
Lesen Sie weiter: 'Durch Online-Marketing neue Mitglieder gewinnen'
Der Leiter des Teams Imran Ahmed sagte dazu: „Wenn man wissen möchte, welches Unternehmen am besten mit diesen Inhalten umgeht, landet man beim Frisurenwettbewerb von fünf glatzköpfigen Männern. Alle haben schlecht abgeschnitten …“
Digital Services Act und Digital Markets Act
Möglicherweise bringt die kürzliche Einigung der Institutionen und Mitgliedstaaten der EU zum Digital Services Act (DSA) und zum Digital Markets Act (DMA) Ordnung in den virtuellen „Wilden Westen“. Die Verordnungen sollen für mehr Sorgfaltspflicht, Wettbewerb und Fairness bei den großen Anbieter:innen führen.
Der endgültige Text soll noch im Sommer 2022 verabschiedet werden und nach kurzer Übergangsfrist für alle EU-Staaten gelten.
Präventive Maßnahmen entwickeln
Dennoch Grund genug, sich nicht auf Gesetze oder die Plattformen zu verlassen und selbst aktiv zu werden. Entwickeln Sie präventive Maßnahmen, um auf negative Kommentare und Bewertungen konstruktiv zu reagieren.
Communication is the key
Wichtig ist, nehmen Sie übereifrige Beschwerden nicht persönlich. Sie als Studiobetreiber:in sowie auch wir machen diese Arbeit – neben der ökonomischen Komponente – aus Überzeugung. Versuchen Sie, trotz Ihrer Emotionen objektiv zu bleiben und sich in die Situation des:der Absender:in zu versetzen.
Der fM Podcast #FitnessImOhr:
Reinklicken, anhören & abonnieren: Bei Spotify, Deezer, Apple oder Podigee
Es ist zu empfehlen, emotionalen Abstand zu gewinnen und gemeinsam mit Ihrem Team eine Lösung zu finden.
Damit kommen wir zum ersten Punkt – zeigen Sie Einfühlungsvermögen und Verständnis. Das fällt schwer bei einem unangebracht aggressiven Kommentar, ist jedoch zielführender als Ignoranz oder Konfrontation. Oft war während des Lockdowns die ausbleibende Kommunikation oder die falsche Information der Mitglieder verantwortlich für deren Frust.
Suchen Sie den Austausch und lernen Sie aus dieser Erfahrung. Fast jede Beschwerde kann für beide Seiten einvernehmlich gelöst werden und womöglich ein:e Kund:in gehalten oder als Führsprecher:in gewonnen werden.
Don’t feed the troll
Begrenzen Sie Ihre Antwort auf aggressive Nachrichten mit Fakten und suchen Sie die weitere Kommunikation außerhalb der Plattform. In einem persönlichen Gespräch zeigen sich beide Seiten wesentlich verständnisvoller und weitere Missverständnisse können vermieden werden.
Lesen Sie auch: 'Emotionen als Schlüssel der digitalen Kundenbindung'
An einer ausschweifenden Debatte in den Kommentaren sollten Sie sich nicht weiter beteiligen. Vermeiden Sie eine Eskalation, indem Sie dem „Troll“ kein weiteres Futter geben. Versuchen Sie stattdessen, ihm den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Aufgabenverteilung im Team
Hier ist die Vorbereitung besonders wichtig: Teilen Sie einem:einer Mitarbeitenden die Aufgabe klar zu und definieren Sie, wie er:sie auf Kommentare reagieren soll. Tauschen Sie sich aus und formulieren Sie eine zielführende Erwiderung.
Vermeiden Sie einen langen Dialog und bieten Sie dem:der Absender:in einen weiteren Austausch abseits der Kommentarfunktion an. Ist die Kritik noch so berechtigt, sollten Beleidigungen oder herabwürdigende Beiträge immer gemeldet oder, wenn möglich, gelöscht werden.
Break the ice
So schwierig ein Shitstorm ist – sollte es trotz aller Bemühungen dazu kommen –, bietet er auch Chancen. Unter anderem ist Ihnen hier viel mehr Aufmerksamkeit als durch traditionelles Marketing sicher. Potenzielle Kund:innen oder Mitglieder mit ähnlichem Anliegen werden darauf achten, wie der Konflikt gelöst wird und wie Sie sich äußern.
Sollte es gelingen, das Problem geschickt zu lösen, clever zu antworten und bestehende Probleme zu kommunizieren, ist das „Ruder“ wieder in Ihrer Hand. Gleichzeitig können Sie darauf hinweisen, dass ein Shitstorm keine angemessene Reaktion ist.
