Management | Autor/in: Andreas Barz & Lena Henning |

Kieser Australien: Brett Long und Todd Scarce über das Gesundheitstraining: „Immer mehr Menschen verstehen den Nutzen von Krafttraining“

Schweiz, Österreich, Deutschland, Luxemburg und … Australien? Richtig, das bekannte Schweizer Traditionsunternehmen Kieser ist mit seinen 172 Studios auch in Australien vertreten. Circa 14.500 Kilometer Luftlinie liegen zwischen den europäischen Kieser-Ländern und Down Under. Im Interview mit fitness MANAGEMENT international haben Brett Long (CEO) und Todd Scarce (COO) darüber gesprochen, wie es zu Kieser Australien kam und wie das Unternehmen auf der anderen Seite des Globus arbeitet.

Brett Long (rechts, CEO) und Todd Scarce (Bildmitte, COO) von Kieser Australien im Gespräch mit Sportwissenschaftler Andreas Barz (DHfPG) über die Erfolgsgeschichte des medizinischorientierten Krafttrainings und zukünftige Expansionspläne.

fM: 2006 wurde das erste Kieser-Studio in Australien eröffnet. Wie ist 'Kieser Australien'-Gründer Gary Harley auf Kieser damals aufmerksam geworden und was hat ihn überzeugt?

Todd Scarce: Das ist tatsächlich eine witzige Geschichte. Gary suchte damals online nach Keiser-Trainingsequipment, hat es aber falsch geschrieben und stieß so auf Kieser Training.

Da er zu der Zeit in Australien bereits als Franchisenehmer für ein Frauenfitnesscenter aktiv war, weckte das Kieser-Konzept bei ihm direkt großes Interesse. Als er sah, was Kieser in Europa machte, erkannte er sofort, dass es ein vergleichbares Konzept zu diesem Zeitpunkt in Australien noch nicht gab.


Verpassen Sie keine Fitness-NEWS mehr!
FOLGEN Sie uns bei WhatsApp, FacebookLinkedIn & Instagram


Damals fokussierten sich Fitnessstudios in Australien vor allem auf die Zielgruppe der 18- bis 35-Jährigen. Gary selbst war Anfang 50 und sah, dass es keine Trainingsmöglichkeiten für Personen wie ihn gab, die aktiv und gesund bleiben wollen.

Diese Lücke wollte er schließen. Also reiste er in die Schweiz, um Werner Kieser persönlich zu treffen und ihn zu überzeugen, Kieser auch nach Australien zu bringen.

Was macht den USP des Kieser-Trainingskonzeptes in der australischen Fitness- und Gesundheitsbranche aus?

Brett Long: Im Kern lautet unser Werteversprechen, dass unsere effektive Methode unseren Mitgliedern einen spürbaren gesundheitlichen Nutzen bietet.

Das Konzept von Kieser mit medizinischorientiertem Krafttraining war bei Markteinführung in Australien einzigartig. Und auch jetzt sind wir immer noch die Einzigen, die es auf diesem Niveau anbieten.

Todd Scarce: Mit der hohen Qualität unserer Trainingsgeräte und der Möglichkeit, die Entwicklung unserer Kundinnen und Kunden genau zu messen und zu überprüfen, können wir nicht nur eine kurzfristige Besserung erzielen, sondern durch das regelmäßige Krafttraining vor allem langfristige Erfolge erzielen.

In der europäischen Fitnessbranche gehört Kieser zu den traditionsreichsten Unternehmen und hat seine Trainingsmethode über mehrere Jahrzehnte etabliert. Wie ist die Kieser-Methode zunächst in Australien angekommen?

Brett Long: Am Anfang war es tatsächlich nicht einfach, die Kieser-Methode in Australien zu etablieren. Ein Grund hierfür ist, dass wir damals die Ersten waren, die medizinischorientiertes Krafttraining angeboten haben.

Es gab also noch kein wirkliches Bewusstsein dafür, welche Rolle Kraft und Krafttraining für die Gesundheit spielen.


Über die Interviewpartner

Brett Long ist CEO von Kieser Australien. Bevor der studierte Physiotherapeut 2012 zu Kieser kam, war er 14 Jahre lang in seiner eigenen Physiotherapiepraxis sowie auf Intensivstationen tätig.

Todd Scarce ist ebenfalls Physiotherapeut. Er arbeitete 17 Jahre in diesem Beruf und betreute in seiner eignen Praxis unter anderem Profisportler. Seit 2010 ist er COO von Kieser Australien.


