Management | Autor/in: Prof. Dr. Oliver Schumann |

Entwicklung von Leistungsträgern in der Fitnessbranche

Führung rückt immer mehr in den Mittelpunkt der Bemühungen von Managern und HR-Verantwortlichen – zu Recht: Nachwuchsführungskräfte aufzubauen und diese zu stärken, kann als erfolgskritisch bezeichnet werden. Die Fitness- und Gesundheitsbranche als wichtiger Teil des Dienstleistungssektors betreibt 'People Business' und benötigt Menschen, die den Unterschied machen können. Diese Leistungsträger müssen gefunden, geführt und gebunden werden – aber wie?

Führungskräfte von morgen im Fokus

Zunehmend taucht bei vielen Studiobetreibern immer häufiger die Frage auf: Wer übernimmt mein Fitnessstudio beziehungsweise wie organisiere ich meine Nachfolgeregelung?

Es werden Nachfolger auf strategischer Ebene genauso benötigt wie qualifizierter Nachwuchs für die steigenden Leistungs- und Qualitätsansprüche der Kunden im operativen Studioalltag.

Die Dienstleistung 'Fitness' ist nicht greifbar und so wird der Dienstleister zur Vertrauensperson. Gleichzeitig sind folgende Rahmenbedingungen in der Fitnessbranche zu konstatieren:

  •  Lange Arbeitszeiten und Arbeitszeiten, wenn andere Freizeit haben
  •  Unser Wirtschaftszweig ist umgeben von Branchen, die einen Fachkräftemangel aufweisen …
  •  … und nicht nur bereit sind, mehr zu zahlen, sondern es auch tun.
  •  Durch die Digitalisierung gibt es diverse konkurrierende Fitnessangebote, die günstiger und auch jederzeit verfügbar sind.

Entsprechend braucht unsere spezielle Branche Menschen, die den Unterschied im Erleben der Dienstleistung ausmachen. Und Kunden, die wiederum auch bereit sind, für diesen Unterschied den entsprechenden Preis zu bezahlen! Kurzum: Es werden Leistungsträger gesucht.

Zentrale Aufgaben von Führungskräften:

Finden, Führen und Binden

Wenn man sich intensiv mit der Managementliteratur zum Thema Leadership und Führung (vgl. Malik, 2013; Drucker, 2016, usw.) auseinandersetzt, sind drei zentrale Bausteine bei der Entwicklung von neuen Leistungsträgern besonders wichtig. Das Finden, Führen und Binden von jungen Talenten sind die Kernaufgaben einer jeden Führungskraft, die Leistungsträger im eigenen Unternehmen entwickeln und langfristig beschäftigen will.

Wie kann das Finden von Leistungsträgern gelingen?

Ein erster Schritt ist die Definition, was unter Leistung und Leistungsträgern verstanden wird. Oftmals sind es nicht die 'High Potentials', sondern vielmehr die 'Right Potentials', die für den qualitativen Schub sorgen – also die Menschen, die zum Unternehmen und seiner Wertestruktur am besten passen (vgl. Bartscher & Stöckl, 2019).

Hierfür wird eine klar positionierte Arbeitgebermarke genauso benötigt wie sauber definierte Auswahl-, Berufungs- und Förderprinzipien, denn diese erwarten aufstrebende Nachwuchskräfte heute.

Prüfen Sie, nach welchen Prinzipien bei Ihnen Führungskräfte ausgewählt und Leistungsträger identifiziert und gefördert werden?

Die zentrale Bedeutung von Führungskräften spiegelt sich in ihrer Qualität wider. Gerade Nachwuchsführungskräfteprogramme müssen zwei wesentliche Ziele verfolgen:

  1. Sind die Teilnehmer nach solchen Programmen bereit, Menschen zu führen?
  2. Wenn die Antwort 'Ja' lautet, muss die zweite Frage sein: Was ist dein Führungsverständnis?

Nicht selten haben Führungskräfte in der Praxis diverse komplexe Aufgaben zu meistern und sind auch im operativen Tagesgeschäft zeitlich voll eingespannt. Entsprechend fehlt im Alltag die Zeit für Führung. Es ist also ein Zeit- und Aufmerksamkeitsmanagement erforderlich, um herauszufinden, für was und mit wem Führungskräfte ihre Zeit verbringen.

Hier wiederum kommt es oftmals zu einer überproportionalen Aufmerksamkeit für Mitarbeiter, die zwar können und sich Aufgaben zutrauen, allerdings nicht wollen. Diese Energie fehlt wiederum für die Leistungsträger, die sich mit einem starken Wollen, Können und Selbstvertrauen auszeichnen.

Die Konsequenz: Leistungsträger kündigen innerlich oder verlassen das Unternehmen, wenn sie nicht gefördert und gefordert werden.

Fördern und Fordern – die Erfolgsformel für junge Talente

Leistungsträger von heute sind selbstbewusst, konsequent und wollen gefordert und gefördert werden, denn sie wissen: „Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist“ (Henry Ford). Entsprechend attraktiv müssen die Aufgabe, das Umfeld und die Rahmenbedingungen sein.