Kritik nicht ins Lächerliche ziehen
Transparenz und Glaubwürdigkeit schaffen Treue bei Ihren Mitgliedern. Auch mit Humor können Konflikte entschärft werden. Dabei sollte die Kritik oder der:die Kritiker:in nicht lächerlich gemacht werden – ein schmaler Grat, der Ihnen aber viel Sympathie einbringen kann.
Nicht zu vergessen sind Bewertungsportale. Diese sind noch „empfindlicher“ als Social-Media-Plattformen, denn hier wirkt sich schlechtes Feedback direkt negativ aus. Erhebungen zeigen, dass negative Bewertungen nicht nur die Durchschnittsnote und das Ranking eines Unternehmens verschlechtern, sondern auch langfristige Auswirkungen auf das Unternehmen haben.
Bewertungen beantworten
Stellen Sie sich jeder Kritik mit einem Gegenkommentar. Zwar bleibt die schlechte Bewertung häufig bestehen, aber künftigen Kund:innen kann verdeutlicht werden, dass es sich nicht um Ihren Standard handelt und es ein Einzelfall bleiben soll.
Sechs Kommunikations-Tipps
Hier zusammengefasste nützliche Tipps, wie Sie auf gehässige oder negative Kommentare auf Social Media und in Bewertungsportalen reagieren können:
- Ordnen Sie Kommentare ein: Handelt es sich um einen konstruktiven, negativen oder beleidigenden Kommentar?
- Gewinnen Sie Abstand: Folgen Sie nicht zwingend Ihrem ersten Impuls, sondern tauschen sich mit Ihrem Team über eine angemessene Reaktion aus.
- Formulieren Sie eine Reaktion: Sie können auf den Kommentar antworten, ihn löschen oder ihn ignorieren. Lassen Sie aber nicht zu viel Zeit verstreichen.
- Suchen Sie direkten Kontakt: Vermeiden Sie einen langen Austausch über Social-Media-Plattformen. Bieten Sie einen direkten und persönlichen Austausch an.
- Nutzen Sie Kritik: Jede Beschwerde kann auch konstruktiv betrachtet werden. Negative Kommentare bieten auch Chancen, sich zu verbessern.
- Vertreten Sie Unternehmenswerte: Freundlichkeit und Einfühlungsvermögen erleichtern eine erfolgreiche Kommunikation und sind der Fitnessbranche sicher nicht fremd.
Fazit
Wir empfehlen Ihnen, noch vorab eine Strategie für eine geschickte und eloquente Kommunikation im World Wide Web zu entwickeln. Behalten Sie positive und negative Beiträge im Auge. Überlegen Sie, wie Sie humorvoll, mit Mehrwert und zielführend auf Kommentare reagieren können.
Zusätzlich können Sie eine „Hausordnung“ mit Verhaltensregeln für Ihr Unternehmensprofil erstellen, auf das Sie nach Bedarf verweisen können. Im Zweifelsfall können Sie sich von den Juristinnen des DSSV rechtlich hier unterstützen lassen.
Erfahrungen müssen in diesem Bereich selbst gesammelt werden. Mit einer offenen Kommunikation, die zulässt, Fehler einzugestehen und zu korrigieren, sind Sie auf dem richtigen Weg.
Auszug aus der Literaturliste
Bitkom e. V. (2017). Social Media: Fast jedes zweite Unternehmen hat im Netz schon Gegenwind bekommen. Zugriff am 28.04.2022.
Kroll LLC. (2021). Communications Leaders Risk Survey. Zugriff am 21.04.2022.
Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte dssv@dssv.de.
Diesen und weitere Artikel finden Sie in der fMi 03/2022 & für Abonnenten EXKLUSIV vorab.
Zum AbonnementStellenanzeigen von aufstiegsjobs.de
- Starte deine Karriere bei Club Pilates! Mehr
- Duale/r Student/in in Ernährungsberatung (Bachelor of Arts) Mehr
- Duales Studium Bachelor - Bachelor of Science Sport-/Gesundheitsinformatik m/w/d Mehr
- Specialist Young Talents / Ausbildungsbeauftragter (m/w/d) Mehr
- Duales Studium Sport und Gesundheit Mehr
- Sportmedizin am Uniklinikum sucht Student/in für den Studiengang Bachelor Gesundheitsmanagement Mehr
- Duales Studium - Sportökonomie/Fitnessökonomie beim SV Kornwestheim Mehr