Erst in den vergangenen Jahren zeichnet sich auch in Australien die Tendenz ab, dass mehr und mehr Menschen verstehen, welche Bedeutung Krafttraining für einen aktiven und beschwerdefreien Lebensstil hat. In gewisser Weise ist der Markt in Australien diesbezüglich 10 bis 15 Jahre hinter dem in Europa.

Das, was Werner Kieser also schon einige Dekaden früher in Europa vorangetrieben hat, verfolgen wir jetzt mit Kieser auf dem australischen Markt: Wir wollen den Menschen, die es am meisten brauchen, den Zugang zu gesundheitsorientiertem Krafttraining bieten.

Todd Scarce: Da wir ein völlig neues Trainingskonzept in Australien eingeführt haben, hat es ein wenig gedauert, bis wir das entsprechende Markenimage als gesundheitsorientierter Trainingsanbieter etablieren konnten. Zunächst hatte die australische Bevölkerung nicht verstanden, dass sie das, was wir ihr anbieten, auch tatsächlich braucht.

Wie wurde damals das Angebot beworben und wie hat sich Ihre Marketingstrategie in den letzten 18 Jahren weiterentwickelt?

Brett Long: Angefangen haben wir mit der Message 'Strength for health' – also 'Kraft für Gesundheit'. Wir stellten allerdings schnell fest, dass wir damit einen Teil unserer potenziellen Kundinnen und Kunden nicht ansprechen konnten.

Also haben wir den etwas mehr problemorientierten Claim 'A strong back knows no pain' – 'Ein starker Rücken kennt keinen Schmerz' – von den europäischen Studios übernommen.

Todd Scarce: Eine weitere Entwicklung bei uns war die Integration von Physiotherapie in unsere Studios. Physiotherapeuten genießen in Australien einen sehr hohen Stellenwert als medizinische Experten.

Für viele Australier sind sie auch der erste Anlaufpunkt bei gesundheitlichen Beschwerden. Physiotherapeuten in den Einrichtungen zu haben, hat uns also dabei geholfen, die Wahrnehmung als medizinische Trainingseinrichtung zu festigen.

Wie ist Ihre Mitgliederstruktur? Wer trainiert bei Ihnen und welche Ziele verfolgen Ihre Mitglieder?

Brett Long: Ein Neukunde, der wegen Physiotherapie zu uns kommt, ist im Schnitt 49 Jahre alt und unsere Bestandsmitglieder sind durchschnittlich 59 Jahre alt. Das Verhältnis zwischen Frauen und Männern liegt bei ca. 50:50.

Unsere Mitglieder pflegen in der Regel einen aktiven Lebensstil und haben häufig auch einen sportlichen Hintergrund, wie z. B. Golf. Ein großer Teil kommt zu uns mit Rückenbeschwerden und dem Wunsch, Freizeitaktivitäten wieder ohne Einschränkungen nachgehen zu können.

Todd Scarce: Der überwiegende Teil unserer Kunden kommt zunächst für Physiotherapie. Das Einzigartige an unserem Angebot ist, dass wir nicht nur akute Symptome lindern, sondern den Weg zu langfristiger Besserung durch die Kieser-Methode aufzeigen wollen.

Welche Expertise und Qualifikationen haben Ihre Mitarbeitenden und inwiefern werden sie im eigenen Unternehmen aus- und weitergebildet?

Brett Long: Physiotherapeuten müssen in Australien eine akademische Ausbildung absolvieren. Daher haben alle unsere Therapeuten entweder einen Bachelor- oder Master-Abschluss.

Neben den Physiotherapeuten arbeiten in unseren Studios auch Sport- und Trainingswissenschaftler, die ebenfalls mindestens einen Bachelor-Abschluss vorweisen müssen. Alle unsere Mitarbeiter haben demnach eine etwa vier- bis fünfjährige akademische Ausbildung durchlaufen.

Mittlerweile sind Sie schon an 28 Standorten vertreten und haben vor, noch weitere Kieser-Studios zu eröffnen. Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Brett Long: Unsere Vision ist es, jedem Australier und jeder Australierin den Zugang zu einer unserer Einrichtungen zu ermöglichen. Um dies zu erreichen, benötigen wir insgesamt 60 Studios und ca. 100.000 Mitglieder.

Neben diesen ganz präzisen Zielen ist es natürlich weiterhin unsere Mission, die Bevölkerung über den positiven gesundheitlichen Nutzen eines zweimal pro Woche absolvierten Krafttrainings aufzuklären. Das Bewusstsein dafür ist bei uns noch lange nicht so weit verbreitet wie hier in Europa.

Diesen und weitere Artikel finden Sie in der fMi 02/2024 & für Abonnenten EXKLUSIV vorab.

Zum Abonnement
fMi 02/2024