Geben Sie Ihren Leistungsträgern ausreichend Raum und Zeit, um sich zu entwickeln? Und: Haben Ihre Führungskräfte den Mut, die Leistungsträger so zu entwickeln, dass diese besser werden als sie selbst?

Gerade Angst verhindert diese unbedingte Entwicklungsbereitschaft, weswegen Führung auch als „Emotionsmanagement“ bezeichnet werden kann: Führung ist der Umgang mit weichen Faktoren – besonders mit den eigenen Emotionen und den Emotionen des Gegenübers.

Das Ziel von Führung in der Dienstleistungsbranche ist es, dass die Mitarbeiter ihren Beitrag zum Erreichen der Unternehmensziele leisten.

Beziehungen zwischen Führung und Geführten und im Teams

Je besser die Führungsqualität, desto eher sind die Mitarbeiter nicht nur bereit dazu, sondern auch über die Maßen engagiert, diesen Beitrag zu liefern und sich aktiv ins Unternehmen einzubringen – teilweise auch mit Aufgaben, an die sie sich vorher nicht herangetraut hätten oder zu denen sie nicht bereit gewesen wären.

Hauptaufgabe vor dem Hintergrund dieser Zielsetzung ist es, dass Führungskräfte in der Lage sind, menschliche Beziehungen aufzubauen – zwischen Führung und Geführten sowie innerhalb des Teams.


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Folgende Kernergebnisse können durch den Abgleich aktueller Managementtheorien und Untersuchungen der aktuellen 'Führungspraxis' in Fitness- und Gesundheitsunternehmen aus zahlreichen Bachelor- und Master-Thesen der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) seit 2014 festgehalten werden:

  •  Führung: wesentlicher Faktor für Unternehmenserfolg
  •  Verhalten Führungskräfte: wesentlicher Einflussfaktor für Mitarbeitermotivation
  •  Leadership: spielt in der Fitnessbranche (noch) keine entscheidende Rolle
  •  Transformational geführte Mitarbeiter sind leistungsfähiger, stärker intrinsisch motiviert und kreativer sowie zufriedener als transaktional geführte
  •  Berufliche Förderung spornt zu Höchstleistungen an
  •  Kommunikation (Reden und Zuhören) und Feedback sind entscheidende Führungstools
  •  Diskrepanz zwischen Selbsteinschätzung und Fremdeinschätzung bei Führungskräften
  •  Wertschätzung und Anerkennung scheint wichtigstes Führungsinstrument zu sein

Insbesondere die beiden letzten Ergebnisse sind zentral und werden durch das Thema Wahrnehmung verbunden. Es gibt eine eindeutige Diskrepanz zwischen der Selbst- und Fremdwahrnehmung von Führungskräften und ihrer selbst erlebten Qualität:

Wahrnehmung spielt also eine wesentliche Rolle. Wahrnehmung ist die Grundlage für Wertschätzung und Anerkennung und mangelnde Wahrnehmung führt zu mangelnder Wertschätzung.

Die Fähigkeit, Wertschätzung und Anerkennung zum Ausdruck zu bringen, stellen zentrale Entwicklungsfelder für Führungskräfte sowohl aus wissenschaftlicher als auch aus Praxis-Sicht dar – das folgende Zitat kann hierfür instrumentalisiert werden: „Erstaunlich, wie viele sich in der Kostenrechnung prima auskennen, aber in der Einschätzung von Werten jämmerlich versagen“ (Peter E. Schumacher, Publizist).

Fazit

Nur wenn Führungskräfte sich diesen Kernaufgaben und relevanten Aspekten der Mitarbeiterführung bewusst sind und vor allem auch danach handeln, können aufstrebende Leistungsträger effektiv weiterentwickelt und langfristig an das eigene Unternehmen gebunden werden. Weitblick, Umdenken und eine ständige Reflexion des eigenen, klar definierten Führungsverständnisses sind deshalb von elementarer Bedeutung – nicht nur dann, wenn man sich mit der Nachfolgeregelung auseinandersetzt.

Wollen ist gut, machen ist besser! Dieses Entwicklungsfeld ist zügig zu erschließen und zu besetzen – Trainings, Coachings und Weiterbildungen für Führungskräfte gibt es viele: Wer die 'Right Potentials' sucht, muss in der Praxis auch bereit sein, das Richtige zu tun.

Über den Autor

Prof. Dr. Oliver Schumann ist für die BSA-Akademie und die Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement als Dozent, Tutor und Autor tätig. Die Schwerpunkte seiner Professur liegen in den Bereichen Strategisches Management, Neurokommunikation und Sportökonomie.

Auszug aus der Literaturliste

Bartscher, T. & Stöckl, J. (2009). Systematische Entwicklung von Leistungsträgern in der Praxis: in Pro Firma (11), 76–79.
Drucker, P. F. (2016). Das Geheimnis effizienter Führung. Harvard Business Manager, (1), 6–13.
Gallup Inc. (Hrsg.) (2017). Infografik zum ENGAGEMENT INDEX 2016. Zugriff am 14.11.2019.

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.

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